Protocol of the Session on June 5, 2019

Die CDU-Fraktion beantragt die Überweisung des Hauptantrags federführend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration sowie mitberatend an den Innenausschuss.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Schumacher für die SPD-Fraktion erhält es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Hansaplatz ist einer der schönsten Plätze Hamburgs.

(Beifall bei Markus Schreiber SPD und Farid Müller GRÜNE)

Leider ist er auch ein Platz, den einige als sozialen Brennpunkt bezeichnen. Die dort zu beobachtenden Zustände muss ich hier nicht erneut beschreiben, sie sind bekannt. Was allerdings immer wieder erläutert werden muss, ist die Tatsache, dass es für Nutzungskonflikte wie diejenigen, die es auf dem Hansaplatz gibt, keine einfachen Lösungen gibt. Will man die Zustände, die dort zu Ärger, Verdruss, Ängsten, Aggression und viel mehr führen, für alle Beteiligten wirkungsvoll und nachhaltig verbessern, müssen mehrere Maßnahmen ergriffen

(Dr. Ludwig Flocken)

werden. Eine dieser Maßnahmen wollen wir mit dem vorliegenden Antrag auf den Weg bringen.

Mit der Schaffung von mehr Straßensozialarbeit für Menschen, die mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, möchten wir am Hansaplatz eine niedrigschwellige Anlaufund Beratungsstelle schaffen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Diese Beratungsstelle soll die vorhandenen Hilfsangebote besser koordinieren und miteinander verzahnen.

Die Situation am Hansaplatz wollen wir von verschiedenen Seiten angehen. Zum einen mit dem Glasflaschenverbot und der Videoüberwachung. Ich begrüße ausdrücklich den Vorschlag des Innensenators, Glasflaschen auf dem Hansaplatz an allen Tagen der Woche zwischen 17 Uhr und 6 Uhr morgens zu verbieten.

(Beifall bei der SPD)

Damit wird der Gebrauch von Glasbehältern hier noch stärker reglementiert als auf der Reeperbahn. Wir werden den entsprechenden Gesetzentwurf auf der nächsten Sitzung des Innenausschusses diskutieren. Ich gehe davon aus, dass das Gesetz, sobald es möglich ist, in Kraft treten wird.

Die Videoüberwachung des Hansaplatzes mit 16 Kameras auf sechs Masten wird in Kürze starten. Mit den live übertragenen Bildern wird das Polizeikommissariat 11 am Steindamm in die Lage versetzt, sofort einzuschreiten, sollte sich eine gefährliche Lage abzeichnen. Die Videoüberwachungen auf der Reeperbahn und auf dem Jungfernstieg haben sich bewährt. Diesen positiven Effekt versprechen wir uns auch auf dem Hansaplatz.

(Beifall bei der SPD)

Dabei beachten wir selbstverständlich den Schutz der Privatsphäre. Private Bereiche wie Wohnungen oder Kneipen werden automatisch unkenntlich gemacht. Nach vier Wochen werden die Aufnahmen automatisch gelöscht. Ich bin zuversichtlich, dass die Anwohnerinnen und Anwohner, die Gewerbetreibenden und alle Nutzer des Platzes dies in absehbarer Zeit bemerken werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Eine Lösung für den Hansaplatz muss nach meiner Überzeugung Sicherheit und Ordnung gewährleisten und zugleich unserem Anspruch nach sozialer Verantwortung gerecht werden. Sicherheit und Ordnung einerseits, soziale Verantwortung andererseits, das sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten einer Medaille. Das gilt es hier beispielhaft auf dem Hansaplatz umzusetzen.

(Jörg Hamann CDU: Das ist 'ne CDU-Rede, die Sie da halten!)

Einer solchen Lösung kommen wir heute mit diesem Antrag und den weiteren Vorhaben einen Schritt näher. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort erhält nun die Abgeordnete Rath für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe den Worten meines Vorredners nicht so viel hinzuzufügen. Allerdings habe ich erhofft oder auch erwartet, dass er den Schwerpunkt mehr im sozialen Bereich hat; es ist ein Antrag im sozialen Bereich, für den Sozialausschuss. Aber es war auch so gut, denn ich habe doch sehr viele Forderungen unserer innenpolitischen Sprecher eben erneut hören können. Danke dafür.

(Beifall bei der CDU)

Grundsätzlich ist alles begrüßenswert, was die Situation der Menschen auf dem Hansaplatz, aber auch die Situation des Platzes selbst verbessert. Ausdrücklich gut finde ich in dem Antrag, dass er die präventiven Maßnahmen mit aufnimmt, also Maßnahmen, die präventiv gegen die Kriminalität wirken sollen, denn es kann nicht sein – auch immer wieder eine Forderung von uns –, dass es Plätze in Hamburg gibt, über die sich Frauen nachts nicht zu gehen trauen. Zum anderen ist die niedrigschwellige Beratungs- und Anlaufstelle sehr zu begrüßen, denn hier geht es gerade nicht um kontrollierten Konsum, der eventuell eine magnetische Wirkung für die Szene am Hansaplatz entfalten könnte, es geht um Hilfe und Unterstützung, und das ist auch aus unserer Sicht der richtige Ansatz. Trotz alledem haben wir noch einige Fragen, was die konkrete Ausgestaltung der Beratungsstelle anbelangt, und deshalb beantragen wir heute auch noch einmal die Überweisung zur tiefergehenden Beratung an den Fachausschuss.

Den Antrag der LINKEN lehnen wir ab. Bei der Unterstellung, dass hier repressiven Maßnahmen ein sozialer Anstrich verliehen werden solle, gehen wir nicht mit. Und wenn DIE LINKE ernsthafte Detailfragen hat, dann kann sie einfach unserem Überweisungsbegehren zustimmen und dann auch alles zur Ausgestaltung der Beratungsstelle klären im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Müller für die GRÜNE Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja tatsächlich, wir GRÜNE setzen uns sehr dafür ein, dass demnächst bei dem

(Sören Schumacher)

Statement "Der Hansaplatz ist einer der schönsten Plätze in dieser Stadt" noch viel mehr klatschen können und wollen.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei Markus Schreiber SPD)

Mit der Schönheit des Platzes geht aber einher – um jetzt nicht zu sehr abzudriften –, dass wir natürlich wollen, dass alle Menschen im Stadtteil und auch alle, die diesen Stadtteil besuchen, ihn einfach in Gänze viel mehr nutzen können – anders als jetzt, wo es diese Nutzungskonflikte gibt, die Ursachen haben. Und zu den Ursachen haben wir heute einen Antrag vorgelegt; wir sind der Meinung, wir sollten sie angehen.

Alle, die sich ein bisschen mehr damit beschäftigt haben, wissen, dass wir generell am Hansaplatz und im Bahnhofsviertel schon eine sehr hohe Anzahl von sozialen Trägern haben, die Hilfsmaßnahmen anbieten, aber keine speziell für diesen Platz mit aufsuchenden Maßnahmen. Genau da setzen wir heute mit diesem Antrag an. Und ich will dazu einmal etwas sagen: Wir haben uns natürlich sehr viele Gedanken dazu gemacht, und wenn DIE LINKE uns jetzt vorwirft, das sei sozusagen der soziale Anstrich für ordnungspolitische Maßnahmen, wird das dem Umstand nicht gerecht. Denn tatsächlich ist es ein ausgefeiltes Konzept, wie man dort die sozialen Problemgruppen angeht und ihnen Hilfe zuteilwerden lässt. Das gab es bisher weder im Stadtteilbeirat noch in der Bezirksversammlung noch hier. Wir legen heute mit diesem Antrag einmal einen konkreten Entwurf vor, womit wir starten können.

Wir wissen alle: Der Hansaplatz ist ein komplizierter Platz, mit unterschiedlichen Gruppen, mit unterschiedlichen sozialen Problemlagen, und denen wird man nicht mit einem Wurf und auch nicht mit diesem Entwurf und auch nicht mit dieser Maßnahme allein gerecht. Deswegen haben wir vor einem Jahr in der Bürgerschaft ein Ersuchen an den Senat beschlossen, in dem wir gesagt haben, eine gute Maßnahme könnte sein, dass wir ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverkaufsverbot auf dem Hansaplatz haben, der Senat möge das prüfen. Diese rechtliche Prüfung hat sich als schwerer erwiesen, als wir damals vorausgeahnt haben. Dass es nicht ganz leicht war, war uns schon bewusst, aber es ist tatsächlich so, dass es das in Deutschland noch nicht gibt, und wir wollen natürlich am Ende mit einer gerichtsfesten Lösung kommen. Denn wir alle wissen: Die Kioskbetreiber, die dann die Betroffenen wären, werden sich dagegen wehren.

Jetzt aber zu dem, was wir heute vorschlagen. Wir wollen diese aufsuchende Straßensozialarbeit schon Community-spezifisch angehen, und wir wollen auch, dass das zusammen mit den Trägern, die schon vor Ort sind, koordiniert wird und auch vor Ort angedockt wird. Wir wollen keinen neuen

Aufschlag machen, sondern wir wollen das, was schon da ist, an bestimmter Stelle verstärken, und wir wollen aber doch eine Anlaufstelle haben, die in der Nähe oder am Hansaplatz sein wird.

Was wir nicht wollen, wie DIE LINKE es jetzt vorgeschlagen hat: Wir wollen keine neue Tagesaufenthaltsstätte. Das ist aus unserer Sicht eine falsche Analyse des Platzes. Die Menschen, die dorthin kommen, wollen nicht noch einmal woanders hingehen, um irgendwo zu sein; sie gehen da hin. Sie haben einen Grund, warum sie dorthin gehen. Ihnen ein Angebot zu machen, dass sie woanders hingehen sollen … Das wird nicht passieren.

Man muss dort sehr genau gucken. Wir haben uns einen Berichtszeitraum von überschaubaren sechs Monaten gegeben und wir haben ein lernendes System. Wir wollen schauen: Wie entwickelt sich die Situation auf dem Hansaplatz? Sie ist volatil. Sie verändert sich im Hinblick auf die Gruppen, die kommen und gehen. Deswegen ist in dieser Situation ein festes Angebot an einem festen Ort, zu dem die Leute gehen sollen, und nur dort wird ihnen dann geholfen, nicht das Richtige. Das ist, glaube ich, die falsche Antwort auf die Problemlage dort.

(Beifall bei Uwe Giffei und Markus Schrei- ber, beide SPD)

Wir wollen am Ende dafür sorgen, dass wir die Situation am Hansaplatz zwischen den Problemgruppen und auch innerhalb der Problemgruppen … Wir sprechen hier auch über eine verfestigte Trinkerszene, in der dann, wenn zu viel getrunken wurde, gern einmal Streit untereinander ausbricht; Thema Glasflaschenmissbrauch als Waffe. Deshalb liegt der Vorschlag im Innenausschuss, dort ein Glasflaschenverbot auf den Weg zu bringen. Aber es sind eben auch andere Probleme unter den Gruppen, die auch die Anwohner in Mitleidenschaft ziehen, und das führt zu einer Situation, dass dort keiner mehr so recht sein möchte.

Insgesamt glauben wir, dass wir mit diesem Vorschlag an die Wurzeln herangehen werden, damit die ordnungspolitischen Maßnahmen am Ende gar nicht mehr in dieser Form nötig sind. Wir wissen, es sind die sozialen Probleme. An die müssen wir jetzt ran. Gleichzeitig gibt es Unsicherheiten für die Anwohner und für die Besucher dort, und die wollen wir auch nicht allein lassen. Deswegen glauben wir, dass wir mit diesem Paket insgesamt jetzt einen guten Anlauf machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort erhält nun die Abgeordnete Özdemir für die Fraktion DIE LINKE.

(Farid Müller)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir bleiben dabei: Das ist einfach nur eine sozialpolitische Fassade. Unser Kritikpunkt sind die repressiven Maßnahmen. Einige sozialpolitische Maßnahmen aufzulisten macht die Situation doch jetzt auch nicht besser. Es gibt die Situation mit der Videoüberwachung, mit der verstärkten Polizeipräsenz, mit dem Glasflaschenverbot, und all das wird nicht weniger repressiv, Herr Schreiber, und da sehe ich Sie direkt an, weil Sie eine bestimmte Position haben, die Sie immer wieder versuchen voranzutreiben. Das macht die Situation nicht besser und es löst auch die Problematik vor Ort nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wir hier brauchen, ist ein sozialpolitisches Konzept, denn – Sie haben es eben auch gesagt, Herr Müller – es geht darum, dass am Hansaplatz verschiedene Gruppen aufeinandertreffen, es geht darum, dass es dort verschiedene Nutzerinnenund Nutzergruppen gibt. Und deshalb braucht es ein sozialpolitisches Konzept, das diese Gruppen vor Augen hat, im Fokus hat und eben nicht auf Verdrängung setzt. Denn wir haben in HamburgMitte an vielen Beispielen sehen können, dass Verdrängung eben nicht die Lösung ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind natürlich auch der Auffassung, dass es richtig ist, die Straßensozialarbeit zu stärken, aber in Ihrem Antrag finden wir das noch zu unkonkret. Wir sehen, dass es der richtige Ansatz ist, aber Sie haben einen Antrag vorgelegt, und diesen Vorwurf, Herr Müller, müssen Sie sich gefallen lassen, nämlich dass die Forderungen, die Sie dort aufgelistet haben, in keiner Weise mit den vor Ort aktiven Initiativen rückgekoppelt sind. Seit 2014 haben wir den Runden BürgerInnen-Tisch Hansaplatz, der dort aktiv ist. Daran beteiligt sind auch soziale Initiativen und Einrichtungen. Wieso haben Sie diese nicht in Ihre Überlegungen einbezogen?

(Beifall bei der LINKEN)