Protocol of the Session on June 22, 2016

Zum Schluss. Lieber Kollege Marius Weiß, ein freundschaftlicher Rat: Offensichtlich hat die SPD ihre Angriffsstrategie völlig verändert: Getreu dem Bill-Clinton-Motto „It’s the economy, stupid!“ hat die SPD wohl irgendwie gemerkt, dass sie in den letzten zwei Jahren auf dem falschen Dampfer war, und geht jetzt auf eine völlig andere Linie über.

(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Dabei muss man aber wissen, Bill Clinton hat noch einen zweiten sehr wichtigen Satz gesagt, nämlich: „Don’t be a Flip-Flopper“. Auch darüber sollten Sie einmal nachdenken.

(Zurufe der Abg. Marius Weiß (SPD) und Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich sagen, ich bin dankbar für die Rede des Kollegen Marius Weiß; denn wir wer

den diese Rede an Peter Feldmann schicken, und wir werden diese Rede an Ursula Fechter sowie an viele andere schicken und dann einmal fragen, ob das eigentlich ihre SPD ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie als Regierung! – Weitere Zurufe von der SPD)

Also, Entschuldigung. Landtagsprotokolle sind ja durchaus öffentlich. – In der Sache liegen Sie übrigens völlig falsch. Wir haben in Hessen die geringste Arbeitslosenquote seit der Wiedervereinigung, nämlich 5,2 %. Wir haben übrigens im Regierungsbezirk Kassel eine Arbeitslosenquote von 4,9 %. Wenn das früher so gewesen wäre, hätten Sie überall rote Fahnen hissen und einmal die Woche davor antreten lassen. Wir haben die höchste Zahl an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, die es jemals in Hessen gegeben hat. Wir haben die höchste Zahl an offenen Stellen, die es in der Vergangenheit gegeben hat. Wir haben einen deutlichen Reallohnzuwachs. Also auch da sind Sie auf dem falschen Dampfer.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Letzter Punkt an die Kollegin Wissler. Wissen Sie, liebe Kollegin Wissler, ich habe als Schüler in der 5. Klasse einen Aufkleber auf dem Schulranzen gehabt. Dort stand drauf: „Keine Startbahn West! Nachtflugverbot!“ Jetzt muss man einmal feststellen: Von 1981 – damals war das – bis 2014 sind es 33 Jahre; es war also nicht sehr erfolgreich. Deswegen versuche ich es vielleicht anders, um sozusagen einmal in die Sphären der Linksfraktion einzutreten, und fange mit der 11. Feuerbach-These von Karl Marx an. Er hat gesagt: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt darauf an, sie zu verändern.“ Ich sage, liebe Kollegin Wissler, etwas abgewandelt: Die Linkspartei beklagt die Zustände auf der Welt in unterschiedlichen Varianten. Es kommt aber darauf an, an diesen Zuständen etwas zu verändern, und genau das tun wir. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Ei, ei, ei!)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Wissler, DIE LINKE.

(Gerhard Merz (SPD): Jetzt erklärst du ihm einmal, wie das mit Marx ist!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Al-Wazir, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet – Sie haben mich zum Schluss ja auch sehr freundlich angesprochen –, weil wir das in der Tat einmal genauer diskutieren können. Ich finde es sehr interessant, dass Sie sich auf Marx beziehen, weil Ihre Politik sonst in der Regel nicht unbedingt vom Marxismus geprägt ist.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Das ist auch gut so!)

Ich will nur zu ein paar Punkten, zu denen Sie sich ausgelassen haben, inhaltlich noch etwas sagen:

Erstens. Sie können uns schwerlich vorwerfen, dass wir die Ergebnisse einer Umfrage, die Sie selbst in Auftrag gegeben haben, zitieren und uns hierauf berufen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und der FDP)

Wenn man die Leute fragt, ob das Lärmpausenmodell eine Veränderung ihres Alltags bedeutet, dann sagen über 90 % Nein. Das ist eine Antwort, bei der man sich am Ende als Minister nicht hinstellen und sagen kann: Das gilt jetzt aber nicht.

(Heiterkeit bei der LINKEN und der FDP)

Sie haben aber danach gefragt, und wenn man die Menschen ernst nehmen will, dann muss man eben auch so eine Antwort bewerten. Dann kann man das nicht einfach vom Tisch wischen und so tun, als hätte es diese Antwort nicht gegeben. Wenn Ihnen am Ende die Fragestellung nicht gefällt, dann stelle ich fest: Gut, es ist ja Ihre Umfrage gewesen und nicht die der Opposition. Dann müssten Sie halt anders fragen. Aber das deutet darauf hin, dass das Lärmpausenmodell eben kein durchschlagender Erfolg ist oder nicht als so durchschlagend wahrgenommen wird, wie Sie das hier darstellen.

Zweitens. Ich nehme an, dass auch der Kollege Weiß Sie nicht für Wetterphänomene verantwortlich macht.

(Gerhard Merz (SPD): Doch, ich schon!)

In der Tat glaube auch ich, dass Sie dafür nicht verantwortlich sind und man Ihnen das nicht vorwerfen kann.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immerhin!)

Na ja, so gewaltig ist der Minister jetzt auch nicht, dass er das Wetter beeinflussen könnte.

Aber ich sage es einmal andersherum: Eine Lärmreduzierung, die nicht funktioniert, wenn das Wetter unbeständig ist, funktioniert eben nicht. Das ist bei dem, wie das gestrickt ist, doch das Problem.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Man kann doch den Leuten nicht sagen: Ihr bekommt eine Lärmreduzierung nur dann, wenn wir Westwind haben, wenn es kein Starkregenereignis usw. gibt. – Dann funktioniert es doch nicht. Das ist genau das, was wir an den Lärmpausen kritisieren, dass sie nämlich total instabil und von eben solchen Faktoren abhängig sind.

Dritter und letzter Punkt. Herr Minister, Sie haben gesagt, die Opposition solle doch einmal über Alternativen reden. Ich kann in dieser Frage jetzt schwerlich für die Opposition insgesamt reden; ich kann aber für meine Fraktion reden.

(Jürgen Lenders (FDP): Stimmt!)

Und ich will Ihnen einmal sagen: Wenn Sie nach Alternativen fragen bzw. danach, was man beim Thema Lärmreduzierung anderes hätte machen können, dann empfehle ich Ihnen einen Blick in das grüne Wahlprogramm. Ich fand das Wahlprogramm der GRÜNEN damals nicht so pralle; aber wenn man es einmal mit Ihrer jetzigen Regierungspolitik vergleicht, dann finde ich es gar nicht mal so schlecht.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich finde, dass im Wahlprogramm der GRÜNEN richtig gute Sachen zum Thema Lärmreduzierung stehen, z. B. ein achtstündiges Nachflugverbot. Dort steht drin, dass das

Terminal 3 nicht gebaut werden soll, dass die Flugbewegungen gedeckelt werden sollen. All diese Sachen stehen im grünen Wahlprogramm. Deswegen würde ich Ihnen dies als Lektüre empfehlen, da Sie fragen, was man anders machen könnte. Ich finde, dazu würde ein Blick in Ihr eigenes Wahlprogramm überhaupt nicht schaden. Dort sind gute Vorschläge gemacht worden.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Die Stellen sind jetzt wahrscheinlich alle geschwärzt!)

Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass sich die GRÜNEN, als sie ihr Wahlprogramm beschlossen haben, nicht vorher überlegt haben, ob das nicht auch umsetzbar sein soll. Sie werfen uns ja immer gern vor, dass wir angeblich so unrealistisch seien. Daher sage ich es einmal so: Wenn die Menschen immer nur für das gekämpft hätten, was als unmittelbar durchsetzbar und realistisch erschienen wäre, wäre heute auch noch kein Atomkraftwerk vom Netz. Das galt auch einmal als völlig unrealistisch. Aber gerade bei den GRÜNEN, die von realpolitischer Gesinnung so durchdrungen sind,

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass Sie sich vor der Wahl nicht genau überlegt haben, ob auch all das durchsetzbar ist, was Sie in Ihrem Wahlprogramm niedergelegt haben. Deswegen sage ich: Dort stehen vernünftige Sachen drin, und was wir hier fordern, ist in weiten Teilen das grüne Wahlprogramm. Halten Sie sich doch einfach dran.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen.

Es wurde beantragt, über den Antrag sofort abzustimmen. Wer dem Antrag Drucks. 19/3489 seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen FDP, SPD und DIE LINKE sowie Kollegin Öztürk. Damit ist der Antrag angenommen.

Kolleginnen und Kollegen, ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 32 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Landesregierung muss endlich mit Hochdruck den Wohnungsbau fördern – Drucks. 19/3476 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 70:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Schaffung zusätzlichen Wohnraums hat Priorität in Hessen – Drucks. 19/3508 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als Erster spricht Kollege Siebel, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit Ihrer freundlichen Genehmigung mit einem

Zitat aus einer Pressemitteilung der Architekten- und Stadtplanerkammer beginnen: