Aus Sicht der CDU-Fraktion will ich noch ein paar Zahlen und Punkte benennen, die aus unserer Sicht im vergangenen Jahr von Relevanz waren.
Im Jahr 2015 erreichten uns 1.220 Petitionen. Das ist ein Anstieg um 10 %, und das sind so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das ist ein durchaus bemerkenswerter Hinweis.
Inzwischen ging jede fünfte Petition als Onlinepetition ein. Auch das ist wichtig: dass wir Vorgänge für die Bürgerinnen und Bürger vereinfachen. In ihren Petitionen baten die Bürgerinnen und Bürger vorrangig um Klärung, Kontrolle und Überprüfung von Verwaltungshandlungen und -verfahrensabläufen. Dabei war und ist – das haben auch meine Vorredner schon herausgestellt – jeder Fall ein Einzelfall und im Übrigen auch unabhängig davon, wie viele Unterstützer die jeweilige Petition hatte.
Es gibt auch schicksalhafte Fälle, die uns alle im Petitionsausschuss bewegen. Es gibt Härten, die dadurch entstehen können, dass Gesetze in der Regel abstrakte und ins Grundsätzliche gehende Regelungen beinhalten und auch enthalten müssen. Darauf treffen wir im Petitionsausschuss, und wir versuchen dann gemeinsam, für die Betroffenen Lösungen zu finden. Wir sind also Interessenvertreter für die Bürgerinnen und Bürger – aber als Abgeordnete selbstverständlich dazu verpflichtet, die geltenden Rechtsvorschriften, Erlasse, Verordnungen und eben auch Gesetze nicht außer Acht zu lassen. Vor diesem Hintergrund konnten wir auch nicht jeder Petition stattgeben.
Aber – und das ist wesentlich in der Zusammenarbeit – jedes Anliegen wird von uns ernst genommen und selbstverständlich mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft und diskutiert.
(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Martina Feld- mayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Florian Rentsch (FDP))
Wie schon im vorhergehenden Jahr konnten wir 1.200 Petitionen zum Abschluss bringen. Im Unterschied zum vorherigen Jahr – ich glaube, das ist auch der wesentliche Punkt – hat es einen nicht ganz unwesentlichen Anstieg bei den ausländerrechtlichen Petitionen gegeben. Die liegen inzwischen bei einer Quote von rund 35 %. Das sind nahezu doppelt so viele wie noch im Jahr 2012.
Zum Großteil betreffen die Petitionen die Länder des Westbalkans, also sichere Herkunftsstaaten. Auf eine Formulierung des Petitionsberichts muss ich nochmals kurz eingehen. Das ist von verschiedenen Vorrednern auch bereits erwähnt worden: Es gab unter den Obleuten eine Vereinbarung, auf Bitte des Innenministeriums die kosovarischen Petitionen zügig zu bearbeiten. Das haben wir in der Vorprüfungskommission einvernehmlich miteinander so besprochen. Es muss aber heute hier gesagt werden, dass sich alle Fraktionen, bis auf die Linksfraktion, daran gehalten haben. Ich würde mir schon wünschen, zukünftig, wenn jemand nicht bereit ist, solche Absprachen mitzutragen – das hat dann etwas mit Fairness zu tun –, das schon vorher zu kommunizieren und nicht einfach die Petition liegen zu lassen.
Damit man einmal konkret weiß, um welche Zeiträume es sich hier handelt: Unter „zügig“ verstehe ich natürlich, dass man sich einen Sachverhalt anschaut und dann so schnell wie möglich zu einer Entscheidung kommt. Bei der
Linksfraktion reden wir hier über Liegezeiten von vier bis sieben Monaten. Das ist nicht das, was ich unter einer „zügigen“ Bearbeitung verstehe.
Das ist auch den Menschen gegenüber nicht fair, die diese Petitionen einreichen. Denn sie machen sich natürlich am Schluss falsche Hoffnungen, nämlich die Hoffnung, dass sie eine längerfristige Aufenthaltsperspektive in Deutschland bekommen. Ich finde, das ist auch nicht fair gegenüber den Menschen, die wirklich unsere Hilfe benötigen und um Leib und Leben fürchten müssen.
Das ist sicherlich ein Punkt, über den wir in der Vorprüfungskommission nochmals miteinander sprechen müssen: wie wir zukünftig mit Absprachen umgehen. Denn Absprachen funktionieren nur dann, wenn sich alle daran halten.
Damit komme ich zum Schluss: Ich möchte mich ganz herzlich nicht nur bei den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen für die gute Zusammenarbeit bedanken; das gilt für meine eigene Fraktion, für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, für die FDP und natürlich auch für die SPD. Ich habe eben gesagt, warum eine Zusammenarbeit mit der Linksfraktion mitunter schwierig ist. Das kann man hier durchaus einmal ansprechen.
(Widerspruch bei der LINKEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das widerspricht aber dem, was die Vorsitzende gesagt hat!)
Ich möchte mich ganz besonders beim Petitionsbereich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit sehr herzlich bedanken, für die immer wieder sehr konstruktive Hilfestellung bei Fällen, die nicht immer einfach sind. Sie stehen uns da immer mit Rat und Tat zur Seite. Ich sehe jetzt aus dem Petitionsbereich Frau Bachmann und Herrn Beck – schön, dass Sie auch heute hier sind. Mein Dank gilt selbstverständlich außerdem in besonderer Art und Weise dem hessischen Innenministerium, das insbesondere nicht nur mit den Petitionen zum Kommunal- oder Beamtenrecht zu tun haben, sondern natürlich eben auch mit den Aufenthaltspetitionen. Mein Dank an den Innenminister und natürlich auch an die weiteren Ministerien: herzlichen Dank. Ich würde mich freuen, wenn wir weiterhin so konstruktiv im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zusammenarbeiten. – Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es liegt mir doch sehr am Herzen, zum Petitionsbericht das eine oder andere Wort zu sagen. Zum einen will ich meinen Dank – ich bin jetzt nicht mehr Mitglied im Petitionsausschuss – an den Bereich aussprechen, der jahrelang alle Abgeordneten bei den sehr schwierigen Fällen ausgesprochen konstruktiv unterstützt hat.
Ich möchte aber auch nochmals deutlich machen, dass mit den jetzigen asylrechtlichen Verschärfungen auf Bundesebene der Handlungsspielraum für Fälle, die sehr schwierig sind, im Petitionsausschuss positiv zu entscheiden, äußerst klein geworden ist. Das bedauere ich sehr. Denn die Konsequenzen müssen wir hier gemeinsam tragen. Menschen aus dem Westbalkan – dessen Länder als sichere Herkunftsstaaten ausgerufen worden sind –, deren Anträge in einem schnellen Asylverfahren abgelehnt werden, die dann aber, beispielsweise im Petitionsausschuss, Hoffnung haben, ein Bleiberecht zu erwirken, werden das wahrscheinlich nicht bekommen. Meine Damen und Herren, das ist sehr bedauerlich.
Ich sage auch gerne, warum das so ist. Es gibt Menschen, die ihr Anliegen im Asylverfahren einbringen, beispielsweise wenn es um geschlechtsspezifische Verfolgung geht, oder wenn es bei Menschen aus dem Kosovo oder Albanien darum geht, dass sie durch eine Blutfehde verfolgt werden. Diese Menschen haben einen Asylantrag gestellt, doch solche Asylgründe sind kaum berücksichtigt worden, weil ihr Heimatland als sicherer Herkunftsstaat gilt. Deswegen ist das pauschal abgelehnt worden. Ich habe solche Fälle in meinem Wahlkreis.
Jetzt ist es natürlich schwierig: Wie sagt man diesen Menschen, die an Leib und Leben bedroht sind, dass er oder sie freiwillig in ein „sicheres Herkunftsland“ wie den Kosovo ausreisen sollen? Wie können wir uns das in einer solchen Situation anmaßen? Es gibt Menschen, die unsere Unterstützung mehr brauchen als andere. Einen solchen Schicksalsengel will ich nicht spielen. Das steht uns nicht zu. Meine Damen und Herren, das steht aber auch diesem Haus nicht zu.
Ein Letztes. Es war immer wichtig, dass der Berichterstatter oder die Berichterstatterin selbst entscheidet, wie lange er oder sie an einer Petition arbeitet. Dieses Grundrecht können und dürfen wir niemandem in diesem Landtag streitig machen – Frau Wallmann, auch dann nicht, wenn Sie das gerne der LINKEN, und zwar Frau Cárdenas, streitig machen wollen. Das gehört nicht zu unserem parlamentarischen Konsens.
Ich habe relativ gut mit Frau Cárdenas zusammengearbeitet – in der Vergangenheit, als sie Vorsitzende war; als ich im Petitionsausschuss mit Frau Ypsilanti als Vorsitzender arbeiten durfte, war mir das auch immer in sehr positiver Erinnerung. Daher: Lassen wir doch die Berichterstatterinnen und die Berichterstatter die Petitionen so lange bearbeiten, wie sie dafür brauchen. Das ist das Grundrecht sowohl des Petenten als auch des Berichterstatters. Nur so ist unsere Arbeit wirklich sachorientiert.
In diesem Sinne danke ich Ihnen und wünsche allen Kolleginnen im Petitionsausschuss in Zukunft viel Erfolg. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Öztürk, vielleicht gleich als Bemerkung zu Beginn: Wenn bei jemandem, der bei uns hier Schutz sucht, Leib und Leben bedroht sind, dann findet keine Abschiebung statt. Punkt, fertig. Wenn Leib und Leben bedroht sind, findet das nicht statt.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch der Abg. Janine Wissler, Willi van Ooyen (DIE LINKE) und Mürvet Öztürk (fraktionslos))
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nochmals herausstellen: Art. 16 der Hessischen Verfassung ist ein herausragendes Recht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Wir können den Kolleginnen und Kollegen im Hessischen Landtag sehr dankbar sein, die diesem Recht der Bürgerinnen und Bürger, nein, diesem Recht jedermanns, sich an den Hessischen Landtag, an unsere Volksvertretung zu wenden, auch tatsächlich Geltung verschaffen, indem sie herausragend, mit Herzblut, viel Einsatzbereitschaft – Frau Vorsitzende Ypsilanti – dafür Sorge tragen, dass die Anliegen, die ihnen vorgetragen werden, auch einer verantwortungsvollen Bearbeitung zuteilwerden.
Deswegen auch vonseiten der Hessischen Landesregierung ein herzliches Dankeschön, vor allem an die Kolleginnen und Kollegen im Hessischen Landtag. In diesen Dank will ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsreferats – Frau Bachmann, Herrn Beck –, aber natürlich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung einbeziehen, ob in den Ministerien, in der Kommunalverwaltung, in der Sozialverwaltung, die Mitarbeiter an all den Stellen, wo ein Anliegen aufläuft und noch einmal begründet, noch einmal überprüft werden muss, ob wirklich alles so gelaufen ist, wie man sich das eigentlich vorstellt. All denen, die sich dort dafür einsetzen, dass ein Anliegen der Bürgerinnen und Bürger noch einmal überprüft wird, möchte ich ebenfalls ein sehr herzliches Dankeschön zurufen.
Meine Damen und Herren, das ist viel Arbeit, und das ist auch in den Redebeiträgen der Kolleginnen und Kollegen deutlich geworden. Die Zahl der Petitionen ist im vergangenen Jahr um 10 % auf 1.220 gestiegen. 427 davon sind Petitionen, die das Ausländerrecht betreffen. Ende der Neunzigerjahre bzw. Anfang der Zweitausenderjahre hatten wir allein im Bereich des Ausländerrechts 820 Petitionen pro Jahr. Warum war das damals so? Weil am Ende der Neunzigerjahre durch den Bürgerkrieg in Bosnien und in Restjugoslawien viele ausländerrechtliche Fälle aufgelaufen sind. Damals gab es viele, viele Menschen hier in Deutschland, die am Ende des Instanzenwegs den Hessischen Landtag angesprochen und gefragt haben, ob sie nicht vielleicht doch ein Bleiberecht – oder Ähnliches – bekommen könnten.
Diese Erfahrung bringt mich zu der Überlegung, dass wir uns darauf einstellen müssen, nachdem im vergangenen Jahr ein sehr großer Zustrom von Menschen in unser Land stattgefunden hat, dass den Hessischen Landtag in den nächsten Jahren viele Petitionen mit denselben Fragestellungen erreichen werden. Das sollten wir ein bisschen im Blick behalten. Es gibt aber einen Unterschied zu der Zeit vor 15, 16 Jahren. Die Fragen, die in den letzten Jahren zu Altfall- und Bleiberechtsregelungen an uns herangetragen
wurden – da stimme ich Ihnen, Frau Kollegin Öztürk, nicht zu –, unterscheiden sich elementar von den Bestimmungen, die noch Ende der Neunzigerjahre und Anfang der Zweitausenderjahre in unserem Ausländerrecht enthalten waren. Insofern glaube ich nicht, dass wir mit so vielen Petitionen wie damals rechnen müssen. Wir müssen uns gleichwohl darauf einstellen, dass die Abgeordneten im Petitionsausschuss ordentlich Arbeit haben werden – gerade in diesem Bereich.
Ich will Ihnen, den Kolleginnen und Kollegen, ein herzliches Dankeschön auch für Ihre Öffentlichkeitsarbeit zurufen, von Ihren Aktivitäten auf dem Hessentag über die Durchführung von Bürgersprechstunden bis dazu, dass die Verfahren vereinfacht wurden, wie Frau Kollegin Ypsilanti eben dargestellt hat. Das sind Errungenschaften aus den letzten zehn Jahren. Auch darauf können wir in Hessen besonders stolz sein.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch eines sagen. Art. 16 der Hessischen Verfassung ist ein herausragendes Recht, aber es begründet keine zusätzliche juristische Instanz. Frau Cárdenas, damit kommen wir zu der Frage, ob es öffentliche Sitzungen des Petitionsausschusses geben sollte oder ob die Petenten beteiligt werden sollten. Am Ende muss der Hessische Landtag entscheiden, wie er sich selbst organisiert. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das Petitionsrecht als solches den Bürgerinnen und Bürgern dazu dient, dem Parlament, der Volksvertretung in schriftlicher Form eine Bitte vortragen zu dürfen, damit ein bestimmter Fall unter einem anderen Blickwinkel noch einmal betrachtet wir? Das Parlament ist aber nicht die vierte oder fünfte juristische oder gerichtliche Instanz, in der ein öffentliches Verfahren durchgeführt wird. Das Petitionsrecht ist eben ein Jedermannsrecht.
Dem haben Sie, meine Damen und Herren im Petitionsausschuss, Geltung verschafft. Dafür will ich mich im Namen der Hessischen Landesregierung sehr herzlich bedanken. Ich freue mich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit in diesem Gremium.
Herzlichen Dank, Herr Minister. – Vielen Dank an alle Debattenredner, herzlichen Dank an die Frau Vorsitzende und die Mitglieder des Petitionsausschusses, und herzlichen Dank an die Mitarbeiter des Petitionsbereichs. Frau Bachmann, Herr Beck, bitte melden Sie es gehorsamst weiter. Vielen Dank dafür.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend Vielfalt unterschiedlicher Lebensweisen unter Identitätsmerkmalen an hessischen Schulen verankern – Drucks. 19/1583 –
Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Integration, Inklusion, Akzeptanz und Vielfalt an Hessens Schulen – Drucks. 19/3310 –
Redezeit: fünf Minuten je Fraktion. Wir beginnen die Debatte mit Herrn Kollegen Degen von der Fraktion der SPD.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion ist schon ein paar Tage alt. Ich weiß nicht, ob Sie ihn vor sich liegen haben. Ich will ihn gerne noch einmal vorstellen.
Ziel des Antrags ist, ein Diversity-Konzept an hessischen Schulen einzuführen. Dabei geht es vor allem darum, Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung der Persönlichkeit zu unterstützen. Das gilt in diesem Fall besonders für den Schwerpunkt „Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Identitäten und gleichgeschlechtlicher Lebensweisen“.
Meine Damen und Herren, Diversity-Konzepte kennen Sie sicherlich aus einer Vielzahl von Institutionen und Unternehmen. Ich will als Beispiel die Deutsche Bahn mit ihren 200.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Inland nennen. Seit 2012 gibt es bei der Bahn die Abteilung „Diversity Management“. Das Gleiche gilt für die Lufthansa-Gruppe mit ihren fast 120.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch dort setzt man seit vielen Jahren auf ein Diversity-Management. Dessen Arbeit zielt auf eine Form der Verständigung, die Unterschiede wahrnimmt und für Ergebnisse in gegenseitigem Respekt sorgt.