Meine Damen und Herren, Diversity-Konzepte kennen Sie sicherlich aus einer Vielzahl von Institutionen und Unternehmen. Ich will als Beispiel die Deutsche Bahn mit ihren 200.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Inland nennen. Seit 2012 gibt es bei der Bahn die Abteilung „Diversity Management“. Das Gleiche gilt für die Lufthansa-Gruppe mit ihren fast 120.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch dort setzt man seit vielen Jahren auf ein Diversity-Management. Dessen Arbeit zielt auf eine Form der Verständigung, die Unterschiede wahrnimmt und für Ergebnisse in gegenseitigem Respekt sorgt.
Warum nenne ich diese Zahlen? – Schulen sind fürwahr keine Unternehmen, aber an den Schulen arbeiten immerhin fast 60.000 Lehrkräfte, und über 800.000 junge Menschen verbringen dort regelmäßig einen nicht unwesentlichen Teil ihres Tages.
Meine Damen und Herren, Diversity beinhaltet sicherlich mehr als die Vielfalt sexueller Identitäten. Aber gerade dies ist ein Diversity-Aspekt, der an hessischen Schulen noch zu sehr vernachlässigt wird; daher besteht Handlungsbedarf.
Nach Schätzungen unterschiedlicher Studien sind etwa 5 % der Bevölkerung schwul, lesbisch, trans- oder intersexuell. In manchen Parlamenten soll die Quote übrigens höher sein. Durchschnittlich gibt es in jeder Schulklasse mindestens ein lesbisches Mädchen oder einen schwulen Jungen. Dazu kommt eine steigende Zahl von Kindern aus Regenbogenfamilien, die sich für das Lebenskonzept ihrer Eltern ebenfalls einem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sehen. Gleichzeitig ist der Ausdruck „schwule Sau“ an den Schulen noch immer ein weit verbreitetes Schimpfwort. Nicht ohne Grund hat die Arbeitsgemeinschaft LesBiSchwule Lehrerinnen und Lehrer in Hessen anlässlich des Christopher Street Day 2015 in Frankfurt mich und andere bildungspolitische Sprecher angeschrieben und folgende Frage gestellt: Was unternimmt die Hessische Landesregierung? Wie kann das Thema selbstverständlich und zugleich sensibel in den Unterricht eingebracht werden? Wie kann eine noch viel zu oft homophobe Schulatmosphäre verändert werden? – Das sind wesentliche Fragen.
Sicherlich ist eine Ausweitung der SchLAu-Projekte – auch durch Unterstützung des Landes – ein Schritt in die richtige Richtung, aber das ist längst nicht genug. Es fehlt an einem schlüssigen Gesamtkonzept, das nachhaltig Eingang in die Schulstrukturen und in die Schulprofile findet.
Andere Bundesländer sind hier viel weiter. Beispielhaft will ich Nordrhein-Westfalen mit seinem Konzept „Schule der Vielfalt“ nennen. Unter der gleichnamigen Webseite findet sich eine Vielzahl von Materialien, Ideen und Be
gleitmaterial. Das, meine Damen und Herren, setzt Maßstäbe. Daran kann man sich ein gutes Beispiel nehmen.
Aber außer Ankündigungen bringt die schwarz-grüne Koalition in Hessen bisher leider nichts auf die Reihe. Den Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung kann man allerdings sicherlich nennen. Meine Damen und Herren, man kann auch erwähnen, dass seit über zwei Jahren an einem Aktionsplan gearbeitet wird, aber das hilft den jungen Leuten, den Kindern und Jugendlichen an den Schulen, bisher überhaupt nicht. Es ist endlich an der Zeit, zu handeln.
Sosehr ich auch die Arbeit an dem Aktionsplan schätze, glaube ich, dass der Hessische Landtag durchaus Kriterien benennen kann, die ihm wichtig sind und von denen er hofft, dass sie einfließen.
Meine Damen und Herren, Diversity-Management muss an Schulen sichtbar und aktiv sein. Wesentliche Punkte dazu benennt der Antrag. Dazu zählt, dass man sich noch einmal über die Frage, welche Haltungen an unseren Schulen bezüglich einzelner Minderheiten überhaupt bestehen, ein klares Bild verschafft; dass man Schulen und Lehrkräfte unterstützt, den Anspruch auf Vielfalt auch wirklich im Schulprogramm sichtbar zu machen; und dass man ein entsprechendes Gütesiegel entwickelt. Wir haben bereits sehr viele Gütesiegel in Hessen – manche von mehr Bedeutung, manche von weniger –, aber ich glaube, dass ein solches Gütesiegel wirklich Sinn ergeben würde.
Es geht darum, entsprechende Fortbildungsmaßnahmen zu vermitteln und dafür Sorge zu tragen, dass in Lehrwerken entsprechende Lebensrealitäten ausreichend Berücksichtigung finden.
Ganz zum Schluss noch ein Beispiel. Es geht hier um Mathematikunterricht, betrifft sicherlich auch jedes andere Unterrichtsfach: Bei einer Textaufgabe oder Ähnlichem muss es nicht immer heißen: Max geht mit seinen Eltern einkaufen, und das Produkt Soundso kostet soundso viel. Er hat soundso viel in seinem Portemonnaie. Wie viel braucht er noch? – Da kann es genauso gut heißen: Max geht mit seinen beiden Vätern einkaufen. – Genau so kann man Textaufgaben konzipieren. Meine Damen und Herren, genau darum es geht: dass man hier viel mehr sensibilisiert.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss. Wir sind sehr konstruktiv daran interessiert, etwas zu entwickeln. Da kann man noch einmal an dem einen oder anderen Punkt herumfeilen. In diesem Sinne: Es ist normal, verschieden zu sein. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jeder Mensch ist einzigartig und mit einer in dieser Personalität ruhenden
Würde ausgestattet, die es zu achten gilt. Hieraus leitet sich das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ab.
Neben dem Elternhaus hat insbesondere die Schule die Aufgabe, jungen Menschen diese Werteorientierung, die unsere Gesellschaft eint und leitet, zu vermitteln und selbst im Alltag zu leben. Die Schulen in Hessen tun dies engagiert. Herzlichen Dank allen, die hieran mitwirken.
Die Schule ist ein Abbild der Gesellschaft – ein Mikrokosmos ihrer Vielfalt. Hier kann erlernt und für das spätere Leben eingeübt werden, wie die eigene Entfaltung gelingen und zugleich trotz oder gerade durch Heterogenität ein befruchtendes Miteinander entstehen kann.
Individuelle Förderung und zugleich Vermittlung sozialer Kompetenz: Dem stellt sich Schule in Hessen verantwortungsbewusst und durchaus erfolgreich. Achtung, Respekt und Toleranz sind der Dreiklang, der das Schulleben bestimmen soll.
Hierfür hat die Landesregierung durch den gesetzlichen Rahmen einen klaren Auftrag erteilt: indem diese Grundsätze im Schulgesetz, im Bildungs- und Erziehungsplan und dem Hessischen Referenzrahmen Schulqualität verankert sind.
Unser Ziel ist es, Sensibilität für die Unterschiedlichkeit der Lebensweisen zu fördern sowie Diskriminierung zu bekämpfen und zu verhindern. Deshalb sind wir der Koalition gegen Diskriminierung beigetreten. Deshalb stützen wir das Netzwerk gegen Diskriminierung in Hessen. Deshalb haben wir eine Antidiskriminierungsstelle eingerichtet, die erfolgreich arbeitet. Deshalb stehen in diesem Jahr 120.000 € für Projekte zur Stärkung von Akzeptanz und Vielfalt in Hessen bereit.
Ausgrenzung und Diffamierung von Minderheiten – sei es wegen Behinderung, ethnischer Herkunft, Geschlecht, sexueller und geschlechtlicher Identität, Religion oder Weltanschauung – sind gravierende Verletzungen des Gleichheitsgebots. Ihnen muss in der Schule durch Integration, durch Inklusion und durch das Bewusstmachen sowie die Akzeptanz von Vielfalt begegnet und vorgebeugt werden.
Hier passiert bereits ganz viel. Die Schulen in Hessen werden bei der Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund massiv unterstützt: durch 260 zusätzliche Lehrerstellen im vergangenen und im laufenden Schuljahr, durch 800 neue Lehrerstellen für die Sprachförderung der Flüchtlinge sowie durch die Einführung und den Ausbau des islamischen Religionsunterrichts. Wir haben im vergangenen und im laufenden Schuljahr auch für den inklusiven Unterricht 220 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung gestellt.
Meine Damen und Herren, wir wollen eine Schulkultur des selbstverständlichen Umgangs mit nicht heterosexueller Orientierung. Die Landesregierung hat hierzu verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht. Es gibt konkrete Projekte zur Sensibilisierung in den Schulen. Das Thema wurde in die Lehreraus- und -fortbildung aufgenommen; es ist in den Bildungsstandards, Lehrplänen und Lehrmaterialien abgebildet; und es muss natürlich auch bei Weiterentwick
lungen und Überarbeitungen entsprechend berücksichtigt werden. Die Themen werden besonders im Fach Biologie, aber auch in den Fächern Politik und Wirtschaft, Geschichte, Deutsch, Religion und Ethik behandelt.
Im bereits angesprochenen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt, den die Landesregierung derzeit mit den Selbstvertretungsorganisationen der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender sowie Trans- und Intersexuellen erarbeitet, wird die Schule einen besonderen Stellenwert erhalten, denn die Homo- und Transphobie ist leider immer noch ein aktuelles Thema, gerade bei jungen Menschen. Hier helfen Aufklärung und Information, um Verständnis zu wecken und Toleranz als Lebenshaltung zu implementieren. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn junge Menschen in Kulturkreisen aufwachsen, in denen Homosexualität gebrandmarkt wird. Deshalb wurde bereits die Einbeziehung kultureller Hintergründe in den Sexualkundeunterricht ausdrücklich vorgesehen.
Auch in der schwierigen Phase des Coming-out werden junge Menschen durch die Schulen in Hessen begleitet, z. B. durch die SchLAu-Projekte, deren Förderung ausgeweitet worden ist.
Ja. – Kinder und Jugendliche sollen nämlich lernen: Es ist normal, dass wir verschieden sind. Diese Vielfalt ist keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung und eine Chance für unsere Gesellschaft und die eigene Entwicklung. Hessen steht für diese Vielfalt und für ein wertschätzendes Miteinander. Die Schulen leisten hierzu einen wichtigen Beitrag und sind ein Garant dafür, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass jede und jeder unabhängig von seiner oder ihrer sexuellen Orientierung, von Beeinträchtigungen, von seiner oder ihrer Weltanschauung, vom Alter oder der Herkunft in unserer Gesellschaft inkludiert und nicht Opfer von Diskriminierung wird, das ist unser Ziel. Ich denke, dass dieses Ziel auch eine große Zustimmung in diesem Hause finden sollte.
Natürlich sind in diesem Kontext unsere Schulen von herausragender Bedeutung. Sie sind für unsere jungen Men
schen ein Lebensraum, dessen Rahmen unter den vorher genannten Prämissen durch die Politik gestaltet werden muss. Die Koalition aus CDU und GRÜNEN hat dieses Ziel daher auch in ihrem Koalitionsvertrag sehr eindringlich verankert und bereits einige Maßnahmen ergriffen, die dazu dienen sollen, Diskriminierung und Beeinträchtigung, die es bedauerlicherweise immer noch gibt, zurückzudrängen.
Mit dem von uns heute vorgelegten Antrag möchten wir dem Landtag noch einmal die Möglichkeit geben, einerseits zu den bereits ergriffenen Maßnahmen Stellung zu beziehen und andererseits eine Wertung hinsichtlich der weiteren Durchführung abzugeben.
Herr Kollege Degen, von daher verwundert es mich schon sehr, dass Sie sich hier zu der Behauptung versteigen – sage ich einmal –, dass Schwarz-Grün nur Ankündigungen machen würde, obwohl wir doch schon einiges auf den Weg gebracht haben, was wir in Punkt 5 unseres Antrags ja auch dokumentiert haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))
Für Sie haben wir extra noch einmal aufgeschrieben, dass das Land der Koalition gegen Diskriminierung beigetreten ist, dass das Land zusammen mit den Selbstvertretungsorganisationen der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender sowie Trans- und Intersexuellen einen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt erarbeitet,
dass das Land 220 zusätzliche Lehrerstellen für den inklusiven Unterricht zur Verfügung gestellt hat und dass das Land 260 Stellen für den Unterricht für Kinder mit Migrationshintergrund geschaffen hat. Hinzu kommen noch einmal 800 Stellen für die Flüchtlinge usw. usf. Das können Sie alles nachlesen. Das alles sind Fakten, die wir Ihnen heute hier noch einmal zur Verfügung gestellt haben, damit Sie sich in Zukunft nicht mehr zu dem Irrtum versteigen müssen, Schwarz-Grün würde nur ankündigen – SchwarzGrün handelt in dieser Frage.