Wenn wir sagen, die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten haben unseren besonderen Schutz verdient, dann ist es natürlich ein fatales Signal, dass eine Fraktion in diesem Landtag sich nicht hinter diesen Schutz stellt. Ein Teil dieses Hauses, ein Teil der ersten Gewalt in Hessen stellt sich nicht uneingeschränkt hinter den Schutz derjenigen, die unseren Rechtsstaat schützen. Das ist ein fatales Signal. Herr Kollege Wilken, ich finde, das, was Sie gerade eben vorgetragen haben, nährt die Zweifel daran, dass Sie für besondere herausragende Ämter, auch hier im Hause, geeignet sind.
Die Debatte hat gezeigt, der Schutzparagraf 112 ist nur ein Teil. In der Situation hilft ein Schutzparagraf den Kollegen überhaupt nicht, sondern nur das Signal und die Sanktionierung der Tat. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Aus- und Fortbildung funktioniert, dass die Kolleginnen und Kollegen in der Einsatzlehre darauf vorbereitet werden, dass so etwas passiert. Die persönliche Ausstattung und die Schutzausstattung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gehören genauso mit dazu.
aber ich finde es schon komisch, dass dann, wenn Protektoren bei Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zum Einsatz gekommen sind, das am Ende bei denen, die die Polizeibeamten angegriffen haben, strafmildernd ausgelegt wird. Das finde ich nicht besonders klug, wenn etwas so ausgelegt wird. Es mag so sein, aber das soll uns nicht daran hindern, dass wir dafür Sorge tragen, dass die Körperschutzausstattung auch entsprechend vorhanden ist.
Die Body-Cam ist angesprochen worden. Das sind alles Dinge, die den Kolleginnen und Kollegen im Einsatz ganz unmittelbar helfen, das gehört genauso zum Schutz unserer Vollzugskräfte mit dazu wie eben ein solcher Schutzparagraf.
Ich komme zum Schluss und zu dem Ergebnis: Ich bin sehr dankbar, dass vier Fraktionen uns im Prinzip unterstützen. Über die Frage der Details werden wir ohnehin in den nächsten Wochen und Monaten noch Debatten auf der
Ebene des Bundesrates und mit Sicherheit auch im Bundestag führen. Aber das Prinzip, dass wir diejenigen, die uns schützen, besonders schützen wollen, ist von vier Fraktionen nach meiner Einschätzung unterstützt worden. Dafür kann ich nur im Namen der Polizei und der Rettungskräfte dankbar sein. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben eben noch einmal die Frage der Verhältnismäßigkeit der Strafandrohung aufgegriffen und die der Verhältnismäßigkeit der jeweiligen Strafe, die auf die entsprechende Straftat folgen muss. Sie haben darauf verwiesen, das sei letztlich auch eine Frage der Strafzumessung. Damit haben Sie vollkommen recht. Natürlich ist es auch eine Frage der Strafzumessung, aber ich muss Ihnen nicht erklären – Sie wissen das sehr genau –, dass die Strafzumessung sich im Rahmen des Strafrahmens bewegt, den das Gesetz vorsieht. Dort haben Sie nun einmal – daran geht nichts vorbei – in Ihrem Gesetzesvorschlag eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten. Das heißt, egal welche Tat es war, wenn es ein tätlicher Angriff auf einen Uniformträger war, dann gibt es eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten Gefängnis. Es gibt keine Alternative in der Strafzumessung, etwa eine Geldstrafe zu wählen oder eine geringere Freiheitsstrafe. Sechs Monate Gefängnis gelten dann immer, und da habe ich vermisst, dass Sie wenigstens auf die Argumente eingehen, die ich hier vorgetragen habe, warum dies in der Tat die Verhältnismäßigkeit im Rahmen unseres Strafrechts grundlegend verletzt.
Ich bleibe einmal bei dem Beispiel mit dem Ei, das Sie auch aufgegriffen haben. Natürlich ist es nicht nur unappetitlich, es kann auch gefährlich sein. Ein Ei kann ein gefährliches Wurfgeschoss sein. Aber nehmen wir einmal den klassischen Fall, in dem ein solches Ei – völlig unrechtmäßig und zu verurteilen – geworfen wird, und es zerplatzt auf der Uniform eines Beamten. Die Uniform ist – fast hätte ich gesagt: versaut – kräftig verschmutzt, und dafür soll dann jemand sechs Monate ins Gefängnis gehen. Meinen Sie das ernst? Meinen Sie das wirklich ernst? Das ist doch keine Frage, die irgendwo in der Strafzumessung angepackt werden kann.
Ich will das an der Stelle auch noch ausführen. Es kommt für einen solchen tätlichen Angriff nach den Definitionen, die im Strafrecht bestehen, nicht im Geringsten darauf an, dass ein Beamter auch tatsächlich verletzt wird. Es reicht vielmehr das Ausholen zu einem gezielten Schlag schon aus. Im Extremfall bedeutet das, dass schon ein fester Stoß im Gerangel mindestens mit einem halben Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden müsste, während ein bloßes Wegschieben wohl nicht erfasst wäre. Das muss man sich einmal klarmachen. Die Frage des Wegschiebens, die in einem solchen Einsatz nach § 113 Strafgesetzbuch zu bestrafen wäre, und die Frage eines über das Wegschieben hinausgehenden Stoßes entscheidet, ob eine geringe Geldstra
fe oder eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt wird. Das kann es doch nicht sein, meine Damen und Herren.
Herr Minister, da müssen Sie gründlichst nacharbeiten und nachbessern. Ich will das noch einmal wiederholen. Nicht jede Reaktion auf eine gefährliche Fehlentwicklung wie hier und auch nicht jede Reaktion des Gesetzgebers ist als Symbolpolitik unbedingt abzulehnen. Da muss man im Einzelfall sehr genau abwägen. Sie aber schießen mit Ihrer Mindeststrafandrohung klar über das Ziel hinaus, und Sie stören damit das Verhältnismäßigkeitsgefüge unseres gesamten Strafrechts ganz erheblich.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Innenminister, wenn Sie mir zuhören würden, könnten Sie mir nicht solche böswilligen Sachen unterstellen, wie Sie es gerade in Ihrer Rede getan haben.
Selbstverständlich – und das habe ich eben auch unmissverständlich gesagt – trete ich, tritt meine Fraktion dafür ein, dass auch Beamte geschützt werden, egal ob sie im Einsatz sind oder nicht, weil es eben Menschen sind. Das ist doch vollkommen klar. Nur: Der tatsächliche Angriff ist bereits strafbewehrt. Dazu braucht es Ihren Schutzparagrafen nicht. Das, was Sie wirklich machen, ist: Sie schränken den Ermessensspielraum des Gerichts ein. Sie wollen, dass Richter eben nicht mehr abwägen können, ob es wirklich zu einer Freiheitsstrafe kommen muss. Das deckt sich natürlich mit Ihrer Gerichtsschelte, die Sie gerade vorgetragen haben. Sie trauen den Gerichten offensichtlich nicht.
Im Kern ist das, was Sie jetzt gerade inszenieren, nicht nur der Versuch einer Strafverschärfung, sondern der Versuch, zukünftig Menschen zu sagen: Überlegt euch dreimal, ob ihr zu einer Demonstration geht, bei der es vielleicht zu einer Rangelei kommt; denn dann kann es sein, dass du dich ganz schnell für ein halbes Jahr im Knast wiederfindest. – Das ist im Kern das, was Sie sagen wollen, und dagegen wehren wir uns zu Recht.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag Drucks. 19/1987. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – FDP und LINKE. Enthaltungen? – SPD. Dann ist dieser Antrag so angenommen.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend mehr Ganztagsschulen für mehr Bildungschancen, Bildungsgerechtigkeit und individuelle Förderung – „Von 3 auf 30“ – Drucks. 19/1976 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Ganztagsschulprogramm des Landes wird weiter ausgebaut – Angebotsvielfalt, Wahlfreiheit und Bedarfsgerechtigkeit als Leitlinien – Drucks. 19/2011 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als Erster spricht der Kollegen Degen von der SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zu diesem Bildungsmittwoch heute. Ich hoffe, es wird ein Bildungsermöglichungsmittwoch. Denn auf jeden Fall ist dieser Tag eine gute Möglichkeit für die Regierungskoalition, nach der Ankündigung der letzten Woche nun zu zeigen, dass sie es ernst meint mit dem Springen über den eigenen Schatten.
„Ermöglichen statt verordnen“, war ein Motto der letzten Jahre hier im Haus, vor allem vom Kollegen Wagner. Ich hoffe, es gibt kein Copyright darauf.
Danke schön. – Ich will gleich klarstellen, dass wir als SPD-Fraktion den Schulen ermöglichen wollen, echte Ganztagsschulen zu werden. Wir wollen das nicht verordnen, wir wollen das ermöglichen.
Aber dafür – und das ist jetzt der wesentliche Unterschied, über den wir reden müssen – stellt sich die Frage: Wie verbindlich macht man das, wie ernst meint man das, und welche Ressourcen stellt man dafür zur Verfügung?
Meine Damen und Herren, ich will gleich auf einen Widerspruch im Dringlichen Entschließungsantrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hinweisen. Da ist zum einen die Rede davon, dass hier die Schulträger eigentlich längst ins Profil 3 gehen könnten. Andererseits wollen Sie sich dafür feiern lassen, dass man jetzt doch bereit sei, das Profil 3 zu genehmigen. Was jetzt, meine Damen und Herren – ist es möglich, oder wollen Sie es genehmigen?
Bisher hat die CDU vor allem die Weiterentwicklung von Schulen ins Profil 3 zu echten Ganztagsschulen verhindert. Nach 16 Jahren ist Hessen Schlusslicht beim Ausbau von echten Ganztagsschulen, gerade einmal 3,5 % der hessischen Schülerinnen und Schüler besuchen eine echte Ganztagsschule, meine Damen und Herren.
Nur zum Vergleich: Der Bundesdurchschnitt liegt bei 14,4 %, in Nordrhein-Westfalen sind es gar über 22 %, und
Aber Schulfrieden in Hessen bedeutet eigentlich, die hessische CDU macht den Frieden mit sich selbst und kommt endlich in der Gegenwart an.
Das Wort „Ganztagsschule“ geht oft leicht von den Lippen. Ich will es auch noch einmal erläutern. Wir haben in Hessen eine Richtlinie dazu, die genau definiert, was echte Ganztagsschulen und was lediglich ganztägig arbeitende Schulen sind. Nur die echten Ganztagsschulen sind gebundene oder teilgebundene Schulen im Profil 3. Das sind die Schulen, bei denen es in den letzten Jahren massiv an der Weiterentwicklung gehakt hat, es sind die, bei denen wir wollen, dass diejenigen, die dies wünschen, sich dahin entwickeln können.
Auch die CDU hat nun für sich entdeckt, dass die teilgebundene Ganztagsschule überhaupt nicht die Wahlfreiheit der Eltern einschränkt; denn es gibt durchaus Modelle, bei denen man sagt, es gibt Schulen mit mehreren Klassen in einem Jahrgang, und nicht alle Klassen sind gebundene Ganztagsschulklassen. Da besteht durchaus Wahlfreiheit. Auch das hat die CDU inzwischen erfreulicherweise entdeckt, genauso, wie sie inzwischen entdeckt, dass der Bildungsgang Hauptschule nach wie vor auch bei integrierten Systemen besteht. Dies alles sind Fortschritte, von denen wir in den letzten Wochen gehört haben – bisher aber sind es nur Worte.