Protocol of the Session on March 26, 2015

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Als Nächster hat der Abg. Günter Rudolph für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wiederholt von einem geordneten Verfahren die Rede ist: Ein Gesetzentwurf, den normalerweise die Landesregierung einzubringen hat, wird von den Regierungsfraktionen eingebracht. Das kann man machen. Aber damit ist es natürlich ein verkürztes Verfahren. Bei einer so komplexen Materie wäre es geboten, im Vorfeld betroffene Verbände und Organisationen anzuhören. Man hätte das eine oder andere verbessern können. Von wegen: geordnetes Verfahren. Das war politisch gewollt; denn Sie wussten, die Kritik ist verheerend. Die Anhörung im Innenausschuss hat das bestätigt.

(Beifall bei der SPD, der FDP und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Bellino, Sie waren zumindest körperlich anwesend, wie ich. Ich habe verstanden, was die Anzuhörenden gesagt haben. – Da ich eben hörte: „Sogar der Bund der Steuerzahler“: Wissen Sie, beim Bund der Steuerzahler macht der Landtag nichts richtig, außer wir würden die Diäten der Abgeordneten abschaffen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Wenn es darum geht, wie die öffentliche Struktur aufrechterhalten werden soll, dann sagen diese selbst ernannten

Steuerzahler immer – wir zahlen auch alle Steuern; ich wäre auch nicht so vermessen –, dass wir gar nichts richtig machen.

Deswegen: Warum diese Hetze und dieser Zeitdruck? Die Kommunalwahl ist wahrscheinlich am 6. März. Da gibt es Fristen. Aber da hat Herr Hahn völlig recht: Dann trennt man alles andere ab, macht mit allen Beteiligten ein schönes Verfahren, macht eine regierungsinterne Anhörung, leitet das dem Landtag zu, und dann kann man in aller Ruhe entscheiden, was richtig und sinnvoll ist. Auch wir sehen Handlungs- und Änderungsbedarf bei den bestehenden Regelungen im Dienstrecht für kommunale Wahlbeamte. Das ist unsere Position. Diese hat sich auch nicht verändert.

(Beifall bei der SPD)

Aber was Sie hier vorlegen, greift zu kurz. Wir haben das Thema Qualifizierung von Wahlbeamten angesprochen. Diese wird auch durch die Altersgrenzen nicht verändert. Deswegen wird die Problematik bestehen bleiben, dass Leute, die für das Amt nicht geeignet sind, vielleicht nach sechs Jahren noch einmal antreten, weil sie acht Jahre Amtszeit erreichen müssen. Dann haben alle vor Ort das Problem

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

von Unfähigen im Amt. – Das muss man so sagen, das ist die Konsequenz; denn auch die Bürgerinnen und Bürger durchschauen in einer Direktwahl möglicherweise nicht alles. Wir haben Fälle, in denen sich alle Parteien einer Gebietskörperschaft einig sind: „Der kann es nicht“. Dann kriegen sie die Abwahl nicht hin. Das muss man natürlich akzeptieren und respektieren. Aber für die Gemeinde ist das ein Rückschritt, wenn sie jahrelang lahmgelegt wird, wenn Personen eine Verwaltung nicht führen oder eine Gemeinde nicht voranbringen können. Deswegen ist Ihr Gesetzentwurf an der Stelle zu kurz gegriffen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Ich kann es bald nicht mehr hören. Mit 18 Jahren kann man Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landrat werden – einverstanden, wenn der Wähler oder die Wählerin entsprechend wählt. Aber dann ermöglichen Sie bitte endlich auch das Wahlrecht für Landtagsabgeordnete ab 18 Jahren. Dann bringen Sie auch das auf den Weg. In Hessen ist dafür eine Volksabstimmung notwendig. Es ist eine absurde Regelung, zu der Sie niemandem erklären können, warum Sie dort keine Initiative ergreifen. Aber da schauen wir einmal.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Punkt: Sie führen mit dem Gesetzentwurf eine Änderung von beihilferechtlichen Vorschriften ein. Dazu gab es keine Anhörung der betroffenen Verbände, Vereine und Organisationen, deren Mitglieder davon tangiert sind. Herr Innenminister, vielleicht sagen Sie bitte in Ihrem Beitrag etwas dazu, wie das in der Praxis aussieht. Sie haben gesagt, das Innenministerium würde eine Regelung analog zu Rheinland-Pfalz erarbeiten. Ich habe mir einmal die rheinland-pfälzischen Regelungen angeschaut, diese 146 Seiten. Zu dem Vorbehalt finde ich darin nichts. Wo regeln Sie das in Hessen? Wie läuft das technisch ab? Dieser Vorbehalt wird von den Besoldungsbezügen einbehalten. Schließen Sie dann mit Versicherungen Verträge ab? Das würde mich einmal interessieren.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Wenn wir nämlich die Ermächtigungen im Rahmen der Verordnung der Regierung übergeben, was wir in anderen Fällen auch machen, möchte ich wenigstens die Grundzüge der Verordnung kennen, zumal ich Rechte des Parlaments abgebe. Deswegen: Auch das ist ein Verfahren, das zumindest nicht parlamentsfreundlich ist – um keinen anderen Ausdruck zu gebrauchen. Transparent ist es nicht.

Auch das finde ich übrigens merkwürdig: Sie haben unter Zeitdruck die Beihilfeverordnung über die Landespersonalkommission geändert. Wir fragten im Innenausschuss am Dienstag nach, wo im „Gesetz- und Verordnungsblatt“ das steht, und hörten, es ist noch gar nicht veröffentlicht worden. Dann verstehe ich diese Widersprüche nicht. Dort drücken Sie aufs Tempo – hier kommt es auf einen Monat mehr nicht an.

Dann wollen Sie 20 Millionen € bei den Beihilfeleistungen einsparen. Auch dazu hätten wir gern eine Erklärung. Aber Ihr Argument ist nur: Wir müssen das jetzt alles durchziehen. Es ist transparent, und alle finden das ganz toll. – Alles falsch.

Zusammengefasst: Erstens Zeitdruck, zweitens unausgegorene Regelung, drittens wollen Sie Einsparungen erreichen. Sie belasten damit beispielsweise auch Polizeibeamte, die von einem Dienstunfall tangiert sind. Wie sieht das in diesen Fällen aus? Das haben die Interessenvertreter der Polizeibeamten deutlich hervorgehoben: Wenn ein Dienstunfall im Nachhinein nicht anerkannt wird, bleiben Polizeibeamte, die im Dienst verletzt wurden, dann auf den Kosten sitzen? Das sind alles Fragen, auf die wir gern eine Antwort hätten. Sie haben sie uns nicht gegeben; Sie sagen: Das Gesetz muss verabschiedet werden. – Da sind wir konsequenter. Einem Gesetzentwurf, der nicht gut ist, werden wir nicht zustimmen. Deswegen lehnen wir ihn ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Ich nehme an, für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Beuth. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben deswegen ein geordnetes Verfahren durchgeführt, weil nicht nur die Fraktionen den Weg, den Fraktionsgesetze hier nehmen können, eingehalten haben, sondern weil wir im Gegensatz zu dem Eindruck, den Sie hier erweckt haben, eine sehr ausgiebige Anhörung zum Thema gemacht haben.

(Günter Rudolph (SPD): Der Landtag!)

Der Landtag.

(Günter Rudolph (SPD): Weil Sie „wir“ sagen!)

Ich bin auch noch Abgeordneter, und ich war bei der Anhörung dabei. Deswegen darf ich dann schon sagen, dass „wir“ eine Anhörung gemacht haben.

(Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Aber Sie reden jetzt als Minister, oder?)

Ich habe heute schon viel Wortklauberei gehört; ich finde, wir sollten uns darauf einigen, dass wir ein geordnetes Verfahren gemacht haben. Wir haben im Hessischen Landtag eine Anhörung durchgeführt. Was besonders bemerkenswert ist und worauf Sie mit keinem Wort eingegangen sind, ist, dass wir in den Gesetzentwurf wesentliche Punkte eingearbeitet haben, die von der kommunalen Familie in der Anhörung aufgegriffen und uns mit auf den Weg gegeben worden sind. Ich finde, deutlicher kann man nicht machen, dass man auf die Belange der kommunalen Familie in besonderer Art und Weise Rücksicht genommen hat.

(Beifall bei der CDU – Nancy Faeser (SPD): Das reicht ihnen nicht!)

Wir haben kommunalwahlrechtliche Regelungen anzupassen gehabt, und ich bin froh, dass auch verstanden worden ist, warum gerade bei diesen kommunalwahlrechtlichen Regelungen Eile erforderlich gewesen ist, weil sie nämlich für die nächste Kommunalwahl gelten sollen.

Wenn man der Auffassung ist, dass man die Versorgung der kommunalen Wahlbeamten in einer Wahlperiode von fünf Jahren verändern möchte, kann man sich darüber unterhalten, ob man den Tag, an dem wahrscheinlich viele kommunale Wahlen stattfinden werden und an dem es um kommunale Wahlbeamte geht, dann vergehen lassen möchte, ohne dass eine Veränderung durchgeführt wird.

Wir haben uns anders entschieden. Wir haben gesagt: Wir wollen, dass die neuen Regelungen bereits bei den Kommunalwahlen im nächsten Jahr gelten, mit denen eine Größenordnung von 50 Direktwahlen verbunden werden können, und deswegen müssen wir sie am Ende in diesem Gesetzentwurf umsetzen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die wesentlichen Punkte sind angesprochen worden. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir eine Anpassung der Versorgung machen wollen. Wir wollen eine Amtszeit von acht Jahren haben; das heißt, der Bürgermeister muss einmal wiedergewählt werden, um überhaupt in die Situation zu kommen, die etwas großzügigere Versorgungsmöglichkeit zu erhalten. Mit dieser Regelung, die wir jetzt noch einmal verbessert haben, haben wir dafür Sorge getragen, dass eine entsprechende Versorgung ab 55 Jahren oder mit entsprechenden Abschlägen ab 50 Jahren möglich sein wird. Wir haben damit zukünftig, zumindest nach dem, was uns die Kommunalen Spitzenverbände vorgetragen haben, kommunale Wahlbeamte in einer Größenordnung von 80 % in der Wahlbeamtenversorgung drin. Insofern sind wir den Kommunalen Spitzenverbänden auch hiermit erheblich entgegengekommen.

Zudem haben wir – das ist schon angesprochen worden – an der Stelle, wo wir es regeln konnten, ein Rückkehrrecht aufgenommen, sodass wir zwischen Beamten und Wahlbeamten, zwischen Richtern und Wahlbeamten sowie zwischen öffentlichen Angestellten und Wahlbeamten sehr gut einen Tausch hinbekommen können. Insofern ist es auch in diesem Punkt ein gutes Gesetz.

Zum Thema Wahlalter. Hierbei folgen wir der Rechtsprechung zum Thema Altersdiskriminierung, in dieser ganz einfachen Formel zusammengefasst: Auf der einen Seite haben wir gesagt, wenn wir bei den Älteren keine Begrenzung machen wollen, dann werden wir das schlechterdings bei den Jüngeren tun. Insofern haben wir in dem Gesetz

entwurf die 18 Jahre festgelegt. Die Bürgerinnen und Bürger – Herr Kollege Hahn hat es gesagt – werden dies zu entscheiden und damit umzugehen wissen. Insofern glaube ich, dass wir auch hierzu eine vernünftige Entscheidung getroffen haben.

Meine Damen und Herren, zur Beihilfe, um den letzten Punkt aufzugreifen. Wir haben bereits eine Änderung der Beihilfeverordnung herbeigeführt. Die Landespersonalkommission hat sich mit dieser Frage beschäftigt und uns die Anregung gegeben: Überlegt doch einmal, ob ihr das Rheinland-Pfälzer Modell, das vorsieht, dass die Beamtinnen und Beamten Wahlleistungen mit einem Beitrag sozusagen einkaufen können, entsprechend übernehmt. – Sie haben uns aufgegeben, dies zu prüfen. Wir ermöglichen mit einer entsprechenden Rechtsgrundlage im Beamtengesetz jetzt, dass wir uns diesem Rheinland-Pfälzer Modell entsprechend nähern können. Wir kommen damit der Bitte der Gewerkschaften nach, die gesagt haben: Wenn ihr schon die Beihilfe verändert und die Wahlleistungen herausnehmt, dann bietet doch die Möglichkeit, dass man sich diese Leistungen entsprechend dem Rheinland-Pfälzer Modell trotzdem verträglich sichern kann.

Herr Minister, ich darf Sie auf die Redezeit der Fraktionen aufmerksam machen.

Das ist der Hintergrund dieser Rechtsgrundlage. Mit dieser Regelung kommen wir jenen, die betroffen sind, im Grunde genommen ein Stück weit entgegen.

Herr Kollege Rudolph, lassen Sie mich noch einen letzten Punkt ausräumen; Sie dürften es aber eigentlich wissen; die Gewerkschaften wissen es jedenfalls. Dienstunfälle sind von der Veränderung der Beihilfeverordnung im Bereich der Wahlleistungen überhaupt nicht betroffen, weil wir die Dienstunfallfürsorge haben, sodass verunfallte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auch nach der neuen Regelung nicht aus entsprechenden Wahlleistungen herausfallen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Das nehmen wir so zur Kenntnis!)

Vielen Dank, Herr Minister Beuth. – Ich erteile erneut Herrn Kollegen Abg. Schaus das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beziehe mich noch einmal auf die Beihilferegelung, die so schön im Gesetzentwurf versteckt ist, und auf das, was Herr Kollege Rudolph gesagt hat, dass wir den Innenminister jetzt sozusagen durch Rechtsverordnung ermächtigen, zukünftig möglicherweise noch weiter gehende Veränderungen im Beihilferecht vornehmen zu können. Niemand weiß, was das Ganze derzeit kostet. Niemand kennt die Auswirkungen. Das konnte im Innenausschuss überhaupt nicht dargestellt werden. Sie wissen meiner Ansicht nach selbst noch nicht, was das soll. Weshalb dies jetzt mitten in

dieses Gesetzgebungsverfahren reingequetscht wird, das wissen nur Sie selbst.

Herr Minister, Sie haben eben gesagt, Sie seien der Bitte der Gewerkschaften nachgekommen. Deswegen erlaube ich mir, jetzt eine Presseerklärung des DGB Hessen vorzulegen, die sie heute Nachmittag rausgegeben haben. Ich zitiere:

DGB: Landesregierung kürzt Beihilfe durch die Hintertür!

Das ist die Überschrift.

Zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Modernisierung des Dienstrechts der kommunalen Wahlbeamtinnen und -beamten und zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften im Hessischen Landtag erklärt die Vorsitzende des DGB-Bezirkes Hessen-Thüringen, Gabriele Kailing: „CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verstecken die Änderung der Beihilfe für alle Beamtinnen und Beamten des Landes und der Kommunen in den Änderungen für die Wahlbeamtinnen und -beamten. Es bedarf nur noch einer Rechtsverordnung. In Kombination mit der geplanten Nullrunde ist das eine deftige Reallohnkürzung. Mit Wertschätzung hat diese Vorgehensweise nichts zu tun und ist ein Schlag in die Gesichter der Beamtinnen und Beamten.