Protocol of the Session on September 11, 2018

Statt des achtstündigen Nachtflugverbots gibt es nicht einmal ein sechsstündiges, weil das Nachtflugverbot dauernd gebrochen wird. Mit der Lärmobergrenze kann es noch deutlich lauter werden, und die freiwilligen Lärmpausen machen gerade für sechs Monate Pause.

Diese schwarz-grünen Placebos haben überhaupt keine Entlastung gebracht. Die Grenzen der Belastbarkeit sind überschritten. Leider haben die GRÜNEN in der Koalition mit der CDU alle Wahlversprechen in diesem Bereich in die Tonne gekloppt.

Wenn man sich dann noch anschaut, dass Unternehmen wie Ryanair hierher gelockt wurden, die die Dumpingkonkurrenz am Flughafen verschärfen und die Arbeitsbedingungen verschlechtern – im Übrigen streiken die Beschäftigten von Ryanair morgen wieder, sie haben unsere volle Unterstützung –, wird das ganze Problem grüner Flughafenpolitik auf Kosten der Anwohner, auf Kosten der Arbeitsplätze deutlich. So kann man keine Flughafenpolitik machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich könnte jetzt noch viel über Klima und Verkehr reden; denn die Verkehrswende ist ausgeblieben, und bei den Klimazielen bleibt unklar, wie sie erreicht werden können.

Ich will nur sagen, dass ich es gut finde, dass die Bundestagsfraktionen von LINKEN, GRÜNEN und FDP gestern angekündigt haben, gemeinsam Verfassungsklage gegen das bayerische Polizeigesetz einzureichen – ein weiterer Irrsinn der CSU, ein Frontalangriff auf die Bürgerrechte.

Es ist ermutigend, dass Zehntausende bundesweit gegen die Verschärfung von Polizeigesetzen demonstriert haben. Leider haben die GRÜNEN in Hessen bei dieser bedenklichen Entwicklung mitgemacht. Ich nenne nur das Stichwort „Staatstrojaner“. Als Oppositionsfraktion haben Sie ihn noch abgelehnt, und dann wollten Sie ihn sogar dem Geheimdienst, dem Verfassungsschutz, in dessen Abgründe wir in den letzten Jahren schauen konnten, in die Hand geben. Hier beteiligen sich die GRÜNEN am Abbau von Bürgerrechten. Auch das ist ein Teil der grünen Bilanz in den letzten fünf Jahren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Beim Geheimdienst, beim Verfassungsschutz wurden überhaupt keine Konsequenzen aus dem NSU-Komplex gezogen. Dabei hat das Landesamt für Verfassungsschutz

gezeigt, dass es entweder unfähig oder unwillig ist, Gefahren zu erkennen. Der Verfassungsschutz hat keine Sicherheitslücke im Kampf gegen rechts, er ist eine. Und wenn es noch weiterer Argumente bedurft hätte, dass diese Behörde aufgelöst gehört, dann hat sie Herr Maaßen in der letzten Woche alle geliefert.

Auch der Umgang mit dem NSU-Untersuchungsausschuss gehört zur Bilanz. Dass CDU und GRÜNE der Einsetzung nicht zugestimmt haben, dass der Ministerpräsident bis heute keinerlei Fehler zugibt und sich nicht entschuldigt hat, gehört ebenfalls zu der desaströsen schwarz-grünen Bilanz.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Am 18. Januar 2013 haben die GRÜNEN Ministerpräsident Bouffier zum Rücktritt aufgefordert. Am 18. Januar 2014 haben sie ihn zum Ministerpräsidenten gewählt.

Die GRÜNEN haben stillschweigend hingenommen, dass Herr Bouffier Roland Koch die Wilhelm-Leuschner-Medaille, die höchste Auszeichnung des Landes, verliehen hat, dem Roland Koch, dem Tarek Al-Wazir einst den Handschlag verweigert hat wegen dessen ausländerfeindlichen Wahlkampfs.

Diese GRÜNEN haben sich in fünf Jahren zur Unkenntlichkeit verbogen. Die fünf Jahre Schwarz-Grün haben dieses Land nicht zum Besseren verändert.

Wenn ich mir das CDU-Wahlprogramm anschaue, das Sie am letzten Wochenende beschlossen haben, dann kann ich nur sagen: Es ist ein Festival der Schnapsideen. Sie machen teilweise Vorschläge, die gefährlich sind, teilweise Vorschläge, die absurd sind, aber Sie greifen nicht die wirklichen Probleme der Menschen auf.

Die Menschen wollen mehr soziale Gerechtigkeit. Sie wollen bezahlbare Wohnungen und ein planbares Leben, mehr für die Mehrheit statt Bereicherung einiger weniger. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Ich habe die Zeit genutzt, um die nicht ganz alltägliche Geschäftsordnungsfrage zu klären; ich nehme an, dass insbesondere Herr Kollege Schaus an dem Ergebnis interessiert ist.

Ausgangspunkt ist, dass wir eine Vorlage nach § 64 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung haben, die im Regelfall nicht mehr im Landtag beraten wird, sondern abschließend vom Haushaltsauschuss beraten wird; es sei denn – und das ist im vorliegenden Fall geschehen –, dass eine Fraktion die Entscheidung des Landtags verlangt und das entsprechende Verlangen übermittelt. Das ist geschehen. Deswegen ist die Vorlage jetzt verteilt worden.

Einschlägig ist hier § 33 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung, der zunächst bestimmt, dass in diesem Fall der Haushaltsausschuss dem Landtag einen schriftlichen Bericht zu erstatten hat. Der liegt vor. Dann gilt § 28 Abs. 1 Sätze 2 und 3 entsprechend. Dort wiederum ist geregelt, dass der Bericht „auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzungswoche gesetzt“ wird.

Wir haben einmal die Auslegung der Geschäftsordnung in der Vergangenheit geklärt. Danach ist regelmäßig auf den Zeitpunkt der Ausschusssitzung abzustellen, auf die nächste Plenarsitzung von da an. In dieser befinden wir uns. Deswegen bleibt es bei der Feststellung, die ich vorhin schon mitgeteilt habe, dass die Beschlussempfehlung als Tagesordnungspunkt 57 in den Nachtrag zur Tagesordnung aufgenommen ist.

Nun interpretiere ich Ihre Wortmeldung, Herr Kollege Schaus, dahin gehend, dass Sie beantragen, das in die nächste Sitzungswoche – wann immer sie sein mag – zu vertagen. Darüber können wir mit einfacher Mehrheit abstimmen. Herr Kollege Schaus, ich weise vorsorglich darauf hin: Falls Sie die Interpretation der Geschäftsordnung nicht teilen sollten, würde ich die Abstimmung, die ich dann trotzdem durchführen lasse, als eine solche nach § 115 bewerten, wonach der Landtag jederzeit mit einfacher Mehrheit eine Abweichung von der Geschäftsordnung beschließen könnte. Entscheidend ist, dass in diesem Falle die Mehrheit des Landtags entscheiden wird, ob heute oder in der nächsten Sitzungsrunde beraten wird.

Herr Kollege Schaus.

Herr Präsident, vielen Dank für die Interpretation der Geschäftsordnung. In der Tat kann man trefflich darüber streiten. Wir sind davon ausgegangen – deswegen wiederhole ich das –, dass dieser Tagesordnungspunkt nach § 28 Abs. 1 in dieser Plenarwoche nicht mehr behandelt werden kann. Sie haben dem widersprochen.

Herr Kollege Schaus, nur zu Klarstellung: Ich habe nicht Ihrer Auslegung widersprochen, sondern ich habe festgestellt, wie wir hier verfahren und wie die Geschäftsordnung lautet. Jetzt stelle ich die Frage, ob Sie einen Antrag auf Vertagung stellen oder nicht.

Herr Präsident, ich stelle einen Antrag auf Vertagung, und zwar nochmals mit dem Hinweis darauf, dass in dieser Angelegenheit eine Kleine Anfrage der Abg. Schott unserer Fraktion vorliegt, Drucks. 19/6599. Sie ist vom 4. Juli dieses Jahres und bisher noch nicht beantwortet worden. Soweit ich informiert bin, ist heute ein Fristverlängerungshinweis eingegangen. Es ist uns schlichtweg nicht möglich und es wäre auch parlamentarisch gesehen ein Unding, wenn heute die Mehrheit eine Debatte erzwingen würde, wo wir noch nicht einmal eine Antwort des Ministeriums auf die inhaltlichen Fragen dazu erhalten haben. Das muss doch wohl gewährleistet werden. Ich bin sehr damit einverstanden, dass das am Donnerstag beraten und beschlossen werden kann, wenn die Antworten bis Donnerstag vorliegen. Aber auf dieser Rechtsgrundlage beantrage ich in der Tat eine Vertagung in die nächste Plenarwoche.

Gut, den Antrag habe ich zur Kenntnis genommen. Den Rest nehme ich in weiter Interpretation als Begründung für diesen Geschäftsordnungsantrag und lasse dann, wenn es

keine weiteren Wortmeldungen gibt, über den Antrag des Kollegen Schaus auf Vertagung in die nächste Sitzungsrunde abstimmen. – Bitte sehr, Herr Kollege Frömmrich.

Es ist okay, bitte abstimmen.

Gut, dann stimmen wir ab. Wer dem Antrag auf Vertagung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Gegenstimmen? – Das ist, soweit ersichtlich, der Rest des Hauses. Ich frage nach: Gibt es Enthaltungen? – Nein. Dann ist das so beschlossen. Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Geschäftsordnung, Herr Kollege Schaus.

Herr Präsident, Ihre Auslegung haben Sie ja vorhin mitgeteilt. Wir haben in der Tat eine andere Rechtsauffassung. Deshalb beantrage ich die Unterbrechung der Sitzung und die Einberufung des Ältestenrats in dieser Frage

(Allgemeine Unruhe)

nach der Debatte zur Regierungserklärung.

Okay, vielen Dank. Dann fahren wir jetzt fort. – Als Nächster hat Herr Kollege Rock für die Fraktion der Freien Demokraten das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es ist sinnvoll, dass wir die Debatte jetzt hier erst einmal fortsetzen, bevor wir uns im Klein-Klein der Geschäftsordnung verlieren.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Ministerpräsident hat für mich persönlich etwas überraschend seine Regierungserklärung in dieser letzten Plenarwoche vor der Landtagswahl unter das Motto „Zusammenhalt unserer Gesellschaft“ gestellt. Herr Ministerpräsident, dass Sie hier über Ihre Haltung gesprochen haben und dass Sie diese Haltung begründet haben, ist Ihre persönliche Entscheidung. Ich glaube, es hat Sie einfach umgetrieben – vor dem Hintergrund der Medienberichterstattung und dessen, was wir alle verfolgen konnten –, hier einmal als Repräsentant der Regierung klar Position zu beziehen. Sie haben das erläutert. Ich glaube, Sie haben an der Stelle auch vielen Menschen aus dem Herzen gesprochen.

Es ist wichtig, dass wir in einer schwierigen Zeit, in der unsere Gesellschaft in Bewegung ist, unsere Haltung vertreten und deutlich machen, dass wir als Repräsentanten der hessischen Bevölkerung hier im Landtag, aber auch die Regierung deutlich Position beziehen.

(Beifall bei der FDP)

Das begrüße ich an dieser Stelle. Ich begrüße auch die klaren Aussagen, die Sie getroffen haben. Ich wünsche mir natürlich, dass den Reden auch Taten folgen. Was meine ich mit Taten? Was meine ich mit: „Was muss man tun?“? – Wir sind momentan in einer Situation, in der wir feststellen: In unserer Bevölkerung geraten Menschen durcheinander. Sie sind desorientiert. Sie suchen vielleicht Anlehnung bei Menschen mit einfachen Botschaften. Es wird oft davon gesprochen, unser System würde versagen; das politische System, das 70 Jahre dieses Land auf Kurs gehalten hat, wäre nicht mehr in der Lage, den gesellschaftlichen Konsens zu sichern, um unser Land sicher in die Zukunft zu führen.

Hier ist nach meiner Auffassung aber etwas wichtig. Wir müssen zwischen Symptomen und Ursachen unterscheiden – Ursachen, die die Bevölkerung nervös machen und die unseren Bürgerinnen und Bürgern auch Angst machen. Diese Ursachen sind es, die wir in den Fokus nehmen müssen. Wir müssen Ursachen bekämpfen. Da ist Reden gut, aber Handeln ist besser.

Was meine ich konkret damit? – Man kann sagen, ein System versagt. Das wollen die Feinde unserer Demokratie in unserer Gesellschaft. Sie wollen ein Bild in der Öffentlichkeit stellen, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, die Sicherheit zu gewährleisten. Sie wollen ein Bild stellen, dass Bürger das selbst in die Hand nehmen müssten. Sie wollen ein Bild stellen: Unser System versagt. – Unser System versagt nicht. Unser System ist gut; es hat sich bewährt. Es hat dieses Land durch schwere Krisen geführt.

Aber es gibt ein anderes Versagen. Es gibt ein Politikversagen. Es gibt ein Regierungsversagen. Dieses Regierungsversagen muss man klar benennen, um die Ursachen bekämpfen zu können.

(Beifall bei der FDP)

Das Regierungsversagen, über das wir tagtäglich in den Nachrichten berichtet bekommen, ist die Unfähigkeit, die Herausforderungen – die Dinge, die die Menschen umtreiben – zu lösen. Statt Lösungen vorzuschlagen und umzusetzen, gibt es Diskussionen, Streit, Verunsicherung.

Herr Ministerpräsident, da spielt Ihre Partei in Berlin eine ganz besondere Rolle – nicht Ihre Partei, sondern die Union: In Streit zerfleischt sie sich öffentlich in der Sommerpause. Es gibt Streit, aber keine Lösung. Genau das ist es, was die Menschen umtreibt, nämlich der Eindruck, dass die Regierung nicht in der Lage sei, die Herausforderungen zu bewältigen.

(Beifall bei der FDP)

Auch hier in Hessen fragt man sich: Wo ist denn die starke Stimme aus Hessen, die Struktur in diese Diskussion, die Struktur in den Streit bringt? Wo sind die klaren Botschaften der Hessischen Landesregierung zu dem Thema Spurwechsel, einem Zuwanderungsgesetz und der Frage: „Wir können wir Integration nachhaltig betreiben?“? Wo ist die starke Stimme Hessens, um diese Dinge zu bewältigen? – Da höre ich nichts.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Thorsten Schä- fer-Gümbel und Norbert Schmitt (SPD) – Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken übernimmt den Vorsitz.)