Wir brauchen die Wiederherstellung der solidarischen gesetzlichen Rente. Die muss armutsfest sein, und die muss allen Menschen im Alter ein Leben in Würde garantieren können. Das brauchen wir, aber nicht die DeutschlandRente.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – René Rock (FDP): Haben Sie die Deutschland-Rente gefunden?)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Problematik ist ja bekannt, und in der Analyse sind sich die meisten auch einig. Herr Boddenberg hat es gesagt: Derzeit erarbeiten etwa 100 Beschäftigte die Rente für 35 Rentnerinnen und Rentner – mit steigender Tendenz. Sie haben sozusagen die Tendenz aufgezeichnet
und auch, dass derzeit fast 100 Milliarden € aus dem Bundeshaushalt in den Bereich Rente und Grundsicherung fließen, also etwa 30 %. Trotz dieser großen Anstrengungen geraten immer mehr Menschen in Altersarmut. Wir brauchen eine Antwort auf die Frage, wie stark wir die derzeit arbeitende Generation belasten können, damit sie sozusagen auch die Rentenbeiträge und die Absicherung der Renten für die künftigen Rentnerinnen und Rentner leistet. Das ist ein ganz zentraler Punkt, weil das Sprengstoff für die Entsolidarisierung beinhaltet, den auch die Politik beachten muss. Da müssen wir schauen, dass wir Antworten finden.
Meine Damen und Herren, diese Entwicklungen sind bekannt und auch vorhersehbar. Die Politik ist aufgefordert, tragfähige – die Betonung liegt auf „tragfähig“ – Handlungskonzepte zu entwickeln, die auch künftig die Altersversorgung der Menschen gewährleisten. Für diese Entwicklung sind kluge Ideen gefragt. Dabei besteht zwischen den relevanten politischen Kräften ein Konsens, dass wir drei Säulen im Rentensystem haben. Die LINKEN klammere ich jetzt einmal aus; sie wollen das nicht.
Wir haben die umlagefinanzierte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Das kennen Sie. Sie alle wissen, dass das Rentenniveau – unter anderem bedingt durch den demografischen Wandel und auch durch die erfreuliche Tatsache, dass Menschen länger leben – gesunken ist. Das ist so; das können wir auch nicht in Abrede stellen.
Daneben haben wir die betriebliche Altersversorgung. Die betriebliche Altersversorgung ist durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz im August des letzten Jahres besonders für Geringverdienerinnen und -verdiener und für kleine und mittlere Unternehmen noch einmal verbessert worden. Dort wurden noch einmal zusätzliche Anreize gesetzt, dass neben der gesetzlichen Altersversorgung auch in die Altersvorsorge aus betrieblichen Mitteln investiert wird.
Dann haben wir die dritte Säule, die private Altersversorgung – nur um die geht es heute – als Ergänzung zu den beiden anderen Säulen, der gesetzlichen und der betriebli
chen Altersversorgung. Ich finde es aller Ehren wert, dass sich die Große Koalition in Berlin mit dem Vorgehen bei der gesetzlichen Rente sehr intensiv beschäftigt hat und auch Maßnahmen getroffen hat, die Kollege Boddenberg hier referiert hat.
Das allein wird aber nicht reichen. Deshalb soll es auch diese Rentenkommission geben, die bis zum Jahr 2020 Konzepte vorlegen soll. Es ist ja allen Kombattanten bewusst, dass die gesetzliche Rente allein nicht reichen wird, um eine dauerhafte Absicherung der Menschen in Deutschland vorzunehmen. Deshalb soll bis 2020 ein neues Konzept vorgelegt werden.
Kollege Decker, dann gibt es im Koalitionsvertrag noch die Zeilen 4291 bis 4294. Dort steht, dass die private Altersversorgung weiterentwickelt werden soll. Dafür soll ein Konzept entwickelt werden. Genau da docken wir an.
Nein, aber wir aus Hessen bieten da etwas zur Debatte an. Ich finde, das ist ein sehr gutes Modell. Wir bieten da ein Modell an, über das man auch reden kann.
Herr Rock, ich biete Ihnen auch an, heute noch einmal genauer unter den Deckel zu schauen, was denn im Kleingedruckten steht. Sie sollten sich nicht hierhin stellen und sagen, das sei eine Zwangsregelung. Wer unter einer Optout-Möglichkeit eine Zwangsregelung versteht, der sollte noch einmal schauen, was tatsächlich darunter zu verstehen ist.
Wir bieten mit der Deutschland-Rente ein einfaches Standardprodukt, das komplizierte Beratungen vermeidet und in das jeder und jede einbezogen wird, wenn er oder sie nicht aktiv widerspricht. Das ist nämlich Opt-out, das ist kein Zwang, sondern es ist eine Wahlmöglichkeit, die sich in anderen europäischen Ländern bereits bestens bewährt hat.
Die Deutschland-Rente ist ein Standardprodukt in einem Staatsfonds auf Selbstkostenbasis, das staatlich verwaltet wird. Wir haben hier in Hessen ein wunderbares Beispiel dafür, dass das sehr gut funktionieren kann, nämlich den Versorgungsfonds für unsere Beamtinnen und Beamten. Dieses Modell, bei dem Mittel nach ökologischen und ethischen Standards verwaltet werden, ist ein gutes Modell, das auch funktionieren kann und das dem Zugriff des Staates entzogen werden muss, wobei Sparerinnen und Sparer dann auch Eigentümer ihrer Anlagen bleiben.
Wenn Sie gesagt haben, die eigenen GRÜNEN fänden das nicht so prall, dann haben auch unsere GRÜNEN an dem Punkt noch ein bisschen Nachhilfebedarf, weil dieser Fonds ja nicht nur aus – –
Frau Präsidentin, ich bin gleich durch. – Dieser Fonds wird ja nicht zu 100 % aus Aktien finanziert werden, sondern es wird eine Mischform sein, genauso wie wir das auch hier in unserem Modell haben.
Meine Damen und Herren, die Deutschland-Rente wird das leisten. Sie wurde hier von drei Ministern der Hessischen Landesregierung entwickelt. Die GRÜNEN und die CDU unterstützen das in voller Überzeugung. Wir hoffen, dass das im Bundesrat am Freitag auch so gelingen wird. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist das Lebensrisiko der Generation Nerd. Wenn man nämlich lange Texte nicht liest, sondern nur mit der elektronischen Schlagwortsuche arbeitet, dann findet man in der Koalitionsvereinbarung in der Tat nicht die Deutschland-Rente – vielleicht das Wort Rente und Deutschland, aber man findet nicht beides zusammen.
Wenn Sie sich aber der Mühe unterziehen, auf Seite 93 die ersten drei Zeilen zu lesen – vielleicht erleichtert das jetzt die Suche per Suchmaschine –, dann sehen Sie, dass die Koalitionspartner die „zügige Entwicklung eines … standardisierten Riester-Produkts“ vereinbart haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Vorschlag der Deutschland-Rente ist nichts anderes als ein standardisiertes Riester-Produkt.
Herr Kollege Rock, Sie haben sich Mühe gegeben, hier vier Minuten zu reden. Sie haben hier vollständig falsche Aussagen vorgetragen.
Erster Punkt. Sie behaupten, es gäbe keine Garantie. Wenn Sie genau nachgelesen hätten, könnten Sie feststellen, dass dort eine Wahlmöglichkeit drinsteht: Man kann zwischen einem Produkt mit Kapitalerhaltungsgarantie und einem Produkt ohne Kapitalerhaltungsgarantie wählen. Stimmts, Herr Kollege Rock, oder stimmts nicht?
Zweiter Punkt. Er hat vorgetragen, es sei ein Zwangsbeitrag. Frau Kollegin Erfurth hat eindrucksvoll belegt, es ist kein Zwangsbeitrag, sondern man hat die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was man am Ende tun will.
Dann hat er vorgetragen, unter staatlicher Leitung könne das nicht funktionieren. – Ich kann mich gut erinnern – damals war ich noch nicht in der aktiven Politik, aber schon daran interessiert –, dass es eine schwarz-gelbe Landesregierung Ende der Achtzigerjahre war, die ein ähnliches System zur Alterssicherung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte geschaffen hatte, nämlich das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Hessen. Das war ein großes Projekt der damaligen Regierung, bei der eine Körperschaft des öffentlichen Rechts private Altersvorsorge für die Betroffenen verwaltet und organisiert. Ich habe noch keine einzige Beschwerde – auch aus Kreisen der FDP – gehört, dass das nicht funktioniere.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – René Rock (FDP): Das ist doch absurd! – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Man kann doch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!)
Wenn wir dann den Blick über die Grenzen unseres Landes hinaus richten, sehen wir, dass beispielsweise das schwedische Altersvorsorgemodell genauso funktioniert.
Ich wage die Prognose: Es werden pro Jahr nur noch zwischen 600.000 und 700.000 Menschen in unserem Land auf die Welt kommen. Wir geburtenstarken Jahrgänge sind aber 1,4 Millionen Menschen pro Jahrgang. Wenn wir in Rente gehen und uns die Jahrgänge finanzieren sollen, die zahlenmäßig nur noch halb so stark sind, dann funktioniert das nur mit exorbitant hohen Beiträgen und/oder extrem hohen Steuern.
Wir müssen bereit sein, der Generation der geburtenstarken Jahrgänge jetzt zuzumuten, mehr für die eigene private Altersvorsorge zu tun. Dass das bei etwa der Hälfte der Beteiligten so nicht funktioniert – –