Ich kann jetzt deutlich darauf hinweisen, wie das am Ende abgearbeitet wird. Es wird drübergeschrieben, der Staat macht es, es wird etwas an Sicherheit und Kosteneffizienz vorgegaukelt, was es gar nicht geben kann, was schon daran zu sehen ist, wie es angelegt worden ist. Das bedeutet: Was ist jetzt eigentlich das Innovative? – Das Innovative oder das Besondere ist, dass es einen Zwangsbeitrag gibt.
Es gibt einen Zwangsbeitrag, der von den Unternehmen abgeführt wird, was sich natürlich auf das Gehalt derjenigen, die den Zwangsbeitrag erbringen müssen, auswirken wird.
Es wird etwas ins Schaufenster gestellt, und am Ende merkt der Kunde: Oh, ich habe es zweimal selbst bezahlt.
Das ist klassisch für den Finanzminister des Landes Hessen. Die Produkte, die Sie in Ihrem Haus entwickeln, sind meist für diejenigen, die sie genießen dürfen, doppelt so teuer. Die Frage ist, was man davon hat und wer am Ende die Rechnung bezahlt. – In der Regel nie das Land Hessen, sondern immer andere. Das ist in Ihrem Konzept hier auch so.
Aber bei dem Titel der Aktuellen Stunde, die Sie hier beantragt haben – „Die Deutschland-Rente, das überzeugende Altersvorsorge-Modell aus Hessen“ –, haben Sie den zweiten Teil vergessen: Das ist tot. Wenn Sie in den Koalitionsvertrag der neuen GroKo in Berlin schauen, stellen Sie fest, das ist tot. Es gibt auch überhaupt niemanden, der es wiederbeleben will.
Jetzt lassen Sie mich meine Rede mit einem SPD-Politiker enden: „Und das ist gut so.“ – Vielen Dank.
Wie in anderen Bundesländern ist Altersarmut in Hessen ein immer deutlicher wahrnehmbares Problem. Wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen werden, kann daraus in naher Zukunft eine soziale Krise entstehen.
So schreiben es die Verbände, Gewerkschaften und Kirchen im Landessozialbericht der Landesregierung.
In Hessen leben derzeit mehr als 170.000 armutsgefährdete Rentnerinnen und Rentner. Diese Menschen haben nach einem langen Erwerbsleben oft nicht genug für eine menschenwürdige Existenz. Immer mehr Menschen sammeln Flaschen, um die niedrige Rente aufzubessern. Ich sage, das ist eine Schande in einem so reichen Land wie Deutschland, meine Damen und Herren.
Diese Verhältnisse sind nicht vom Himmel gefallen, sondern sind die Folge von politischen Entscheidungen. Sie haben damit zu tun, dass die gesetzliche Rente in den letzten 15 bis 20 Jahren systematisch demontiert wurde. Die mehrmaligen Änderungen der Rentenformel bedeuteten die Schwächung der gesetzlichen Rente. Eine weitere faktische
Rentenkürzung war die Rente erst ab 67 bei gleichzeitiger Zwangsverrentung mit 63 unter hohen Abschlägen für viele ALG-II-Empfänger. Das sind die Ursachen für die wachsende Altersarmut in diesem Land, meine Damen und Herren.
Gerade letzte Woche ging durch die Medien, dass mittlerweile jeder fünfte Riester-Vertrag ruht, d. h., nicht mehr eingezahlt wird. Es werden kaum noch neue Verträge abgeschlossen, und die, die es gibt, werden kaum für die Altersvorsorge reichen. Deshalb ist die Analyse von CDU und GRÜNEN richtig, dass die Riester-Rente gescheitert ist. Das haben wir Ihnen allerdings auch schon bei der Einführung vorhergesagt, meine Damen und Herren.
Unsinn ist allerdings, dass die Riester-Rente jetzt durch ein anderes kapitalgedecktes Modell ersetzt werden soll. Denn das ist doch genau der Konstruktionsfehler. Das Prinzip der Kapitaldeckung setzt auf Spekulation und auf Wachstumsgläubigkeit. Am Ende, das zeigt doch die Riester-Rente, bleibt für die Sparer kaum etwas übrig. Es nutzt nur der Versicherungswirtschaft, die dadurch ihre Profite abschöpft.
Sie suchen eine Symptomlinderung für das Grundproblem, das die Reformen der letzten Jahre doch überhaupt erst geschaffen haben: dass die gesetzliche Rente nicht mehr zum Leben reicht und dass die Menschen, die es am nötigsten haben, sich nicht zusätzlich versichern, weil sie es gar nicht können, weil ihnen das Geld fehlt, weil die alleinerziehende Verkäuferin ohnehin kaum über die Runden kommt. Die kann nicht privat vorsorgen.
Jetzt wollen Sie sie mit der Deutschland-Rente dazu bringen – wie drei Minister, zwei CDUler, ein GRÜNER, mit diesem automatischen Opt-out-Modell vorschlagen –, es doch zu tun. Sie hoffen, dass die Menschen, die vorher keine private Altersvorsorge betrieben haben, jetzt quasi aus Trägheit drinbleiben. Aber glauben Sie denn ernsthaft, dass diese Menschen aus Leichtsinn nicht vorsorgen oder aus Faulheit, einen Vertrag abzuschließen? – Sie haben das Geld nicht, das ist das Problem. Deswegen sind höhere Löhne und eine armutsfeste gesetzliche Rente nötig.
Das Drei-Säulen-Modell funktioniert nicht. Die RiesterRente ist tot, und die betriebliche Altersvorsorge ist gefangen in der Niedrigzinsfalle. Das Experiment „Teilprivatisierung der Rente“ ist krachend gescheitert. Meine Damen und Herren, wir brauchen eine gesetzliche Rente, in die alle einzahlen – ja, auch wir Abgeordnete. Auch das ist überfällig.
Die Rente ab 67 muss zurückgenommen werden. Der Altenpfleger, die Krankenschwester, der Dachdecker und die Fliesenlegerin, alle diese Menschen können doch gar nicht bis 67 arbeiten. Die arbeiten nicht einmal bis 63, weil sie es gesundheitlich nicht schaffen, bis ins hohe Alter im Nacht- und Schichtdienst zu arbeiten, schwere körperliche Arbeit zu leisten. Für diese Menschen bedeutet die Rente ab 67 höhere Abschläge. Das heißt, es ist einfach nur eine Rentenkürzung, und die muss zurückgenommen werden, meine Damen und Herren.
Die Deutschland-Rente ist keine Lösung. Das sehen auch die GRÜNEN im Bundestag so. Ihr rentenpolitischer Spre
cher sagte – es wurde zitiert –, der Aktienmarkt sei keine Alternative zur Rentenversicherung, und die DeutschlandRente habe keine Zukunft.
Jetzt macht die CDU das Thema zur Aktuellen Stunde, obwohl Sie gerade einen Koalitionsvertrag ausgehandelt haben, in dem davon gar nichts drinsteht. Das wundert mich auch etwas.
Dass die Deutschland-Rente keine Lösung ist, können Sie auch im Sozialbericht der Landesregierung nachlesen. Die Sozialverbände schreiben im Sozialbericht zum Thema Deutschland-Rente – ich darf Ihnen das zitieren –:
Wenn auf Basis einer solchen Analyse aus Hessen der Vorschlag einer „Deutschland-Rente“ kommt, dann ist das eine falsche Schlussfolgerung. Denn dieses Alterssicherungsmodell hilft Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor, Hartz-IV-Empfängern und anderen Geringverdienenden nicht.
Denn für dieses kapitalgedeckte Rentenprodukt sollen in erster Linie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer allein zusätzliche Beiträge zahlen.
Dann ist das noch etwas ausgeführt. Ich kann das jetzt aus Zeitgründen nicht mehr zitieren. Ich empfehle nur den Blick in den eigenen Landessozialbericht der Landesregierung. Da können Sie noch einmal Argumente gegen die Deutschland-Rente und auch Empfehlungen der Verbände nachlesen, was Sie stattdessen machen sollen, nämlich sich auf Bundesebene für eine andere Rentenpolitik einsetzen,