Während es 2006 nur 25 % waren, galten im Jahr 2015 schon 32,3 % der sozioökonomisch benachteiligten Schülerinnen und Schüler als resilient, waren also auf einem guten Weg zu Bildung und Lebenserfolg. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine hervorragende Leistung unserer Lehrerinnen und Lehrer. Das muss man an dieser Stelle hervorheben.
Ich sage aber dazu, das ist kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen, sondern es gibt noch sehr viel zu tun. Auf diesem Weg müssen wir weitergehen. Dazu bedarf es sehr vieler Veränderungen der Rahmenbedingungen. Ich fange einmal mit einem Thema an, das mich in diesen Tagen richtig gestört und geärgert hat. In der Zeitung stand es am 25. Januar.
Sie erinnern sich daran; wir hatten hier schon einmal thematisiert, dass ein von 43 der 70 Grundschulen im Schulamtsbezirk Gießen unterzeichneter Brief zu der Situation an Grundschulen an das Kultusministerium geschickt wurde. Das Kultusministerium hat diesen Brief inzwischen mit drei Sätzen beantwortet. Es hat mitgeteilt: Unser Gesprächspartner ist der GEW-Landesverband. – Das war die Antwort in der Sache. Meine Damen und Herren, so geht man nicht mit Lehrerinnen und Lehrern um. So kann man das nicht machen. Sie haben genug Apparat, um wenigstens einen Brief zu beantworten, wenn Sie schon nicht mit jedem reden können.
Das Nächste ist der Umgang mit der Überlastungssituation an den Schulen, über die uns immer wieder berichtet wird. Die Überlastungsanzeigen häufen sich aus allen Bereichen. Es werden immer mehr. Um die Diskussion zu objektivieren, haben wir vorgeschlagen, dass wir die Arbeitsbelastung untersuchen und objektiv feststellen lassen. Warum lehnen Sie das ab, wenn das alles nicht stimmt, was über Überlastung in den Schulen behauptet wird? Vor welchen Erkenntnissen, die solche Untersuchungen bringen können, haben Sie denn Angst?
Haben Sie Angst, dass sich bestätigt, was berichtet wird, dass nämlich mehr und mehr Grundschullehrer ihre Arbeitszeit auf 75 % oder gar auf 66 % reduzieren, weil sie es schlichtweg nicht mehr schaffen, bei voller Stundenzahl mit dem Pensum fertig zu werden? Wovor haben Sie Angst, dass Sie das nicht untersuchen und objektiv überprüfen lassen wollen? Vielleicht stellt sich dabei ja heraus, das stimmt alles gar nicht; aber dann haben Sie Zahlen, mit denen Sie umgehen können.
Nehmen wir das Thema „Wochenstundenzahlen an Grundschulen“. Wir haben gerade die Übersicht der Kultusministerkonferenz über die Wochenpflichtstunden in einzelnen
Bundesländern an den Grundschulen bekommen. Danach erhalten die Grundschüler in Berlin, Hessen und Schleswig-Holstein die wenigsten Unterrichtsstunden in Deutschland. Pro Woche sind es 92 Stunden für die Klassen 1 bis 4. Beim Spitzenreiter Hamburg sind es 108 Stunden, in Bayern 104 Stunden und im Saarland 102 Stunden.
In der „hessenschau“ konnte man zur Kenntnis nehmen, dass das Ministerium damit argumentiert, der Wert habe keine Aussagekraft über Qualität und Erfolg von Bildung in Grundschulen. Es seien vielmehr viele zusätzliche Ressourcen nicht erfasst, die Hessen den Grundschulen zur Verfügung stelle. Der niedrige Wert bei den Pflichtstunden sei Beleg für eine moderne Schulgestaltung, die insbesondere Raum dafür lasse, sich auf die schnell wandelnde Situation in Gesellschaft und Schülerschaft einzustellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Hinweis ist zu kurz gesprungen. Er ist viel zu kurz gesprungen; denn da, wo kein Unterricht ist, kann auch kein Unterricht gestaltet werden. Das ist eine relative Binsenweisheit. Betreuungsangebote am Nachmittag, auf die Sie offensichtlich à la Pakt für den Nachmittag abstellen, ersetzen keinen Unterricht, sondern das sind Betreuungsangebote.
Ich wünsche mir, dass solche Sachverhalte auch durch diese Koalition endlich wieder einmal wahrgenommen werden und wir uns gemeinsam um Verbesserungen bemühen. Das vermisse ich bei Ihnen. Sie leben nach dem Motto der sprichwörtlichen drei Affen – entschuldigen Sie, wenn ich das so zitiere, aber das ist das, was mir dazu einfällt –: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.
Die neue Studie der Bertelsmann Stiftung zum Lehrermangel an Grundschulen liegt vor. Ich will gar nicht bewerten, ob die Bertelsmann Stiftung diesmal exakt richtig liegt oder nicht. So genau stimmt das auch nicht, und es gibt unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe. Aber wenn die Bertelsmann Stiftung zu dem Ergebnis kommt, dass uns bis 2025 insgesamt 35.000 Lehrkräfte in den Grundschulen fehlen werden, dann kommt es nicht darauf an, ob es 35.000, 25.000 oder 40.000 Lehrkräfte sind, sondern es kommt darauf an, dass wir reagieren müssen. Wir können uns nicht zurücklehnen und sagen: Es ist alles gut.
Zur Überlastungssituation der Schulleitungen wurde ein Gutachten vom Verband der Oberstudiendirektoren vorgelegt. Wir haben das intensiv im Ausschuss diskutiert. Sie haben das Gutachten abqualifiziert und behauptet, das sei alles nicht aussagekräftig. Sie haben die darin niedergelegten Fakten abgestritten. Wir haben gesagt: Okay, dann machen wir eine Anhörung. Dann hören wir uns an, was in der Tat in den Schulen los ist. – Die Anhörung haben Sie abgelehnt. Wovor haben Sie denn Angst, wenn doch angeblich alles in Ordnung ist? Wovor haben Sie Angst?
Sie erinnern mich auch dabei schon wieder an die zitierten drei Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen, aber endlos schwätzen und das Paradies an die Wand malen, während die Realität an unseren Schulen ausgeblendet wird.
Meine Damen und Herren, Probleme lösen Sie nicht dadurch, dass Sie sie wegzudiskutieren versuchen. Ihre Zahlen kann keiner mehr hören, der die Probleme seines Kindes oder Enkelkindes in der Schule wahrnehmen muss.
Ich komme zu einem anderen Thema: die Beschulung der Geflüchteten. Wir haben große Anstrengungen unternommen und gemeinsam Programme aufgesetzt. Das will ich hier ausdrücklich festhalten. Das war immer unstreitig in diesem Hause. Die gute Vorbereitung durch Nicola Beer hat geholfen, dass wir dann auch schnell reagieren konnten. Wir haben das gemeinsam weiterentwickelt. Das ging alles einen guten Weg.
Aber was ist dann passiert? Seit eineinhalb Jahren diskutieren wir das Thema hier immer wieder. Das Problem ist: Sie haben nach diesem guten Ansatz die Augen verschlossen und die Realität ausgeblendet.
Sie bekommen es immer wieder zu hören, von den Schulen, von den Verbänden, sicher auch in Ihrem Flüchtlingsbeirat, aber Sie negieren die Notwendigkeiten. Die vorhandenen Angebote reichen nicht aus. Insbesondere die von Ihnen stur eingehaltene Altersgrenze bei InteA-Klassen, die Begrenzung der Sprachfördermaßnahmen auf zwei Jahre – das sind alles Dinge, die dazu führen, dass Sie nicht den notwendigen Erfolg erzielen werden. Die Dauer solcher Maßnahmen muss sich am individuellen Bedarf bemessen. Es wird jetzt immer deutlicher: Es können im Einzelfall auch deutlich mehr als zwei Jahre sein, es können auch einmal vier Jahre sein. Es gibt dazu viele Zahlen, die wir an anderer Stelle sicherlich noch einmal diskutieren müssen. Aber auch da: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen, aber endlos schwätzen.
Bildungs- und Betreuungsangebote. Wir brauchen Bildungs- und Betreuungsangebote für alle Kinder – unabhängig von sozialer, kultureller und ethnischer Herkunft. Deshalb müssen die Investitionen im Bereich der frühkindlichen Bildung deutlich ausgebaut werden, damit Kinder von Beginn an beste Chancen haben und Eltern wissen, dass ihre Kinder in den Kindertagesstätten und Schulen qualitativ hochwertig betreut und gefördert werden.
Heterogenität in den Schulen. Das überspringe ich jetzt einmal. Wir haben beim nächsten Tagesordnungspunkt noch einmal Gelegenheit, uns mit Ihren Fehlansätzen bei der Durchsetzung von Inklusion mit der Brechstange und anderem zu beschäftigen. Auch hier blenden Sie die Realität aus: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.
Ich komme zurück auf das Thema Überlastung der Schulleitungen, und ich komme dann auch zum Schluss. Wir haben das, wie ich erwähnte, im Schulausschuss schon einmal diskutiert. Sie haben uns im Schulausschuss mit Mehrheit erklärt, blind bleiben zu wollen. Wir geben Ihnen mit dem letzten Punkt unseres Antrags noch einmal die Möglichkeit, sich zu informieren, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen. Zum Erkenntnisgewinn für die Landesregierung und für Sie von der Koalition fordern wir die Durchführung einer Anhörung durch den Kulturpolitischen Ausschuss noch im ersten Halbjahr 2018 zum Themenkomplex Aufgabenanalyse und Arbeitszeitbelastung von Schulleitungen. Ich frage erneut: Vor welchen Erkenntnissen haben Sie Angst, dass Sie sich auch hier wieder so verhalten – nichts sehen, nichts hören, nichts sagen, aber endlos schwätzen?
Danke, Herr Kollege Greilich. – Als nächster Redner hat sich nun Kollege Schwarz von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Die Regierungskoalition arbeitet konsequent für die bestmögliche Bildung unserer Kinder. Das tun wir erfolgreich, und dieser Erfolg ist messbar.
Denn das, was wir tun, kann sich sehen lassen. Unsere Rekordinvestitionen in die Bildung, unsere damit verbundene bundesweit vorbildliche Ressourcenausstattung und unser Verzicht auf bildungspolitische Strukturexperimente sorgen für Verlässlichkeit und Berechenbarkeit für unsere Schulgemeinden. Sie sorgen für perspektivische Lösungen der nachweislich vorhandenen neuen Aufgaben – das gehört auch dazu –, und sie schaffen passgenaue, optimale Rahmenbedingungen für die bestmögliche Bildung unserer Kinder. Dies ist uns nämlich wichtig; da setzen wir die absolute Priorität.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Aussagen sind belegbar. Ganz aktuell attestiert der Bundesfinanzbericht – dahinter steht ja nicht irgendjemand, sondern dahinter steht schon eine Instanz, die ernst zu nehmen ist –: Hessen hat die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben im Bildungswesen von allen Flächenländern. Meine Damen und Herren, kein anderes Bundesland hat so massiv bei den Bildungsausgaben zugelegt wie wir in den letzten Jahren in dieser Koalition und unter der CDU-geführten Landesregierung.
Kein anderes Bundesland hält 105 % Unterrichtsversorgung vor. Am Wochenende hatten wir Gelegenheit, mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet zu sprechen, der momentan damit befasst ist, dort SPD-verfehlte Arbeit wieder einzusammeln. Er hat gesagt: „Bis wir bei 105 % sind, müssen wir zunächst einmal bei den Grundschulen anfangen“. Daran arbeiten sie momentan.
Wir haben so viele Lehrer wie noch nie. Wir haben die beste Schüler-Lehrer-Relation, und wir haben die kleinsten Klassen, die es jemals in diesem Lande gab. Wir haben die niedrigste Schulabbrecherquote von allen Bundesländern,
wir haben die niedrigste Quote von ausländischen Schülerinnen und Schülern ohne Schulabschluss, und unsere bildungspolitischen Erfolge tragen maßgeblich zu der guten Entwicklung bei der PISA-Bewertung bei.
Diese Erfolge sind kein Zufall, sondern diese Erfolge sind Ergebnis von konsequenter und kontinuierlicher planvoller Arbeit. Ja, Hessen ist ein Spitzenland, gerade im Bildungsbereich.
Deswegen noch einmal zum Mitschreiben. Wir schauen uns jetzt einmal im Einzelnen an, wie weit wir vorne liegen. Die Caritas-Studie aus dem Sommer 2017 attestiert, wie eben erwähnt, die niedrigste Schulabbrecherquote von allen Bundesländern gegen den Bundestrend. Während dieser von 5,7 auf 5,9 % angestiegen ist, ging es in Hessen von 4,9 auf 4,1 % herunter. Das zeigt: Wir machen vieles richtig. Die Programme SchuB – heute PuSch – wirken. Das sind Maßnahmen, die wir bildungspolitisch ganz konkret machen, und das kommt vor Ort an.
Reden wir über das Thema Lehrerversorgung. Herr Kollege Greilich, Sie können es vielleicht nicht mehr hören, aber wir lassen es nicht zu, dass Sie permanent ein falsches Bild stellen. Wir haben 53.000 Stellen, die ausfinanziert sind. Sie sind auch besetzt – abgesehen von 50 Stellen. Das ist weniger als 1 Promille. Jetzt vergleichen wir das einmal mit einem Großkonzern mit 60.000 Köpfen und 50.000 Stellen. Wenn dort 50 Stellen einmal nicht besetzt sind, redet kein Mensch davon. Dann ist der Konzern arbeitsfähig. Deswegen lassen wir uns diesen Erfolg nicht von Ihnen madig machen. Räumen Sie bitte dort auf, wo Sie selbst Verantwortung mittragen, beispielsweise in RheinlandPfalz, wo die SPD-Ministerin Stefanie Hubig für eine Unterrichtsversorgung von 98,6 % verantwortlich ist.
Meine Damen und Herren, mit dem Doppelhaushalt werden wir auch in Zukunft den Erfolg, den wir nachweisen können, gewährleisten. Nachdem wir alleine in den Jahren 2016 und 2017 2.500 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen haben, kommen bis zum Ende der Legislaturperiode noch einmal 1.800 obendrauf. Das hat es so noch nicht gegeben: 4.300 Stellen in einer Legislaturperiode. Das ist wirklich ein Spitzenwert. Wir sind stolz darauf.
Damit das auch noch einmal klar ist: Für die Grundunterrichtsversorgung – das bedeutet, dass die Stundentafel bedient werden kann – brauchen wir 39.000 Stellen.