Protocol of the Session on November 21, 2017

Frau Staatsministerin – –

(Minister Boris Rhein: Herr Präsident, nein, ich ma- che das!)

Das Wort hat der hessische Staatsminister Boris Rhein.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Jahr 2015 betrug der Anteil der Professorinnen an den Professuren insgesamt, und zwar an allen hessischen Hochschulen, 24,3 %. Im Jahr 2016 betrug er 25 %. Wenn man nur die staatlichen hessischen Hochschulen betrachtet, sieht man, dass der Anteil der Professorinnen 24,4 % im Jahr 2015 und 24,8 % im Jahr 2016 betrug. Das heißt, in beiden Fällen ist eine Steigerung zu verzeichnen. Damit liegen die hessischen Hochschulen zudem über dem Bundesdurchschnitt. Dort betrug der Anteil der Professorinnen 22,7 % im Jahr 2015 und 23,4 % im Jahr 2016.

Ich will hinzufügen: Das ist durchaus noch ausbaufähig. Da gibt es noch lange nicht genügend Grund, sich zurückzulehnen und zu sagen, das sei eine Zahl, die uns gefallen würde. Ich will auch gar nicht so tun, als sei das anders.

Aber ich glaube, das muss man schon sagen: Wenn man sich die bundesweite Relation anschaut, zeigt das, dass die Maßnahmen, die wir in Hessen schon sehr früh ergriffen haben, wirklich greifen. Das hat beispielsweise mit den aktuellen Zielvereinbarungen zu tun, die wir mit den Hochschulen geschlossen haben. Wir haben sie gemeinsam beschlossen. Aber insbesondere das Ministerium hat darauf bestanden, dass es einen gesonderten Abschnitt zur Gleichstellung und Förderung der Frauen gibt.

Meiner Ansicht nach ist aber vor allem das Thema wirksam, bei dem es um das entsprechende Geld geht. Das ist das Erfolgsbudget im Hochschulpakt 2016 bis 2020. Im

Erfolgsbudget haben wir insgesamt zehn Parameter, die den finanziellen Anteil der Hochschulen beeinflussen. Unter den zehn Parametern gibt es allein drei, die genderbeeinflusst sind. Zum einen ist es der Parameter „Berufung von Frauen“. Dann ist es der Parameter „Promotionen der Frauen in den MINT-Fächern“. Außerdem ist es der Parameter „Absolventinnen in den MINT-Fächern“.

Wenn Sie diese Leistungszahlen mit den vereinbarten Punktwerten, die die Gewichtung der Leistungszahl innerhalb des Teilbudgets Gender repräsentieren, multiplizieren, resultiert daraus das Ergebnis, das wir Teiler nennen. Damit ergibt sich der Teil für das insgesamt zur Verfügung stehende Budget in Höhe von 14 Millionen €. So kommen wir auf die 6,81 Millionen €, die die Hochschulen durch das Erfolgsbudget gerade bei dem Genderteil erlösen können.

Ich glaube, dass das durchaus seine Wirkung gezeigt hat. Das sieht man insbesondere dann, wenn man die hessischen Zahlen in Relation zu den bundesweiten Zahlen setzt.

Herr Abg. Grumbach stellt eine Zusatzfrage.

Rechnen Sie es meinem hohen Alter zu: Haben Sie eine Idee, wie Sie es schaffen können, dass die 50 % noch zu meinen Lebzeiten erreicht werden?

Herr Staatsminister Rhein.

Sowohl aus fachlicher wie aus persönlicher Sympathie hoffe ich, dass Sie noch sehr viel Lebenszeit vor sich haben. Ich kann die Frage heute nicht so beantworten, dass wir am Ende wirklich gesichert davon ausgehen können und Sie mich am Ende Ihrer Lebenszeit auf diese Zahlen festnageln können.

Unser echter Wunsch ist jedenfalls, eine 50:50-Parität zu haben. Sie sehen an unseren Zahlen, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten, das noch in den Ihnen zur Verfügung stehenden Jahren hinzubekommen.

Frau Abg. Wissler stellt eine Zusatzfrage.

Herr Minister, das wäre jetzt auch meine Frage gewesen. Wenn die Steigerung in einem Jahr 0,3 Prozentpunkte beträgt und wenn es in diesem Tempo weitergeht, haben Sie einmal durchgerechnet, wie lange es dauert, bis der Anteil der Frauen an den Professuren dem Anteil der Frauen in der Gesellschaft entspricht? Haben Sie einmal durchgerechnet, wie lange das bei diesem Tempo dauern würde, bzw. wie alt Herr Grumbach werden müsste, damit er es noch erlebt?

Herr Staatsminister, bitte schön. – Sie müssen bei der Frage der Altersberechnung von Frau Wissler achtgeben. Das machen wir später. – Bitte schön.

Herr Präsident, verehrte Frau Wissler, ich rechne ungern. Ich glaube, das ist in diesem Haus nicht ganz unbekannt.

(Minister Dr. Thomas Schäfer: Das ist auch mein Job!)

Das ist der Job von Thomas Schäfer. Damit, dass das sein Job ist, sind wir in den vergangenen Jahren unglaublich gut gefahren.

Deswegen will ich mich auch gar nicht weiter in das Zahlenwerk versteigen. Allerdings gibt es doch zwei Zahlen, die eine Rolle spielen. Dabei geht es um den Hochschulpakt 2016 bis 2020. Mein Ziel ist es, auch den Hochschulpakt 2021 ff. zu behandeln. Insoweit würde ich Ihnen heute zusagen – das wage ich –, dass wir die Parameter so beeinflussen, dass es auf jeden Fall schneller geht, als es bisher gegangen ist.

Ich will noch einmal darauf hinweisen: Die Geschwindigkeit in Hessen ist, wie in vielen anderen Fällen in Hessen auch, durchaus höher als in anderen Bundesländern. Im bundesweiten Vergleich gilt das zumal.

Deswegen sage ich: Ich will durchaus zugestehen, dass das schneller gehen kann. Aber das würde ich gerne mit den Hochschulen im neuen Hochschulpakt neu verhandeln. Möglicherweise können wir die Genderparameter, die die Berufung der Professorinnen betreffen, noch ein bisschen anschärfen.

Herr Abg. May stellt eine Zusatzfrage.

(Gerhard Merz (SPD): Da muss man fast ein Tempolimit erlassen!)

Herr Staatsminister, Sie sind darauf schon kurz eingegangen. Ich freue mich darüber, dass die Genderparameter von Ihnen so positiv bewertet werden.

Nun ist es so, dass zur Vorbereitung eines höheren Anteils Professorinnen an den Professuren erst einmal der akademische Nachwuchs ausgebildet werden muss. Haben Sie denn parat, wie viel Geld jährlich für Programme für Absolventinnen und für Promotionen der Frauen bereitgestellt wird?

Herr Staatsminister Rhein.

Herr Abg. May, ich kann Ihnen eine Zahl nennen. Die Zahlen insgesamt muss ich Ihnen wahrscheinlich nachreichen. Man kann sich einmal Folgendes anschauen: Im Durchschnitt wurden in den drei Jahren 2012 bis 2014 von den

Hochschulen 64,34 Frauen berufen. Das Land prämierte jede Berufung im Schnitt mit rund 105.900 €.

Ich glaube, das ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann. Alle weiteren Zahlenwerke würde ich Ihnen gerne noch schriftlich nachreichen.

Dann kommen wir zur Frage 888. Herr Abg. Dr. Bartelt.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Rolle können hessische Hochschulen und Forschungseinrichtungen aus ihrer Sicht im „Rahmenprogramm Empirische Bildungsforschung“ des BMBF spielen, für welches in den nächsten fünf Jahren rund 250 Millionen € zur Verfügung stehen werden?

Herr Staatsminister Rhein.

Herr Abg. Dr. Bartelt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Rahmenprogramm Empirische Bildungsforschung des BMBF stehen künftig vier Handlungsfelder im Mittelpunkt der Bildungsforschung, die das BMBF fördert. Das Spektrum reicht von der Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit über den gelingenden Umgang mit Heterogenität in Bildungseinrichtungen bis hin zur sinnvollen Nutzung und Gestaltung von technologischen und digitalen Entwicklungen. Das geht weiter bis hin zur Verbesserung der Qualität des Bildungssystems insgesamt.

Diese Bereiche werden im Rahmen der außeruniversitären Forschung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung, DIPF, bearbeitet. Daher können sich alle Abteilungen des DIPF an dem Förderprogramm beteiligen und im Übrigen auch davon profitieren. Angesichts der wachsenden Bedeutung früher Bildung und der gestiegenen Anforderungen an pädagogisches Fachpersonal besteht allerdings ein außerordentlich hoher Bedarf an Forschung, um die individuellen Lernchancen von Kindern in Kindergärten und Schulen zu optimieren. Die empirische Bildungsforschung verzeichnet vor allem in Frankfurt am Main einen bedeutenden Aufschwung, da hier das eben von mir bereits erwähnte DIPF, die Goethe-Universität und das Sigmund-Freud-Institut außerordentlich eng und – man muss sagen – sehr erfolgreich zusammenarbeiten.

All das ist durch ein LOEWE-Zentrum angestoßen worden, und zwar durch das LOEWE-Zentrum IDeA, das vom Land Hessen im Zeitraum 1. Juli 2008 bis 30. September 2014 mit insgesamt rund 26,2 Millionen € gefördert worden ist. Dadurch angestoßen, hat sich der Forschungsstandort Frankfurt zu einem attraktiven Anlaufpunkt für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelt, die aus den verschiedensten Fachrichtungen auf kindliche Entwicklungs- und Lernprozesse blicken. Dank dieser LOEWEFörderungen, die ich erwähnt habe, konnten eine ganze Reihe von Neuberufungen, eine umfangreiche Laborinfrastruktur und Drittmitteleinwerbungen im Umfang von ins

gesamt rund 7 Millionen €, aber auch ein internationales wissenschaftliches Netzwerk realisiert werden.

Das interdisziplinäre Forschungszentrum IDeA ist dann zum 1. Juli 2014 in die Leibniz-Einrichtung DIPF institutionell integriert worden. Die LOEWE-Förderung führte außerdem zu einer räumlichen Zusammenführung der beteiligen Wissenschaftseinrichtungen. Bereits im Jahr 2013 bezog das DIPF das PEG-Gebäude in Frankfurt auf dem Campus Westend der Goethe-Universität. Im kommenden Jahr soll dann auf dem Campus Westend der Neubau des DIPF fertiggestellt werden. Wer heute an der Hansa- und an der Miquelallee vorbeifährt, sieht dieses Gebäude – wie ich finde – ganz eindrucksvoll in die Höhe wachsen.

Auch für die hessischen Universitäten Gießen und Kassel stellt das Thema Bildungsforschung natürlich einen wichtigen Schwerpunkt dar. Die Uni Gießen weist einen Hochschulschwerpunkt Empirische Unterrichts- und Bildungsforschung aus. Die Uni Kassel ist zudem über das hochschuleigene Forschungsinstitut INCHER im Bereich der Hochschulforschung aktiv.

Sehr geehrter Herr Dr. Bartelt, daher ist in der Tat davon auszugehen, dass das Rahmenprogramm Empirische Bildungsforschung des BMBF sowohl für die Arbeit des DIPF als auch für die Bildungsforschung an den hessischen Universitäten eine große Chance bietet.

Jetzt die Frage 889, Herr Abg. Hofmeister.

Ich frage die Landesregierung:

Wie bewertet sie die Ergebnisse des OECD-Berichtes „Bildung auf einen Blick 2017“ mit Blick auf das generelle Ziel, den Anteil der Studierenden und Absolventen im MINT-Bereich auch an den entsprechenden hessischen Hochschulen zu erhöhen?

Herr Staatsminister Rhein.

Herr Abg. Hofmeister, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will das sehr deutlich sagen: Ich begrüße es ausdrücklich, dass eine OECD-Studie – man kann hin und wieder das eine oder andere davon halten – endlich einmal Deutschland eine Spitzenposition zuweist. Bei allen immer wiederkehrenden kritischen Anmerkungen, die man zu OECD-Studien haben kann – etwa zur Methodik, zum Granulationsgrad und/oder, das meine ich vor allem, zur Vergleichbarkeit dieser Studien –, zeigt sich, dass Deutschland im zukunftsentscheidenden MINT-Bereich grundsätzlich sehr gut aufgestellt ist. Ich glaube, das kann man unterstreichen. Diese OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2017“ sieht Deutschland gut gerüstet für die technologieund wissensbasierte Wirtschaft. Auf die MINT-Fächer, also natürlich auch auf die Fächer Mathematik, Statistik, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie die Naturwissenschaften, entfallen 35 % aller Erwachsenen mit Tertiärabschluss in Deutschland. Das ist schon eine

durchaus nennenswerte Zahl. Der Anteil der jungen Hochschulabsolventen in den Studienfächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik beträgt sogar 37 %. Damit liegt Deutschland an der Spitze der OECDund Partnerländer, gefolgt von Indien mit 31 % und Korea mit 30 %.

Rund 40 % der Studienanfänger entscheiden sich heute für ein MINT-Fach. Das lohnt sich im Übrigen auch; denn die Beschäftigungsquote der 25 bis 64-Jährigen mit Tertiärabschluss belief sich in Deutschland auf 88 %. Bei den MINT-Absolventen liegt sie in Deutschland noch darüber, und zwar bei ganzen 90 %. Was mich besonders freut, ist, dass die OECD den in Deutschland gut aufeinander abgestimmten Übergang von Bildungssystem und Arbeitsmarkt lobt.

Soweit es das Land Hessen und die hessischen Hochschulen betrifft, haben wir auch hier wieder gemeinsam eine verstärkte Berücksichtigung der naturwissenschaftlichen und technischen Studiengänge bereits in den Zielvereinbarungen ab 2007 vereinbart, und zwar im Rahmen der über den Hochschulpakt 2020 zur Verfügung gestellten Mittel. Für Studierende dieser Bereiche wurden den Hochschulen erhöhte Mittel zugesprochen. Der Gedanke findet seine Fortführung natürlich auch im aktuellen Hochschulpakt, der ab 2016 bis 2020 gilt. Hier haben wir gemeinsam vereinbart, die HSP-2020-Mittel gezielt zur Erhöhung des Anteils der Studierenden an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften zu nutzen, und zwar insbesondere im Schwerpunkt MINT. Diesem gemeinsamen Agieren von Landesregierung und Hochschulen ist es zu verdanken, dass der Anteil der MINT-Studierenden und der entsprechenden Absolventinnen und Absolventen auch in Hessen stark gesteigert werden konnte.