Im Weiteren werden wir den Hessischen Kindervorsorgebeirat, der die Aufgabenwahrnehmung des Hessischen Kindervorsorgezentrums begleitet, um zwei weitere Mitglieder erweitern. Das sind die Landesärztin für hör- und sprachbehinderte Menschen und eine Vertreterin des Landesverbandes der Hessischen Hebammen. Damit wird die Fachkompetenz dieses Gremiums noch einmal deutlich erhöht werden.
Entfallen kann hingegen die hessische Regelung hinsichtlich der Voraussetzungen zur Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt bei einer möglichen Kindeswohlgefährdung. Das hat der Bund mittlerweile umfassend im Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz geregelt. Da
Im Rahmen der Verbändeanhörung wurde an uns erneut der Wunsch herangetragen, auch die Teilnahme an den Untersuchungen U10 sowie J1 und J2 gesetzlich verpflichtend zu machen. Die Teilnahme an diesen weiteren Kindervorsorgeuntersuchungen ist unter Präventionsaspekten für die Kindergesundheit in jedem Fall sinnvoll. Allerdings ist eine Ausweitung der gesetzlichen Verpflichtung problematisch und wäre vor allem aufgrund verfassungsrechtlicher Grundsätze bedenklich.
Vielmehr bedarf es an dieser Stelle keiner gesetzlichen Regelung, sondern es muss als Aufgabe der Kinder- und Jugendärzte verstanden werden, bei den Eltern und später bei den Jugendlichen selbst für die Teilnahme an diesen sehr sinnvollen Untersuchungen zu werben. Dabei vergesse ich nie, an dieser Stelle zu sagen, dass sie sowohl die Jungen als auch die Mädchen an die HPV-Impfung erinnern sollten. Sie wird einen ganz wesentlichen präventiven Charakter haben.
Das ist eine ganz wesentliche Sache. Die Erfahrung zeigt, dass man, wenn entsprechend geworben wird, eine hohe Beteiligung sicherstellen kann.
Das Hessische Kindervorsorgezentrum hat zehn Jahre lang für die Kindergesundheit in unserem Land gut gearbeitet. Ich denke, das wird es auch in den nächsten Jahren tun.
Herr Minister, herzlichen Dank. – Der Gesetzentwurf ist eingebracht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält Herr Kollege Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, ich danke Ihnen für die zügige Erteilung des Wortes. Ich möchte für die Mitglieder meiner Fraktion erklären, dass der Gesetzentwurf klug durchdacht und wohl abgewogen erscheint. Wir konnten die Unterlagen prüfen. Wir finden die vorgeschlagenen Maßnahmen richtig und sinnvoll. Wir werden dem folgen wollen und bedanken uns recht herzlich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Herr Kollege, sehr gut!)
Herr Kollege Bocklet, vielen Dank für Ihren zügigen Beitrag. – Ich gebe das Wort weiter an den Kollegen René Rock von der FDP-Fraktion.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wer noch die Genese des Gesetzes vor Augen hat und die Diskussionen, die wir dazu geführt haben, und die Bedenken, die dazu im Raum standen, wer das alles noch vor Augen hat, der
wird schon davon überrascht, dass – so sage ich das jetzt einmal – das Gesetz heute als grundsätzlich positiv angesehen wird. Das zeigt, dass sich die Auseinandersetzungen und Debatten rentiert haben und dass man damit doch etwas Ausgewogenes auf den Weg gebracht hat. Wir hatten auf dem Weg schon noch den einen oder anderen kleinen Stolperstein auszuräumen. Die Debatte wurde sehr sensibel geführt.
Ich bin da beim Minister. Eine Ausweitung dieser – ich sage es jetzt einmal so – verpflichtenden Untersuchungen ist ein sensibles Thema. Das sollte man nicht en passant machen. Meine Grundhaltung ist, ohne das jetzt hier noch weiter vertiefen zu wollen, zu sagen: Das erfordert gute Überlegungen. Das muss man noch einmal deutlich hinterlegen. Ich sehe da momentan keinen zwingenden Handlungsbedarf, die Ausweitung vorzunehmen.
Ich bin ganz klar der Meinung, dass man eine Ausweitung des Beirates durchführen sollte. Auch das, was hier im Raume steht – Hebammenvertreter, Landesärztin, Landesarzt für Hör- und Sprachbehinderte –, ist angemessen und ausgewogen. Auch das tragen wir sicherlich mit.
Die formale Veränderung, von der Rechtsverordnung auf eine Gesetzesbasis zu gehen, können wir ebenfalls mittragen. Von daher: Zum jetzigen Zeitpunkt steht aus meiner Sicht keine Ablehnung im Raum. Wir können uns derzeit eine Zustimmung durchaus vorstellen. Wir warten zunächst die Debatte ab, ob noch Aspekte in den Raum gestellt werden, die wir noch nicht bedacht haben und die noch ein Überdenken nach sich ziehen, aber nach dem aktuellen Kenntnisstand kann ich mir eine Zustimmung sehr gut vorstellen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder müssen sich gesund entwickeln können. Sie benötigen Fürsorge und Schutz. Das Gesetz hat genau dies zum Ziel. Positiv hervorzuheben ist, dass seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2007 die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen für Kinder auf etwa 98 % gestiegen ist.
Das Kindergesundheitsschutz-Gesetz – da sind wir uns sicherlich alle einig – ist richtig, vor allem, wenn es zur Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen motiviert. Dennoch gab und gibt es Kritik an dem Gesetz, da es sich auf die Vorsorgeuntersuchungen beschränkt. Ich möchte hier und heute nicht noch einmal die Debatte eröffnen – Herr Grüttner und auch Herr Rock haben schon darauf hingewiesen –, wieso die Jugenduntersuchung nicht mit aufgegriffen wird oder ob man die Untersuchungen bis zum zwölften Lebensjahr erweitern sollte. Das können wir im Ausschuss noch diskutieren.
Ich möchte zunächst auf den Kindergesundheitsschutz eingehen. Wer Kinder und ihre Gesundheit schützen will, der
Es muss darum gehen, Kinder aktiv, präventiv und intervenierend zu schützen. Die Realisierung dieses Schutzes muss meiner Ansicht nach so früh wie möglich im Setting der Familie beginnen. Ich bin daher froh, dass wir die Frühen Hilfen haben. In den Ausschusssitzungen der letzten Monate – wir können uns noch gut daran erinnern – haben wir diskutiert, wie die Begleitung der Eltern und Kinder in der Schwangerschaft und im Wochenbett aussieht, und dabei festgestellt, dass es noch vieler Verbesserungen bedarf. Das ist unerlässlich.
Kern eines solchen Gesetzes müsste daher insbesondere die Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen koordinierten und multiprofessionellen Angebotes sein, und zwar im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern, vor allem in den ersten Lebensjahren, von Müttern und Vätern, von schwangeren Frauen und werdenden Vätern, auch bezogen auf die Gesundheitsprävention.
Der SPD ist es wichtig, dass die Zugänglichkeit beispielsweise zu Familienhebammen, zu Mütterpflegerinnen, zu Elternbildung und sonstigen niedrigschwelligen Angeboten zur Beratung und Hilfe verbessert wird.
Nur so können eine Resilienz aufgebaut und das Kinderund Familienwohl sowie die Kinder-und Familiengesundheit von Anfang an gut unterstützt werden.
Schon in der Debatte von 2012 wurde von den Oppositionsfraktionen deutlich gemacht, dass ein Kindergesundheitsschutz-Gesetz, das auch Kindermisshandlungen und Kindervernachlässigung vermeiden und identifizieren soll, mehr braucht als nur U-Untersuchungen. Seinerzeit wurde darum gebeten, an dieser Stelle nachzubessern und funktionierende Methoden für das Kinderwohl einzubringen.
Ich habe mich vorhin sehr gewundert, Herr Bocklet, von Ihnen zu hören, dass Sie das Gesetz komplett unterstützen; denn gerade Sie haben damals gesagt, dass Sie nachsteuern wollten, weil nämlich genau solche Methoden im Gesetz fehlen würden. Sie haben gesagt, dort würde sogar ganz viel fehlen. Sie haben nunmehr die Chance, entsprechend nachzusteuern. Ich bin schon ganz gespannt auf Ihren Änderungsantrag.
Ich freue mich auf jeden Fall auf Erkenntnisse im Rahmen einer Anhörung, und zwar dahin gehend, wo noch Verbesserungspotenzial besteht, wie die Zuordnung vom Kindervorsorgezentrum bewertet wird, wie sich der bürokratische Aufwand entwickelt hat, wie viele Fälle gemeldet worden sind und inwiefern das Ziel des Gesetzes – nämlich Kindermissbrauch und -vernachlässigung aufzuspüren und dort zu helfen, wo es angebracht ist – tatsächlich erreicht wurde.
In Hessen – das will ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen – gibt es die Projekte „Keiner fällt durchs Netz“ und „Welcome Hessen“. Doch beim genauen Hinsehen ist lei
der zu berichten, dass die Welcome-Teams zwar in Südhessen gut vertreten sind, in Mittel- und in Nordhessen jedoch nur jeweils in zwei Städten. Von einer flächendeckenden Hilfe kann hier also nicht die Rede sein. Dabei gibt es so viele kompetente Partner, die sich gerne einbinden lassen würden.
Vorsorge ist bekanntlich das beste Mittel, Kinder vor Gefährdung zu schützen. Risiken im Alltag bei Familien in belastenden Lebenslagen müssen erkannt werden. Diesen Familien soll von Anfang an eine verlässliche Hilfe und Begleitung angeboten werden. Diese Hilfen sollten schnell erreichbar sein, kurzfristig zur Verfügung stehen und sich ganzheitlich verstehen. Dafür ist es jedoch notwendig, insbesondere die Strukturen des Gesundheitssystems und der Kinder- und Jugendhilfe sowie von anderen Institutionen, die Kontakt zu jungen Familien haben, eng und vor allen Dingen verbindlich zusammenzuführen, um so eine effektive Vernetzung im Kinderschutz zu erreichen.
Der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung kann immer nur in gemeinsamer Verantwortung verfolgt werden. Den Beirat, in dem Hebammen sowie die Landesärztin für Hörund Sprachbehinderte aufgenommen werden sollen, erachten wir als sinnvoll. Die Frage ist jedoch, ob es noch andere Expertisen gibt, die man mit einbinden müsste.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole gerne mein Anfangsstatement: Wer Kinder schützen will, muss das Familienwohl schützen und stärken. Wer die Familie nicht schützt, zugleich jedoch von Kinderwohl redet, der hat die sich abzeichnenden Konsequenzen noch nicht überblickt. Zum Wohle der Kinder und Familien – keiner soll in Hessen durchs Netz fallen – wünsche ich uns gute Beratungen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das hessische Kindergesundheitsschutz-Gesetz ist bis Ende dieses Jahres befristet. Es muss evaluiert, angepasst und in seiner Geltungsdauer verlängert werden. Die Novellierung verändert das Gesetz nicht wesentlich. Die Bedeutung des Gesetzes soll hier herausgestellt werden.
Dem Team des Hessischen Kindervorsorgezentrums unter Leitung von Prof. Kieslich, das seinen Sitz im Universitätsklinikum Frankfurt hat, möchten wir danken und unsere Wertschätzung aussprechen.
Die Änderungen des Gesetzentwurfs gegenüber dem Gesetz von 2007 sehen, kurz zusammengefasst, wie folgt aus: Jetzt nimmt das Universitätsklinikum qua Landesgesetz die Aufgabe des Kindervorsorgezentrums wahr; bislang erfolgte dies durch Rechtsverordnung. Die Rechts- und
Fachaufsicht erfolgt durch das zuständige Ministerium. Der Kindervorsorgebeirat wird durch Experten auf den Gebieten Neugeborenen-Hörscreening und -Stoffwechselscreening sowie durch Ärzte und Hebammen erweitert.