Protocol of the Session on June 1, 2017

Ich komme zum Schluss. – Deswegen wird es morgen darauf ankommen, bei den 37 Anträgen die Interessen Hessen so zu vertreten, dass wir einen Weg sehen, dieses Gesetz doch noch einigermaßen auf den Weg zu bringen. Es muss schnell kommen; denn eine gesetzliche Regelung sind wir den Opfern schuldig, die es im Internet bereits gegeben hat, die diffamiert und verunglimpft worden sind. Deshalb muss es eine schnelle Regelung geben, aber nicht wie vorgelegt. Daran werden wir intensiv mitarbeiten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Dr. Blechschmidt, FDP-Fraktion. Zwei Minuten.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin der Justizministerin sehr dankbar, dass sie sich nicht den Mund verbieten lässt wie die CDU insgesamt. Ich bin auch dankbar, dass Herr Wilken auch einmal offene Worte geredet hat, und es wird deutlich, wie wichtig es ist, dass die FDP wieder in den Bundestag einzieht, damit da mit lautem Ton einmal deutlich gemacht wird, woran es hier hakt.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe hier eine fünfseitige Ausarbeitung und will noch einmal drei Punkte deutlich machen. Die Justizministerin hat in Beispielen schon klargemacht, was uns hier fehlt. Die Legaldefinition ist zu weit gefasst – Kritik an § 1 Abs. 1. Kritik an § 1 Abs. 3: Die Aufzählung der Straftatbestände erfolgt ohne Begründung, zudem willkürlich. Kritik an § 3: Die Verlagerung von Prüfpflichten auf den privaten Anbieter widerspricht rechtsstaatlichen Prinzipien. Kritik an § 4: Einige Begriffe des § 4 verstoßen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Das ist erstes Semester Jura, und jeder weiß, wie grottenschlecht das ist.

Frau Ministerin, nicht „schnell“ ist angesagt; entschleunigen Sie dies. Nehmen Sie sich Zeit. Ich bitte ausdrücklich, dass die CDU den Vermittlungsausschuss anruft. Machen Sie ein Gesetz, das dem Rechnung trägt, was wir brauchen, aber kein grottenschlechtes Gesetz, wie Herr Maas das gemacht hat. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Dr. Blechschmidt. – Es gibt jetzt keine weiteren Wortmeldungen.

Dann haben wir einmal den Tagesordnungspunkt 62, Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP. Der soll in den Ausschuss? Habe ich das richtig verstanden? Rechtspolitischer Ausschuss? – Ja.

Dann haben wir den Dringlichen Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Was ist damit? – Kollegin Dorn.

Herr Präsident, wir würden den Antrag zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz – das ist ähnlich wie Dampfschifffahrtsgesellschaftskapitän, ein Zungenbrecher – bitte auch gern an den Rechtspolitischen Ausschuss überweisen.

Auch an den Rechtspolitischen Ausschuss. Beide Anträge in den Rechtspolitischen Ausschuss? – Gut. Dann hätten wir das auch erledigt.

Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 54 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (CDU blockiert Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit – auch in Hessen vor allem Frauen in der Teil- zeitfalle) – Drucks. 19/4940 –

Das Wort hat Frau Kollegin Lisa Gnadl, SPD-Fraktion.

Hier liegt noch etwas. Ist das von Ihnen Herr Blechschmidt? – Nein.

(Die Rednerin hält Unterlagen hoch und wendet sich an den Präsidenten.)

Dann gebe ich Ihnen das in vertrauensvolle Hände.

Von wem das ist, ist jetzt einmal egal. Lass es einmal da, und mach weiter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Teilzeit von Eltern in Deutschland heißt vor allem von Müttern in Teilzeit. Etwa 80 % der mehr als 11 Millionen Teilzeitbeschäftigten sind weiblich. Mehr als die Hälfte aller Mütter in Deutschland arbeitet in Teilzeit. Einige, weil sie mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen wollen. Aber auch viele, weil sie es sich aus finanziellen Gründen gar nicht anders leisten können, weil sie einen schweren Pflegefall in der Familie haben, oder weil schlicht und ergreifend die Kinderbetreuung nicht ausreicht und fehlt.

Gerade Eltern wissen, wie schwierig das ist, wenn ihre Kinder in die Grundschule kommen, und wie sehr es da um das Angebot an Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich fehlt. Ich selbst erlebe das tagtäglich als Mutter von zwei Kindern und weiß deshalb auch, wie wichtig es ist, endlich auch hier in Hessen den Ganztagsgrundschulausbau voranzutreiben.

(Beifall bei der SPD)

Selbst wenn die Kinder älter werden und die Frauen wieder Vollzeit arbeiten wollen, sitzen sie in der Teilzeitfalle: einmal Teilzeit, immer Teilzeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss sich endlich ändern.

(Beifall bei der SPD)

Es sind immerhin Hunderttausende, die von Teilzeit wieder in eine Vollzeitbeschäftigung zurückkehren wollen, es aber nicht dürfen. Deswegen möchte ich Ihnen einmal ein

krasses aber kein ungewöhnliches Beispiel aus der freien Wirtschaft nennen: Wieso soll ein Unternehmen freiwillig Interesse daran haben, wenn seine Arbeitnehmerin einen 20-Stunden-Vertrag hat, in der Woche aber fünf Überstunden macht, im Übrigen unbezahlt, weil diese in Ihrem Vertrag schon von vorneherein eingepreist sind, die Frau wieder in Vollzeit zurückkehren zu lassen? Deswegen brauchen wir in Deutschland endlich ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit, um diese Missstände abzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Umgekehrt ist es aber auch so, dass Tausende von berufstätigen Vätern erst gar nicht auf Teilzeit gehen wollen, da sie wissen, dass sie damit auch in einer Teilzeitfalle landen und nicht einfach so wieder auf Vollzeit zurückkehren können. Sie wollen erst gar nicht in dieser ewigen Teilzeit ohne Aufstiegschancen landen. Auch für diese ist das Rückkehrrecht ein wichtiger Beitrag im Sinne der Familien.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Union ist das alles völlig egal. Die CDU hat das Gesetz, das Andrea Nahles schon im November 2016 ins Bundeskabinett eingebracht hat, bewusst so lange verzögert, da sie das Gesetz nicht will, weil sie Andrea Nahles damit scheitern lassen wollte, und hat in dieser gesamten Zeit seit November immer wieder neue Forderungen gestellt und neue Hürden aufgebaut. Die Kanzlerin, deren Engagement für Frauen und Frauenrechte sich bekanntermaßen insgesamt in Grenzen hält, und die CDU haben dieses Gesetz aus ideologischen Gründen verhindert. Die CDU entpuppt sich da ein weiteres Mal als Lobbypartei der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

(Beifall bei der SPD)

Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist das äußerst unklug; denn damit schadet sich die Wirtschaft am Ende selbst, man denke nur an den Fachkräftemangel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Auswirkungen von Teilzeit sind verheerend. Sie sind ein Leben lang spürbar: geringerer Verdienst, keine Karrierechancen, am Ende im Alter geringe Rente und Altersarmut. Teilzeit von Müttern ist der Hauptgrund für die Lohnkluft von 21 %. Frau Merkel sorgt mit ihrer Blockadehaltung dafür, dass es so bleibt.

Deswegen ist es ein Hohn, wenn Herr Minister Grüttner sich in dieser Woche in der Fragestunde für den Lohnatlas in Hessen loben lässt. Was aber nützt uns das Wissen über die Lohnungleichheiten in Hessen, wenn wir die Ursachen nicht bekämpfen wollen?

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Frau Kollegin Gnadl, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Um echte Gleichberechtigung in Deutschland voranzubringen, dafür helfen keine glamourösen W-20-Gipfel mit Ivanka Trump und Königin Maxima. Dafür brauchen wir keine öffentlichen Showveranstaltungen. Wer Gleichberechtigung voranbringen will,

muss endlich wirklich etwas für Frauen tun und für ein Gesetz zum Rückkehrrecht auf Vollzeit sorgen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Vielen Dank, Frau Kollegin Gnadl. – Das Wort hat Frau Abg. Ravensburg, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundestagswahlkampf lässt heute Morgen schön grüßen.

(Torsten Warnecke (SPD): Wie bitte?)

Wir diskutieren heute über eine Gesetzesinitiative aus dem Bund, nämlich das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wie beim Tagesordnungspunkt zuvor!)

Das hat mit der Landespolitik direkt erst einmal gar nichts zu tun und ist in meinen Augen reines Wahlkampfgetöse.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD – Anhal- tende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Frau Gnadl, auch aus Ihrer Rede hat man das genau erkennen können; denn die SPD hätte auf Bundesebene durchaus die Chance gehabt, dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen. Der Versuch der SPD, den Schwarzen Peter für das Scheitern der Verhandlungen der CDU/CSU oder sogar unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel zuzuschieben,

(Norbert Schmitt (SPD): „Schwarz“ stimmt!)

ist ein kläglicher Versuch, Ihr SPD-Profil zu schärfen und sich von der CDU/CSU in Berlin abzusetzen. Sie brauchen das Thema offenbar für den Wahlkampf, das ist mir ganz klar.

(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))