Protocol of the Session on May 4, 2017

Wie Sie wissen sollten, ist das entsprechende Landesprogramm finanziell so gut aufgestellt wie noch nie zuvor. Schon im vergangenen Jahr haben wir die Mittel annähernd vervierfacht – auf über 3,8 Millionen € jährlich. Wir haben also keinen Nachholbedarf, wenn es darum geht, klare Kante gegen Extremismus zu zeigen. Schon gar nicht brauchen wir dazu Erklärungen der Linkspartei, die zumindest in Teilen immer noch ein gespaltenes Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie und zu unserer Verfassung hat.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Sie haben da ein gespaltenes Verhältnis!)

Der Rechtsextremismus, auf den hier besonders abgestellt wird, hat viele Facetten.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wenn jemand ein gespaltenes Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie hat, dann die CDU!)

Personen und/oder Organisationen tauchen neu auf, verschwinden von der Bildfläche, präsentieren sich plötzlich an anderer Stelle oder in einem anderen Gewand. Gleiches gilt für die sich ständig wandelnden Ansprachetechniken, Rekrutierungsversuche, Auswahl potenzieller oder tatsächlicher Opfer. Deshalb und wegen der generell wachsenden Gefährdungslage im Bereich des Extremismus und Terrorismus müssen der Staat, aber auch die Zivilgesellschaft wachsam bleiben. Deshalb ist und bleibt die Bekämpfung des Rechtsextremismus ein Schwerpunkt unserer Arbeit.

(Beifall bei der CDU)

Sie sollten es doch wissen: Mit unseren vielfältigen Instrumenten vom Beratungsnetzwerk Hessen, dem Demokratiezentrum Hessen in Marburg, dem Kompetenzzentrum

Rechtsextremismus, auch KOREX genannt, der Arbeit des Hessischen Informations- und Kompetenzzentrums gegen Extremismus, mit IKARus, mit dem Programm Rote Linie – Hilfen zum Ausstieg vor dem Einstieg – und der Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer und antisemitischer Gewalt haben wir Instrumente, die sehr wohl wirken – sowohl in der Prävention wie auch, wenn es notwendig ist, in der Sanktion.

Aktuell wirft der hier thematisierte Fall eines Deutschen, zudem von Beruf Soldat, der sich als Flüchtling ausgab, viele Fragen auf. Das ist richtig. Zunächst einmal bin ich dankbar dafür, dass es den Sicherheitsbehörden gelungen ist, diesen Menschen dingfest zu machen, und dass dadurch möglicherweise Schlimmeres verhindert werden konnte.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der SPD)

Dass es in Deutschland gelingt, Anschläge zu verhindern, ist ein gutes Zeichen, ein Beleg für die Wachsamkeit und Ausweis der Leistungsfähigkeit unserer Sicherheitsbehörden. Ich nenne hier auch stellvertretend die Kofferbomber, den Zugriff im Sauerland, das Zerschlagen rechtsextremer Organisationen, Vereinsverbote und die Absage des Fußballländerspiels in Hannover.

Auch in diesem konkreten Fall, der jetzt hier angesprochen wurde, habe ich Vertrauen in die ermittelnde Bundesanwaltschaft und in die Polizeibehörden. Ich bin davon überzeugt, dass sie alles Erforderliche tun, um die Tat aufzuklären.

Es wird zu prüfen sein, wie es sein konnte, dass ein Deutscher als Flüchtling durchgehen konnte. Ich bin auch sicher, dass in der Bundeswehr Untersuchungen angestellt werden. Die Ministerin hat hier bereits entschlossene Schritte unternommen. Es gilt, alles zu tun, um solche Vorkommnisse in Zukunft nach Möglichkeit auszuschließen. Aber mit uns gibt es keinen Generalverdacht gegen die Soldaten der Bundeswehr, die bereit sind, unser Land zu verteidigen und an internationalen Einsätzen mitzuwirken.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kollege Bellino, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Ja, vielen Dank. – Deshalb werden wir auch nicht zulassen, dass die Linkspartei den aktuellen Fall für ihre Propaganda gegen die Bundeswehr nutzt. Das können Sie mit uns nicht machen, vielleicht auf Ihren Parteitagen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das machen Sie schon selbst! – Lachen der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Frömmrich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Rechtsextreme Aktivitäten und rechtsextreme Straftaten müssen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden. Daran kann es doch in diesem Hause überhaupt keinen Zweifel geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU, bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Rechtsextreme bedrohen unsere freie und offene Gesellschaft, vertreten menschenverachtende Ideologien, sind ausländerfeindlich, antisemitisch, sind gegen Minderheiten gerichtet, sie stiften Unfrieden, sie hetzen gegen Andersdenkende. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da darf es keinen Zweifel geben: Da stehen Demokratinnen und Demokraten in diesem Hause gemeinsam und sagen, dass Rechtsextremisten in unserem Land keinen Platz haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LINKEN)

Aber die Debatte um Rechtsextremismus und das, was wir gegen Rechtsextremismus tun, sollte sich nicht anbieten und auch nicht dafür genutzt werden, hier zu versuchen, kleinkarierten parteipolitischen Streit zu organisieren. Ich glaube, das ist bei diesem Thema überhaupt nicht angebracht.

Sieht man sich die Überschrift dieser Aktuellen Stunde „Rechten Terror und Gefahr von rechts in Hessen ernst nehmen und bekämpfen“ an, erkennt man: Da wird versucht, das Bild zu stellen, dass das in Hessen eben nicht ernst genommen wird. Ich kann aus der Arbeit der Fraktionen, die hier die Regierungsmehrheit stellen, nur sagen, dass uns das ein sehr wichtiges Anliegen ist; und das sieht man auch an den Maßnahmen, die wir hier im Lande Hessen implementiert haben, und an den Haushaltsmitteln, die wir dafür bereitstellen. Frau Kollegin Wissler, ich sage Ihnen, es ist einfach unanständig, hier den Versuch zu unternehmen, den Mehrheitsfraktionen zu unterstellen, dass sie auf diesem Auge blind seien. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und bei der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wir haben die Mittel und das Personal für das Landesamt für Verfassungsschutz aufgestockt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

Wir haben den Staatsschutz der Polizei deutlich aufgestockt. Wir haben aber auch die Mittel für Prävention mittlerweile deutlich aufgestockt; im letzten Jahr haben wir sie vervierfacht. Mittlerweile stellen wir mit den Bundesmitteln gemeinsam 5,3 Millionen € für Extremismusprävention in Hessen zur Verfügung. Meine Damen und Herren, da einer Regierung den Vorwurf machen zu wollen, sei es auch nur durch eine Überschrift, dass sie nicht alles tue, um den Extremismus zu bekämpfen, ist einfach kein guter Stil.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich hoffe, wir sind uns einig, dass wir die geistigen Brandstifter dieser rechten Ideologien bekämpfen. Die geistigen Brandstifter sind die von AfD und Pegida und andere: die Petrys, die Storchs, die Gaulands, die Höckes. Sie hetzen

in unerträglicher Art und Weise, was dazu führt, dass sie auf der einen Seite hetzen und die anderen die Gewalttaten begehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen das bekämpfen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LIN- KEN)

Aus Hetzte und Hass wird Gewalt, und deswegen müssen wir uns gemeinsam gegen diese Form des Populismus aussprechen. Es besteht doch überhaupt kein Zweifel daran, dass wir über die Zunahme rechtsextremistischer Gewalttaten besorgt sind. Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass wir Anteil nehmen für diejenigen, die von rechtsextremen Gewalttaten betroffen sind, und uns mit ihnen solidarisch erklären.

Rechtspopulistischen Bestrebungen und Netzwerken treten wir entschieden entgegen. Wir begrüßen das bürgerschaftliche Engagement vieler Menschen in unserem Land, die sich gegen rechtsextreme Gefahren und rechtsextremes Auftreten engagieren. Das begrüßen wir natürlich. Aber kleinkarierte parteipolitische Versuche, hier Stöckchen aufzustellen mit Anträgen, um CDU und GRÜNE auseinanderzudividieren, werden Ihnen nicht gelingen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich habe es eben schon einmal gesagt, es bietet sich in dieser Frage auch nicht an, dass man hier kleinkariert parteipolitisch versucht, sein Kapital zu ziehen. Hessen macht sehr viel in der Bekämpfung des Extremismus.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wenn das alles richtig ist, was darin steht, ist es doch kein Problem!)

Ich habe es gerade schon einmal gesagt: 5,3 Millionen € stellen wir zur Verfügung, 3,8 Millionen € aus eigenen Landesmitteln. Es gab im Lande Hessen noch nie einen so üppig gefüllten Topf für den Bereich der Extremismusprävention wie unter dieser Landesregierung. Das sagen im Übrigen auch diejenigen, die in dem Bereich sehr engagiert sind. Reden Sie mit Herrn Becker vom Demokratiezentrum. Reden Sie mit Prof. Hafeneger von der Universität in Marburg, die diese Programme begleiten und diese Programme auch bewerten.

Kollege Frömmrich, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme sofort zum Schluss, Frau Präsidentin. – Sie sagen uns, dass wir in diesem Bereich gute Arbeit leisten und dass wir da gut aufgestellt sind. Ich kann Ihnen nur sagen, wenn diejenigen, die in diesem Bereich arbeiten, auf uns zukommen und sagen: „Wir brauchen an dieser und jener Stelle mehr“, dann tun wir das. Das haben wir im letzten Jahr getan, im Bereich Opferschutz und Opferberatung. Das haben wir getan. Wir brauchen von Ihnen in dieser Frage keine Belehrungen. Wir kämpfen gemeinsam gegen Rechtsextremismus, und ich hoffe, da sind wir uns einig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Gnadl für die SPD-Fraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Rede des Abg. Greilich von der FDP und auch der Antrag von CDU und GRÜNEN zeigen wieder einmal, dass wir uns hier im Landtag nicht einmal alleine dem Thema des rechten Terrors widmen können, sondern dass wieder die unterschiedlichen Themen miteinander vermischt werden.

(Holger Bellino (CDU): Ja, genau! Die gehören auch zusammen!)

Wir haben als SPD-Fraktion kein Problem damit, uns auch mit dem Thema des militanten Linksextremismus zu beschäftigen; aber wir haben etwas dagegen, wenn diese Themen immer wieder miteinander vermischt werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wie ist die Landesregierung in den letzten Jahren mit dem Thema „Gefahr von rechts“ umgegangen? – Da möchte ich Ihnen ein paar Beispiele nennen, gerade auch nach den Erfahrungen, die wir auch hier in Hessen mit dem NSU gemacht haben. 2013 wurde offensichtlich, dass militante Nazis völlig ungestört aus hessischen Gefängnissen heraus ein Netzwerk betreiben konnten.

(Zurufe von der LINKEN: Genau!)

2014 hatten wir die Debatte um die 17 untergetauchten Neonazis. Trotz Haftbefehls waren sie untergetaucht, und die Landesregierung hat 2014 noch behauptet, es gebe keinerlei Erkenntnisse über einen Unterstützerkreis.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Richtig!)

2015 hatten wir hier im Landtag die Debatte um die Große Anfrage der SPD-Fraktion zum Bereich Rechtsextremismus. Auch da hat die Landesregierung wieder die Gefahren eher kleiner geredet. Sie haben nicht von einer Vernetzung der rechtsextremen Szene gesprochen, nur von losen regionalen Gruppierungen. Die Identitäre Bewegung war im März 2015 noch nicht als rechtsextrem eingestuft, und sie konnten keine Angaben zum illegalen Waffenhandel machen.