Protocol of the Session on September 14, 2011

Herzlichen Dank. – Es gibt keine Wortmeldungen mehr. Wir sind damit am Ende der Aussprache.

Der Gesetzentwurf wird zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen. – Keiner hat Probleme damit. Dann wird das so gemacht.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Abgaben (KAG) und zur Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge in Hessen – Drucks. 18/4389 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Der Gesetzentwurf wird vom Kollegen Rudolph, SPD-Fraktion, eingebraucht.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! An diesem herrlichen Vorherbsttag kann man viele schöne Sachen machen: Der eine spielt Golf, der andere bringt Gesetzentwürfe ein.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Holger Bellino (CDU): Wir arbeiten!)

Es haben nicht alle den Witz verstanden, aber die meisten. – Wir wollen, dass die hessischen Kommunen die Möglichkeit zur Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge erhalten.

(Beifall bei der SPD)

Aufgrund der derzeitigen Rechtslage gemäß § 11 des Kommunalabgabengesetzes haben Städte und Gemeinden die Möglichkeit, die Grundstückseigentümer bei der Schaffung, Erweiterung oder Erneuerung öffentlicher Einrichtungen – hier sind in erster Linie Straßen gemeint – über eine einmalige Beitragserhebung zu beteiligen. Dies führt für die betroffenen Grundstückseigentümer zu einer teilweise sehr erheblichen Zahlungsverpflichtung.

Das ist nicht nur eine hohe Belastung des einzelnen Grundstückseigentümers, sondern es bedeutet für die Kommunen oftmals auch einen sehr großen Verwaltungsaufwand. Es produziert Ärger. Wer kommunalpolitisch tätig ist, weiß, dass dies kein Thema ist, mit dem man Wählerstimmer gewinnen kann, sondern eines, das umgekehrt für viel Verdruss sorgt.

Andererseits sind die Kommunen aber gezwungen, Einnahmen zu generieren. Herr Innenminister, die kommunalen Aufsichtsbehörden weisen die Kommunen verstärkt darauf hin, dass sie ihre Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen müssen. Deswegen müssen immer mehr Kommunen Straßenbeiträge erheben. Dieses Verfahren führt dazu, dass in Einzelfällen fünfstellige Beträge gezahlt werden müssen. Es stellt sich die Frage, ob das gerecht ist.

Wir wollen es mit dem Gesetzentwurf den Kommunen freistellen, auf Dauer wiederkehrende Straßenbeiträge zu erheben. Mit unserem neuen § 11a wollen wir die Möglichkeit schaffen, dass sie, statt einmalige Beiträge zu erheben, jährlich auf sie zukommende Investitionsaufwendungen auf alle Bürgerinnen und Bürger verteilen. Das wäre im Ergebnis ein geringerer Beitrag für die Bürgerinnen und Bürger und gleichzeitig eine verlässliche Einnahme für die Städte und Gemeinden, die sich an der durchschnittlichen Höhe der Investitionen im Straßenbau orientieren müssen. Das ist eine sinnvolle, kommunalfreundliche Lösung.

(Beifall bei der SPD)

Ich füge hinzu: auf freiwilliger Basis. Das ist ein ganz wichtiger Faktor. Wir haben uns bei dem Gesetzentwurf, das wollen wir auch gar nicht verhehlen, an den Lösungen in Rheinland-Pfalz orientiert. Das Saarland, Thüringen und Sachsen-Anhalt praktizieren diese Modelle auch.

Meine Damen und Herren, es ist ein kommunalfreundlicher Gesetzentwurf. Sowohl der Hessische Städtetag als auch der Städte- und Gemeindebund, also die Dachorganisationen der kommunalen Gebietskörperschaften, unterstützen diesen Vorschlag,

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

weil er erstens freiwillig ist und eine Alternative darstellt, zweitens auch sachgerecht ist, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Hohe Investitionen in diesem Bereich auf breite Schultern zu verlagern, ist nämlich eine durchaus gerechte und sachgemäße Lösung.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin Sarah Sorge übernimmt den Vorsitz.)

Warum? – Weil die hessischen Kommunen natürlich auch Geld brauchen. Jetzt hören wir schon von der Fast-3-%Partei FDP. Der Kollege Blum, er ist nicht anwesend, hat in einer Zeitung unlängst gesagt – man kann übrigens weniger als 3 % erreichen; sie arbeiten kräftig dran, viel Glück –, die FDP wolle keine pauschale Straßenausbausteuer.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, was für ein Unsinn. Hier geht es darum, die Interessen der kommunalen Ebene zu wahren. Herr Greilich, wer den Kommunen im Kommunalen Finanzausgleich auf der einen Seite jährlich 344 Millionen € wegnimmt, muss ihnen auf der anderen Seite die Möglichkeit geben, Einnahmen zu akquirieren, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Das ist der richtige Ansatz. Deswegen ist das, was wir mit dem Gesetzentwurf vorschlagen – –

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Greilich, ich möchte mich wirklich nicht mehr mit Positionen auseinandersetzen, die zu vernachlässigen sind. – Aber lassen Sie mich eine honorige Persönlichkeit zitieren:

Mir ist bekannt, dass sich gerade einige Gemeinden, die bisher noch keine Straßenbeitragssatzung haben, mit der Bestimmung der ersten beitragspflichtigen Straßenbaumaßnahmen schwertun. Aufgrund der Haushaltslage...

ich verkürze –

ist es jedoch unerlässlich, als Gegenleistung für den Straßenaus- oder -umbau die Bürger an den Kosten zu beteiligen. Soweit einige Gemeinden die Kosten auf alle Grundstückseigentümer der Gemeinde und nicht nur auf die Anlieger der betroffenen Straßen verteilen wollen, werde ich mich zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung bei der anstehenden Novellierung des Kommunalabgabengesetzes für eine entsprechende Gesetzesergänzung einsetzen.

Sie werden es ahnen

(Minister Boris Rhein: „Honorig“, das ist nett!)

„honorig“ war in Anführungszeichen gesetzt –, dass es der damalige Staatssekretär Rhein war, und er hatte recht. Herr Rhein, was haben Sie bisher getan? – Nichts.

(Beifall bei der SPD)

Weil die FDP die Änderung des Kommunalabgabengesetzes blockiert, bieten wir Ihnen mit unserem Gesetzentwurf die Gelegenheit, einer kommunalfreundlichen Lösung zuzustimmen, die auch von Ihren Parteifreunden gewollt wird. Sie ist bürgerfreundlich, kommunalfreundlich und dient dem Gemeinwohl. Das unterscheidet uns von populistischen Vorstellungen der FDP. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf daher zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Minister Boris Rhein: Also, „honorig“ lasse ich mir gefallen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Nächster Redner ist Herr Kollege Heinz für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Rudolph, man muss nicht bei jedem Thema so lospoltern. Wir gestehen Ihnen zu, Ihr Gesetzentwurf über die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge ist gut gemeint. Sie wollen den Kommunen eine zusätzliche Option an die Hand geben. Die Kollegen verfügen hier in allen Fraktionen über ausreichende Erfahrungen, auch in der Kommunalpolitik, um zu wissen, dass die Erhebung dieser Straßenausbaubeiträge mit Aufwand verbunden ist und dass man sich damit in den Städten keine besonderen Freunde macht.

Die Akzeptanz bei den Bürgern ist in der Tat gering, aber das trifft auf alle Steuern, Beiträge und Gebühren zu, nicht nur auf die Straßenausbaubeiträge. Anders als beim erstmaligen Bau der Straße, wenn nach dem Baugesetzbuch abgerechnet wird, ist bei dem erneuten Ausbau für viele Bürger nicht so richtig ersichtlich, wo denn ihr nochmaliger Vorteil liegen soll, wenn da nur etwas repariert wird, was schon da war.

Sie haben auch recht, dass es bei der jetzigen Regelung zu ungerecht erscheinenden Ergebnissen kommt. Wir haben alle die Witwe vor Augen: großes Grundstück, kleines Häuschen, kein Auto

(Günter Rudolph (SPD): Eckgrundstück!)

„Eckgrundstück“, genau, das ist unter dem Gebührenund Abgabenrecht das Feinschmeckerthema –, und dann kommt der fünfstellige Betrag.

Sie präsentieren auf den ersten Blick eine ganz einfach erscheinende Lösung.

(Günter Rudolph (SPD): Auf den zweiten eine gute!)

Lassen Sie mich ausreden,

(Günter Rudolph (SPD): Ja, gerne!)

das drängt sich förmlich auf. – Klar, wiederkehrende Beiträge gibt es in Rheinland-Pfalz, im Saarland, in SachsenAnhalt und Thüringen, also vier von zwölf Ländern haben das inzwischen. Dann haben Sie so vornehm gesagt, Sie hätten sich an der Regelung in Rheinland-Pfalz orientiert. Sagen wir einmal, dass Sie sie Wort für Wort abgeschrieben haben, wenn wir uns darauf einigen können.

(Günter Rudolph (SPD): „Orientiert“, das bleibt dabei!)

Sie haben das also abgeschrieben und uns das dann als § 11a vorgelegt. Der Entwurf ist – wie gesagt – gut gemeint. Er hat aus unserer Sicht aber zwei wesentliche Schwächen: Erstens. Er greift zu kurz. Das Kommunalabgabenrecht, das wissen auch Sie, wurde über einen langen Zeitraum hinweg nicht novelliert.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Sie hatten lange genug Zeit!)

Jetzt mit einer Einzelregelung vorzupreschen, ohne sich das Gesamtsystem anzuschauen, führt aus unserer Sicht nicht unbedingt zum Ziel, sondern wir sollten uns das KAG im Ganzen betrachten. Wir sollten eine umfassende Novellierung angehen und das dann in aller Ruhe im Parlament beraten.

(Günter Rudolph (SPD): Wann werden Sie es denn novellieren? – Norbert Schmitt (SPD): Sie hatten lange genug Zeit!)

Warten Sie doch einmal ab.

(Zurufe der Abg. Nancy Faeser und Günter Ru- dolph (SPD))