machen können. Dann wären wir einen Schritt weiter. Wir müssen aber an jeder Stelle aufpassen, dass wir nicht überregulieren.
Frau Kollegin Pauly-Bender, ich möchte nicht zu viel Wasser in den Wein gießen, aber ich möchte daran erinnern, dass mit den Stimmen der SPD in drei Bundesländern die Einführung eines Verbandsklagerechts abgelehnt wurde: in Schleswig-Holstein, in Berlin und in Sachsen. Es gab bereits im Jahre 2004 eine bundesweite Initiative, einen ähnlichen Entwurf als Bundesgesetz vorzulegen. Dieser Entwurf ist mit großer Mehrheit, auch mit den Stimmen der SPD, abgelehnt worden. Deswegen ist das parteiübergreifend sehr unterschiedlich zu behandeln.
Ich als Liberaler werde auf keinen Fall einer Bürokratievermehrung zustimmen, sondern nur einer effizienteren Kontrolle der Gesetze. Darüber können wir reden, und zwar bei Thema Vollzug des Kommunalisierungsgesetzes. Dazu werden wir im Ausschuss genügend Gelegenheit haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es freut uns, dass dieser Gesetzentwurf nun dem Parlament vorliegt. Ich habe schon vor längerer Zeit das Thema Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände im Tierschutzbeirat für meine Fraktion auf den Tisch gebracht. Die Initiative, die dieses nun in der vorliegenden Form gesetzlich verankern will, unterstützen wir natürlich.
Ich bin mir sicher, dass die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes im Parlament von allen erkannt worden ist. Obwohl: Nach den Reden von Herrn Dietz und Herrn Sürmann bin ich nicht mehr ganz so sicher. Tierschutz ist nicht nur eine Frage von Rechten und Pflichten. Tierschutz muss auch aus ethischer Sicht betrachtet werden. Es ist vor allem auch eine Frage der Verantwortung und der Wertschätzung jeglichen Lebens. Deshalb sprechen wir ja auch von der notwendigen Verankerung von Tierrechten.
Dieser Entwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung. Durch die Einführung eines Verbandsklagerechts wird den Tierschutzverbänden die Möglichkeit eröffnet, auf gesetzlicher Grundlage das zu tun, wofür sie sich gegründet haben, nämlich Tiere zu schützen. Die bisherige gesetzliche Grundlage wurde vor allem von denen für sinnvoll gehalten, die Nutzen, insbesondere wirtschaftlichen Nutzen, aus der Tierhaltung, der Tierverwertung und aus Tierversuchen zogen.
Warum ist diese Grundlage nicht weiter akzeptabel? Weil wir inzwischen deutlich sehen, dass wir auch eine ethische und moralische Verantwortung haben, sowohl unseren Mitmenschen als auch unserer Umwelt, als auch den Tieren gegenüber, deren Lebensweise wir weitgehend bestimmen und beeinflussen. Ein Tier im Versuchslabor kann keine Petition einreichen, um sein Leben und das Leben seiner Artgenossen zu retten. Tiere können nicht für sich selbst Fürsprache halten. Sie können nicht gegen
ihre Lebens- und Nutzbedingungen protestieren. Sie sind, so paradox es auch sein mag, auf Menschen angewiesen, die sie vor anderen Menschen schützen. Diese Möglichkeit muss endlich gesetzlich verankert werden.
Das bisherige Gesetz begünstigt die, die Tieren keine eigenen Rechte zugestehen wollen und die die Möglichkeit von Missbrauch und Verletzung dieser Rechte legitimiert haben wollen. Leider funktionieren Teile der Gesellschaft immer noch so. Es gibt auch in Hessen bestimmte Vereine, die sich damit brüsten, eine Schliefanlage zu haben, die sogar noch größer ist als gesetzlich vorgeschrieben. Für die, die nicht wissen, was eine Schliefanlage ist: Sie dient, euphemistisch ausgedrückt, der Baujagdausbildung von Jagdhunden. Da freut sich doch die Fuchsfamilie, die in diesen Anlagen gehalten wird, um den Hunden die Jagd beizubringen. Sie dürfen jetzt in 10 m2 mehr um ihr Leben hetzen. Erwähnt werden muss hier auch, dass Schliefanlagen vom Land Hessen eigentlich verboten wurden. Dieses Verbot wurde aber aufgehoben, weil das nicht Landes-, sondern Bundessache ist – und der Bund hat wohl noch Klärungsbedarf.
Zuhören. – Um klarzumachen, warum eine ausgeglichene gesetzliche Grundlage vonnöten ist. Leider verhält es sich eben nicht so, dass ethische und moralische Leitlinien immer im Vordergrund stehen, wenn es um Tierhaltung und Tiernutzung geht. Vielmehr berufen sich gewisse Halter und Nutzer auf das, was ihnen das Gesetz erlaubt. Tierschutz ist eben doch keine Selbstverständlichkeit, Herr Dietz.
Herr Sürmann, im Land Bremen, das eine Verbandsklagemöglichkeit eingeführt hat, hat es noch keine Klage gegeben. Das heißt, dass ein solches Gesetz auch eine prophylaktische Bedeutung haben kann. Tierschutz braucht eine neue Grundlage, eine, die sich darauf konzentriert, das Wohl der Tiere zu schützen und den Tieren Rechte zu geben. Mit der Möglichkeit einer Verbandsklage wären wir einen großen Schritt weiter.
Daher unterstützen wir – ebenso wie die GRÜNEN – die Einbringung dieses Gesetzentwurfs durch die SPD-Fraktion. Wir hoffen allerdings, dass die SPD, wenn diese Initiative nicht durchkommen sollte, ihre Position auch in Zeiten beibehält, in denen sie vielleicht mehr Einfluss hat, und nicht umkippt wie in Sachsen 2008, wo sie den entsprechenden Bundesratsantrag auf Einführung einer Verbandsklage auf Bundesebene abgelehnt hat. Das muss schon gesagt werden. Ich fände es ganz interessant, wenn Frau Pauly-Bender dazu etwas sagen könnte.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zuallererst festhalten, dass in Deutschland der Tierschutz eine ganz besondere Bedeutung hat.
Nicht ohne Grund hat der Tierschutz bei uns Verfassungsrang. Ich denke, schon allein vor diesem Hintergrund kann man nicht so tun, als könne Tierschutz erst dann gewährleistet werden, wenn eine Verbandsklage ermöglicht würde.
Wenn hier Beispiele für Verstöße gegen Tierschutzgesetze genannt werden, will ich die gar nicht bestreiten. Natürlich gibt es die immer wieder. Das ist mehr als bedauerlich, und die Verstöße müssen auch geahndet werden. Wenn Sie solche Beispiele nennen, z. B. falscher Umgang mit Tieren oder nicht artgerechte Haltung, dann muss ich an der Stelle ganz deutlich sagen: Es kann und sollte jeder anzeigen, wenn er solche Missstände vorfindet. Dafür brauchen wir keine Verbandsklage, sondern Menschen, die hinschauen und die die Behörden schlicht und einfach darauf hinweisen, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn hier gesagt wird, dass Behörden nicht handeln würden – ich sage das bewusst im Konjunktiv –, dann hätten wir, das sage ich ganz deutlich, ein Vollzugsproblem. Das können wir aber nicht über eine Verbandsklage regeln, sondern wir müssten den Vollzug verbessern. Dafür brauchten wir aber keine Verbandsklage einzuführen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))
Lassen Sie uns deshalb an der Stelle mehrere Tatsachen festhalten. Wir haben hier in Deutschland nicht nur den Verfassungsrang des Tierschutzes, sondern wir haben auch sehr hohe Tierschutzstandards und eine Beteiligung der Tierschutzverbände in unterschiedlichen Bereichen. Das ist auch gut so. Die Tierschutzverbände sind nämlich diejenigen, die einen besonderen Sachverstand und besondere Kenntnisse haben. Deshalb werden sie in vielen Bereichen einbezogen. Das ist auch richtig so.
Man sollte aber auch zur Kenntnis nehmen – das ist schon mehrfach gesagt worden –, dass wir in Deutschland eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt haben und dass Tierschutzbelange hier sehr umfassend berücksichtigt werden. Wie gesagt, man kann in der Diskussion den Eindruck gewinnen, als ob der Tierschutz überhaupt erst durch die Verbandsklage gewährleistet werden würde.
Lassen Sie mich an der Stelle eines festhalten: Beim Tierschutz werden die Verbände jetzt schon einbezogen, sowohl in materieller Hinsicht als auch bei Verwaltungsverfahren und bei Verfahren, in denen die Öffentlichkeit beteiligt wird. Das heißt, wir beziehen die Verbände an vielen Punkten ein – auch an Punkten, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf erwähnt haben.
Ich will zwei Beispiele herausgreifen. In dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD ist eine Regelung zur Genehmigung von Tierversuchen enthalten; Sie erwähnen das hier besonders. Wenn man das liest, kann man den Eindruck bekommen, dass es noch keine Beteiligung der entsprechenden Verbände gibt.
Aber klugerweise findet eine solche Beteiligung schon statt; denn es gibt immer ein Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Tiere einerseits und den Erfordernissen von Forschung und Lehre andererseits. Deshalb ist es richtig, dass die entsprechenden Kommissionen nicht nur gebil
det werden können oder sollen, sondern gebildet werden müssen. Die RPs, die bei uns dafür zuständig sind, müssen Tierschutzkommissionen einrichten und ihnen bei Genehmigungsverfahren die Anträge zur Stellungnahme vorlegen. Mindestens ein Drittel der Mitglieder dieser Kommissionen muss Tierschutzorganisationen angehören. Das ist auch richtig und gut so.
Das heißt, dass an der Stelle gewährleistet ist – z. B. bei dem, was Sie eben genannt haben –, dass der entsprechende Sachverstand wesentlich mit einfließt. Auf die Formulierung „wesentlich mit einfließt“ lege ich Wert.
Was die Tierversuche betrifft – um sie als Beispiel herauszugreifen –, weisen wir darauf hin, dass die betreffenden Einrichtungen selbstverständlich durch die für den Tierschutz zuständigen Veterinärbehörden amtlich überwacht werden. Deshalb sage ich noch einmal ganz deutlich: Sollte es – was nicht vorkommen darf – an der einen oder anderen Stelle nicht so funktionieren, wie es funktionieren müsste, hätten wir ein Vollzugsproblem. Dann müssten wir den Vollzug verbessern. Aber wir müssten keine Verbandsklage einführen, um den Vollzug zu verbessern.
Ich möchte einen Sachverhalt herausgreifen, den Sie ebenfalls angesprochen haben: die Stallbauten. Dazu muss man sagen, dass wir für die Genehmigungen eine umfassende gesetzliche Regelung haben und dass hier sehr umfassend beteiligt wird. Auf der Grundlage von auf Tierschutzgesetzen aufbauenden Verordnungen gibt es Genehmigungsverfahren, bei denen wir davon ausgehen müssen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen vorhanden sind, um die Belange des Tierschutzes zu berücksichtigen.
Lassen Sie mich deshalb eines festhalten: Jawohl, wir brauchen sicherlich ein engmaschiges Kontrollsystem, um die Einhaltung der gesetzlichen Tierschutzbestimmungen zu kontrollieren. Wir haben die zuständigen Behörden, die angemessen reagieren und den Fällen nachgehen.
Ich wiederhole: Selbstverständlich können die Tierschutzverbände auch jetzt schon – ohne über den Klageweg zu gehen – Behörden auf Missstände hinweisen. Ich sage ganz bewusst: Nicht nur die Verbände können das machen, sondern auch Einzelpersonen, wenn ihnen entsprechende Fälle bekannt werden. Der Sachverstand ist bereits jetzt eingebunden.
An der Stelle muss ich dem Abg. Sürmann recht geben, wenn er fragt: Bekommen wir wirklich mehr Tierschutz, wenn wir die Möglichkeit der Verbandsklage haben? Oder bauen wir nicht einfach mehr Bürokratie auf, ohne für die Tiere das zu erreichen, was wir erreichen wollen?
In diesem Sinne werden wir im Rahmen der Ausschussberatungen sicherlich noch einmal darüber diskutieren. Ich glaube jedoch, die gesetzlichen Regelungen, die wir im Moment schon haben, sind sehr gut.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In aller Kürze möchte ich sagen, dass es der SPD-Landtagsfraktion ernsthaft um eine Diskussion zwischen den Fraktionen geht. Ich denke auch, dass eine Anhörung der beste Weg ist, um die Vorurteile gegen die Verbandsklage und die Skepsis gegenüber ihrem Nutzen aus dem Weg zu räumen.
Ich kann sagen, dass unsere Fraktion mit vielen Veterinären vor Ort sowie mit Mitarbeitern der Regierungspräsidien, des Ministeriums und des Landestierschutzverbands gesprochen hat. Es sind Beamte, die die Tierschutzregelungen Deutschlands angewandt haben und dann bedauernd zur Kenntnis nehmen mussten, dass zwar denjenigen, die sich als Tierhalter oder als Tiernutzer nach den Gesetzen richten sollten, der Klageweg eröffnet war, nicht aber den Tierschützern zur Unterstützung der Verwaltungsentscheidung. Diese Stellen hat Frau Dr. Martin in einer mittlerweile recht umfangreichen Kasuistik zusammengetragen.
Den Kollegen, die jetzt noch an der Nützlichkeit einer Verbandsklage zweifeln, sage ich: Wir werden diese Fälle vorgestellt bekommen und sie dann auswerten können.
An den Kollegen Sürmann gerichtet möchte ich noch ein Argument anführen: Andere Bundesländer haben die Erfahrung gemacht, dass die Schaffung einer Tierschutzverbandsklage nicht zu einer Klageflut führt. Sie kann dennoch nützlich sein. Aufgrund eines ganz bestimmten Miteinanders der Behörden und der Tierschutzverbände wirkt die Verbandsklage in diesen Fällen präventiv.
Wie das im Detail aussieht, werden wir mit Sicherheit all denen nahebringen können, die sich im Umweltausschuss der Diskussion nicht verweigern. Insofern bedanke ich mich heute schon einmal für die moderate Diskussion über diesen komplexen Gegenstand.