Interessant ist, dass man erst kurz vor Ablauf der Bewerbungsfristen tätig geworden ist. Wäre die Frist für die Beantragung von Bundesfördergeldern nicht Ende Januar abgelaufen, wäre das Thema Islamzentren vermutlich noch lange nicht durch. So haben Sie gerade noch die Kurve bekommen.
Unsere Aufgabe ist es aber, nun zu schauen, wie die wissenschaftliche Ausbildung der zukünftigen Islamlehrerinnen und -lehrer ausgestaltet wird. Ein wirkliches Problem
Ich möchte zum Schluss vier Punkte noch besonders hervorheben, auf die wir Wert legen. Erstens. Wenn Religionsunterricht, der von bekenntnisverpflichteten Lehrerinnen und Lehrern durchgeführt wird, in der Verfassung verankert ist – das ist bei uns so –, dann muss gewährleistet sein, dass alle Religionen, nicht nur die christlichen, das gleiche Recht und die gleichen Gestaltungsspielräume zugestanden bekommen.
Zweitens. Religionsunterricht soll nicht benotet werden und darf nicht versetzungsrelevant sein. Der Glaube eines Menschen ist seine Privatsache. Er darf nicht für Notengebung missbraucht werden.
Drittens. Der Unterricht von hier ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern muss in deutscher Sprache abgehalten werden.
Viertens. Die Landesregierung sollte zeitnah und regelmäßig über die Fortschritte des Zentrums berichten, damit seine Entwicklung vom Parlament beobachtet und begleitet werden kann. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich unstrittig, dass es für die Durchführung des islamischen Religionsunterrichts für die Religionsgemeinschaft dauerhaft autorisierter und repräsentativer Ansprechpartner bedarf. Es ist auch unstrittig, dass es für die Erteilung dieses Unterrichts in deutscher Sprache ausgebildete und qualifizierte Lehrkräfte auf der Grundlage eines deutschen Lehramtsstudiums geben muss. Dafür sind weitreichende Voraussetzungen zu schaffen. Dies betrifft die Universitäten und Hochschulen, die entsprechende Studiengänge für die Ausbildung dieser künftigen Lehrer zu schaffen haben.
Das ist der Hintergrund für diese Aktuelle Stunde. Denn wir freuen uns schon, dass mit der Einrichtung von islamischen Studienzentren an den beiden Hochschulstandorten ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gegangen wurde.
Meine Damen und Herren, alle großen politischen Parteien teilen diesen Wunsch nach Einrichtung islamischer Studienzentren an deutschen Universitäten. Der Wissenschaftsrat hat das seinerzeit auch empfohlen. Dass die Goethe-Universität nach Auskunft von Vizepräsident Prof. Lutz-Bachmann schon über drei bis vier Jahre Vorsprung gegenüber anderen Universitätsstädten verfügt, freut uns als Hessen. Denn wir können hier auf einem breiten Erfahrungsschatz aufbauen und das Zentrum in Frankfurt intensiv nutzen. Schon jetzt sind in Frankfurt mehr als 100 Studenten in diesem Studiengang eingeschrieben und zwei Professuren besetzt. Schon in wenigen Jahren soll es 500 Studenten und fünf Professuren geben.
Meine Damen und Herren, nicht nur auf dem Deutschen Juristentag, sondern auch in anderen gesellschaftlichen Kreisen wird die Frage, ob in Deutschland ein islamischer Religionsunterricht gebraucht wird, kontrovers diskutiert. Die Frage wird aber zunächst bejaht. Das ist eine große Chance für die Integrationspolitik. Aber es müssen dazu auch entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden.
Entscheidend ist die Frage: Wie schnell kommen wir diesem Ziel entgegen? Wie lange wird es dauern, bis wir den islamischen Religionsunterricht auf der Grundlage unseres Grundgesetzes einrichten können?
Eine klare Mehrheit spricht sich dafür aus, dass der Staat auch eine Übergangslösung fördern soll. Diese Übergangslösung sieht islamisch-theologische Studienzentren vor. Es gibt Stimmen, die mit durchaus 20 bis 30 Jahren bis zu einer flächendeckenden Implementierung rechnen. Auf den Punkt hat das der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, gebracht. Er sagte nämlich zu dem Thema islamischer Religionsunterricht: „Wir brauchen Zeit. Aber wir müssen jetzt anfangen.“
Es bleibt auch die Frage, was ein islamischer Unterricht an Hochschulen vermitteln soll. Geht es um die reine Religionsvermittlung, also um die darstellende, vergleichende philosophische Religionswissenschaft, oder geht es um die dogmatische, auch werbende, überzeugende Religionsvermittlung? Meine Damen und Herren, es muss klar sein, dass die Freiheit der Lehre nicht von der Treue zur Verfassung entbindet. Deshalb brauchen wir einen geschärften Blick auf die Fragen, wie mit manchen Vorschriften des Koran umzugehen ist und wie sich diese zu den Grundwerten unseres Grundgesetzes verhalten.
Ich darf nur ganz kurz erwähnen: Das Verhältnis der Geschlechter und auch die Konsequenzen für den Abfall vom islamischen Glauben sind durchaus Themen, die kontrovers diskutiert werden müssen. Hier sind noch manche Fragen offen, und es stehen uns hier sicherlich noch manche Debatten bevor. Nicht zu Unrecht spricht Prof. Klaus von Stosch – das ist ein systematischer Theologe aus Paderborn – von einer epochalen Herausforderung der Ausbildung einer islamischen Theologie in Deutschland.
Meine Damen und Herren, diese Einrichtungen an den Hochschulen in Hessen und in Deutschland sind Herausforderungen für den Islam selbst. Denn eine historischkritische Exegese, eine historisch-kritische Methode, wie sie sich in Europa seit der Aufklärung in den theologischen Disziplinen ausgebildet hat, hat für die islamische Theologie bislang noch nie eine Rolle gespielt. Wir sind gespannt, wie sich eine kritische Koranexegese an diesen Hochschulen entwickeln wird. Der Islam wird seine eigenen Positionen darlegen und von anderen hinterfragen lassen müssen. Eine kritische Reflexion der eigenen Traditionen und Positionen wird sich nicht vermeiden lassen. Das begrüßen wir. Das ist auch gut so. Denn der Islam als reine Gesetzesreligion, in der es nur um das Erlernen von Dogmen und Normen und um die Befolgung von Geboten und Verboten geht, das wird sicherlich nicht an hessischen Universitäten gelehrt werden. Es muss ein moderner Diskurs sein. Der Islam wird sich öffnen müssen. Er wird sich der wissenschaftlichen Debatte stellen müssen. Das begrüßen wir nachdrücklich.
Das ist auch eine Chance für eine Kooperation der Religionen untereinander. Wir haben in Deutschland eine teils 800-jährige Erfahrung mit der Ausbildung von Theo
loginnen und Theologen an den Universitäten. Dabei haben die Hochschulen eine vorbildliche Rolle bei der Vermittlung moderner Theologie gespielt, auch in den unterschiedlichen Konfessionen. Mir ist nicht bekannt, dass dort religiöse Fanatiker erzogen wurden.
Herr Präsident, mein letzter Satz. – Die islamische Theologie wird ihren eigenen Weg an diesen Hochschulen gehen müssen. Möge sie dabei die Frieden stiftenden Potenziale des Islam herausarbeiten. Das ist gerade in diesen Tagen aktueller denn je. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 24. Januar dieses Jahres hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung entschieden, ein bundesgefördertes Zentrum für islamische Studien in Hessen aufzubauen. Der gemeinsame Förderantrag der Goethe-Universität in Frankfurt und der Liebig-Universität in Gießen zur Einrichtung eines Zentrums für islamische Studien und der Lehrerausbildung für bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht hat – neben dem Projekt der Universität Erlangen-Nürnberg – den Zuschlag aus Berlin bekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrter Herr Präsident, dies begrüßt natürlich die Hessische Landesregierung, insbesondere die dafür zuständige Kollegin Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann, und das begrüßen auch der für Integration zuständige Minister, der hier gerade spricht, und das gesamte Kabinett.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss gestehen, dass wir eben ein bisschen verwirrt über den einen oder anderen Redebeitrag waren. Denn eigentlich müss ten wir alle hier in diesem Hause wissen – und wir wissen es auch alle –, dass es in Hessen eine sehr hohe Autonomie der Hochschulen gibt. Deshalb ist es ein bisschen verwirrend, was in diesen Beiträgen hier – Herr Kollege Spies, insbesondere von Ihnen – zu den verschiedenen Aktivitäten der Hochschulen gesagt worden ist.
Ich kann mich daran erinnern, dass wir hier gemeinsam – ich glaube, in diesem Punkt noch nicht einmal streitig – in der vorvorletzten Legislaturperiode eine Debatte geführt haben, wie weit Hochschulen Autonomie bekommen sollen.
Verehrter Herr Kollege Spies, das Gegenstück zur Autonomie der Hochschulen ist aber – und das kann ich auch
als nicht hochschulpolitischer Sprecher einer Fraktion oder des Kabinetts sagen – die Eigenverantwortung der Hochschulen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb hatten wir als Landesregierung – und insbesondere die zuständige Kollegin Kühne-Hörmann – diesen Prozess nur zu begleiten. Im vergangenen Jahr mussten wir eine erste Stufe erleben, bei der hessische Universitäten nur zweite Sieger waren. Um so zufriedener sind wir, dass jetzt im Rahmen der Autonomie – natürlich mit Hilfestellung und ein wenig Moderation von Vertretern und von Mitgliedern der Landesregierung – die Anträge so formuliert werden konnten, dass sie nunmehr vom Bundesbildungsministerium positiv beschieden wurden. Darin sehen wir einen richtungweisenden Schritt für eine mögliche Ausbildung islamischer Religionspädagogen in Hessen.
Darin können wir in Hessen einen weiteren wichtigen Baustein im Rahmen einer modernen Integrationspolitik erkennen. Unserem Ziel, der Vielfalt der Religionen in unserem Bundesland Rechnung zu tragen, sind wir damit ein gutes Stück nähergerückt. Die Integration des Islam beschreibt eine der wesentlichen Herausforderungen unserer Integrationspolitik.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle verweise ich sehr bewusst auf die Rede, die unser Bundespräsident am 3. Oktober letzten Jahres zu diesem und zu anderen Themen gehalten hat.
Ja, einige Redner haben zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Landesregierung die Einführung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts als Ziel hat. Zu Recht haben Sie darauf hingewiesen, dass dies ein sehr umfangreicher Prozess ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an zweiter Stelle muss ich gestehen: Den Beitrag der GRÜNEN – von Ihnen Frau Öztürk – verstehe ich überhaupt nicht.
Ich weiß ja: Sie wissen es. Ich weiß: In Ihrem anderen Leben, in dem Sie sich als eine der verantwortlichen Frauen Deutschlands sehr aktiv um eine Religionsgemeinschaft kümmern, wissen Sie, dass es einen Unterschied zwischen einem runden Tisch einerseits und der Durchführung eines bekenntnisorientierten Religionsunterrichts nach Art. 7 unseres Grundgesetzes andererseits gibt. Sie, Frau Öztürk, wissen das.
Sie wissen, das ist auch in der Wirkung ein Unterschied. Deshalb hat eine von Ihnen mitbegleitete Religionsgemeinschaft genau das Richtige getan. Sie hat einen Antrag gestellt, um künftig das Recht zu erhalten, in den staatlichen hessischen Schulen bekenntnisorientierten alevitischen Unterricht anzubieten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das wollen wir in Hessen nicht nur für die Religionsgemeinschaft der Aleviten, sondern ebenso für andere Religionsgemeinschaften des Islam: für die Sunniten, die Schiiten, z. B. für die Ahmadiyya.
Hören Sie also doch auf, so zu tun, als ob dies innerhalb von drei Wochen entschieden werden könne. Verehrte Kollegen der GRÜNEN, hier geht es um Staatsrecht, nicht um Wünsch-dir-was.
Sie müssen gar nicht mit dem Kopf schütteln. Das, was in Nordrhein-Westfalen gemacht werden soll – die Kollegin hat es selbst vorgetragen, der Kollege Schneider hat es auf der Integrationsministerkonferenz vor 14 Tagen vorgetragen –, ist nicht bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht.