Vielen Dank, Herr Kollege Mick. – Bevor wir in der Debatte fortfahren, begrüße ich auf der Besuchertribüne den Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, unseren Kollegen Ralf Stegner. Herzlich willkommen im Hessischen Landtag.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Allerdings ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass es in Hessen eine Lehrerausbildung in Richtung Islam geben wird. Aber, meine Damen und Herren, verehrte Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann, man möchte schon Mitleid mit Ihnen haben, wie die FDP die Wissenschaftsministerin des Landes Hessen mit dieser Aktuellen Stunde hier vorführt.
Was ist passiert? – Der Wunsch der Hessischen Landesregierung fand keinerlei Widerhall. Die interessierten Kreise aus Berlin, Frankfurt und die örtliche Lobby sorgen im Gegenteil dafür, dass die Planung der Landesre
Meine Damen und Herren, die CDU merkt das gar nicht. Sie bekommt es gar nicht mit. Wenn ich einmal aus dem Antrag Drucks. 18/3766 von CDU und FDP im Hessischen Landtag zitieren darf, heißt es dort, der Landtag möge die Vereinbarung zur Entwicklung geisteswissenschaftlicher Zentren begrüßen, insbesondere des Centrums für Nah- und Mitteloststudien in Marburg. Ein wichtiges Ziel der Landesregierung sei bereits erreicht worden, nämlich der Fortbestand der kleinen Fächer. Der Erfolg sei darauf zurückzuführen, dass die Landesregierung konsequent die richtigen Rahmenbedingungen zum Aufbau dieser Zentren geschaffen habe.
Das sind das Orientzentrum und das Centrum für Nahund Mitteloststudien. Und natürlich hat die Frau Ministerin, wie wir der Zeitung entnehmen konnten, sich intensiv darum bemüht, auch den Standort für die Islamstudien dahin zu bekommen, wo genau dieser Schwerpunkt von der Landesregierung eingerichtet wurde, während parallel zu den Vereinbarungen 2004 bereits 2003 gekuschelt wurde, um diesen Standort für den Religionsunterricht nach Frankfurt zu holen – entgegen der Vereinbarung und der Vorgaben der Landesregierung. Man fragt sich: Ist das noch Udo Corts, der hier abgewickelt wird, oder schon Eva Kühne-Hörmann, die an dieser Stelle nichts zu sagen hat?
Das war gegen die Bemühungen von acht Jahren – gegen die gemeinsam getroffene Vereinbarung, die erst ein Jahr später kam. Nein, entweder nehmen Sie Ihre eigenen Konzepte nicht ernst, oder, Frau Kühne-Hörmann, Sie haben sich hier nach Strich und Faden vorführen lassen.
Mit Verlaub, dass die FDP das zum Setzpunkt in der Plenardebatte macht, entbehrt allerdings nicht einer gewissen Pikanterie.
Verehrte Frau Staatsministerin, das Ganze hat noch einen ganz aparten Nebengeschmack. Denn wer hat wesentlich dafür gesorgt, dass dieser Standort in Frankfurt etabliert wird? – Das war der Stifter von zwei Professuren, eine ausländische Religionsbehörde. Auch dieses Engagement begrüßen wir. Aber es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass anschließend eine Aktuelle Stunde der FDP zu den Äußerungen von Herrn Erdogan hier stattfindet. Auch dieser Widerspruch wäre einer Erläuterung wert.
Frau Kühne-Hörmann, bringen wir das an dieser Stelle einmal auf den Punkt: Wer solche Freunde wie Sie hat, braucht keine Feinde.
Sozialdemokraten verstehen etwas von Solidarität. An dieser Stelle haben sogar Sie unsere Solidarität verdient. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD – Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Ministers Jörg-Uwe Hahn)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident! Ich muss mich ebenfalls sehr verwundert darüber zeigen, dass sich die Landesregierung wieder einmal den Erfolg anderer Einrichtungen, nämlich in diesem Fall der Universitäten, zu eigen machen will. Es sind die Universitäten gewesen, die diesen Antrag gestellt und sich darum bemüht haben. Die Landesregierung musste natürlich diesen Antrag unterstützen. Insofern ist das so ähnlich wie mit den Modellregionen für Integration, wo man die Kommunen arbeiten lässt und sich das auf die Fahnen schreibt. Anscheinend kann die Landesregierung selbst keine konkreten Handlungen vorschlagen.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Universität Frankfurt gemeinsam mit Gießen diesen Zuschlag bekommen hat. Wir finden es auch sehr positiv, dass die Landesregierung hat verlautbaren lassen, in einem Hessenkonzept die Universitäten, auch Marburg, weiterhin einbinden zu wollen. Ich will hier gar nicht die Universitäten gegeneinander aufwiegeln. Es gibt unterschiedliche Kompetenzen – Mittel- und Nahoststudien in Marburg, die islamische Theologie in Frankfurt, die Ausbildung der Grundschullehrer und die Turkologie in Gießen. Ich denke, das alles sind Kompetenzen, die wir für uns nutzen können und nutzen sollten, und wir sollten sie nicht gegeneinander ausspielen.
Ein weiterer Punkt, den ich erwähnen will, ist folgender: Die Einrichtung der Islamstudien hat ein ganz bestimmtes Ziel. Das Ziel ist es, die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer für den islamischen Religionsunterricht in den Universitäten zu etablieren. Da – das muss ich ganz ehrlich sagen – fehlt mir in dieser Landesregierung etwas der politische Wille.
In dem Nachbarland Nordrhein-Westfalen setzt sich die Schulministerin drei Monate lang an den Tisch und verhandelt dort mit den Partnern, schlägt eine Beiratslösung als Übergangslösung vor und macht die Sache. Wir stehen hier seit 18 Monaten, und die GRÜNEN versuchen mit verschiedenen Initiativen – seien es ein Antrag, eine Anhörung oder verschiedene Pressemitteilungen – die Landesregierung regelrecht zum Jagen zu tragen, aber sie will oder sie kann sich nicht gegenüber der CDU-Fraktion durchsetzen.
Ich erinnere an eine Veranstaltung in Wetzlar, wo Minister Hahn war und die Imamausbildung des Lahn-DillKreises positiv unterstützte. Auf eine Frage der Imame, wie der islamische Religionsunterricht etabliert werden solle, beteuerte Minister Hahn seine Unterstützung und führte aus, dass der bekenntnisorientierte Religionsunterricht bald kommen wird. Und was macht Herr Irmer, der ebenfalls bei dieser Veranstaltung sitzt? – Er sagt unverhohlen der Gemeinde vor Ort, dass die CDU-Fraktion die
Einführung des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts für kritisch und sehr problematisch erachtet.
Auf solch einer öffentlichen Veranstaltung sagt die Landesregierung hü, und die andere Seite sagt hott. Das ist peinlich. So kann man mit den Leuten nicht umgehen. Sie haben große Versprechungen gemacht und Erwartungen geweckt. Die müssen Sie einhalten. Wir als GRÜNE werden Sie weiterhin drängen. Sie müssen sich aber natürlich entscheiden, ob Sie bekenntnisorientierten Religionsunterricht wollen oder ob Sie die Leute vergaukeln wollen. Das machen wir nicht mit.
Der Bundesinnenminister de Maizière geht landauf, landab herum und wirbt für die Übergangslösung zur Gründung eines Beirates. Genau diesen Vorschlag haben wir Ihnen schon letzten Oktober gemacht. Herr Kindermann war auf der Anhörung und hat sich die Experten auch genauer angeschaut. Die deutsche Islamkonferenz macht diesen Vorschlag. Die nordrhein-westfälische Kultusministerin macht genau diesen Vorschlag. Worauf warten Sie hier im Land Hessen? Wollen Sie sich immer auf die Lorbeeren der anderen setzen? Oder wollen Sie selbst endlich einmal handeln? Wir sind dafür, dass so schnell wie möglich islamischer Religionsunterricht eingeführt wird und dass an den Universitäten die Strukturen geschaffen werden.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe mich am Dienstag sehr verwundert darüber gezeigt, als wir die mündliche Frage gestellt haben, wer denn am runden Tisch sitzt. Am runden Tisch sitzen das Kultusministerium, das Innenministerium, das Integrationsministerium. Aber wer sitzt nicht am Runden Tisch? – Das ist das Wissenschaftsministerium. Was ist denn das für eine Aussage? Mit wem wollen Sie denn die Lehrerinnen und Lehrer ausbilden? Warum sitzt denn die Wissenschaftsministerin nicht an diesem runden Tisch? Und warum sitzen vor allen Dingen nicht die Universitäten an diesem runden Tisch?
Ich lade Sie dazu ein: Fragen Sie die Universität Marburg, holen Sie die Universitäten Frankfurt und Gießen an den Tisch, holen Sie das Wissenschaftsministerium ebenfalls an den Tisch, und arbeiten Sie endlich konkret an Lösungen, anstatt immer so zu tun, als ob die muslimischen Verbände am runden Tisch schuld sein würden und nicht zu Potte kommen würden. Sie können sich anscheinend nicht durchsetzen. Wir als GRÜNE können Sie aber gern weiterhin unterstützen, Herr Minister Hahn.
Aber die politische Arbeit müssen Sie selber machen. Wir können nur Vorschläge machen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir als LINKE begrüßen es natürlich, wenn Hochschulen zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt wird. Wie dringend dies
benötigt wird, wissen wir alle. Und auch die Einrichtung von Islamzentren bewerten wir positiv. Anlässlich der gegenwärtigen Diskussion um den Islamunterricht beziehungsweise die Islamkunde steht die Ausgestaltungsfrage in vielerlei Hinsicht im Raum.
Die Goethe-Universität in Frankfurt wird nun im Rahmen eines neuen Lehramtsstudienganges hierfür die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer ausbilden. Zwei weitere Professuren und zusätzliche 4 Millionen € stehen in den nächsten Jahren für das Institut zur Verfügung.
Nun stellt sich natürlich die Frage, auf welches Ergebnis hingearbeitet werden soll. Im Grunde müssten wir an dieser Stelle doch die Gelegenheit nutzen, darüber zu diskutieren, wie der durch die Verfassung geschützte Religionsunterricht an unseren Schulen tatsächlich aussehen soll. In Hessen ist es bisher nicht möglich, einen bekenntnisunabhängigen gemeinsamen Unterricht für Schülerinnen und Schüler aller Glaubensgemeinschaften und auch für Schüler ohne religiöses Bekenntnis, an Stelle oder ergänzend zum getrennten bekenntnisorientierten Unterricht, anzubieten.
Dabei wäre doch genau dies wünschenswert. Wir sprechen ständig über unsere Weltoffenheit, manche über Hessen als Musterland der Integration. Wir sprechen über Kulturaustausch und über Akzeptanz. Austausch und Akzeptanz können aber nur stattfinden, wenn Menschen verschiedener Herkunft und Glaubensrichtung auch zusammentreffen und voneinander lernen können.
Der interreligiöse Dialog muss endlich auch in den Schulen geführt werden können. Herr Mick, ich denke, dass Sie das eigentlich unterstützen müssten. Wir wissen, der Religionsunterricht ist durch Art. 7 unseres Grundgesetzes geschützt, in der Hessischen Verfassung ergänzt durch den Zusatz, er sei von bekenntnisverpflichteten Lehrerinnen und Lehrern durchzuführen. Natürlich muss man, wenn man es mit der Gleichstellung ernst nimmt, auch Islamunterricht an Schulen einführen können, ganz besonders im „Musterland der Integration.“
Das Zentrum für Islamstudien an der Frankfurt Universität hat nun den spannenden Auftrag, Lehrerinnen und Lehrer für den islamischen Religionsunterricht auszubilden. Das wird nicht immer leicht sein – darauf hat Frau Öztürk eben schon verwiesen –, nicht unbedingt weil Islamstudien so fremdartig und schwer zu verstehen sind, sondern weil zu befürchten ist, dass dieses Vorhaben von vielen Seiten argwöhnisch beobachtet wird und vielleicht auch torpediert werden soll. Es wird auch auf latente und vorsätzlich provozierte Ängste stoßen. Wir sind der Auffassung, dass es in der Regierungserklärung des Innenministers Boris Rhein Aussagen gab, die dazu beitragen, ein generelles Misstrauen gegenüber muslimisch geprägten Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu befördern. Das kritisieren wir aufs Schärfste.