Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Einstellung der Sammlung des bereinigten Hessischen Landesrechts – Drucks. 18/3170 –
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die Landesregierung bringe ich den Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Einstellung der Sammlung des bereinigten Hessischen Landesrechts ein. Mir ist bewusst, dass es keine Aussprache gibt. Deshalb möchte ich nur kurz auf einen Punkt hinweisen, da ich weiß, dass er in den vergangenen Wochen immer wieder zu Missverständnissen geführt hat.
Es geht vorliegend nicht um das sogenannte Hauptverkündungsmedium des hessischen Landesrechts, nämlich das Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, Teil I, sondern es geht um den Teil II. Dies ist die fortwährende Veröffentlichung der Sammlung des bereinigten Landesrechts. Es enthält die im Gesetz- und Verordnungsblatt, Teil I, verkündeten Rechtsvorschriften und besteht in einer Loseblattsammlung, die pro Jahr durchschnittlich zwei- bis dreimal aktualisiert wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung beabsichtigt, dieses Werk einzustellen, da der Bestand des hessischen Landesrechts für die Landesverwaltung, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger online im Internet frei und stets aktuell verfügbar ist. Es besteht daher aus Sicht der Landesregierung keine Notwendigkeit mehr, das Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, Teil II, fortzuführen.
Zur Vorbereitung der zweiten Lesung wird sich der Rechts- und Integrationsausschuss damit befassen. – Vielen Dank.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Förderung und Stärkung kleinster, kleiner und mittlerer Unternehmen sowie der freien Berufe und zur Vergabe öffentlicher Aufträge (Hessisches Mittel- standsförderungs- und Vergabegesetz) – Drucks. 18/3211 –
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend öffentliche Vergabe nach sozial-ökologischen Kriterien – Drucks. 18/2646 –
Für die SPD-Fraktion hat sich zur Einbringung Frau Kollegin Waschke zu Wort gemeldet. Frau Waschke, die vereinbarte Redezeit beträgt 7:30 Minuten.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der vergangenen Woche fand der 9. Hessische Mittelstandstag unter dem Motto „Hessischer Mittelstand – fit für die Zukunft“ statt. Das ist ein gutes Motto, aber dafür müssen politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit „fit für die Zukunft“ auch funktioniert. Das wird uns in Hessen aber nicht gelingen, wenn CDU und FDP das Mittelstandsförderungsgesetz von 1974 in seiner Geltungsdauer verlängern wollen, wie wir das der Presse entnehmen konnten.
(Günter Rudolph (SPD): Darf ich eine Zwischenfrage stellen? Frau Kollegin, würden Sie es auch begrüßen, wenn der zuständige – –)
Jetzt bitte einmal langsam. Sie haben sich zu Wort gemeldet. Ich frage jetzt, wie sich das gehört, Frau Kollegin Waschke, ob sie eine Zwischenfrage zulässt.
Frau Kollegin, würden Sie es denn begrüßen, wenn der zuständige Wirtschaftsminister oder Staatssekretär auch bei der Einbringung des Gesetzentwurfes anwesend wäre?
Danke, Herr Kollege Rudolph. Wenn der Minister hier wäre, könnte man auch durch persönliche Anwesenheit genau das bekunden, was in jeder Sonntagsrede gesagt wird, nämlich wie wichtig der Mittelstand in Hessen ist.
Aber ich komme wieder zurück zur Verlängerung der Geltungsdauer des Mittelstandsgesetzes aus dem Jahr 1974. Eigentlich ist es ein politischer Offenbarungseid, ein 36 Jahre altes Gesetz, das bekanntermaßen Ende des Jahres ausläuft – jeder weiß das –, in seiner Geltungsdauer zu verlängern.
Mit unserem Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz, das die SPD heute vorlegt, wollen wir gute Voraussetzungen für einen zukunftsfähigen Mittelstand in Hessen schaffen. Wir schlagen eine Mittelstandsklausel vor. Vor Erlass oder Novellierung von mittelstandsrelevanten Rechtsvorschriften sollen die Auswirkungen auf Kosten, Verwaltungsaufwand und Beschäftigungsentwicklung der mittelständischen Wirtschaft überprüft werden. Diese Mittelstandsklausel wird ein Beitrag zum Abbau der Bürokratie sein.
Eine solche Klausel gibt es seit fast zwei Jahren auf der europäischen Ebene. Ich hatte im Sommer die Gelegenheit zu Gesprächen mit Vertretern der Europäischen Kommission. Die eindeutige Aussage war hier, dass sich eine solche Mittelstandsklausel auf europäischer Ebene bewährt hat, weil sie zu einem Umdenken in den Köpfen geführt hat.
Jetzt wird vom Ende her gedacht. Ähnlich dem Integrationsbeirat wollen wir einen Mittelstandsbeirat installieren, der die Landesregierung beraten soll.
Damit wird mehr Transparenz geschaffen, und die Interessen der kleinen und mittleren Betriebe werden institutionalisiert. Auch die Förderungsinstrumente der Landesregierung wollen wir an die Herausforderungen der Zukunft anpassen. Wir wollen die Aus- und Weiterbildung stärker fördern, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Wir legen einen Schwerpunkt auf die Förderung von Frauen als Arbeitnehmerinnen, aber auch als Unternehmerinnen. Effizientes und ressourcenschonendes Wirtschaften soll stärker gefördert werden. Wir alle wissen: Bereits heute müssen 40 % der Kosten des produzierenden Gewerbes für Energie und Rohstoffe aufgewendet werden.
Wir legen großen Wert auf revolvierende Fonds, bei denen das Geld wieder zurückfließt und erneut eingesetzt werden kann. In Zukunft sollen Förderprogramme in Hessen mit einem Finanzvolumen von mehr als 1 Million € mindestens einmal in der Legislaturperiode auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Der zweite Teil des Gesetzes beschäftigt sich mit der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Das derzeit gültige Vergabegesetz in Hessen kann leider nicht angewendet werden, weil es mit der Rechtslage auf europäischer Ebene nicht konform ist.
Hier wende ich mich an die Kolleginnen und Kollegen der LINKEN in diesem Parlament. Kolleginnen und Kollegen, es nutzt gar nichts, einen Antrag für eine Vergabe nach sozial-ökologischen Kriterien vorzulegen, der zwar alle Wünsche berücksichtigt, der aber nie und nimmer zur Anwendung kommen wird, weil er nämlich mit dieser europäischen Rechtslage nicht konform ist.
Der Vergabeteil in unserem Gesetzentwurf ist auf die europäische Rechtslage juristisch abgeprüft. Ich sage an dieser Stelle auch ganz ehrlich, Kolleginnen und Kollegen: Dieser Teil ist aus dem thüringischen Vergabegesetzentwurf übernommen worden. Hier geht mein Appell an die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. Ihre christdemokratischen Kollegen in Thüringen werden gemeinsam mit den Sozialdemokraten dieses Vergabegesetz in Kraft setzen. Das Kabinett hat dieser Gesetzentwurf bereits durchlaufen. Die letzten Abstimmungsgespräche laufen derzeit.
Ich hoffe sehr, dass wir das in Hessen im Interesse der kleinen und mittleren Betriebe und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ebenfalls gemeinsam hinbekommen.
Ab Mai 2011 können Arbeitnehmer aus acht mittel- und osteuropäischen Staaten ohne Beschränkung in Deutschland arbeiten. Um Konkurrenz einzig und allein über Lohnkosten und damit über Lohndumping zu verhindern, bräuchten wir eigentlich einen gesetzlichen Mindestlohn.
Das aber müsste die Bundesregierung regeln, wenn sie das denn wollte. Wir alle wissen, wie die Haltung dazu ist. Als Landespolitiker müssen wir das regeln, was möglich ist, und das ist die Vergabe öffentlicher Aufträge.
Fast alle anderen Bundesländer haben das bereits getan. Hessen hat im negativen Sinne hier fast ein Alleinstellungsmerkmal.
Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sollen in Zukunft bestimmte Kriterien berücksichtigt werden. Auftragnehmer müssen sich schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmern die Leistungen zu gewähren, die mindestens den Vorgaben des Tarifvertrags entsprechen. Wir verweisen auf das Arbeitnehmerentsendegesetz, damit auch bereits vereinbarte Mindestlöhne gelten. Wir erwarten von den Auftragnehmern auch eine Erklärung, dass für gleiche oder gleichwertige Arbeit ein gleiches Entgelt gezahlt wird.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Vizepräsidentin Sarah Sorge übernimmt den Vorsitz.)
Künftig sollen auch die internationalen Kernarbeitsnormen Kriterien für eine Auftragsvergabe sein. Es dürfen dann keine Waren mehr verwendet werden, die durch ausbeuterische Kinderarbeit oder Zwangsarbeit erstellt wurden. Außerdem sollen in Zukunft Umweltkriterien wie ressourcenschonende Beschaffung, Energieeffizienz, Begrenzung des Schadstoffausstoßes berücksichtigt werden. Betriebe können sich in diesem Bereich zertifizieren lassen, was wiederum die Bürokratie vermeidet.
Im ÖPNV dürfen öffentliche Aufträge zukünftig nur noch an solche Unternehmen vergeben werden, die den am Ort der Leistungserbringung gültigen Lohn- und Gehaltstarif zahlen. Zukunftssicherung lässt sich nicht auf morgen verschieben, hat Minister Posch in seiner Rede auf dem Mittelstandstag gesagt.