Protocol of the Session on June 22, 2010

Wir sind uns einig, das Ergebnis steht fest: 35 Jastimmen, 78 Neinstimmen, und fünf Abgeordnete fehlen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem BilgenentwässerungsverbandStaatsvertrag – Drucks. 18/2500 –

Es geht um die Einbringung durch die Landesregierung. Ich darf Frau Staatsministerin Lautenschläger das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie um Zustimmung zu dem Bilgenentwässerungsverband-Staatsvertrag. Da „ohne Aussprache“ vereinbart ist, gebe ich meine Rede zu Protokoll.

(Beifall bei der CDU und der FDP – siehe Anlage 3)

Das war sicherlich eine der schnellsten Einbringungen, die jedenfalls ich als Sitzungspräsident erlebt habe.Vielen Dank, Frau Staatsministerin.

Zur Vorbereitung der zweiten Lesung soll der Gesetzentwurf dem Umweltausschuss überwiesen werden. – Kein Widerspruch, dann können wir so verfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Umzugskostengesetzes und der Hessischen Trennungsgeldverordnung – Drucks. 18/2501 –

Hier ist ebenfalls nur die Einbringung vorgesehen. Wer übernimmt das? – Herr Staatsminister Bouffier, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lautenschläger war sehr schnell.Das kann ich leider nicht nachmachen, weil ich hier keine fertige Rede habe.

(Heiterkeit der Ministerin Silke Lautenschläger)

Ich bringe für die Landesregierung den Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Umzugskostengesetzes und der Hessischen Trennungsgeldverordnung ein. Es trifft viele Menschen, deshalb hat es natürlich eine große Bedeutung. Aber ich glaube, Sie sind einverstanden, wenn ich mich auf drei kurze Bemerkungen beschränke.

Das, was wir hier machen und was wir dem Haus vorschlagen, ist die Aufnahme einer ganzen Fülle von mittlerweile eingetretenen gesetzlichen und tatsächlichen Änderungen, die wir seit 1993 in diesem Rechtsbereich nicht mehr nachvollzogen haben.

Ein wesentlicher Punkt ist: Wir schlagen Ihnen vor, für diesen Sachverhalt in Zukunft sehr viel stärker mit Pauschalierungen, mit Pauschalwerten zu arbeiten, als relativ verwaltungsaufwendig sehr komplizierte Ansprüche zu schaffen und gegebenenfalls diese Ansprüche zu erfüllen. Das Erste ist also eine Pauschalierung. Das dient der Verwaltungsvereinfachung.

Das Zweite ist: Wir schaffen mit diesem Gesetz die Rechtsgrundlage dafür, dass das auch elektronisch bearbeitet werden kann. Das ist bisher nicht möglich.

Zum Dritten – auch das ist etwas für Feinschmecker, aber in der Sache nicht unwichtig – hat bisher jemand, der einen Statuswechsel vorgenommen hat,große Probleme gehabt: Ein Richter, der in den Verwaltungsdienst kam, oder umgekehrt oder andere Bedienstete sind nach sehr unterschiedlichen Kriterien behandelt worden. Das scheint mir in Zukunft nicht mehr zielführend zu sein.

Wenn man das alles zusammenfasst: Dieses Gesetz dient den Beschäftigten, es dient der Verwaltungsvereinfachung, und es dient der Zukunftsfähigkeit der Verwaltung dadurch, dass sie sehr viel stärker die Elektronik einsetzen kann.

Herr Präsident, ich bin zuversichtlich, dass dies eines der Gesetze werden wird, die das Haus mit hoffentlich breiter Mehrheit beschließt. Soweit weiterer Aufklärungsbedarf besteht, bin ich gerne bereit, das in den Ausschussberatungen nachzuvollziehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Zur Vorbereitung der zweiten Lesung soll der Gesetzentwurf dem Innenausschuss überwiesen werden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Neuregelung des Wohnens mit Pflege und Betreuung in Hessen – Drucks. 18/2512 –

Der Gesetzentwurf wird für die SPD-Fraktion durch Frau Kollegin Müller eingebracht. Bitte schön. Die Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten je Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für meine Fraktion darf ich den Gesetzentwurf für ein Hessisches Wohn- und Pflegeeinrichtungsgesetz einbringen. Wie Sie wissen, ist das Heimrecht im Zuge der Föderalismusreform 2006 auf die Bundesländer übergegangen. Die Hessische Landesregierung hat bisher noch keinen Entwurf für ein Landesheimgesetz vorgelegt. Meine Fraktion hält das für überfällig.

Wir legen mit diesem Entwurf aber nicht einfach ein Heimgesetz vor, das die Regelungen und Strukturen des Bundesheimgesetzes für Hessen nachvollzieht.Unser Gesetzentwurf bringt die heimgesetzlichen Regelungen auf die Höhe der Zeit und stellt den pflegebedürftigen Menschen in den Mittelpunkt.

(Beifall bei der SPD)

Aus der Anhörung der betroffenen Verbände und Organisationen zu unserem Gesetzentwurf wissen wir: Eine der größten Ängste der älteren Menschen ist es, durch Pflegebedürftigkeit ihre Würde und Selbstbestimmung einzubüßen. Diesen Ängsten tragen wir Rechnung, indem wir den Schutz der Würde und die Förderung der Selbstbestimmung in das Zentrum unseres Wohn- und Pflegeeinrichtungsgesetzes stellen. Unser Entwurf geht dabei über die Regelung des Bundesheimgesetzes hinaus. Wir wollen auch, dass die Achtung der Privat- und Intimsphäre sowie der Lebensweise, also der Kultur, Religion, Herkunft, der sexuellen Orientierung und der Weltanschauung, für ältere Menschen gesichert ist.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört, dass den Betroffenen in der speziellen Abhängigkeitssituation, die die Pflegebedürftigkeit schafft, effektive Mitbestimmungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. In unserem Entwurf ist neben der Einrichtung von Bewohnervertretungen auch die individuelle Mitwirkung der Bewohner gestärkt worden. Die Bewohner erhalten Mitwirkungsrechte bei der Planung und Durchführung der individuellen Pflege und Einsichtsrechte in die betreffenden Dokumentationen. Darüber hinaus schaffen wir den Rechtsanspruch auf ein Einzelzimmer. Diese Regelung konkretisiert das Ziel, die Privatsphäre der pflegebedürftigen älteren Menschen zu schützen, und folgt dabei den Wünschen vieler älterer Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben. Für bestehende Einrichtungen ist hierzu eine Übergangsfrist von zehn Jahren vorgesehen. Das lässt genügend Zeit, diesen Anspruch umzusetzen.

Ein weiterer Punkt, in dem unser Entwurf auf die veränderte Situation der Pflege älterer und behinderter Menschen reagiert, ist die Abkehr vom starren Heimbegriff. Wir haben es heute längst nicht mehr nur mit dem klassischen Großheim zu tun, das übrigens von vielen älteren Menschen auch nicht mehr gewünscht wird. Unser Entwurf vollzieht die Pluralität der Angebote und Leistungen für ältere und behinderte Menschen nach.Er differenziert zwischen Einrichtungen mit umfassendem Leistungsanspruch, wie den klassischen Pflegeheimen, Einrichtungen mit eingeschränktem Leistungsangebot, wie betreuten Wohngruppen oder Seniorenresidenzen mit frei wählbaren Pflegedienstanbietern, und selbst organisierten Wohngemeinschaften. Insbesondere die Aufnahme der selbst organisierten Wohngemeinschaften trägt dem zunehmenden Bedürfnis älterer Menschen Rechnung, sich in kleineren Gruppen nach ihren Möglichkeiten gegen

seitig zu unterstützen und ihr Zusammenleben und die Wahl ihrer Pflegeleistungen selbstbestimmt zu gestalten.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Gründung solcher Wohngemeinschaften will unser Entwurf mit der Bereitstellung von Beratungs- und Informationsangeboten unterstützen. Ein besonderes Augenmerk haben wir auf die Sicherung der Pflegequalität in den Einrichtungen gerichtet.Wir wollen die bestmögliche Pflege für ältere und behinderte Menschen. Deshalb finden sich in unserem Entwurf Anforderungsstandards an Pflegeeinrichtungen, so z. B., dass die Leistung dem Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechen muss, dass ein selbstbestimmtes Leben der Bewohner und ihre Mitwirkung aktiv gefördert werden, dass genügend geeignete Beschäftigte für eine gute Pflegeunterstützung vorhanden sind und deren Fortbildung sichergestellt ist.

Wir gehen bei der Festlegung von Personalstandards für betreuende Tätigkeiten bewusst über die Regelung des Bundesheimgesetzes hinaus. Unser Ziel ist es, dass etwa für die wachsende Anzahl demenzkranker Menschen eine qualifizierte, respektvolle und kontinuierliche Betreuung ohne Wenn und Aber sichergestellt ist. Für diese anspruchsvolle und notwendige Aufgabe sind Fachkräfte nötig, die einen genügend hohen Beschäftigungsumfang haben, um Kontinuität und respektvollen Umgang sicherstellen zu können. Gleichzeitig wird die Unterschiedlichkeit der Einrichtungen in unserem Entwurf beachtet. Für eine Einrichtung, in der vorwiegend Schwerstpflegebedürftige versorgt werden, gelten andere Regelungen als z. B. für betreute Wohngruppen.

Aber die Qualität der Pflege und der Einrichtung muss auch durch ein zuverlässiges System der Überprüfung und der transparenten Veröffentlichung der Pflegeergebnisse durch das Land gesichert werden. Der Entwurf meiner Fraktion sieht ein auf die Pflegeeinrichtungsform abgestimmtes Prüfsystem vor, das wiederkehrende und anlassbezogene Prüfungen festschreibt, die mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung abgestimmt werden sollen.Das erhöht die Effizienz der Prüfung und dient zugleich dem Abbau von Bürokratie und Parallelstrukturen. Bei Mängeln stehen der zuständigen Behörde differenzierte Maßnahmen zur Verfügung, die von Beratung und verbindlichen Vereinbarungen mit den Einrichtungsbetreibern über behördliche Anordnungen und Aufnahmestopps bis hin zum Untersagen eines Betriebes reichen können.

Für uns ist bei der Prüfung zentral, dass das Prüfergebnis allen Beteiligten transparent ist und dass es veröffentlicht wird. Das Hessische Wohn- und Pflegeeinrichtungsgesetz sieht vor, dass die Ergebnisse von Prüfungen mit der Einrichtungsleitung, aber auch mit den Interessenvertretungen der Bewohner erörtert werden. Außerdem kann die zuständige Behörde die relevanten Informationen öffentlich zugänglich machen, etwa im Internet. Das gewährleistet für die Bewohner, aber auch für die Bewerber und Angehörigen ein hohes Maß an Transparenz und Verfügbarkeit der Prüfergebnisse.

Auf dieser Linie liegt auch das in unserem Entwurf vorgesehene Einrichtungs- und Diensteportal des Landes. Dieses Portal bündelt die relevanten Informationen über Standorte, Struktur und Qualität von Wohn- und Pflegeeinrichtungen in Hessen. Es informiert auch zu fachlichen Standards. Das vorgesehene Portal dient damit der Herstellung landesweiter Transparenz im Bereich der Pflege

einrichtungen und gibt insbesondere älteren Menschen, die eine Pflegeeinrichtung suchen, und deren Angehörigen einen fundierten Überblick.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben mit dem Entwurf für ein Hessisches Wohn- und Pflegeeinrichtungsgesetz ein echtes Reformgesetz für den Bereich der Pflege und der Pflegeeinrichtungen vorgelegt, das die Selbstbestimmung und Würde der pflegebedürftigen Menschen in das Zentrum stellt. – Ich freue mich auf die Ausschussberatung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Müller. – Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat der Kollege Bartelt für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut gemeint, aber nicht gut gemacht, so kann man den Gesetzentwurf der SPD zu Wohnen mit Pflege bewerten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wir teilen die Ziele des Gesetzentwurfes, pflegebedürftigen Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, die Würde des Individuums im Lebensabschnitt der Pflegebedürftigkeit und Behinderung zu achten, die Teilhabe der Betroffenen am Leben in der Gesellschaft als gesellschaftliche Aufgabe anzusehen und die Mitwirkungsrechte von Heimbewohnern zu erweitern.Wir sehen auch,dass die demografische Entwicklung, das Ansteigen der Zahl von Singlehaushalten, die nahezu unbegrenzte Möglichkeit der Menschen bei der Arbeitsplatzwahl und der medizinische Fortschritt Faktoren sind, die zu einem stark ansteigenden Bedarf an Wohnen mit Pflege führen. Bei der Umsetzung dieser Ziele lassen Sie aber den Aspekt der Finanzierbarkeit auf den Ebenen des Landeshaushalts, der Haushalte der Kommunen und der frei-gemeinnützigen Träger und nicht zuletzt der Pflegeversicherung völlig außer Acht.

Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf unter Punkt „E. Kosten“ beschönigend, für eine Beschwerde-Hotline sowie wissenschaftliche Begleitung würden rund 400.000 c im Jahr anfallen. Sie sagen weiter: „Für die kommunalen Gebietskörperschaften entstehen keine zusätzlichen Kosten, sodass das Konnexitätsprinzip nicht berührt ist.“

(Dr.Thomas Spies (SPD): Das ist auch richtig!)

Diese Frage würde bestimmt streitig gestellt werden, wenn Ihr Gesetzentwurf in Kraft treten würde.