Protocol of the Session on March 4, 2010

(Heiterkeit bei der LINKEN sowie bei Abgeordne- ten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

in einigen Punkten recht gebe. Es geht hier nicht um Herrn Wolski, und wir sind mit der CDU und der FDP einer Meinung, dass Steuerhinterziehung ein Straftatbestand ist und dementsprechend verfolgt und bestraft gehört, wie es in dem gestern von Ihnen eingebrachten Antrag heißt.

Herr M.,

(Zurufe von der CDU)

ich bin außerdem Ihrer Meinung,dass es hier nicht um das Privatleben von Frau Wolski geht; denn wie Menschen leben und lieben, ist ihre Privatsache. Es geht aber darum, dass Frau Wolski offensichtlich jahrelang keine Steuern an unseren Staat gezahlt hat. Sie beruft sich dabei auf die sogenannte Hausfrauenregel – was für ein Name! – und verschweigt dabei, dass sie ihre Steuererklärung auch nach dieser Regel selbstverständlich hätte unterzeichnen müssen. Es ist ihr wohl irgendwie durchgegangen, dass offensichtlich keine Steuererklärungen abgegeben worden sind.

An dieser Stelle müssen wir schon die Frage stellen, worin eigentlich der Schaden liegt. Liegt der Schaden darin, dass eine offensichtlich unmündige Hausfrau die CDU bei der Vertuschung schwarzer Kassen beraten hat?

(Heiterkeit bei der LINKEN sowie bei Abgeordne- ten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN)

Oder liegt der Schaden darin, dass eine vollkommen unmündige Hausfrau Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts in Frankfurt und Richterin am Staatsgerichtshof ist? Diese Fragen sind doch wohl erlaubt.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Leb- hafte Zurufe von der CDU)

Wir haben auch die Frage, ob es in Hessen übliche Praxis ist, dass man an Scheinadressen Luxuskarossen anmelden kann und vom hessischen Volk und von uns als Parlamentariern erwartet wird, dass wir sagen: Na klar, so ist das hier in Hessen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Eine Frechheit!)

Wir dürfen doch wohl auch fragen, ob es in Hessen übliche Praxis ist, dass eine hohe Richterin nicht genau weiß, ob ihr Vermögen aus Schenkungen, privaten Zuwendungen oder vielleicht aus mehr oder weniger rechtmäßigen Einnahmen entstanden ist.

Das sind die Fragen, mit denen wir uns beschäftigen.Von daher gesehen ist die Frage der SPD durchaus berechtigt,

ob wir nicht Schaden von der hessischen Gerichtsbarkeit abwenden müssen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Ich möchte ganz deutlich machen, dass wir sehr hoffen, dass mit diesem Vorfall endlich ein Schaden am System Koch auftreten wird; denn es ist offensichtlich, dass hier jemand in Schutz genommen wird, der jahrelang Vermögen vor dem Fiskus verborgen und keine Steuern gezahlt hat. Meine Damen und Herren, das mögen die hessischen Bürgerinnen und Bürger nicht, denn sie haben überhaupt keine Chance, Steuern nicht zu zahlen, Steuern zu hinterziehen. Wenn dieses System Steuerhinterzieher weiterhin schützt, dann ist das ein Problem für unser Land. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Horst Klee (CDU): Schwachmatiker! – Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE), an die CDU gewandt: Habe ich da „Schwachmatiker“ gehört? – Weitere Zurufe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, sich wieder etwas zu beruhigen. Es gibt ständig Dinge, die ich in einer Aktuellen Stunde rügen müsste. In meinem Alter schaffe ich das gar nicht mehr.

(Heiterkeit)

Ich bitte aber den Herrn Kollegen Dr.Wilken um Folgendes. Sie haben mehrfach von einem „Herrn M.“ gesprochen. Ich wusste erst gar nicht, wenn Sie gemeint haben. Ich nehme an, Sie meinten den Abg. Müller von der FDPFraktion. Ich bitte, dass Abgeordnete in diesem Hause in Zukunft mit ihrem Namen angesprochen werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Schaus, zur Geschäftsordnung.

Her Präsident! Ich habe eben vernommen – wie viele andere Abgeordnete –, dass der Abg. Klee unseren Abg. Dr. Wilken beleidigt hat, als „Schwachmatiker“ bezeichnet hat. Ich denke, dass man das nicht einfach im Raume stehen lassen kann. Ich bitte Sie, sich dazu zu verhalten.

Haben Sie mit „sich dazu zu verhalten“ jetzt mich gemeint? – Ich verbitte mir irgendwelche Belehrungen aus dem Haus. Der Präsident wird nicht angehalten, „sich zu verhalten“.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der LINKEN)

Ich muss sagen, wir haben es hier oben leider nicht mitbekommen, weil ständig etwas anderes los ist. Ich bitte, dass wir uns einen Protokollauszug anfertigen lassen. Dann sehen wir weiter. Sind Sie damit einverstanden? – Dann ist es gut.

Wir gehen in der Debatte weiter und werden alle wieder etwas ruhiger. Meine Damen und Herren, draußen ist Golfwetter. Beruhigen Sie sich doch alle ein bisschen. – Das Wort hat Herr Dr. Jürgens, Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs sollen nach dem Gesetz – ich zitiere – „im öffentlichen Leben erfahrene Personen des allgemeinen Vertrauens und für das Amt eines Mitglieds des Staatsgerichtshofes besonders geeignet sein“. Diesem hohen Maßstab wird das richterliche Mitglied des Staatsgerichtshofs Karin Wolski nicht gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Sie sollte das Ansehen des Staatsgerichtshofs nicht weiter belasten, sondern endlich ihren Stuhl räumen. Frau Wolski hat gestern eine Presseerklärung veröffentlicht, in der sie ihren Rückzug kategorisch ablehnt. Sie schreibt darin – ich zitiere –:„Ein Rücktritt von meinem Amt kann nur in einem Fehlverhalten meiner eigenen Person begründet sein, nicht im eventuellen Fehlverhalten von Familienangehörigen.“ Da gebe ich ihr ausdrücklich recht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Gerade wegen eigenen Fehlverhaltens von Frau Wolski verlangen wir ihren Rückzug. Sie selbst hat über mehrere Jahre keine Steuererklärung abgegeben, obwohl sie natürlich wusste, dass sie dazu verpflichtet war. Wenn ihr Ehemann keine Steuererklärung abgeben wollte, dann hätte sie selbst eine Steuererklärung abgeben können. Es gibt keine Pflicht zur gemeinsamen Veranlagung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Wir wissen aus dem Bericht des Finanzministers im Haushaltsausschuss, dass sogar Mahnungen erfolgten sowie Zwangsgelder festgesetzt und auch gezahlt wurden. Frau Wolski hat also bewusst und gewollt gegen geltendes Recht verstoßen,also vorsätzlich gehandelt – und zwar sie selbst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Sie selbst – kein anderer – hat sechs Fahrzeuge unter einer Scheinadresse in Frankfurt angemeldet. Sie hat entweder bei der Anmeldung bewusst falsche Angaben gemacht oder das jedenfalls veranlasst. Im Grunde genommen ist das egal.Auch hier hat sie bewusst gegen geltendes Recht verstoßen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Herr Müller, allemal eine Richterin muss das Recht achten und ihm Geltung verschaffen, auch dann, wenn seine Verletzung noch nicht strafbewehrt ist. Nicht alles, was straffrei ist, ist auch rechtmäßig, und der Rechtsbruch beginnt nicht erst dann, wenn der Staatsanwalt ermittelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Frau Wolski hat in erheblichem Umfang persönlich von dem profitiert – auch das ist unstreitig –, was Gegenstand des Strafverfahrens gegen ihren Ehemann ist. Sie ist, um nur ein Beispiel zu nennen, zu drei Vierteln Eigentümerin eines Hauses in Neu-Isenburg, das von Frau C. bezahlt wurde. Frau Wolski erklärt weiterhin nicht, ob sie hierfür Schenkungsteuer entrichtet hat oder nicht. Das darf uns der Finanzminister wegen des Steuergeheimnisses nicht sagen. Sie aber dürfte sagen, ob sie es getan hat. Sie könnte alles offenlegen, tut es aber nicht.

(Zurufe von der CDU)

All das sind unstreitige, in der Öffentlichkeit bekannte Tatsachen. Es ist darüber hinaus natürlich so, wie Frau Wettlaufer-Pohl vorgestern in der „HNA“ geschrieben hat – ich zitiere –:

Wer soll denn ernsthaft glauben, dass eine gebildete, juristisch beschlagene Ehefrau überhaupt nichts mitbekommt vom merkwürdigen Finanzgebaren ihres Mannes – zumal sie davon profitiert?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Genau das ist es, was wir Frau Wolski vorwerfen. Das System Wolski – tricksen, täuschen, irreführen – hat eben nicht nur der Ehemann begründet, sondern Frau Wolski hat es durch eigenes Zutun ganz persönlich mit zu verantworten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Es ist unglaublich!)

Deshalb redet doch die ganze Republik von der „Affäre Wolski“. Das fällt im Übrigen natürlich auch auf die zurück, die Frau Wolski damals zur Wahl in den Staatsgerichtshof vorgeschlagen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Frau Wolski nicht mehr zu unterscheiden weiß, was richtig und was falsch ist, was Recht und was Unrecht ist, dann hat sie mit ihrer gestrigen Presseerklärung noch einmal einen Beleg dafür geliefert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Eigene Verfehlungen werden abgestritten; andere Leute werden beschimpft. Das ist doch geradezu abenteuerlich. Auch noch die richterliche Unabhängigkeit zu bemühen, wenn man sich aus der Verantwortung für das eigene Verhalten stehlen will, disqualifiziert sie ein weiteres Mal.