Protocol of the Session on October 8, 2009

Zunächst möchte ich festhalten, dass Kritik an der amtsführenden Präsidentin oder dem amtsführenden Präsidenten im Ältestenrat besprochen wird. – Herr Kollege Rudolph, zur Geschäftsordnung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Leif Blum (FDP):Das können wir machen! – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann stellen Sie einen Antrag!)

Frau Präsidentin, ich weise für die SPD-Fraktion in aller Form den erneuten Versuch, eine amtierende Präsidentin zu kritisieren und zu rügen, entschieden zurück – Herr Kollege Blum, um das sehr deutlich zu sagen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ich beantrage eine Sitzung des Ältestenrats.

Herr Kollege Wagner hatte sich noch zur Geschäftsordnung gemeldet.

Frau Präsidentin, ich wollte den gleichen Antrag stellen, den der Kollege Rudolph gestellt hat. Ich finde die Form, wie hier mit amtierenden Präsidenten umgegangen wird, nicht akzeptabel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist im Ältestenrat zu klären. Wir haben klare Regeln im Hessischen Landtag. Wenn es Unstimmigkeiten über die Sitzungsleitung gibt, dann kann eine Fraktion die Sitzung des Ältestenrats beantragen. Die Form von Verdächtigungen, von Unterstellungen gegenüber dem Präsidenten oder der Vizepräsidentin halte ich in einem Parlament für unerträglich. Das müssen wir im Ältestenrat klären.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Wagner. – Ich unterbreche die Sitzung. Der Ältestenrat trifft im Raum 103 A zusammen.

(Unterbrechung von 14:59 bis 16:00 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen dann die unterbrochene Sitzung fort und beherzigen all das, was wir in guter demokratischer Manier vereinbart haben – für den heutigen Sitzungstag und die weiteren Sitzungstage.

Es hat sich für eine persönliche Erklärung Herr Kollege Weiß zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Weiß, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war nicht meine Absicht, die Wählerinnen und Wähler einer Partei der Steuerhinterziehung zu bezichtigen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Zur Geschäftsordnung, Herr Kollege Rudolph, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir das eben intensiv im Ältestenrat diskutiert haben und ich durchaus den gemeinsamen Willen aller Fraktionen erkenne, dass der Landtag sich auch nach außen so repräsentiert,wie es,so glaube ich,dem höchsten Souverän gebührt, und nachdem Kollege Weiß hier eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, will ich noch einmal die Erwartungshaltung der SPD-Fraktion zu einem anderen Punkt sehr deutlich machen.

Nachdem vorhin Kollege Gernot Grumbach von einem Mitglied der CDU-Fraktion, Herrn Reif, mit „Suslow“ tituliert wurde, will ich auf Folgendes hinweisen: Ein Blick in die Geschichte belegt, dass das jemand in der KPdSU, in der damaligen Sowjetunion, war, der unter anderem an Säuberungen in der Stalinzeit beteiligt war, mit all den Folgen wie Ermordung von unliebsamen Personen, langen Haftstrafen und Ähnlichem. Ich sage sehr deutlich: Wir weisen für uns irgendwie geartete Vergleiche von solchen Personen mit demokratisch legitimierten Landtagsabgeordneten zurück,und zwar mit aller Entschiedenheit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Und wir erwarten genauso die Größe und Souveränität, dass der Kollege Reif dazu Stellung nimmt – so, wie es der Kollege Weiß eben auch getan hat. Auch das gehört zur Würde des Parlaments.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ich sage sehr deutlich: Das wird für uns auch der Lackmustest, ob es nicht nur bei der Forderung bleibt, die Demokraten als höchstes Organ hier im Hessischen Landtag müssten das auch deutlich machen. Das muss dann auch durch praktisches Handeln belegt werden. Herr Wintermeyer und Herr Wagner von der CDU, es ist ein Mitglied Ihrer Fraktion. Es liegt an Ihnen, dazu klar Stellung zu nehmen. Auch das erwarten wir hier und heute. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wo ist Herr Reif? – Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) – Gegenrufe von der CDU)

Wir steigen dann wieder in die Tagesordnung der unterbrochenen Sitzung ein. Wir waren bei Tagesordnungspunkt 23. Ich habe hier noch zwei Wortmeldungen vorliegen.

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir sind jetzt in der Tagesordnung. – Ich habe im Moment zwei Wortmeldungen vorliegen.Das sind Kollege Rentsch von der FDP und Herr Caspar von der CDU. Herr Kollege Rentsch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass wir, nachdem wir hier die Sitzung

unterbrochen haben,dazu noch etwas beitragen.Denn ich glaube schon – an dieser Stelle teile ich die Ausführungen des Kollegen Rudolph –,dass wir alle in diesem Parlament aufpassen müssen, dass wir nicht über das Ziel hinausschießen. Aber man muss dann, wenn man einen Fehler gemacht hat, sich auch entschuldigen. Der Ältestenrat hat übrigens gerade beschlossen, dass der Kollege Weiß sich entschuldigt. Ich sage das, Herr Kollege Weiß, weil ich Sie persönlich sehr schätze.Ich glaube,dass Sie gerade mit Ihrer Äußerung deutlich über das Ziel hinausgeschossen sind. Dann wäre es vielleicht auch ganz gut, wenn man nicht so relativierende Erklärungen abgeben würde. Denn man muss auch einmal dazu stehen, wenn man einen Fehler gemacht hat.

Meine Damen und Herren, die Debatte ist jetzt etwas getrübt. Normalerweise ist dieses Parlament etwas munterer. Das sage ich für die Menschen, die uns jetzt hier zuhören. Aber das Thema Steuerpolitik ist ein wichtiges Thema in unserem Land. Ich glaube, dass es sich deshalb auch lohnt,dass der Hessische Landtag über die Frage diskutiert, wie wir in Deutschland mit diesem Thema umgehen.

Die Steuerpolitik ist für die Menschen aus meiner Sicht eine sehr zentrale Frage, weil sie in vielen Fällen darüber entscheidet, ob der Staat den Menschen gerecht vorkommt,ob er sich ihnen gegenüber gerecht verhält und ob er das, was an Leistungspotenzial in dieser Bevölkerung vorhanden ist, fördert und unterstützt. Ich glaube, dass die meisten Kollegen, die hier sitzen, gemeinsam feststellen können – das trifft auch für viele Bürgerinnen und Bürger zu –, dass im jetzigen Steuersystem eine Leistungsgerechtigkeit nicht richtig zu erkennen ist. Das liegt daran, dass der Staat einen Großteil des Geldes, das die Menschen erwirtschaften, für sich behält und an viele Projekte umverteilt, die, jedes einzelne für sich, in vielen Fällen sinnvoll sein mögen. Aber das Problem ist, dass die Frage, ob sich Leistung wirklich lohnt, mittlerweile eigentlich durch die staatliche Intervention und die Steuereinnahmen negativ beantwortet wird.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deshalb glaube ich, Herr Kollege van Ooyen, dass es auch im Interesse der LINKEN sein sollte,die auf einem Plakat „Reichtum für alle“ und auf einem anderen „Reichtum besteuern“ gefordert haben, dass Sie sich einmal grundsätzlich Gedanken darüber machen, was Sie eigentlich wollen. Das ist übrigens eine Grundsatzaufgabe für Sie. Sie sollten sich grundsätzlich Gedanken darüber machen, was Sie wollen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die Hälfte zahlt keine Steuern!)

Wir als Liberale haben gesagt, ja, wir sind der Auffassung, dass das Steuersystem so, wie wir es haben, auf der einen Seite viel zu kompliziert ist. Ich glaube, dass das viele Menschen, die ihre Steuererklärung jedes Jahr ohne Steuerberater machen,nachvollziehen können.Das Steuersystem, das wir jetzt haben, ist eine Bürokratiemaschine, die in keinem Verhältnis mehr dazu steht, was der Staat auf der anderen Seite als Anspruch hat, wissen zu wollen, wenn es um Steuerehrlichkeit geht. Das Problem ist, dass wir viele Menschen haben, die tagelang für ihre Einkommensteuererklärung Belege fotokopieren,Formulare ausfüllen und in vielen Fällen nur schwerlich wissen können, ob das, was sie dort unterschreiben, letztendlich auch wirklich den Tatbestand enthält, den sie dort unterschrei

ben. Deshalb müssen wir dazu kommen – das ist eine grundliberale Position –, dass das Steuersystem von den Menschen verstanden wird.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen ein Steuersystem, das die Menschen verstehen. Deshalb ist die Steuererklärung auf dem Bierdeckel, die einmal von der Union ins Gespräch gebracht worden ist, die richtige Richtung für dieses System gewesen. – Das ist das Erste.

Wir Liberale treten dafür ein – und ich hoffe, dass wir uns im Rahmen einer Regierungsbildung auf Bundesebene durchsetzen können –, dass diese Einfachheit des Steuersystems ein wesentlicher Bestandteil wird und dass die Menschen ab nächstem Jahr eine Steuererklärung machen können, bei der sie erstens wissen, was sie da unterschreiben, und bei der zum Zweiten der Wust von Bürokratie endlich aufhört. Das sollte in unserem gemeinsamen Interesse liegen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe)

Einen Moment bitte. Wir wollen alle diesem Redner folgen.Darauf hatten wir uns vorhin geeinigt.Dann bitte ich, das auch zu berücksichtigen.

Herr Kollege Warnecke – so ist, glaube ich, der Name. Ich würde Sie einmal einladen.Vielleicht fragen Sie einmal einen Ihrer Kollegen, dass Sie einmal mit in den Ältestenrat kommen können. Wenn Sie die Diskussion verfolgt hätten, hätten Sie solche Zwischenrufe nicht gemacht. Das sage ich einfach einmal. Das passt wenig zusammen.

(Beifall bei der FDP)

Krokodilstränen auf der einen Seite und solche Zwischenrufe auf der anderen Seite sind nicht unbedingt der Beweis dafür, dass man verstanden hat, was hier eben vorgefallen ist.

Das zweite Thema ist die Steuerhöhe. Da haben wir eine grundsätzlich andere Einstellung als Sie,Herr Kollege van Ooyen. Wir sind der Auffassung, dass das, was die Menschen erarbeiten, zum Großteil auch in ihrem eigenen Portemonnaie bleiben muss.

(Beifall bei der FDP)

Sie sind auf der anderen Seite der Auffassung, dass das, was die Menschen erarbeiten, erst einmal der Staat nehmen und nach dem linken Umverteilungsschlüssel auf die Menschen in Deutschland verteilen soll. Ich gebe zu: Ich vertraue mir deutlich mehr als Ihnen. Deshalb ist es mir wichtig,dass mein Geld bei mir bleibt und nicht bei Ihnen. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))