Sie haben aber noch etwas anderes gesagt. Das fand ich sehr spannend. Sie haben gerade gesagt: „Materiell hatte der Bund bei der Stilllegungsverfügung vom 18. März 2011 den Hut auf.“ Sie haben im Prinzip angedeutet, dass aus Ihrer Sicht, sollte es zu Schadenersatzforderungen kommen, der Bund dann derjenige ist, der den Schaden zu tragen hätte. Jetzt frage ich Sie – das können Sie, Herr Ministerpräsident, oder auch die Ministerin beantworten –: Hat Sie denn der Bund auch dahin gehend beraten, dass Sie im Verwaltungsverfahren auf die Anhörung eines von einem Verwaltungsakt negativ Betroffenen verzichtet haben?
Sie sagen: „Materiell hatte der Bund den Hut auf“. Die spannende Frage ist, ob er auch formell gesagt hat: „Ihr müsst den Betroffenen noch nicht einmal anhören, auch wenn es nur für eine Stunde ist“, oder ob man sagen kann: „Darauf kann verzichtet werden“. Auf die Antwort, meine sehr verehrten Damen und Herren, bin ich sehr gespannt. Ich gehe davon aus, dass diese Frage schnell geklärt werden kann.
Herr Stephan, ich finde es toll, dass Sie noch den rot-grünen Koalitionsvertrag von 2008 bei der Hand haben und daraus zitiert haben. Vielleicht haben Sie jetzt verstanden, warum das mit den Worten: „Wir werden die Risiken neu bewerten“, dort drinstand.
Wir wissen nämlich, was unsere politischen Ziele sind, und zwar seit unserer Gründung. Wir wissen aber auch, dass der politische Wille allein nicht reicht, sondern dass man auch einen juristischen Weg braucht.
Deswegen finde ich es abenteuerlich, Herr Ministerpräsident, dass Sie sich hierhin stellen und erklären, die Opposition sei pharisäerhaft.
Nein, Sie sind nicht in der Lage, ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln sicherzustellen. Das ist das Problem.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben eben gesagt, Hessen würde sich nicht hinter dem Bund verstecken. Es würde mich nun schon interessieren, was Sie denn angesichts dieses Urteils zu tun gedenken. Gibt es denn auf Bundesebene Gespräche mit dem Umweltministerium? Gibt es denn Gespräche mit der
Bundesregierung? Was unternehmen Sie denn jetzt eigentlich? – Sie haben in Ihrer Rede, außer die Opposition zu beschimpfen, eigentlich nichts gesagt, Herr Ministerpräsident.
Ich würde schon erwarten, dass ein Ministerpräsident angesichts eines solchen Urteils – zu dem Sie wenigstens noch eingeräumt haben, dass es Sie nicht mit Begeisterung erfüllt; das ist auch eine Aussage,
wo man nur den Kopf schütteln kann, Herr Ministerpräsident – wenigstens einmal sagt, was er denn jetzt tun will und was für ihn die nächsten Schritte sind, um aus dieser Situation herauszukommen. Ich will auch noch einmal klarmachen, dass es Ihr Anwalt war, der gestern sehr klar gesagt hat, die Entscheidung sei eine Sache des Bundesumweltministeriums gewesen. Es habe eine Weisung erteilt, und das hessische Ministerium habe nur vollzogen, es sei überhaupt nichts Hessenspezifisches gewesen.
Ich finde, da muss man doch einmal aufklären: Was stimmt denn jetzt? Was ist denn jetzt eigentlich die Realität?
Gab es eine Weisung oder nicht? – Ihr Anwalt stellt sich hin und sagt, es gab eine Weisung. Das ist heute der Presse zu entnehmen.
Ja, Herr Gremmels, ich habe in der Tat das Gefühl, die Anwälte dieser Landesregierung führen eine Art Eigenleben. Es war schon bei der Klage und der Revision gegen das Nachtflugverbot so, dass der Anwalt auf einmal eine Begründung geschrieben hat, welche von der Landesregierung angeblich überhaupt nicht geteilt wurde.
Das Eigenleben der Anwälte, die diese Landesregierung vertreten, finde ich unglaublich, dazu würde ich gerne einmal ein paar Sätze hören.
Ich will es noch einmal klar sagen: Sofortiger Atomausstieg – den auch wir immer gefordert haben – bedeutet Atomausstieg ohne schuldhaftes Verzögern. Das bedeutet natürlich nicht den dümmstmöglichen Atomausstieg. Das heißt auch nicht, dass man den Konzernen Tür und Tor öffnet, damit sie danach noch Ansprüche einklagen können. Das ist doch nicht die Forderung gewesen. Natürlich war klar, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden müssen. Aber man muss es so machen, dass sich die Atomkonzerne am Ende nicht noch auf Kosten der Steuerzahler bereichern können, Frau Ministerin.
Herr Ministerpräsident, ich will auch für meine Fraktion eines ganz klar zurückweisen, nämlich den Vorwurf der Schadenfreude. Der ist, gelinde gesagt, eine Unverschämtheit. Es geht hier um 190 Millionen €. Jetzt überlegen Sie
Wie viele Lehrerstellen wären das? Wie viel Geld, das man zusätzlich in den Kita-Ausbau stecken könnte? Wie viel Geld ist das denn? Da kann man doch nicht unterstellen, dass die Opposition Schadenfreude empfinden würden, wenn es hier um 190 Millionen € geht; das ist doch vollkommen absurd, was Sie hier erzählen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)
(Günter Rudolph (SPD): Natürlich ist alles nach Recht und Gesetz gegangen! – Weitere Zurufe von der SPD)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem, was wir in den letzten eineinhalb Stunden hier erlebt haben und was gestern nach der „grandiosen“ Erklärung des Kollegen Schmitt vorhersehbar war, gab es eigentlich genau das, was zu erwarten war: viel Lärm um nichts.
(Lachen und Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
um einen Tatbestand, den man sinnvollerweise hier nicht mit Ihrer oppositionellen Aufgeregtheit, sondern mit aller Ruhe und Gelassenheit betrachten sollte.
Wie war denn damals die Situation? Es ist schon mehrfach von meinen Vorrednern angesprochen worden. Es bestand eine Einmütigkeit in diesem Hause und weit über diesen Landtag hinaus, dass es notwendig war,
Das war damals etwas, was Sie sich noch als besonderen Erfolg an den Hut stecken wollten. Wie viele Kollegen vorher überlege auch ich mir, was eigentlich gewesen wäre, wenn wir uns anders verhalten hätten. Das Geschrei, das Sie heute hier produzieren, hätten wir dann in einer vielfachen Art und Weise erlebt.
Was haben wir heute für eine Situation? Wir haben die Aufgeregtheit einer Opposition, die ein rechtsstaatlich ergangenes Urteil vom gestrigen Tage – seit gestern Mittag
bekannt, dass es im Tenor so ist, und mit einer mündlich Begründung, mehr wissen wir dazu noch nicht – sofort nutzt, um hier einen Klamauk anzuzetteln, wie wir es von dieser schlechtesten Opposition Deutschlands gewohnt sind.