Protocol of the Session on May 29, 2012

Frau Ravensburg, kommen Sie bitte zum Schluss.

In diesem Gesetzentwurf gibt es noch Präzisierungen zur Gendiagnostik und zum Hörscreening. Ich finde, wir sollten das alles im Ausschuss in aller Ruhe besprechen. Ich begrüße den Gesetzentwurf jedenfalls und bin auf die Diskussion im Ausschuss gespannt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Danke sehr, Frau Ravensburg. – Frau Schott, ich darf Ihnen für die Fraktion DIE LINKE das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Manchmal kann es ganz interessant sein, wenn sich jemand mit einem Gesetzentwurf befasst, an dessen Entstehung er bzw. sie nicht beteiligt war. Bei dem Wort „Kindergesundheitsschutz-Gesetz“ habe ich etwas ziemlich Großes, Wichtiges und Umfangreiches erwartet; denn das ist ein sehr bombastischer Begriff. – Ich habe ein Kindergesundheitsschutz-Gesetzchen gefunden.

Ich finde, wenn man vor fünf Jahren mit Eile, weil man bestimmte Erkenntnisse und eine Notlage hatte, ein Gesetz gemacht hat, dann hätte man die fünf Jahre nutzen können und müssen, um festzustellen, dass es mit Eile gemacht worden ist, weil es notwendig war, und in diesen fünf Jahren aus diesem Gesetzchen ein Gesetz machen müssen. Aber offensichtlich ist das Kindergesundheitsschutz-Gesetz auch noch in den Kinderschuhen. Da soll es anscheinend auch nicht heraus.

Wenn ich dann hier höre, dass die Jugendämter dieses Problem mit dem Datenschutz hatten, wenn eine Familie von einem in den anderen Bezirk gezogen ist: Meine Güte, schon als ich vor ungefähr 20 Jahren beim Jugendamt gearbeitet habe, kannten wir dieses Problem. Wenn es bei der Regierung 20 Jahre später endlich ankommt, dann sage ich: Wenn Sie für alles so lange brauchen, um die Probleme zu lösen, kann es echt ewig dauern.

(Holger Bellino (CDU): Oh mein Gott! – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn man sich das letzte Heft des Kinderschutzbundes ansieht, dann erkennt man mit großem Erschrecken, wie viel Gewalt in abgeschwächter und in stärkerer Form nach wie vor von Eltern gegen ihre Kinder ausgeübt wird. Das zeigt uns, dass noch ganz viel zu tun ist. Es ist gut, dass ein Schritt gegangen worden ist. Aber dieser Schritt reicht bei Weitem nicht aus. Ich denke, das sollten wir an der Stelle noch einmal deutlich machen. Das ist keine Kritik daran, dass es dieses Gesetz gibt, sondern die Kritik ist, dass es deutlich zu klein ist, dass es deutlich zu wenig umfasst. Das, was Herr Spies vorhin ausgeführt hat, könnte ich hier weiterführen. Das möchte ich aber insbesondere im Hinblick auf die Uhr nicht tun. Das können wir in der Ausschussauseinandersetzung, die wir darüber sicher führen werden, noch einmal aufnehmen.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

Wenn man die Gesundheit von Kindern schützen will: Ich erinnere an die Diskussion darüber, ob die Kinder einen Schulapfel bekommen sollten. Es gibt einen alten Spruch, der sagt: „An apple a day keeps the doctor away.“ Das wäre eine Möglichkeit gewesen, ein Stück dazu beizutragen. Das Geld, das dafür notwendig gewesen wäre, war nicht da. Das war keine Unsumme.

(Holger Bellino (CDU): Der Vergleich ist peinlich! – Zuruf der Abg. Claudia Ravensburg (CDU))

An ganz vielen anderen Stellen ist das Geld nicht da. Das Personal in den Einrichtungen ist nicht da. Wenn über Bürokratie geklagt wird, dann doch unter anderem deshalb, weil Sozialarbeiter ganz, ganz viele fachfremde Arbeit machen müssen. Ich denke, den Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sollte genau diese Zeit zur Verfügung stehen. Ich denke, wenn man ganz viel Aufwand betreibt, muss man auch das Personal dafür haben, damit auch das möglich ist, was nach dem Hinschauen kommt, nämlich das Aufnehmen, das Beraten, das Helfen und AngeboteMachen. Hinschauen allein reicht eben nicht. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, damit ist die Aussprache zur ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs beendet.

Wir überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Sozialpolitischen Ausschuss. – Dem widerspricht keiner. Dann ist das so beschlossen.

Wir haben heute noch zwei Punkte vorliegen. Ich darf die Geschäftsführer bitten, darüber nachzudenken, wie wir es wegen der vielen Verpflichtungen heute Abend erreichen, trotzdem einigermaßen pünktlich zu sein.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Siebtes Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und Änderung befristeter Rechtsvorschriften – Drucks. 18/5721 –

Das Wort zur Einbringung hat Herr Minister Hahn. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Landesregierung bringe ich Ihnen das sogenannte Sammelgesetz ein. Das Verfahren hat schon eine gewisse Tradition; denn seit 2004 wird jedes Jahr vom hessischen Justizministerium ein Sammelgesetz eingebracht, das im Wesentlichen die Änderungen der Geltungsdauer befristeter Gesetze zum Gegenstand hat. Das Justizressort nimmt insoweit die Rolle eines Notars für die anderen Ressorts wahr.

Hierzu möchte ich grundsätzlich anmerken, dass sich das Ihnen bekannte hessische Konzept der Befristung und Evaluierung von Rechtsvorschriften zur effektiven Wirksamkeitskontrolle bewährt hat. Mit der regelmäßigen Normprüfung auf Notwendigkeit, auf Vollzugseignung, auf Vollständigkeit, auf Zweckmäßigkeit und auf Kostenwirksamkeit konnte der hessische Normenbestand deutlich reduziert und dabei seine Qualität zusätzlich gesteigert werden.

Die Erfahrungen der nunmehr gut zehnjährigen Praxis zeigen jedoch, dass nicht für alle Rechtsvorschriften ein vergleichbarer Evaluationsbedarf besteht, sondern Rechtsvorschriften vielmehr in Fallgruppen mit unterschiedlichen Befristungen eingeordnet werden können. Die Hessische Landesregierung hat daher am 11. April 2011 beschlossen, die bisherige Befristungsregelung durch ein Stufenmodell zu optimieren, d. h. besser an den unterschiedlichen Evaluierungsbedarf der einzelnen Rechtsvorschriften anzupassen. Nach diesem neuen Stufenmodell sind Gesetze in ihrer Geltungsdauer künftig auf fünf oder auf acht Jahre zu befristen, oder sie bedürfen nach Auffassung der Landesregierung gar keiner Befristung mehr.

Erlauben Sie mir, wegen der Details auf den Gemeinsamen Runderlass des Ministerpräsidenten und der Ministerinnen und Minister zur Einführung eines Leitfadens für das Vorschriftencontrolling vom 8. März 2012 zu verweisen, mit dem die Zuordnung zu den genannten drei Kategorien differenziert festgelegt ist. Der Erlass ist im „Staatsanzeiger“ auf Seite 354 veröffentlicht. Exemplarisch sei erwähnt, dass unter anderem Rechtsvorschriften, die lediglich der Bestimmung von Zuständigkeiten dienen, nunmehr von der Befristung ausgenommen sind.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Gesetzesbestand des Landes wurde nach Abstimmung zwischen der Arbeitsgruppe Verwaltungsvereinfachung bei der Staatskanzlei und den Ressorts mit Kabinettsbeschluss vom 4. Oktober 2011 den vorgenannten Kategorien zugeordnet. Hierbei wurde besonders hinsichtlich der Zuordnung der Gesetze zur Kategorie der unbefristeten Vorschriften auf einen einheitlichen Beurteilungsmaßstab geachtet. Die abschließende Liste der Zuordnung des Gesetzesbestandes des Landes Hessen zu

den Befristungskategorien wurde dem Landtag natürlich vorab übermittelt.

Mit dem vorliegenden Entwurf für ein Siebtes Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und Änderung befristeter Rechtsvorschriften wird die Geltungsdauer der bis zum Jahresende 2012 befristeten Gesetze verlängert und hierbei auch das neue Stufenmodell in dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung umgesetzt. Wesentlicher Inhalt des Sammelgesetzes ist, das wissen Sie, die Entfristung bzw. Verlängerung der Geltungsdauer von insgesamt 23 Rechtsvorschriften. Im Übrigen sind geringfügige Änderungen, zumindest redaktionelle Ansagen und Anpassungen der Normen vorgesehen.

Auf die Einzelheiten möchte ich wie alle Jahre vorher in der Einbringungsrede im Hessischen Landtag zur ersten Lesung nicht eingehen. Wie gesagt, das Justizressort nimmt bei der Betreuung des Gesetzentwurfs – in Anführungszeichen – lediglich die Rolle eines Notars ein. Auf der anderen Seite weiß ich aus den Beratungen insbesondere der beiden letzten Jahre, dass eine intensive und auch für den Gesetzentwurf notwendige Beratung im Rechtsund Integrationsausschuss des Hessischen Landtags stattfinden wird.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass für die übrigen von dem neuen Stufenmodell betroffenen Gesetze, die nicht Ende dieses Jahres auslaufen, eigenständige Sammel- und Einzelnovellen in den nächsten Monaten bzw. in den nächsten eineinhalb Jahren eingebracht werden. Ich glaube, dass wir eine sehr differenzierte Diskussion sowohl über die Regelungen als auch über die Einzelgesetze im Rechts- und Integrationsausschuss des Hessischen Landtags haben werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich weise vor Eintritt in die Aussprache auf folgende Bitte der Fraktion DIE LINKE hin. Das haben wir im Ältestenrat auch so besprochen. Dies ist ein Artikelgesetz, das im Rechts- und Integrationsausschuss beraten wird. Es wird gebeten, folgende Artikel an einen anderen Ausschuss mitberatend zu überweisen: Art. 1, Art. 2, Art. 6, Art. 8, Art. 9, Art. 10 und Art. 15 an den Innenausschuss, Art. 11 an den Sozialpolitischen Ausschuss, Art. 16 an den Haushaltsausschuss, Art. 19 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr. Das heißt, es sind vier Ausschüsse beteiligt.

Damit kann ich jetzt die Aussprache eröffnen und erteile Frau Abg. Hofmann für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass dieses Sammelgesetz noch nicht einmal bei dieser Landesregierung Begeisterungsstürme auslöst, hat die Rede des Justizministers eben gezeigt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

So teile ich auch nicht die Einschätzung des Ministers, dass dieses Sammelgesetz zu einer maßgeblichen Verwaltungsvereinfachung beiträgt.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Aber natürlich!)

Ich muss Ihnen auch ganz klar sagen, dass uns als dem zuständigen Gesetzgeber bei diesem Sammelgesetz ebenso wie bei den vorherigen die Transparenz völlig fehlt, gerade im Hinblick auf die notwendige Evaluierung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Für uns als Gesetzgeber ist es völlig intransparent und fraglich, wie, mit welchem Ergebnis und mit welchem Inhalt überhaupt evaluiert worden ist und wie die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zu bewerten sind: ob sie entfristet oder weitergeführt werden müssen oder was sonst damit geschehen muss.

Die Evaluierungsergebnisse werden uns bis zum heutigen Datum nicht vorgelegt; das ist eine Schande, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wil- ken (DIE LINKE))

Im Gegensatz zum Minister will ich aber doch auf einzelne Aspekte eingehen, zu denen wir seit vielen Monaten und Jahren eine inhaltliche Auseinandersetzung führen. So gibt es z. B. Evaluierungen und entsprechende Anhörungen auch in den Ausschüssen, bei denen Ergebnisse gewonnen worden sind, die aber von der Landesregierung gar nicht berücksichtigt werden.

Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Spielbankgesetz. Hier war klar, dass durch neue Tatsachen die Abgabenregelungen neu zu fassen sind und angepasst werden müssen. Auch war nach den Beratungen im Fachausschuss klar, dass die Troncregelungen angepasst werden mussten. Was ist geschehen? – Sie wollen das Gesetz einfach um fünf Jahre verlängern, meine Damen und Herren.

Zweites Beispiel: das Maßregelvollzugsgesetz. Hier ist es ganz klar, dass gesetzlicher Anpassungsbedarf in den entsprechenden Strafvollzugsgesetzen besteht. Aber auch hier gibt es eine einschneidende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das die Zwangsbehandlung anbelangenden Regelungen in Rheinland-Pfalz, aber auch in Baden-Württemberg für nichtig erklärt hat. Hier haben wir eine Vorschrift in Hessen, die das ähnlich wie in den betroffenen Ländern regelt. Das Bundesverfassungsgericht hat uns auch hier womöglich etwas ins Stammbuch geschrieben, hier müssen wir handeln; geschehen aber tut nichts, das Gesetz soll auch in diesem Fall deutlich verlängert werden.

Es hat schon fast spaßige Züge, wenn man sich das Friedhofs- und Bestattungsrecht anschaut: Hier gibt es wohl ein Kommunikationsproblem zwischen dem zuständigen Innenminister und der Fachabteilung. Es gab eine bezeichnende Sitzung des Innenausschusses, in der der Innenminister nicht wusste, was die Fachabteilung tut bzw. umgekehrt. Aber das interessiert an dieser Stelle gar nicht so sehr.

Viel fragwürdiger ist doch, dass wir dazu eine Gesetzesänderung in den Hessischen Landtag eingebracht haben. Am 16. Mai 2012 hat sich der Innenausschuss damit befasst, das Gesetzgebungsverfahren läuft. Hier wollen Sie es einfach wieder weiterlaufen lassen. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, dass Sie dieses Gesetzgebungsverfahren jetzt nicht nutzen, um – wie der Innenminister selbst angekündigt hat – mögliche Änderungen mit einzubringen. Auch folgen Sie nicht unserer Initiative für Angehörige muslimischen Glaubens, den Sargzwang bei Bestattungen aufzuheben, was wir nach wie vor für richtig halten.

(Beifall bei der SPD)

Es ist außerdem nicht klar – es ging auch nicht aus der Gesetzesbegründung hervor –, warum Sie Anregungen des Hessischen Landkreistages zur Kapitalerhaltung des Stiftungsvermögens bzw. des Hessischen Städtetages, der eine Zuständigkeitsregelung im Stiftungsrecht neu fassen wollte, einfach verworfen haben.

Bei der Änderung des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes wird in der Gesetzbegründung zudem lapidar behauptet, die Evaluierung habe überhaupt keine neuen Aspekte ergeben. Wir wissen jedoch, dass auch hier hinsichtlich des Nichtraucherschutzes in Hessen Nachholbedarf besteht, da beispielsweise in Einzelfällen für Kinder und Jugendliche Dauergefahr herrscht. Unser Kompromissvorschlag, den wir als SPD damals gemacht haben, hat einen sinnvollen Ausgleich zwischen Nichtraucherschutz auf der einen und der Freiheit des Einzelnen auf der anderen Seite vorgeschlagen. Er ist aber eben nicht von Ihnen aufgegriffen worden, obwohl er sinnvoll war.

Auch das Hessische Privatrundfunkgesetz soll bis 2017 einfach unverändert belassen werden. Dies geht aber an der aktuellen Diskussion völlig vorbei.