Protocol of the Session on May 10, 2012

Meine Damen und Herren, Hessen ist das mit Abstand wirtschaftsstärkste Land Deutschlands und gehört zu den drei stärksten Regionen Europas. Wir haben eine wirtschaftliche Situation, um die uns alle beneiden. Wir haben in diesem Land so viele Menschen in Arbeit wie noch nie.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, 300.000 Aufstocker!)

Wir haben mehr Ausbildungsplätze als Bewerber, in Zeiten, in denen die Hälfte aller jungen Menschen in weiten Teilen Europas arbeitslos ist. Dies ist nicht allein das Ergebnis von Politik, aber das ist auch das Ergebnis von Politik. Wir haben unter seiner Führung Zukunftsentscheidungen getroffen. Ich darf einmal an das „House of IT“ und an das „House of Mobility and Logistics“ erinnern. Wir sind heute europaweit führend in der Logistik; das bestreitet niemand. Das waren für die Zukunft und den Wohlstand unseres Landes ganz wesentliche Initiativen. Wenn ein Wirtschaftsminister nach so langen Jahren in

Verantwortung eine Bilanz ziehen kann, um die ihn alle beneiden, indem er sagen kann: „Wir in Hessen sind gerade auf wirtschaftspolitischem Gebiet die Spitze in diesem Land, in Deutschland“, was kann man dann noch mehr tun, meine Damen und Herren? – Das ist für denjenigen, der daran federführend mitgewirkt hat, Anlass zu Stolz. Für uns ist es Anlass für Dank und Anerkennung für Dieter Posch.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Zum Schluss. Diese Landesregierung arbeitet unter meiner und der Führung des Kollegen Hahn vertrauensvoll, freundschaftlich und erfolgreich. Das war in der bisherigen Besetzung so, und das wird auch mit dem Herrn Kollegen Rentsch und Frau Kollegin Beer so bleiben. Wir werden von der größten Mehrheit, die es im Hessischen Landtag jemals gab, getragen. Das ist der Auftrag, den uns die Wählerinnen und Wähler erteilt haben, und diesem Auftrag fühlen wir uns verpflichtet. Diese Unterstützung werden wir entschlossen nutzen. Wir werden Hessens Zukunft mutig gestalten, und, Herr Kollege Rudolph, wir werden alles tun, damit es noch viele Jahre lang dauert. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Schönen Dank, Herr Ministerpräsident. – Für die SPDFraktion hat sich Herr Rudolph zu einer zweiten Runde gemeldet.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit es jetzt nicht so stehen bleibt, als hätte der weise Vater selbst gesprochen: Das war die Abteilung Fortsetzung der Heuchelei.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Das ist unglaublich!)

Warum? – Herr Bouffier, Sie haben als einziges Argument genannt – immer unterstellt, dass das, was Sie sagen, richtig ist –, Deutschland stehe heute finanzpolitisch besser da als andere Länder. Dazu gehören aber nicht nur einzelne Leute. Wenn Erfolge da sind, dann arbeiten immer ganz viele daran, und dazu sage ich Ihnen auch einmal selbstbewusst: Daran waren auch Sozialdemokraten beteiligt.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Ja, das ist so, auf Bundesebene, und wir haben dafür einen hohen Preis bezahlt. Das gehört auch zur Realität, weil der Ansatz von sozialdemokratischer Geschichte auch immer heißt: Das Land steht über Parteiinteressen. – Das machen Sie eben nicht. Herr Bouffier, weil Sie sich hier so hinstellen, sage ich Ihnen: Sie sollten sich einfach einmal an ein paar Grundsätze halten, wie an Recht und Gesetz. Dazu haben wir heute Morgen etwas von Frau Kollegin Faeser und anderen gehört.

(Holger Bellino (CDU): Was heißt das denn? Das ist jetzt eine Unterstellung!)

Dinge, die normalerweise selbstverständlich sind, sind nach 13 Jahren CDU-Regierung eben nicht mehr selbstverständlich. Auch das gehört zur Realität in diesem Land.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sagen, der Koalitionspartner bestimme, ob Personal ausgewechselt werde oder nicht, und wenn Sie dann auf beide Minister eine Lobeshymne halten, dann sage ich Ihnen: Das passt nicht. Dann passt etwas nicht zusammen, weil es nicht authentisch und nicht glaubwürdig ist. Daher sollten Sie es lassen. Das ist machtpolitisches Geschachere. Das ist vonseiten der FDP zulässig, entschieden wird am Schluss aber von Wählerinnen und Wählern. Diese Auseinandersetzung werden wir in den nächsten eineinhalb Jahren führen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Weder Sie noch wir kennen den Wahlausgang.

(Holger Bellino (CDU): Ja, wie beim letzten Mal!)

Wir kennen den Wahlausgang nicht; wir arbeiten an der inhaltlichen Auseinandersetzung.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Da müssen Sie zurückhaltender sein! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Das Einzige, was die CDU und die FDP machen, ist: Sie lassen sich von der Regierung die Entwürfe schreiben und setzen Ihren Namen drauf. Das ist Ihr inhaltlicher Beitrag, den Sie in vielen Dingen leisten.

(Holger Bellino (CDU): Und die Erde ist eine Scheibe!)

Worum geht es? – Es geht darum, in Hessen ein Bildungssystem zu initiieren, bei dem eben keine soziale Auslese stattfindet, bei dem es darum geht, in Hessen echte Ganztagsschulen einzuführen und wohnortnahe Schulangebote aufrechtzuerhalten, und bei dem es finanzpolitisch darum geht, dass Kommunen Gelder zur Erfüllung ihrer Aufgaben bekommen und eben keine Mittel für Schulsozialarbeit oder Zuschüsse für Frauenhäuser gestrichen werden.

Das ist eine Frage, wie wir soziale Gerechtigkeit in diesem Land definieren. Da geht es auch darum, Einnahmeverantwortung zu zeigen, damit ein Staat seine Aufgaben erfüllen kann, und nicht – wie Sie es tun – öffentliche Kassen zu plündern und sich dann hierher zu stellen und zu sagen, dass gespart werden muss. Wir wollen eine Gesellschaft, in der es gerecht zugeht.

(Zurufe von der CDU)

Ja, Herr Dr. Wagner, das ist die Alternative, um die es in den nächsten eineinhalb Jahren geht.

(Anhaltende Zurufe von der CDU – Glockenzei- chen des Präsidenten!)

Herr Bouffier, Sie haben doch ein Problem. Sie haben doch augenscheinlich ein Problem, wenn man einmal die Umfragen ansieht. Da können Sie sagen, das sei ein Zwischenstand. Da haben Sie recht. Aber die Umfragen bescheinigen Ihnen doch, dass Sie gar nichts von Herrn Koch haben. Wir haben das im Frankfurter OB-Wahlkampf erlebt. Da hat Herr Kling plakatiert, Herr Rhein sei nicht Herr Koch. Sie sind auch nicht Herr Koch. Sie setzen doch keine Themen. Sie meinen, indem Sie hier konsensual versuchen, das eine oder das andere darzustellen, ginge das. Sie sind mitverantwortlich für dreizehn Jahre falsche Politik in Hessen, für ein Auseinanderdriften in der Gesellschaft und für ein Spalten.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Ja, Sie haben bei den letzten Wahlen den Wahlauftrag bekommen. Das war für uns Sozialdemokraten schmerzlich. Wir wissen, dass wir selbst daran einen Anteil haben. Aber wir haben in den letzten dreieinhalb Jahren hart gearbeitet. Im Gegensatz zu Ihnen geben wir zu, dass wir uns einmal geirrt haben. Aber jetzt werden wir mit unserem Politikstil überzeugend sein. Wir könnten Ihnen all die Initiativen aufzeigen und die Ansätze und damit zeigen, dass wir die bessere Alternative sind – auch beim Personal.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss: Bleiben Sie redlich, Herr Bouffier. Wir haben uns ausdrücklich bei Frau Henzler und Herrn Posch für ihren Einsatz bedankt. Das heißt nicht, dass wir mit den Inhalten in vielen Teilen übereinstimmen. Wir wissen zu differenzieren.

Sie sagen, man müsse dann auch den Stil ändern. Dann fangen Sie doch einfach einmal damit an, Herr Bouffier. Dann fangen Sie und andere doch einfach einmal damit an. Herr Rentsch hat uns dreieinhalb Jahre permanent beschimpft, auch im Umgang mit einzelnen Kolleginnen und Kollegen.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Deswegen freuen wir uns auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit Ihnen. Ja, Herr Dr. Wagner, mit Ihnen zurück in die Steinzeit, ohne eine Politik, die die Menschen mitnimmt und die die Interessen der Menschen aufnimmt. Deswegen wird es Spaß machen, mit Thorsten SchäferGümbel und anderen in diesen Wahlkampf zu gehen, Herr Dr. Wagner, und es wird Spaß machen, die Alternativen aufzuzeigen. Dann werden wir am Schluss sehen, was die Menschen wählen. Das müssen Sie akzeptieren, und das müssen wir akzeptieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Aber ich bin sicher: Fünfzehn Jahre überwiegend schwarzer Politik in Hessen – davon haben die Menschen die Nase voll. Daran werden wir arbeiten. Ich bin überzeugt, dass der Wechsel in Hessen gelingen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS/DIE GRÜNEN – Holger Bellino (CDU): Wenn Sie daran arbeiten, wird das eh nichts! – Gegenruf von der SPD: Das sagt der Bellino! Ich glaube es nicht!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat sich Herr Al-Wazir gemeldet. Bitte schön, Herr Al-Wazir.

So viel zum Stil. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war ja stellenweise kaum auszuhalten.

(Zuruf von der CDU: Das stimmt!)

Na ja, freuen Sie sich nicht zu früh.

Ich habe noch vor Augen, wie irgendwann vor gar nicht allzu langer Zeit in einer Aktuellen Stunde der Abgeordnete Greilich hier nach vorn ging und vor der ganzen Mannschaft die Kultusministerin in Sachen Schulämter in einer Art und Weise demontierte, wie ich das nur selten vorher gesehen habe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Dann kommen ausgerechnet hier die Lobeshymnen auf Dorothea Henzler von Ihnen, Herr Kollege.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist der Unterschied!)

Das ist schon etwas sehr Außergewöhnliches, was wir gerade hier erlebt haben. Herr Ministerpräsident, Sie stellen sich hier so hin und erklären, wir hätten die beiden Minister, die jetzt in einem Monat ausscheiden werden, an der Ehre auf persönlicher Ebene gepackt.

(Florian Rentsch (FDP): Na, na, na! Herr Kollege Al-Wazir!)