Protocol of the Session on April 9, 2008

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen. Natürlich muss in den Diskussionen auch beachtet werden, welche Auswirkungen das auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat.Es ist eben nicht so,wie wir es bisher vorgesehen haben,dass dies tatsächlich zur freien Verfügung der Universitäten steht und dass die Kapazitätsverordnungen dort keine Rolle spielen.

Dort haben wir noch ein großes Problem, und darüber werden wir in der Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf ausführlich beraten müssen. Das ist nicht der Weg, den wir uns vorstellen. Das hat nämlich sofort wiederum Auswirkungen auf die Gruppengrößen,auf die Lehrbeauftragten usw. Das kann nicht der Weg sein, um sicherzustellen, dass die Verbesserungen der Studienbedingungen, die wir hier eingeführt haben, tatsächlich erhalten bleiben.

Lassen Sie mich seitens der Landesregierung noch eine Bemerkung zu dem FDP-Entwurf machen.Wir haben immer gesagt, uns war es wichtig, die Studienbeiträge umfassend einzuführen.Wir haben aber auch gesagt,wir können uns durchaus vorstellen, im Rahmen der Autonomie der Hochschulen weiterzugehen und die Entwicklung dahin gehend fortzusetzen,dass die einzelnen Hochschulen nun,

nachdem die Studienbeiträge eingeführt worden sind, über deren Höhe und vieles mehr entscheiden können. Auch das wird ein wichtiges Thema in der Anhörung sein.

Aber eines muss dieses Haus gemeinsam sicherstellen: Es darf keinen ungedeckten Wechsel in der Finanzierung geben. Die Studienbedingungen müssen dauerhaft verbessert werden. Ich bin gespannt, zu erfahren, wann es die ersten Vorschläge gibt und woher das Geld tatsächlich kommen soll. Bisher liegen keine Vorschläge vor – nur für ein halbes Wintersemester. Das ist keine solide Finanzierung.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Das Wort hat Herr Kollege Kaufmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt den schönen Satz,der da lautet:Iudex non calculat. – Er beschreibt ein bisschen die Probleme, die Juristinnen und Juristen mit Zahlenwerken, insbesondere mit Rechnungen und ganz besonders mit Zinsrechnungen, haben. Das haben wir eben vernommen.

Vier leibhaftige,voll ausgebildete Juristinnen und Juristen sind an dieses Pult getreten und haben uns erklärt, dass unsere Finanzierungsvorschläge – ich meine die, die in dem gemeinsam mit der SPD vorgelegten Gesetzentwurf stehen – unseriös seien.

Nun räume ich ein, auch der verehrte Herr Finanzminister ist Jurist.Aber in diesem Hause gibt es nicht nur Juristen.

In dem Gespräch,das nach dem Schreiben des Briefes,der hier mehrfach zitiert worden ist, im Finanzministerium stattgefunden hat, wurde uns vom Finanzminister, seinem Staatssekretär und weiteren anwesenden Beamten klargemacht, was realistisch ist und was nicht, was geht und was nicht. Der Vorschlag, die Ausgaben für Zinsen und Geldbeschaffungskosten um 20 Millionen c zu kürzen, kam ausdrücklich aus dem Finanzministerium. Das sei ohne Weiteres drin. Dann hören wir das, was heute zum wiederholten Male erzählt worden ist.Ich kann nur sagen: keine Ahnung.

Wenn Sie sich einmal die tatsächlichen Daten anschauen, stellen Sie fest, dass im Vergleich zum Dezember 2007 – Stand: 2.April; das ist erst wenige Tage her – die Umlaufrendite von Anleihen der öffentlichen Hand um 27 Basispunkte gesunken ist. Das heißt, die Zinsausgaben werden weniger.

Es ergibt Sinn, und so lautete auch der ausdrückliche Vorschlag aus dem Finanzministerium, bei dem Deckungsvorschlag Zinsen und Geldbeschaffungskosten zusammenzufassen; denn die haben etwas miteinander zu tun: Sie werden bei jeder Art von Disagio bei Kreditaufnahmen als Geldbeschaffungskosten gebucht, die dann allerdings umgekehrt zu einem niedrigeren Zinssatz führen. Insoweit geht es im Prinzip um ein und dieselbe Ausgabe. Im Übrigen gehört das – in der klassischen Kameralistik durch gemeinsame Haushaltsstellen ausgewiesen – eng zusammen.

Wenn Sie also aus vielerlei inhaltlichen Gründen, die wir alle nicht für zutreffend halten, weiterhin für die Beibe

haltung der Studiengebühren und damit für die Abwälzung der Finanzierung der Hochschulen auf die einkommenslosen Studierenden sein wollen, benutzen Sie doch bitte Argumente, die sachlich nachvollziehbar und in sich logisch sind.Benutzen Sie keine Argumente,die etwas mit der Finanzierung zu tun haben. Darüber weiß Ihr Finanzminister sehr viel besser Bescheid. Er hält diese Finanzierung für machbar. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Herr Kollege Grumbach, bitte.

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Ich will es,was die Finanzierung betrifft,eigentlich bei einer freundlichen Bemerkung belassen. Wenn Sie über die fehlende Deckung der Ausgaben für die folgenden Jahre nachdenken, sage ich Ihnen: Ich möchte mir gern einmal Ihre langfristigen Programme, z. B. HEUREKA, anschauen, um herauszubekommen, wie Sie die gegenfinanziert haben. Sie werden ganz schnell darauf kommen, dass das Prinzip Hoffnung bei Ihnen weiter verbreitet ist als bei uns. Das sage ich ganz schlicht, ganz freundlich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber eines ist für mich ganz wichtig – auch das gehört vielleicht zu einem neuen Landtag –: Ich würde mich gern noch einmal mit den gesellschaftspolitischen Konsequenzen auseinandersetzen. Frau Beer hat einen zentralen Satz gesagt, der die Differenz relativ präzise beschreibt. Frau Beer hat gesagt:Wer mehr bezahlt, muss mehr Leistung erhalten.

Dieser Satz klingt gut, hat aber eine Tücke.Wenn man ihn umdreht,bedeutet er:Wer weniger bezahlt,erhält weniger Leistung. – In einer Gesellschaft, in der es bei der Zahlungsfähigkeit von Menschen Grenzen gibt,lautet das Urteil für einen Teil der Gesellschaft, dass er keine Leistung erhält. Genau das ist der Unterschied.

(Beifall bei der SPD – Norbert Kartmann (CDU): Muss aber nicht!)

Frau Beer, deswegen ist die Frage „Studiengebühren, ja oder nein?“ keine Frage eines bestimmten Modells.Wenn man ein festes Haus bauen will, sind einem alle Vorschläge dafür, wie man ein Zelt errichten kann, ziemlich gleichgültig. Sie schlagen vor, wie man sozusagen das Zelt „Armutsstudiengebühren“ ausbauen kann. Nein, es geht um ein festes Haus. Es geht darum, dass die Menschen, egal wie viel sie verdienen, in dieser Gesellschaft Lebenschancen haben. Lassen Sie uns doch darüber reden, dass in dieser Gesellschaft auch Menschen, die ein Einkommen haben, das weit unter dem Durchschnitt liegt, in der Lage sein müssen, zu studieren.

(Beifall bei der SPD – Dr.Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Das ist unabhängig davon!)

Das ist der Punkt, an dem ich gern die Frage nach der Leistungsgesellschaft stellen möchte. Die soziale Herkunft von Kindern ist nicht das Ergebnis ihrer Leistung, sondern sie ist das ihnen zugewachsene Schicksal.Wer sie in diesem Schicksal verharren lässt, der sorgt dafür, dass ein Aufstieg in dieser Gesellschaft nicht stattfindet, und er

beschädigt nach meiner Einschätzung die Menschenrechte dieser Jugendlichen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grumbach. – Jetzt hat Frau Beer, FDP-Fraktion, das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Kaufmann, Sie haben es regelrecht darauf angelegt, einen dazu zu reizen, hier noch einmal zu der Frage der Finanzierung das Wort zu ergreifen. Zu den Zahlen, die Sie hier vorgetragen haben, muss man sagen, dass dies für neu aufgelegte, langjährige Anleihen der Fall ist. Das beeinflusst die momentane Zinsgestaltung der Kredite, die dieses Land schon aufgenommen hat, mitnichten.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Wer sich mit den entsprechenden Hintergründen der Haushaltsaufstellung für das Jahr 2008 auseinandergesetzt hat, der weiß, dass die 20 Millionen c, die hier vorgesehen waren und die Sie jetzt zur Gegenfinanzierung benutzen wollen, dadurch zustande gekommen sind, dass der Finanzminister mit einer Umschichtung von 4 Milliarden c rechnet und in der Regel Pi mal Daumen bei einer Tranche von 500 Millionen c jeweils 5 Millionen c Finanzierungskosten für diesen Bereich anzusetzen sind. Von daher ist es völlig richtig,wenn der Kollege Blum hier gesagt hat: Das, was Sie als Gegenfinanzierung vorlegen, ist reine Spekulation.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Da es manchmal hier im Rund schwierig sein kann – Herr Kollege Al-Wazir, wahrscheinlich für Sie auch –, Zahlenspielchen nachzuvollziehen, die sich im Kommabereich entscheiden, zeige ich Ihnen diesen Verlauf der Zinskurven, Herr Kollege Kaufmann, liebe Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite dieses Hauses.

(Die Rednerin hält eine Unterlage hoch.)

Wenn Sie die Kurve des US-amerikanischen Raums mit der Eurokurve vergleichen, zeigt sich ganz deutlich, dass es trotz eines stetig abfallenden Zinsniveaus in den USA im Euroraum eine steigende und nachher gleichbleibende Zinskurve gibt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es geht doch um die Umlaufrendite!)

Lieber Tarek Al-Wazir, beim EZB-Leitzins liegen wir bei 4 %. Das Problem, das Sie mit Ihrer Finanzierung haben,

(Mathias Wagner (Taunus) und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben keines!)

ist doch auch,dass der Zinsschwankungsrahmen selbst bei den zehnjährigen Anleihen ganz gering zwischen 3,6 und 4,2 % liegt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber es wird gehen!)

Das hat doch etwas damit zu tun, dass unser Zinsniveau ein ganz anderes ist, dass es nämlich schon viel weiter unten ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, von daher ist der Spielraum nach unten, den Sie für Ihre Gegenfinanzierung bräuchten, nicht gegeben.

(Beifall bei der FDP)

Ein anderer Punkt, zu der Wortmeldung von Herrn Grumbach. Herr Grumbach, natürlich ist die FDP dafür – ich habe das ausführlich dargestellt –, dass jeder studieren können muss, egal welchen sozialen Hintergrund er hat, weil helle Köpfe nicht vom Portemonnaie abhängig sind. Genau deswegen haben wir uns so viel Mühe gegeben, dass unser Gesetzentwurf sozial ausgewogen ist. Genau deswegen zahlen Sie nicht, wenn Sie wirtschaftlich nicht leistungsfähig sind. Sie haben sogar das Versprechen, dass Sie selbst nach Abschluss des Studiums nicht zu zahlen brauchen, wenn Sie trotz ihres Abschlusses wirtschaftlich nicht leistungsfähig sind.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig!)

Eines muss auch gelten: Egal, welchen sozialen Hintergrund ich habe, ich kann leistungsfähig sein und später durch den Abschluss eines Studiums auch leistungsfähig werden. Genau in dem Moment sagen wir Ihnen: Es gibt eine Solidarität in dieser Gesellschaft. Die geht über den Abschluss des Studiums hinaus.

(Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Diese soll dann einsetzen, wenn man nach Berufsaufnahme wirtschaftlich leistungsfähig ist.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Das ist völlig unabhängig davon, welche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Sie hatten, als Sie das Studium aufgenommen haben.

(Petra Fuhrmann (SPD): Quatsch!)