Protocol of the Session on April 9, 2008

Es ist eine Wette auf die Frage, ob es auch im Euroraum zu Leitzinssenkungen kommen wird oder nicht.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Kaufmann, die Statistiken sprechen eindeutig dagegen. Sie mögen es glauben oder nicht – es ist an dieser Stelle einfach ein Faktum.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Deswegen sage ich Ihnen: Es ist und bleibt eine finanzpolitische Geisterfahrt, auf die Sie uns mitnehmen wollen. Den Weg müssen Sie allein gehen, das werden Sie am Ende allein zu verantworten haben.Es ist eigentlich schon ein bisschen ironisch, wenn ausgerechnet die hessische

Sozialdemokratie nun mit ihren Gegenfinanzierungskonzepten auf die internationale Finanzmarktkrise und damit auf das Leid von Hunderten und Abertausenden Immobilienbesitzern in den USA spekuliert, um ihre Wunschvorstellungen in diesem Hause durchzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Blum, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Ich komme sofort zum Schluss. – Am Ende des Tages werden sich Ihre Spekulationen als nicht nachhaltig erweisen. Wir werden gar nicht umhinkommen, unter Umständen eine höhere Verschuldung des Landes in Kauf zu nehmen. Sie bauen sich hier ein politisches Luftschloss, und Sie finanzieren und beleihen es mit einer Hypothek zulasten der künftigen Generation. Diesen Weg wird die FDP in diesem Hause heute, morgen und auch die ganze Legislaturperiode nicht mitgehen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Kollegin Sorge.

(Zurufe von der FDP: Jungfernrede!)

Herr Kollege Blum, ich will nicht so lange ausholen, weil das sozusagen Ihre Jungfernkurzintervention war. Ich kann Ihnen ganz einfach antworten: Schon jetzt sind die Zinsen niedriger, als im Haushalt veranschlagt. Das zeigt, wie realistisch unser Modell ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herzlichen Dank. – Für die Landesregierung Frau Staatsministerin Lautenschläger.

Silke Lautenschläger, Sozialministerin, zugleich mit der Leitung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst beauftragt:

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute wieder einmal über die Zukunftschancen von jungen Menschen und über die Frage,wie gute Ausbildung auch in Zukunft an den Universitäten und Fachhochschulen unseres Landes sichergestellt werden kann. Wenn wir uns die gesamte Diskussion über Studienbeiträge, die auch in den vergangenen Jahren eine große Rolle gespielt hat, anschauen, ist es schon noch einmal ganz wichtig, dass wir uns in Erinnerung rufen, welche Kraftanstrengungen die Landesregierung gemeinsam mit der CDU- und der FDPFraktion seit 1999 unternommen hat, um eine bessere Finanzierung der Hochschulen in Hessen sicherzustellen.

Diese Kraftanstrengungen haben in den vergangenen neun Jahren nie aufgehört.Es gab kontinuierlich eine bessere Ausstattung der Hochschulen. Trotzdem waren wir der Auffassung, dass wir mehr tun müssen, um die Bedingungen und Zukunftschancen derer zu verbessern, die in Hessen studieren und die für uns alle in Zukunft Geld verdienen und Steuern zahlen sollen, damit wir weiter Investitionen tätigen können, dass sie gute Studienbedingungen vorfinden, dass sie gut gefördert werden und dass die Hochschulen auch die Möglichkeit haben, im Wettbewerb mit anderen Bundesländern mitzuhalten.

Die Studienbedingungen stehen für mich nach wie vor im Mittelpunkt der Diskussion.Denn seit wir angefangen haben, über Studienbeiträge zu diskutieren, seit dem letzten Wintersemester, ist an den hessischen Hochschulen eine ganze Menge passiert. Auf der einen Seite sind entgegen allen Unkenrufen, die SPD und GRÜNE schon in der letzten Legislaturperiode erhoben haben, die Studierendenzahlen in Hessen trotz Studienbeiträgen nicht zurückgegangen. Auf der anderen Seite haben sich die Studienbedingungen schon im ersten Semester nach der Einführung ganz deutlich verbessert.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Dazu gehört vor allem das Thema „mehr Angebote durch neues, zusätzliches Personal“, nämlich unter dem Gesichtspunkt,dass schnelleres Studieren,überhaupt Studieren in der Regelstudienzeit bei einer vernünftigen Qualität noch besser möglich wird.Wenn man sich die Zahlen anschaut, wie die Ausstattung der Hochschulen ist, was wir in den vergangenen neun Jahren dort aufgestockt haben,ist unbestritten,dass es trotzdem dringend notwendig war, die Studienbedingungen weiter zu verbessern und hinzuschauen, was in den einzelnen Hochschulen passiert ist.

Ich will Ihnen einige Beispiele nennen von Dingen, die so vorher nicht möglich waren und zu denen ich vorher keine Finanzierungsvorschläge gehört habe. Die Hochschule Darmstadt hat Lehraufträge im Umfang von mehr als 13.000 Einzelstunden mit insgesamt 24 Lehraufträgen vergeben. Die TU Darmstadt hat seit Oktober 2007 21 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich eingestellt. Darüber hinaus hat sie für wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte Mittel aufgewendet. Die Fachhochschule Frankfurt hat 48 neue Lehraufträge vergeben, elf Vertretungsprofessuren eingesetzt und zwei Lehrkräfte für besondere Aufgaben vorgesehen. Die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt hat 83 Stellen geschaffen, die direkt der Lehre zuzuordnen sind. Allein dafür wurden knapp 2,2 Millionen c veranschlagt. Die Justus-Liebig-Universität Gießen hat zusätzliche neue Professorenstellen geschaffen, sechs Lehrkräfte für besondere Aufgaben eingestellt und sieben Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingerichtet. Die Universität Kassel hat im Wintersemester immerhin 17 zusätzliche Stellen geschaffen.

So könnte man es immer weiter fortsetzen, was alleine im Personalbereich an den verschiedenen Hochschulen im Wintersemester zusätzlich zur Verbesserung der Studienbedingungen geschaffen wurde. Das Thema Ausstattung der Hochschulen gehört auch dazu. Es geht nicht nur um Lehrpersonal, sondern auch um Bibliotheken, Öffnungszeiten, PC-Ausstattung und Beratung von Studierenden. Die Universitäten und Fachhochschulen haben das in ganz unterschiedlicher Art und Weise aufgenommen und Verbesserungen für die Studierenden erreicht. Die Lan

desregierung wird darauf pochen, dass dies auch in Zukunft sichergestellt bleibt.

Das eine, über das wir auch heute mit dem Gesetzentwurf von SPD und den GRÜNEN diskutieren, ist die Frage, wie man es im Wintersemester schafft, die rund 28 Millionen c gegenzufinanzieren. Das ist ein Punkt. Zu einer soliden Finanzierung gehört aber nicht nur die Frage, ob dies mit der Verzinsung geht. Bei den Gesprächen, die im Finanzministerium geführt wurden, wurde zugesichert, dass sich die Landesregierung konstruktiv beteiligt. Wir wollen dafür sorgen, dass es seriöse Deckungsvorschläge gibt. Diese Deckungsvorschläge müssen auch Art. 142 der Hessischen Verfassung entsprechen. Darüber wird es noch weitere Diskussionen geben.

Es gehört dazu, wenn wir über solide Finanzierung sprechen, dass sie jährlich gegeben ist.

(Gernot Grumbach (SPD): So wie bei HEUREKA!)

Wir sprechen über 52 Millionen c pro Semester, das sind nach Adam Riese 104 Millionen c pro Jahr.Dieser Betrag setzt eine konstant bleibende Studierendenzahl voraus. So haben Sie die Zahl in Ihrem Gesetzentwurf festgeschrieben. Sie müssen sich schon entscheiden, Herr Kollege Siebel, Frau Kollegin Sorge, ob Sie darüber reden – wie Sie es gerade von diesem Pult aus getan haben –, weiter die Studierendenzahl steigern zu wollen. Das wollen wir auch. Das ist auch festgeschrieben zwischen Bund und Ländern. Das bedeutet aber auch, dass wir die 52 Millionen c so nicht festschreiben können, sonst sinkt natürlich die Ausstattung pro Studierenden weiter. So können Sie die Studienbedingungen nicht weiter verbessern. Das heißt, dass es automatisch wieder größere Gruppen geben muss und die Dinge eben nicht so bleiben, wie sie heute sind. Das gehört zu einer soliden und seriösen Finanzierung mit dazu.

(Beifall bei der CDU – Reinhard Kahl (SPD): Wo ist das Problem? Wir haben es doch erklärt!)

Es darf keinen ungedeckten Wechsel auf die Zukunft geben.Da sind wir uns zumindest einig,dass es um Zukunftschancen junger Menschen geht.

(Zuruf des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Diese Menschen brauchen eine gute Ausbildung, gute Studienbedingungen. Wir müssen uns gemeinsam darum kümmern, die Studierendenzahlen zu erhöhen. Dann reichen aber 52 Millionen c pro Semester schon nicht mehr aus.

Ich gebe zu, es erschließt sich mir nicht, warum Sie jetzt auch die Studienbeiträge für die Langzeitstudierenden abschaffen wollen. Dabei handelt es sich um Symbolpolitik. Das hat nichts mehr mit Sachpolitik zu tun, wenn Sie alles abschaffen wollen.Wir wollen den Mechanismus beibehalten, dass gute Studienbedingungen dazu beitragen, dass man sein Studium in der Regelstudienzeit durchführen kann und dass die Studienordnung eingehalten wird. Wir sagen aber auch, wer Jobtickets ausnutzt, wer soziale Sicherungssysteme ausnutzt, ist nicht an guten Studienbedingungen interessiert. Es gab eine große Anzahl von Studierenden, die sich daraufhin abgemeldet haben. Hier muss eine Begrenzung vorgenommen werden. Die Wahrheit bleibt doch, wenn wir aus Steuermitteln die Hochschule finanzieren,dürfen wir nicht denjenigen,die das Finanzieren schuldig sind, zumuten, diejenigen, die als Langzeitstudierende das System ausnutzen, mitzufinanzieren.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Dorothea Henz- ler (FDP))

Ich halte es auch für wichtig, dass wir uns darüber einig sind, dass einmalige Investitionen oder Investitionen, die über einige Jahre geplant sind, wie das HEUREKA-Programm, keinerlei Gegenfinanzierung für das Thema Studienbeiträge sicherstellen können.

(Gernot Grumbach (SPD): Das hat auch keiner gesagt!)

Ich will das nur in den Raum stellen, darüber sollten wir uns dann einig sein. Für die Universitäten ist es genauso wichtig, dass das HEUREKA-Programm fortgeführt wird, damit insgesamt die Bedingungen verbessert werden. Einmalige Investitionen, auch an anderen Stellen, ersetzen keine Dauerfinanzierung der Hochschulen. Es muss ganz klar sichergestellt werden, dass es keine ungedeckten Wechsel auf die Zukunft gibt.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich ganz klar darüber freuen, wenn wir in die Anhörung gehen und alle Kraft gemeinsam darauf verwenden, zu prüfen, wie wir die verschiedenen Zielsetzungen, die in diesem Haus vorhanden sind, zusammenführen können. Bei einer Zielsetzung sind wir uns einig: Wir brauchen gute Studienbedingungen für diejenigen, die an den Hochschulen in Hessen tätig sind.Wir müssen schauen, wie wir das am besten umsetzen können, damit es allen gerecht wird. Da bin ich durchaus diskussionsbereit. Wir müssen es noch besser hinbekommen,dass Menschen auch keine Angst mehr davor haben, ein Darlehen aufzunehmen, das sie tatsächlich erst dann zurückzahlen müssen, wenn sie Geld verdienen. Dabei werden Familien mit Kindern berücksichtigt.

Wir sollten lieber darüber diskutieren,wie wir es schaffen, noch mehr Ängste abzubauen. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn Sie mit uns den Weg gehen, den die GRÜNEN-Politikerin aus Hamburg, Frau Hajduk, vorgeschlagen hat:Wir haben uns intensiv damit befasst, dass es wegen der Studienbeiträge keine Abschreckungswirkung mehr gibt und somit keine Angst vor übermäßiger Verschuldung.

Ich kann es nachvollziehen, dass wir uns darum bemühen müssen. Die spannende Frage dabei ist und bleibt doch, was daran gerecht ist. Natürlich finanziert die Krankenschwester heute auch die Hochschulen. Natürlich haben wir viele Ausbildungsberufe, bei denen derjenige, der eine Ausbildung beginnt,das Geld für die Ausbildung noch selber mitbringen muss. Er hat dann nach der Ausbildung meistens nicht die Chance, so gut zu verdienen wie der Hochschulabgänger. Es ist durchaus aller Anstrengung in diesem Haus wert, auch diese unterschiedlichen Voraussetzungen zu prüfen und zu überprüfen, ob die Höhe der Rückzahlung von Studiengebühren richtig angesetzt ist. Wir müssen auch über die Frage der Nachlagerung sprechen. Wir sollten aber nicht gleich sagen, mit dem Abschaffen der Studiengebühren haben wir es geschafft. Das Abschaffen setzt voraus, dass wir jährlich mindestens 104 Millionen c zur Verfügung stellen und keine einmaligen Streichungen vornehmen und keine ungedeckten Wechsel auf die Zukunft geben.

Ich will noch ganz konkret einige wenige Punkte zum vorliegenden Gesetzentwurf von SPD und GRÜNEN sagen, über den wir uns in der Anhörung auch noch intensiv auseinandersetzen werden. Wir hatten im jetzigen Studienbeitragsgesetz eine Garantie, eine Geld-zurück-Garantie,

die mit einem Rechtsanspruch verbunden ist, die es sicherstellt, dass es während der Studienzeit ordentliche Bedingungen gibt.

Sie haben dort eine sehr komplizierte Kannregelung aufgenommen. Sie ist kompliziert, bürokratisch, und sie dient vor allem nicht dazu, dass die Studierenden weiterhin einen Rechtsanspruch darauf haben, dass das, was in der Studienordnung steht, tatsächlich umgesetzt wird. Wenn zwei Jahre später dort irgendetwas verbessert wird, kommt es jedenfalls nicht den Studierenden zugute.

Wir sollten uns auch gemeinsam anschauen, was für einen Verteilungsmechanismus Sie dort vorgesehen haben. Das, was Sie bisher unternommen haben, nämlich eine Stichtagsregelung einzuführen, bringt zumindest nach unseren ersten überschlägigen Berechnungen große Verwerfungen zwischen den hessischen Hochschulen mit sich. Auf ein Jahr gerechnet mag das vielleicht anders aussehen; aber wenn der Stichtag eingeführt wird, den Sie vorgesehen haben, heißt das, dass bereits im Wintersemester die Uni in Gießen mit über 380.000 c und die Uni in Kassel mit über 260.000 c zu den Verlierern des neuen Systems gehören werden.

Auch wenn Sie eine andere Auffassung als wir vertreten, sollten Sie zumindest darauf achten, dass das überhaupt möglich ist und dass es nicht gleich zu einer großen Verwerfung in der hessischen Hochschullandschaft kommt. Vor allem sollten Sie darauf achten, wie die Studierendenzahlen verteilt sind, und das Ganze nicht nur für ein Wintersemester berechnen, sondern es sich genau anschauen.

(Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Herr Kollege Dr. Spies, für die Studienbedingungen spielt all das eine große Rolle, wenn man mit einem kontinuierlichen Einsatz von Personal plant.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Dr. Spies, wenn Sie das nicht so sehen, können Sie es den Studierenden erklären. Ich halte es weiterhin für wichtig, die Existenz der Tutorien und der kleineren Gruppen, die dort eingeführt wurden und die es auf Dauer zu verbessern gilt, auch in Zukunft sicherzustellen.

(Beifall bei der CDU)