Protocol of the Session on January 24, 2019

Erstens: Welche Auswirkungen hat das am 9. November 2018 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals, PflegepersonalStärkungsgesetz – PpSG, auf die Situation im Pflegebereich im Land Bremen, und wie bewertet der Senat den Umstand, dass Hebammen und Therapieberufe nicht einbezogen wurden?

Zweitens: Stehen in Bremen genügend ausgebildete Pflegekräfte für die Besetzung der zusätzlichen Pflegestellen ab 2019 zur Verfügung, und wie geht der Senat vor, wenn das Pflegepersonal dafür nicht in ausreichender Anzahl vorhanden ist?

Drittens: Wie bewertet der Senat vor dem Hintergrund des beschlossenen PpSG die vorhandene Anzahl der Pflegeausbildungsplätze im Land Bremen, und mit welchen Mitteln kann der Senat die Attraktivität der Ausbildungen im Pflegebereich steigern?

Auch diese Anfrage wird beantwortet von Frau Senatorin Professor Dr. QuanteBrandt.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Das Pflegepersonalstärkungsgesetz sieht bundesweit insbesondere folgende Neuregelungen ab dem 1. Januar 2019 vor:

Die Schaffung von bundesweit 13 000 zusätzlichen Stellen in der Altenpflege. Im Bereich der Krankenhauspflege soll jede zusätzliche oder aufgestockte Pflegestelle am Krankenhausbett vollständig refinanziert werden.

Die Vergütung von Auszubildenden in der Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Krankenpflegehilfe werden im ersten Jahr der Ausbildung vollständig refinanziert, und der Krankenhausstrukturfonds wird für vier Jahre mit einer Milliarde Euro jährlich fortgesetzt.

Insbesondere die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen zum 1. Januar 2019 – zunächst für die Intensivmedizin, Geriatrie, Unfallchirurgie und Kardiologie – sorgt verstärkt für verbindliche Personalstandards in der Pflege im Krankenhaus. Zum 1. Januar 2020 sollen Standards für die Herzchirurgie und die Neurologie folgen sowie Untergrenzen für weitere Krankenhausbereiche mit Wirkung zum 1. Januar 2021 durch die Selbstverwaltungspartner festgelegt werden. Begleitet wird diese Maßnahme ab 2020 durch entsprechende Vorgaben für die gesamte Pflege im Krankenhaus, den sogenannten Pflegepersonalquotienten.

(Vizepräsidentin Dogan übernimmt den Vorsitz.)

Die Schaffung der zusätzlichen Stellen im Bereich der Altenpflege ist an bestimmte Voraussetzungen

geknüpft wie zum Beispiel, dass die Pflegeeinrichtung über neu eingestelltes Pflegefachpersonal beziehungsweise über eine Stellenaufstockung verfügt. Zusätzlich gibt es Begrenzungen bezüglich der Einrichtungsgröße. Für das Land Bremen wären nach Auskunft der Pflegekassen bis zu 115 zusätzliche Stellen möglich.

Über den Krankenhausstrukturfonds können im Zeitraum 2019 bis 2022 circa fünf Millionen Euro pro Jahr aus dem Gesundheitsfonds nach Bremen fließen. Sofern das Land Bremen gegebenenfalls unter 50-prozentiger Beteiligung der Träger der zu fördernden Einrichtungen eine Kofinanzierung in Höhe von ebenfalls circa fünf Millionen Euro pro Jahr bereitstellt. Folglich würden in den nächsten Jahren insgesamt rund 40 Millionen Euro für die strukturelle Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung zur Verfügung stehen.

Im Bundesrat haben sich die Länder – unter anderem Bremen – für eine Erweiterung des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes auf die Berufsgruppe Hebammen und Entbindungspfleger eingesetzt. Eine ähnliche Forderung formulierte auch der Hebammenverband des Bundes. Der Senat bedauert, dass diese Berufsgruppen im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz nicht berücksichtigt worden sind. Das Bundesgesundheitsministerium veröffentlichte Anfang Januar ein Eckpunktepapier zur Stärkung der Geburtshilfe. Der Senat begrüßt, dass das BMG die Stärkung der Geburtshilfe aufgreift und erwartet, dass der Punkt Hebammenpersonalstärkung analog der Pflege stringent weiterverfolgt wird.

Um der Personalnot bei den Hebammen und Entbindungspflegern im Land Bremen zu begegnen, wird es in 2019 einen zusätzlichen Kurs an der Hebammenschule in Bremerhaven geben.

Ab dem Wintersemester 2020/2021 implementiert die Hochschule Bremen einen Bachelorstudiengang. Mit den ersten Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs können pro Jahr 20 Hebammen und Entbindungspfleger den Abschluss erlangen. Damit werden im Land Bremen dreimal so viele Hebammen und Entbindungspfleger wie bisher ausgebildet.

Im Bundesrat hat sich Bremen gemeinsam mit Hamburg und anderen Ländern dafür ausgesprochen, dass zusätzlich zu den Personaluntergrenzen ein zweites Maß für die tatsächlichen Personalbedarfe gesetzlich festgelegt werden sollte.

Die Fragen zwei und drei werden gemeinsam beantwortet: Laut des Gesundheitsberufe-Monitorings vom SOCIUM aus dem Jahr 2017 ist für die Gesundheits- und Krankenpflege eine Fachkräftelücke für das Jahr 2020 von 699 Vollzeitkräften prognostiziert. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, werden derzeit auf Bundes- wie auf Landesebene unterschiedliche Maßnahmen verfolgt.

Aktuell gehören dazu vier große Themenbereiche:

Erstens: Die Erhöhung der Ausbildungszahlen im Krankenpflegebereich. Auch in der zurzeit laufenden Bundesinitiative Konzertierte Aktion Pflege setzt sich der Senat für eine Ausweitung der Ausbildungsplätze ein.

Zweitens: Eine Weiterentwicklung der Ausbildungswege in der Pflege. Dafür wird mit allen Pflegeschulen im Land Bremen ein einheitliches Curriculum, für die Theorie-Ausbildung der ab 2020 neuen Ausbildung zur Pflegefachfrau beziehungsweise zum Pflegefachmann, abgestimmt und verbindlich umgesetzt. Des Weiteren plant die Hochschule Bremen ab dem Wintersemester 2019/2020 einen primärqualifizierenden Studiengang mit jährlich 40 Studienplätzen.

Drittens: Eine weitere Verbesserung der Rahmen- und Arbeitsbedingungen im Pflegebereich. Schon seit einigen Jahren ist die Bremer Pflegeinitiative, BPI, gegen den Fachkräftemangel über die Frage der Verbesserung der Rahmenbedingungen in Gesprächen mit den Trägern.

Viertens: Eine intensive Werbung für das Berufsbild. Sowohl auf der Landes- als auch auf der Bundesebene erfolgen entsprechende Vorbereitungen. Aktuell wird von der BPI eine Werbekampagne geplant, die noch im Frühjahr 2019 starten soll.

Auf Bundesebene sind ebenfalls Aktivitäten zur Bewerbung der Pflegeausbildung initiiert worden, die die Länder unterstützen. Hier gibt es im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege eine Vielzahl von Vorschlägen, die kurzfristig umgesetzt werden sollen. So soll beispielsweise unter pflegeausbildung.net ein umfangreiches Informationsportal entstehen.

Insgesamt ist das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz zu begrüßen. Die Effekte, die sich daraus für das Land Bremen ergeben, werden zeitversetzt zu ermitteln sein. Im Zusammenspiel mit den oben beschriebenen weiteren Maßnahmen ist ein erster Schritt zur Schließung der Fachkräftelücke getan.

Darüber hinaus sind weitere Anstrengungen notwendig, die der Senat auch ergreifen wird. So plant der Senat die Einrichtung einer Expertinnen- und Expertenkommission, aus der Vorschläge für Initiativen auf Bundesebene erarbeitet werden sollen mit dem Ziel, die Pflege weiter zu stärken. Dazu gehört auch die gesetzliche Verankerung der Personalbedarfe in der Pflege auf Bundesebene. – So weit die Antwort des Senats!

Herr Bensch, Sie haben eine Zusatzfrage, bitte sehr!

Mit Rücksicht auf die übrigen Fragesteller, die gleich auch noch Zeit haben sollen: Frau Senatorin, wären Sie bereit, uns für die März-Sitzung der Gesundheitsdeputation die Antworten zu diesen Fragen aus der Fragestunde, die ja den Charakter einer Kleinen Anfrage haben, als Bericht vorzulegen? Ich glaube, das Thema ist so wichtig, dass wir in der Gesundheitsdeputation noch einmal darüber sprechen sollten.

Sehr gern!

Frau Senatorin, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die vierte Anfrage betrifft die rechtliche Aufarbeitung von Missbrauch durch Geistliche in Bremen. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Möhle, Tschöpe und Fraktion der SPD.

Bitte schön, Herr Kollege Tschöpe!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wurde im Rahmen der öffentlich angekündigten Erstattung von Anzeigen durch sechs renommierte Juraprofessoren Ende Oktober, wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern und des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in allen 27 Diözesen, auch bei der Staatsanwaltschaft Bremen eine Anzeige anhängig gemacht?

Zweitens: Sofern keine Anzeige eingegangen ist, wie wird eine Bearbeitung bei Anzeigen, die Vorgänge in den Bistümern Hildesheim und Osnabrück betreffen, deren Tatort aber im Land Bremen ist, sichergestellt?

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Ehmke.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Bis zum Stichtag 10. Januar 2019 sind bei der Staatsanwaltschaft Bremen noch keine einschlägigen Ermittlungsverfahren zur Übernahme eingegangen.

Zu Frage zwei: Die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte haben sich darauf verständigt, dass die für den Sitz der jeweiligen Diözese zuständige Generalstaatsanwaltschaft beziehungsweise Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt, wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern und gegebenenfalls auch der versuchten Strafvereitelung einzuleiten ist. Sofern sich nach Herausgabe und Auswertung der Unterlagen eine für den Geschäftsbereich der Staatsanwaltschaft Bremen bestehende Tatortzuständigkeit ergeben sollte, werden die für die Diözesen Osnabrück und Hildesheim zuständigen Staatsanwaltschaften das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Bremen abgeben.– So weit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr, Herr Tschöpe!

Herr Staatsrat, die Frage rekurriert ja auf die, durch die katholische Kirche selbst durchgeführte Untersuchung zu Missbrauchsfällen. Nun ist das Thema – Sexueller Missbrauch durch geistliche Bezugspersonen – ja seit dem Jahr 2010, seit den Vorfällen im Canisius Kolleg in Berlin, Gegenstand öffentlicher Erörterung. Hat es in diesem Zusammenhang, jenseits der jetzt durchgeführten Selbstuntersuchung der katholischen Kirche, Anzeigen oder Strafverfahren in Bremen gegen Geistliche der katholischen oder der evangelischen Kirche gegeben?

Soweit mir das bekannt ist, nicht. Ich kann das aber nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Würden Sie für den Fall, dass die Recherchen ein anderes Ergebnis zeitigen, den Rechtsausschuss entsprechend informieren?

Ich werde meinen Kollegen bitten, das zu tun.

Eine weitere Zusatzfrage durch den Abgeordneten Hinners. – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, wie bewerten Sie die Tatsache, dass die katholische Kirche zwar angeblich eine sehr umfangreiche Untersuchung durchgeführt hat, aber Teile des Ergebnisses dieser Untersuchung nicht veröffentlicht?

Ich kenne weder die Untersuchung im Detail, noch insbesondere den nicht veröffentlichten Teil und kann deshalb auch nur eingeschränkt dazu Stellung nehmen. Ich will das vielleicht abstrakter formulieren: Ich glaube, dass, wenn man als Zeichen von Transparenz einen sicherlich auch schmerzhaften Prozess der Selbstüberprüfung durchzieht und dann zu einem Ergebnis kommt, es dann diesen Eindruck von Transparenz stärkt, wenn man mit dem Ergebnis auch tatsächlich transparent umgeht –

(Beifall SPD)

und es allen Betroffenen, der Öffentlichkeit umfassend zur Verfügung stellt. Ich weiß allerdings nicht, welche Erwägungen dazu geführt haben, bestimmte Informationen nicht zu veröffentlichen, vielleicht gibt es dafür auch Rechtsgründe. Ich glaube, für den äußeren Eindruck ist es immer besser, dass man hinterher auch allen mitteilt, was man herausgefunden hat, wenn man ankündigt: Ich schaue mir etwas ganz genau an und mache mir ein Bild, weil es ein wichtiges Thema ist, das alle etwas angeht. Das ist sicherlich auch im Interesse derer, die diese Untersuchung durchgeführt haben.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage, Herr Hinners? – Bitte sehr!