Herr Staatsrat, Sie sind ja selbst Jurist. Hätten Sie die Möglichkeit gesehen, einen Durchsuchungsbeschluss gegen die katholische Kirche erwirken zu können, um, als Staat, an diese nicht veröffentlichten Teile der Untersuchung zu gelangen?
Das kommt darauf an, ob ich davon ausgehe, dass in diesem Bereich Erkenntnisse über Straftaten vorliegen, die nicht zur Anzeige gebracht sind und das soweit konkretisieren kann, dass es am Ende für einen Durchsuchungsbeschluss ausreicht. Das kann ich ohne Tatsachenkenntnis schlicht und ergreifend nicht beurteilen. Wir haben auch keine allgemeine Anzeigenpflicht, deshalb ist es durchaus so, dass bestimmte Er
kenntnisse über Straftaten, selbst wenn sie vorhanden sind, nicht zwingend weitergegeben werden müssen. Unabhängig davon, kann man natürlich die moralische Erwartung haben, dass das, insbesondere bei einem Aufarbeitungsprozess, erfolgt.
Ich gestehe aber, ich bin in dieser Thematik, die ich hier vertretungsweise beantworte, nicht ausreichend informiert, um zu beurteilen, ob zumindest sichergestellt ist, dass alle für ein Strafverfahren relevanten Informationen entweder veröffentlicht oder aber den Ermittlungsbehörden zugeliefert worden sind. Ich würde im Übrigen sogar akzeptieren, wenn man sagt, bestimmte Informationen, werde man vor einer Veröffentlichung zunächst Polizei und Staatsanwaltschaft übergeben. Es können ja durchaus auch Informationen sein, bei denen es im Interesse des Ermittlungsverfahrens ist, diese nicht erst zu veröffentlichen und hinterher weiterzugeben. Insofern wäre auch das im Übrigen ein Grund, aus dem ich akzeptieren würde, dass man bestimmte Informationen, zumindest derzeit, noch nicht veröffentlicht, sondern erst, nachdem sie einer Prüfung durch die Strafverfolgungsbehörden unterzogen worden sind.
Bevor ich zu der nächsten Anfrage komme, möchte ich auf der Besuchertribüne recht herzlich einen Orientierungskurs des Paritätischen Bildungswerkes Bremen und die Ausbildungsklasse „Industriemechaniker 17-1“ der Beruflichen Schule für Technik in Bremerhaven begrüßen.
Die fünfte Anfrage steht unter dem Betreff „Erfolgreiche Bekämpfung der Konzentration von Spielcasinos und Wettbüros?“. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Frau Grotheer, Senkal, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Erstens: Hat der Senat die im Koalitionsvertrag geplante ressortübergreifende Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Ressorts Bau, Wirtschaft, Inneres
und Finanzen zur Bekämpfung der örtlichen Konzentration von Spielhallen und Wettbüros in besonders belasteten Stadtteilen eingesetzt?
Zweitens: Wie viele Wettbüros oder Spielhallen konnten durch diese Zusammenarbeit tatsächlich geschlossen werden?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Die Senatsressorts ergreifen im Rahmen ihrer konkreten Zuständigkeiten verschiedene Maßnahmen, die einer Konzentration von Spielhallen und Wettbüros in den besonders belasteten Stadtteilen entgegenwirken. Die Einrichtung einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe ist derzeit nicht erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen. Die Maßnahmen erfolgen in enger Abstimmung.
Zu Fragen zwei und drei: Baurechtlich sind Spielhallen und Wettbüros in der Regel Vergnügungsstätten und als solche in bestimmten Baugebieten zulässig. Sie können mit planungsrechtlichen Mitteln ausgeschlossen werden, wenn und soweit dafür im konkreten Gebiet städtebauliche Gründe vorliegen. Von dieser Möglichkeit macht der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr restriktiv Gebrauch und hat entsprechende Nutzungen in zahlreichen Bebauungsplänen ausgeschlossen, zum Beispiel für den Bereich entlang der Osterholzer Heerstraße, die Ortsmitte von Kirchhuchting sowie den Zentralbereich von Vegesack. Gleiche Ziele werden durch die bauaufsichtliche Praxis verfolgt. Beispielhaft wurden allein in Huchting 2017 vier Umnutzungsanträge für Spielhallen abgelehnt, und an der Gröpelinger Heerstraße mussten vier Wettbüros 2018 schließen. Eine Gesamtübersicht liegt nicht vor, da Ablehnungen und Nutzungsuntersagungen nicht speziell für diese Fallgruppe erfasst werden.
Nach dem Bremischen Spielhallengesetz ist vom Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen über notwendig gewordene Neuanträge für die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle entschieden worden. Es wurden 95 Erlaubnisse erteilt; 32 Anträge wur
den wegen fehlender Zuverlässigkeit der Betreiberinnen und Betreiber oder Nichteinhaltung des Mindestabstands zu anderen Spielhallen abgelehnt. Die Spielhallen, für die keine Erlaubnis erteilt wurde, verteilen sich über das ganze Stadtgebiet, wobei die Stadtteile Gröpelingen mit sechs, Neustadt mit fünf und Mitte mit vier Standorten vertreten sind.
Eine Schließung derzeitig noch betriebener Spielhallen ist abhängig vom Ausgang der anhängigen Rechtsmittelverfahren.
Da aufgrund von entgegenstehenden Gerichtsentscheidungen in Hessen noch keine der 20 Sportwettkonzessionen erteilt wurde, konnten bisher auch für stationäre Sportwettbüros in Bremen vom Senator für Inneres noch keine Erlaubnisse erteilt werden. Ebenso kann derzeit das als Erlaubnisvoraussetzung ausgestaltete Abstandsgebot nicht durchgesetzt werden. Glücksspielrechtlich wird so vorgegangen, dass insbesondere Verstöße gegen den Jugendschutz und gegen das Trennungsgebot von Sportwetten und Spielhallen sowie gegen das Verbot von Live-Ereigniswetten – wie zum Beispiel die Wette auf das nächste Tor oder die Wette auf die nächste gelbe Karte – ordnungsrechtlich verfolgt, mit Bußgeldern geahndet und mit Untersagungsverfügungen verboten werden. – So weit die Antwort des Senats!
Herr Staatsrat, ist es denn so, dass auf Arbeitsebene wenigstens ein regelmäßiger Austausch über Erkenntnisse, Maßnahmen und Erfolge in diesem Bereich stattfindet, sodass auch die entsprechenden Stellen bei Wirtschaft, Inneres, Bau und Finanzen jeweils von den anderen erfahren, wenn an anderer Stelle Maßnahmen erfolgen?
Das ist ein wichtiger Punkt, den Sie ansprechen. Die Frage lautete ja, ob diese konkrete Arbeitsgruppe, wie sie im Koalitionsvertrag vorgesehen war, ob die eingerichtet worden ist. Die ist nicht eingerichtet worden, weil aus dem regelmäßigen Austausch, aus dem regelmäßigen Zusammentreffen, den es immer wieder gibt, um diese unterschiedlichen Belange, die rund um das Thema Glücksspiel eine Rolle spielen, um die bewerten zu können und auch tatsächlich in eine geordnete Form zu bringen – –. Deswegen bleibt es nicht aus, dass man sich darüber auch austauschen muss, wie geht man dort beispielsweise vor – auch
gerade bei der Kontrolle von einzelnen Glücksspielstätten, wo man natürlich auch im Austausch mit den anderen Kollegen ist, weil es so unterschiedliche Zuständigkeiten gibt, dass es sinnvoll ist, dort auch gemeinsam vorzugehen und beispielsweise gemeinsam einzelne Einrichtungen aufzusuchen.
Herr Staatsrat, Sie sind in den Antworten zu den Fragen zwei und drei ausschließlich auf stadtbremisches Gebiet eingegangen. Wie stellt sich denn die Situation in Bremerhaven dar?
Das werde ich gern tun. Es ist schlichtweg dem Umstand geschuldet, dass wir tatsächlich so unterschiedliche und so komplexe Vorgaben haben, dass wir hier eine sehr starke Mischung von kommunalen und Landesaufgaben haben. Deswegen kann ich Ihnen das aus dem Stegreif tatsächlich nicht beantworten, aber das werde ich selbstverständlich gern nachreichen.
Herr Staatsrat, können Sie bisher einen regulatorischen Effekt erkennen, der von der beschlossen Wettbürosteuer ausgeht?
Ich möchte es einmal so sagen: Die Antwort des Senats ist auch deswegen recht komplex, um nicht zu sagen kompliziert, ausgefallen, weil wir so unterschiedliche und ausgesprochen komplizierte Regelungswerke haben. Wir haben den Glücksspielstaatsvertrag, der zwischen allen Ländern verabredet worden ist, der sein eigentliches Leben nach wie vor nicht wirklich entfalten kann, weil auch hier die Konzession sehr unterschiedlich rechtlich bewertet wird. Deswegen ist die große Frage, wie geht man regulatorisch damit um.
Ich hatte gerade ausgeführt, dass wir einen Teil der Untersagungen selbstverständlich vornehmen. Die werden alle sofort beklagt, vor dem Hintergrund, dass es sich um einen ausgeübten Gewerbebetrieb handelt. Es ist auch legitim, Geld verdienen zu wollen, aber dort ist auch viel Geld zu verdienen. Insofern stellt sich immer die Frage, was wirkt denn eigentlich tatsächlich. Solange wir diese Grundregelung aus dem Glücksspielstaatsvertrag in der Form noch nicht haben, ist es natürlich so, dass man auch regelmäßig überprüfen muss, ob beispielsweise das Trennungsverbot eingehalten wird. Dadurch gibt es häufiger Hausbesuche. Möglicherweise haben auch diese Hausbesuche eine solche regulatorische Wirkung.
Allein auf die Steuer abzustellen, das vermag ich nicht wirklich zu beurteilen, weil ich dazu die Zahlenreihen nicht hinreichend genug kenne. Am Ende wird es aber darum gehen, dass mit einem Mix von vielfältigen Maßnahmen das eigentliche Ansinnen erreicht wird, nämlich dem Missbrauch vorzubeugen und vor allem das Suchtverhalten deutlich einzudämmen. Das ist unser Ziel. Das wollen wir im Blick haben, deswegen auch diese unterschiedlichen Maßnahmen.
Herr Staatsrat, was geschieht im Bereich der Prävention? Insbesondere junge Menschen, vor allem Jugendliche in gewissen Stadtteilen – ich möchte jetzt keine ganz konkreten nennen – suchen insbesondere gerade nach Schulschluss oder in ihrer Freizeit solche Einrichtungen auf. Reicht das aus, was zum Beispiel die Spielwettbetriebe an Prävention leisten? Was leistet der Senat in dem Bereich?
Ich bin sehr dankbar für die Frage, weil das ein Bereich ist, in dem man immer fragen muss: Kann man gerade im Bereich Suchtprävention jemals genug tun oder nicht genug tun? Die Frage stellt sich beispielsweise genauso beim Rauchen oder Alkoholkonsum. Ich persönlich würde sagen, dass die Ambitionen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hoch anzurechnen sind. Ob deren Werbemaßnahmen allein ausreichend sind, vermag ich gar nicht abschließend zu beurteilen. Wichtig ist aber, dass es trotzdem solche Einrichtungen gibt, dass man in den Städten mit Großplakaten dafür sensibilisiert, dass das selbstverständlich auch in den Schulen regel
mäßig ein Thema ist, dass wir natürlich auch senatsseitig in der Jugend- und Sozialarbeit immer darauf drängen, dass Informationen in den jeweiligen Stadtteilen, in den jeweiligen Einrichtungen vorgehalten werden, um entsprechend zu sensibilisieren. Aus meiner Sicht gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Ob die jeweils wirklich ausreichend sind, das wird man wahrscheinlich nur dann tatsächlich mit Ja beantworten können, wenn kein einziges Suchtpotenzial mehr besteht.
Herr Staatsrat, ich würde das gern noch einmal als Frage formulieren und an einem Beispiel verdeutlichen. Es gibt in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs einige Wettbüros mit einer bestimmten Größe. Wenn man dort vorbeigeht, gerade an den Wochenenden, wird man feststellen, dass etliche junge Menschen dort sitzen, Fußball schauen, zu sehr günstigen Preisen Tee und Kaffee verzehren und man sicherlich davon ausgehen kann, dass sie auch Wetten platzieren. Insbesondere sind das junge Menschen. Darunter sind sehr viele Geflüchtete. Da ich zweifle, würde ich es gern als Frage formulieren: Zweifeln Sie nicht auch daran, dass die Kampagnen im Rahmen der Prävention durch die bundesgesetzlichen Vorgaben, aber auch durch die Wettanbieter selbst diese Zielgruppe eigentlich gar nicht erreichen?
Ich würde nicht sagen, dass wir sie gar nicht erreichen. Dann wäre ja wirklich alles vergebens, was man dort unternimmt. Dass man sie vielleicht nicht ausreichend erreicht, will ich einräumen. Ich möchte deswegen ausdrücklich noch einmal betonen, dass die Kontrollmechanismen, die vorgesehen sind, hier durchaus auch ausgeübt werden. Es gibt also regelmäßig Hausbesuche. Selbstverständlich wird darauf geachtet, dass Minderjährige sich dort nicht aufhalten dürfen. Ich hatte gerade darauf hingewiesen, dass es sich um eingerichtete Gewerbebetriebe handelt. Wir werden sicherlich auch dort, das was zulässig ist, zulässig sein lassen müssen. Dennoch kann man und muss man auf die Gefährdung hinweisen. Auch die Sportwettanbieter selbst sind zu ihren Warnhinweisen gesetzlich verpflichtet. So, wie wir das beurteilen, halten sie sich auch daran. Ob man diese Regelungen bundesgesetzlich verschärft, sodass dort, ähnlich wie bei Tabakwerbung beispielsweise, noch deutlichere Hinweise zu finden sind, das kann man gern diskutieren. Da bin ich sofort bei Ihnen.
Herr Staatsrat, das, was Sie gerade gesagt haben, möchte ich noch einmal aufgreifen. Bei den genehmigten Spielkasinos, Wettbüros und so weiter, haben Sie deutlich gemacht, gibt es Warnhinweise. Wenn diese nun geschlossen werden, besteht dann nicht die Gefahr, dass die Anbieter ihre Geschäfte in der Illegalität weiterführen?
Die Gefahr werde ich nicht ausschließen können, dass so etwas passiert. Aber was wir damit zumindest erreichen, ist, dass zumindest das offensive Bekanntsein dessen, hier ist eine Spielstätte, in der ich dem Glücksspiel nachgehen kann, damit ein Ende findet. Dass diese Stätte verschwindet, finde ich, ist schon einmal ein großer Wert, muss man offen sagen. Dass es immer kriminelle Kräfte geben mag, die ein Interesse daran haben, trotzdem weiter das Geschäft zu machen, das werden wir nicht ausschließen können. Wir werden aber selbstverständlich auch diesbezüglich in einem engen Austausch mit allen zuständigen Kräften auch das weiter beobachten, um zu prüfen, ob es solche dramatischen Fehlentwicklungen gibt, und gegebenenfalls über andere Rechtsmittel dort einschreiten zu können.
Sie haben es kurz schon angedeutet, Herr Staatsrat, dahinter steht ja eine Sucht – bei vielen zumindest. Muss nicht dort der große Hebel angesetzt werden, dass man Menschen, die dieser Sucht erliegen, möglichst Hilfen anbietet, um sie aus diesem Milieu, egal ob legal oder illegal, herauszukommen?