Haushalt 2011 ablehnen – Die Handlungsfähigkeit und Eigenständigkeit des Landes Bremen durch konkrete Konsolidierungsmaßnahmen erhalten
Dazu als Vertreterin des Senats Frau Bürgermeisterin Linnert, ihr beigeordnet Staatsrat Lühr und Staatsrat Mützelburg.
Meine Damen und Herren, das Haushaltsgesetz der Freien Hansestadt Bremen für das Jahr 2011 wurde in der 50. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) am 27. August 2009 in erster Lesung beschlossen. In der 58. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) am 17. Dezember 2009 wurde die zweite Lesung des Haushaltsgesetzes unterbrochen.
Die Bürgerschaft (Landtag) hat in der 58. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) am 17. Dezember 2009 das Haushaltsgesetz der Freien Hansestadt Bremen für das Jahr 2011, den Haushaltsplan für das Jahr 2011, den Stellenplan für das Jahr 2011, den Produktgruppenhaushalt für das Jahr 2011, den produktgruppenorientierten Stellenplan für das Jahr 2011, die Darlegungen zur Begründetheit der Ausgaben im Zusammenhang mit einer Überschreitung der Höchstgrenze für Kreditaufnahme gemäß Artikel 131 a der Landesverfassung, die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe, Sonstige Sondervermögen, Stiftungen und Anstalten öffentlichen Rechts zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss zurücküberwiesen.
Außerdem haben die Mitteilungen des Senats mit den Drucksachen-Nummern 17/1545 und 17/1546 Eingang in die Beratungen des staatlichen Haushaltsund Finanzausschusses gefunden.
Der staatliche Haushalts- und Finanzausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 17/1565 seinen Bericht und Antrag dazu vor.
Ich weise darauf hin, dass im Rahmen der jetzt folgenden Aussprache auch der Änderungsantrag und der Stadthaushalt besprochen werden sollen, da eine gesonderte Aussprache darüber nicht stattfindet.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Vorsitzendem des staatlichen und des städtischen Haushalts- und Finanzausschusses obliegt es mir, wie üblich hier im Haus, über die Ausschussberatungen und über ihr Verfahren und ihr Ergebnis zu berichten. Wir haben – die Ausschüsse Land und Stadt – wie immer in gemeinsamen Sitzungen getagt, auch wie immer haben die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss gut und fair zusammengearbeitet. Dafür möchte ich Ihnen allen danken und beziehe dabei ausdrücklich alle fünf Fraktionen ein.
Die Föderalismusreform II und die in Aussicht, aber auch unter Bedingungen gestellte Gewährung von Konsolidierungsbeihilfen von jährlich 300 Millionen Euro von 2011 bis 2019 haben ein ganz neues Verfahren erzwungen. Wir setzen hier heute die zweite Lesung des Haushalts 2011 fort, die wir im Dezember letzten Jahres unterbrochen hatten. Der Grund war: Der Haushalt 2011 steht im engen Zusammenhang mit dem Finanzierungsdefizit des Haushalts 2010, dies muss um zehn Prozent abgesenkt werden. Dabei ist jedoch nur das strukturelle Defizit maßgeblich. Das Gesamtdefizit 2010, rund stolze 1,2 Milliarden Euro, muss also noch von konjunkturellen Faktoren bereinigt werden.
Doch was sind konjunkturelle Faktoren? Die fünf Konsolidierungsländer sind hierbei auf Vereinbarungen mit dem Bund angewiesen, um auf einer sicheren Grundlage planen zu können. Diese sind jedoch nicht immer abschließend getroffen worden, aber immerhin in den wesentlichen Punkten so weit erkennbar, dass der Haushalt 2011 heute verabschiedet werden kann.
Der Senat hat mit seiner Vorlage am 23. November den letztjährigen Entwurf des Haushalts 2011 nach Paragraf 32 der Landeshaushaltsordnung ergänzt, sodass heute nur noch die ergänzte Fassung zur Debatte steht. Die Änderungsanträge aus den Fraktionen hatten wir ja – Sie werden sich daran erinnern – bereits im Dezember beschlossen. Auch sie sind daher in der ergänzten Fassung bereits berücksichtigt. Ich verweise insofern auf den Bericht, den der Ausschuss bereits nach seinen Beratungen im letzten Jahr eingebracht hat.
Der Ausschuss hatte keinen Anlass, den gesamten Haushaltsentwurf erneut zum Gegenstand seiner Beratungen zu machen. Wir konnten uns in un
seren Beratungen auf die Ergänzungen beschränken, die der Senat vorgelegt hat. Hierzu kam ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zur Beschäftigungspolitik. Dieser und die Mitteilungen des Senats liegen Ihnen vor. Daneben haben jeweils die CDU und die FDP einen Dringlichkeitsantrag zum Haushalt eingebracht. Auch diese liegen Ihnen vor und werden in der folgenden Debatte behandelt. Ich will darauf nicht im Detail, sondern nur grundsätzlich kurz eingehen, Sie können die Einzelheiten nachlesen.
Das Ziel der Ergänzungen des Entwurfs war vorgegeben: die Reduzierung des sogenannten föderalismuskommissionrelevanten Finanzierungssaldos des Jahres 2010 in Höhe von 1,122 Milliarden Euro um zehn Prozent auf höchstens 1,01 Milliarden Euro für 2011. Der Haushaltsentwurf steht auf der Basis der Steuerschätzung im November. Die Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Konsolidierungsländern verlangt von uns weiterhin, die Finanzierungsdefizite der ausgegliederten Einheiten – das sind Sondervermögen mit Kreditermächtigungen wie zum Beispiel der Bremer Kapitaldienstfonds – in das strukturelle Defizit für 2010 einzubeziehen. Dies bedeutet, dass die Defizite ab 2011 durch Zuschüsse aus dem Haushalt finanziert werden müssen. Dadurch steigt das Haushaltsvolumen, aber auch die Transparenz.
Hinzu treten noch weitere Änderungsbedarfe, die sich etwa aus der 2010 beschlossenen Dezentralisierung der Echtmieten oder aus Zielzahlplanungsanpassungen im Personalbereich ergeben. Letztendlich waren auch technische Änderungen notwendig geworden, die aber im Ergebnis haushaltsneutral sind. Sie folgen etwa aus Neuorganisation von Verwaltung, also konkret aus der Rückführung des Eigenbetriebs GeoInformation in ein Amt ab 2011, der Umstrukturierung der Finanzämter und der Schaffung eines neuen Amtes Soziale Dienste der Justiz.
Kurz eingehen möchte ich noch auf das Sondervermögen Versorgungsrücklage, auch weil der Anstieg der Versorgungslasten und die mangelnde Vorsorge von Bund und Ländern kürzlich pressewirksam durch den Bund der Steuerzahler thematisiert wurde! Bremen verzeichnet bereits aktuell die höchsten Steigerungsraten in den Versorgungsausgaben. Sie wissen, dass Bremen bereits vor Jahren, noch zu Zeiten der Großen Koalition, begonnen hat, Rücklagen für genau diese aktuelle Situation stark ansteigender Versorgungslasten zu bilden. Die Spitze wird für Bremen bereits für 2019 prognostiziert, ist also absehbar und fällt noch in den Konsolidierungszeitraum. In anderen Ländern werden die Versorgungslasten auch danach noch weiter steigen. Der Anstieg der Versorgungslasten wird den Druck auf die Haushalte der nächsten Jahre noch erhöhen.
Die Zuführungen aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen sollen deshalb zum Haushalt 2011 ausgesetzt werden. Im Haushaltsausschuss gab es zur Umsetzung dieser Maßnahme unterschiedliche Auf
fassungen. Wir werden genau beobachten, ob das – so nennen es die Fachleute – Tunneln des Versorgungsberges, wie es immer heißt, auf diesem Weg gelingen wird.
Die Anforderung, ein vorgegebenes Konsolidierungsziel in seinem ersten Schritt für 2011 zu erreichen, ist in der konkreten Umsetzung bei der Komplexität der Haushalte mit vielen unterschiedlichen Einflussfaktoren und Unsicherheiten nicht zu unterschätzen. Ich möchte an dieser Stelle daher den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Fachressorts und bei der Senatorin für Finanzen für die Vorbereitung danken.
Das Verfahren, über Ergänzungen eines Haushaltsentwurfs in einem solchen Umfang zu beraten, war neu, die Beratungszeit kurz, die Unterlagen waren dennoch aussagekräftig. Der gleiche Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bürgerschaftsverwaltung, insbesondere aber hier Herrn Dr. Mackeben, die alle für einen reibungslosen Ablauf gesorgt haben!
Sie haben den Vorsitzenden sowie den Fraktionen hilfreich bei der Vorbereitung und Durchführung der Beratungen zur Seite gestanden.
Abschließend noch ein paar Worte zur Einordnung des heutigen Beschlusses über den Haushalt 2011! Das Land und die Stadtgemeinde Bremen veranschlagen für 2011 laut Finanzrahmen Einnahmen in Höhe von rund 3,2 Milliarden Euro, aber Ausgaben in Höhe von rund 4,3 Milliarden Euro. Davon betragen allein die Zinsen 623 Millionen Euro, und sie sind damit fast so hoch wie die Sozialleistungsausgaben in Höhe von 679 Millionen Euro. Höher sind nur mit fast 1,2 Milliarden Euro die Personalausgaben. Die Zinsausgaben werden weiter steigen, wenn die Schulden weiter steigen. Durch den Konsolidierungspfad steht die Obergrenze des Saldos in den nächsten Jahren hingegen fest. Jeweils zehn Prozent des föderalismuskommissionrelevanten Defizits vom Jahr 2010 muss sie niedriger werden, also um rund 112 Millionen Euro jährlich bis zum Jahr 2020.
Wie sich die Einnahmen entwickeln werden, um die Ausgaben trotz sinkender Kreditaufnahme finanzieren zu können, wissen wir nicht. Gegenüber den Einnahmen zu Beginn der Finanzkrise mag die absehbare Entwicklung positiv sein. Wie nachhaltig dies ist, wird sich zeigen.
Der Druck, Einnahmen und Ausgaben schrittweise einander anzunähern und die Schritte dabei nicht allzu klein ausfallen zu lassen, steigt. Dies ist sicher und wird uns in den nächsten Jahren beschäftigen. Die Rezepte, wie ein solcher Weg zu beschreiten ist, sind verschieden. Dies wird sicher die politische Auseinandersetzung weiterhin bestimmen. Auch ob und
inwieweit der Ihnen vorliegende Entwurf für das Jahr 2011 schon ein hinreichender Ausdruck von Haushaltsdisziplin ist oder nicht, ist natürlich zwischen den Fraktionen umstritten. Dies muss auch so sein. Darüber werden wir im Anschluss heftig debattieren.
Die Ergebnisse der Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss können Sie den Ihnen vorliegenden Berichten entnehmen. – Soweit der Bericht für die Haushalts- und Finanzausschüsse Land und Stadt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Meine Damen und Herren, bevor ich den ersten Bereich aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne einen langjährigen und ehemaligen Kollegen auch des Haushaltsausschusses begrüßen. Ich begrüße Herrn Helmut Pflugradt.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich mich dem Berichterstatter anschließen, was den Dank angeht. Die Verwaltung aller Häuser und insbesondere der Finanzverwaltung haben in vergleichsweise kurzer Zeit und guter Qualität einen ergänzten Haushalt unter den Bedingungen der Föderalismuskommission erarbeitet, und ich finde, in Anbetracht der vielen Neuerungen sehr übersichtlich und transparent.
Auch alle Fraktionen, insbesondere auch die im Haushaltsausschuss, haben dazu beigetragen, indem sie sich alle auf dieses besondere, auch zeitlich anspruchsvolle Verfahren eingelassen haben, auch dafür meinen Dank an die Fraktionen hier im Haus, insbesondere die, die die Regierung nicht mittragen! Selbstverständlich ist das nicht! So können wir heute fristgerecht noch im Jahr 2010 den Haushalt für das nächste Jahr unter den neuen Bedingungen beraten und mutmaßlich auch beschließen.
Wir werden heute hier die erste Hürde nehmen, wie im Rahmen der Regierungserklärung im März des Jahres bereits angekündigt. Wir bauen die erste Defizitrate von 129 Millionen Euro ab. Das erste kleine, aber bedeutende Teilziel zur Sanierung des Haushalts Bremens ist erreicht, allem Pessimismus zum Trotz. Der hier vorgelegte, vom Senat ergänzte Haushaltsentwurf 2011 berücksichtigt erstmalig die Bedingungen der im Grundgesetz festgelegten Schul––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
denbremse. Mit der Erfüllung dieser Bedingungen können wir damit rechnen, die erste Rate der Sanierungshilfen von 300 Millionen Euro zu bekommen. Das ist ein großer Erfolg.
Lassen Sie mich jedoch zuerst und etwas ausführlicher auf die wichtigsten strukturellen Veränderungen in diesem neuen Haushaltsentwurf eingehen! Einige hat der Berichterstatter bereits genannt, da diese über diese Beratungen hier weit hinausweisen. Ich will an dieser Stelle deutlich machen, was die Schuldenbremse damit eigentlich auch bewirkt, jenseits politischer Rhetorik des Verteufelns oder in den Himmel Hebens. Zum einen erweitern wir den Maßstab. Nicht mehr nur die Ausgaben oder sogar lediglich die Primärausgaben ohne Zinsen sind das Maß der Dinge, sondern das Defizit aus Ausgaben und Einnahmen. Insofern müssen wir auch unser Augenmerk auf die Einnahmen richten. Nicht nur dürfen uns die Steuereinnahmen von der Bundesseite wegbeschlossen werden – Stichworte Gewerbesteuer, Steuersenkung, Wachstumsbeschleunigungsgesetz –, auch wir selbst müssen sehen, in welchen Bereichen wir von Landes- und kommunaler Seite Möglichkeiten zur Einnahmeerhöhung haben.
Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer haben wir bereits beschlossen. Die Erhebung einer Abgabe auf Hotelübernachtung ist in Arbeit. Die Erhöhung der Vergnügungssteuer wird aktuell beraten, hier zum parallel vorliegenden Gesetzentwurf, Drucksache 17/1556. Der Aufschrei der Automatenindustrie war ja zu erwarten. Vorsichtshalber haben wir aber hier eventuelle Mehreinnahmen in den Haushalt 2011 noch nicht eingestellt, da wir ja noch nicht genau wissen, wie sich die Erhöhung der Steuer auf das Spielverhalten auswirkt; schließlich wollen wir kein Geschäft aus Spielsucht machen, sondern diese eindämmen.
In der großen Zielrichtung müssten wir uns an der Stelle, glaube ich, eigentlich alle einig sein. Insofern bitte ich an der Stelle um Beschlussfassung für dieses Gesetz in erster Lesung und um Überweisung zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss.