Protocol of the Session on December 16, 2009

man das in Gesprächen strukturieren, die analog zur Islamkonferenz in Berlin stattfinden? Sie haben es selbst gesagt, sie reicht nicht aus, wir müssen es auf Bremen herunterbrechen. Wie kann dieser Prozess in Zukunft aussehen?

Bitte, Herr Senator!

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich es mir nicht anmaße, heute darüber zu diskutieren. Erstens bin ich als Vertreter des Innenressorts nicht zuständig für diese Frage, und zweitens ist das eine hochkomplizierte Sache, die man nicht einmal so im Rahmen einer Fragestunde beantworten kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr, Frau Dr. Mohammadzadeh!

Herr Senator, ist Ihnen bekannt, dass der angesprochene Bericht sich auf den 3. Oktober 2009, den Tag der Deutschen Einheit beziehungsweise den Tag der offenen Moscheen, bezieht, wo der Vorsitzende der Schura, Herr K., hauptberuflich, sozusagen als Dolmetscher, die ganze Veranstaltung gedolmetscht hat? Er hat das ja auch in einer Presseerklärung bekannt gegeben. Ist Ihnen das bekannt?

Bitte, Herr Senator!

Ja, das ist mir nicht nur bekannt, sondern ich habe auch mit dem Vorsitzenden selbst darüber gesprochen. Die Ausführungen in diesem Bericht sind wahrheitsgemäß, aber sie geben durchaus Anlass zu Irritationen. Wir haben dies in einem gemeinsamen Gespräch ausgeräumt.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ist Ihnen auch bekannt, dass die Schura nicht nur zu Islamophobie Stellung bezogen und eine Presseerklärung herausgegeben hat, sondern auch zu anderen Themen, zum Beispiel vor Kurzem auch zum Thema Zwangsverheiratung, und dass sie mit den 18 Verbänden, 18 Mitgliedern eine Position gegen Zwangsverheiratung ausgesprochen haben?

Bitte, Herr Senator!

Ihre Frage kann ich nur mit Ja beantworten. Diese Sachen sind uns bekannt, wir verfolgen das mit großer Aufmerksamkeit, und gerade dies bestärkt uns darin, dass es richtig ist, diesen Dialog zu suchen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr, Herr Tschöpe!

Herr Senator, wie bewerten Sie, dass im Rahmen des von Ihnen skizzierten kritisch-konstruktiven Dialogs mit dem Islam die Islamische Förderation Bremen anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens alle Fraktionen der Bremer Bürgerschaft und den Senat eingeladen hat, an der Feierstunde teilzunehmen, und an der Feierstunde fünf Abgeordnete, ein Ortsamtsleiter, ein ehemaliger Bürgermeister und der Polizeipräsident teilgenommen haben?

Bitte, Herr Senator!

Jedenfalls war das Innenressort damit vertreten!

(Heiterkeit)

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich entnehme dem, dass Sie das begrüßen. Könnte man aus dieser Veranstaltung den Schluss ziehen, dass die Islamische Föderation Bremen als Teil der islamischen Gemeinde in Bremen sich um den Dialog bemüht und die demokratischen Kräfte in dieser Gesellschaft diesen Dialog auch annehmen?

Bitte, Herr Senator!

Ja! Deswegen treffen wir uns im Rathaus, und wir haben verabredet, dass wir diesen Dialog in den nächsten Monaten auf Landesebene fortsetzen, und wir werden uns ebenso natürlich auch intensiv an der bundesweiten Islamkonferenz beteiligen.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die vierte Anfrage betrifft die diskriminierungsfreie Bewerber-/Bewerberinnnenauswahl durch anonyme Lebensläufe. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Mahnke, Frau ArnoldCramer, Tschöpe und Fraktion der SPD.

Bitte, Frau Mahnke!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie bewertet der Senat für Bewerbungsverfahren anonymisierte Lebensläufe, wie sie in den USA längst üblich sind und in Frankreich nun intensiv erprobt werden sollen, um bei der Bewerber- beziehungsweise Bewerberinnenauswahl Diskriminierungen wegen Alter, Herkunft oder Geschlecht zu vermeiden?

Zweitens: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Bewerbungen ohne Foto sowie ohne Angabe von Namen, Alter, Geschlecht und Adresse in Bewerbungsverfahren des öffentlichen Dienstes zu berücksichtigen?

Drittens: Wie beurteilt der Senat die Chance, anonymisierte Lebensläufe zum Standard für Bewerbungen um Arbeitsstellen zu machen?

Diese Anfrage wird beantwortet von Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Senat verfolgt die derzeit noch kontroverse Diskussion um die Wirksamkeit entpersonalisierter Lebensläufe gegen mögliche Diskriminierungen und die diesbezüglichen Praxistests in Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und anderen Ländern. Der Senat wendet sich gegen jede Form der Diskriminierung im Arbeitsleben und wird auch anonymisierte Lebensläufe und Bewerbungen berücksichtigen, wenn sich diese Methode als wirksam und praxistauglich erweisen sollte.

Allerdings kann das Instrument auch der vom Senat betriebenen Personalpolitik, die zum Beispiel die Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund, die bevorzugte Einstellung von schwerbehinderten Menschen und eine gezielte Frauenförderung einschließt, entgegenstehen, wenn in einer frühen Phase eines Auswahlverfahrens vollständig auf die Kenntnis persönlicher Merkmale der Bewerberinnen und Bewerber verzichtet wird. Insofern werden gegen das Instrument entpersonalisierter Lebensläufe von der personalwirtschaftlichen Praxis auch ernstzunehmende Gegenargumente angeführt.

Zu Frage 2: Zurzeit wird geprüft, ob ein standardisiertes Bewerbungs-Online-Verfahren für alle Dienststellen im bremischen öffentlichen Dienst eingeführt werden kann. Im Rahmen eines solchen Verfahrens könnte den Dienststellen die Möglichkeit eröffnet werden, anonymisierte Bewerbungen annehmen zu können.

Zu Frage 3: Die Antwort auf die Frage, ob anonymisierte Lebensläufe zum Standard für Bewerbungen um Arbeitsplätze werden, hängt von den Erfahrungen und Erkenntnissen ab, die die erwähnten Praxistests in verschiedenen europäischen Ländern erbringen werden. Gegenwärtig vermag der Senat dazu keine Prognose abzugeben. – Soweit die Antwort des Senats!

Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die fünfte Anfrage wurde inzwischen zurückgezogen.

Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Videoaufzeichnungen zur Überwachung des Straßenverkehrs“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Öztürk, Fecker, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Herr Öztürk!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Auf welcher rechtlichen Grundlage werden Videoaufzeichnungen des Verkehrsgeschehens erstellt, und wie werden dabei der Datenschutz und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen eingehalten?

Zweitens: Wann schafft der Senat eine gesetzliche Grundlage, um den Datenschutz und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen zu wahren, und wie wird diese gesetzliche Grundlage aussehen?

Drittens: Wie gewährleistet der Senat die Sicherstellung des Datenschutzes und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen in Bezug auf die Videoüberwachung des Straßenverkehrs, solange es noch keine gesetzliche Grundlage dafür gibt?

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3: Videoaufzeichnungen im Straßenverkehr werden in der Stadt Bremen durch das Amt für Straßen und Verkehr und die Polizei Bremen gefertigt. Das Amt für Straßen und Verkehr erstellt ausschließlich mit den Kameras des Hemelinger Tunnels Videoaufzeichnungen des Verkehrsgeschehens.

Der Einsatz der Videoanlagen im Bereich des Tunnels und die damit verbundene Videoaufzeichnung werden auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung in Verbindung mit den bundeseinheitlichen „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln“ durchgeführt. Diese Richtlinie ist Grundlage für den Betrieb des Tunnels und fordert die Aufzeichnung der Bilder, um die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten und im Störfall eine spätere Analyse der Ursachen durchführen zu können. Der Einsatz der Kameras wurde mit der Datenschutzbeauftragten abgestimmt. Die Aufzeichnungen werden nach fünf Tagen automatisch gelöscht.

Die Polizei Bremen fertigt Videoaufzeichnungen zur Verfolgung von schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Straßenverkehr mit entspre

chend ausgerüsteten Streifenfahrzeugen an. Dabei liegt stets ein konkreter Tatverdacht vor. Aufzeichnungen zur Verdachtsgewinnung werden nicht gefertigt. Die Aufzeichnungen werden, soweit es sich um Ordnungswidrigkeiten handelt, auf der Grundlage des Paragrafen 46 Absatz 1 OWiG in Verbindung mit Paragraf 100 h StPO gefertigt. Bei Straftaten ergibt sich die Rechtsgrundlage unmittelbar aus Paragraf 100 h StPO. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, ich hatte in der Antwort Folgendes vermisst: Es gab ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. August 2009 mit dem Aktenzeichen 2 BvR 941/08, in dem explizit darauf hingewiesen wurde, dass Persönlichkeitsrechte und Verfassungsrechte entsprechend gewahrt werden müssen, dass also, wenn Videoaufzeichnungen stattfinden, die den Verkehrsfluss überwachen, und Ordnungswidrigkeiten festgestellt werden, diese nicht verfolgt werden dürfen. Entsprechend hat ja gerade auch das Oberlandesgericht Oldenburg Anfang Dezember mit dem Aktenzeichen Ss Bs 186/09 entschieden, dass Persönlichkeitsrechte und Verfassungsrechte gewahrt werden müssen. Inwieweit wird der Senat unverzüglich hier eine gesetzliche Grundlage schaffen, um das auch im Bundesland Bremen umzusetzen?

Bitte, Herr Senator!