Protocol of the Session on August 26, 2009

„Sexuelle Identität“ in den Katalog der Diskriminierungsverbote des Grundgesetzes aufnehmen

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 19. August 2009 (Drucksache 17/895)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter, ihr beigeordnet Herr Staatsrat Dr. Schuster. Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Herr Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Oktober letzten Jahres hat die Bremische Bürgerschaft einen Antrag verabschiedet, der den Senat auffordert, einen Bericht zur Lebenssituation von Lesben und Schwulen in Bremen vorzulegen. Dieser Bericht liegt nun als Senatsmitteilung vor, deswegen diskutieren wir zunächst einmal über diesen Bericht. Ich bedanke mich beim Senat außerordentlich dafür und will gleich zu Anfang sagen, dass man als toleranter, weltoffener Bürger oder weltoffene Bürgerin das Gefühl haben könnte, dass man über dieses Thema eigentlich gar nicht mehr zu diskutieren bräuchte und schon gar nicht in einem Landtag. Gleichwohl ist es offensichtlich so, dass Diskriminierungen von Homosexuellen in diesem Land immer noch stattfinden. Zeitgleich zu diesem Bericht hat das Rat & Tat Zentrum eine Umfrage veröffentlicht, in der mehr als 1 200 Menschen befragt worden sind, ich lese das einmal mit Genehmigung des Präsidenten aus den „Bremer Nachrichten“, dem „Weser-Kurier“, vor: Da––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

nach berichten über 40 Prozent der Befragten von verbalen Angriffen aufgrund ihrer gleichgeschlechtlichen Orientierung. Fast jeder siebte Mann und jede zehnte Frau berichten, sie seien wegen ihrer Homosexualität schon körperlicher Gewalt ausgesetzt gewesen.

Das weist deutlich darauf hin, dass es in diesem Bereich noch eine Menge zu tun gibt. Mein Interesse – und ich glaube, das ist das überwiegende Interesse hier im Hause – ist, dass wir in einer diskriminierungsfreien Gesellschaft leben, die weltoffen und tolerant ist und mit Homosexualität normal umgehen kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Rot-Grün hat sich relativ zeitnah nach dem Anfang der Regierung um dieses Thema gekümmert und auch schon eine Menge Veränderungen eingeleitet. Da ist nicht nur zu nennen der Versuch – er ist ja leider formal gescheitert –, die Landesverfassung zu ändern, das werden wir mit Sicherheit in Bälde ordnungsgemäß nachholen, und dann wird das auch in der Landesverfassung geändert werden.

Mein Eindruck ist allerdings, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen unglaublich wichtig sind, aber tatsächlich nur die Rahmenbedingungen. Es macht ganz wenig Sinn, wenn man in einen Lehrplan hineinschreibt, dass man über sexuelle Orientierung, Identitäten und Toleranz reden soll und man dann aber Lehrerinnen und Lehrer hat, die dem Thema gar nicht gewachsen sind und vielleicht rote Ohren bekommen, weil ihnen das irgendwie in irgendeiner Art peinlich ist. Das nützt dann auch nicht wirklich etwas und hilft nicht weiter.

Was wir brauchen, sind moderne, offene Pädagogen, die mit diesen Fragen gut umgehen können. Insbesondere im Bereich der jüngeren Menschen ist so etwas wie „Coming out“ mittlerweile eben nicht mehr an der Tagesordnung und normal und in, wie es vielleicht eine Zeit lang war, weil auch der Bürgermeister in Paris bekennender Homosexueller ist oder auch der Berliner Bürgermeister irgendwann einmal gesagt hat „Ich bin schwul, und das ist auch gut so.“ Es gab eine Welle, wonach man sich getraut hat, dazu zu stehen, offen dazu zu stehen, dass man eine sexuelle Orientierung hat, die eben so ist, wie sie ist.

Die Gesellschaft sollte meiner Meinung nach – und im Übrigen gerade eine Gesellschaft wie die Bremer Gesellschaft – wirklich weltoffen und tolerant sein, und wir sollten als Parlament dafür die Weichen stellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Das kann man tun, indem man zum einen tatsächlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen verbessert, das kann man aber auch tun, indem man als Abgeord

neter hier im Hause vorbildlich mit diesen Fragen umgeht. Es gibt, und das weiß auch jeder hier im Haus, auch in der Bremischen Bürgerschaft homosexuelle Abgeordnete, die sich aber nicht trauen, öffentlich damit umzugehen. Ich will niemanden dazu nötigen, beileibe nicht, aber es wäre schön, wenn diejenigen, die sich dafür einsetzen, das auch öffentlich als Abgeordnete tun und diese Vorbildfunktion wahrnehmen würden, mir würde das jedenfalls außerordentlich gefallen.

Ich glaube aber, um das an dieser Stelle auch zu sagen, es ist natürlich nicht die Forderung an diejenigen, die homosexuell sind, für Toleranz zu kämpfen. Es ist eigentlich eine Aufgabe für den Rest der Gesellschaft zu sagen, wir wollen, dass Menschen ihre sexuelle Orientierung frei wählen können, ohne dass daraus irgendwelche Nachteile entstehen. Das ist ein ganz klar formuliertes Ziel.

Ich hoffe, das sehr deutlich geworden ist, dass da nicht nur Rot-Grün, so wie ich die Diskussionen bisher im Hause verfolgt haben, sondern auch DIE LINKE und die FDP eigentlich bei all diesen Entscheidungen an unserer Seite gestanden haben. Bei der CDU hapert es, es kommt manchmal eine relativ evangelikale Wertediskussion an das Tageslicht, wo man dann gelegentlich auch ein bisschen erschrocken sein kann. Es ist immer die Frage, wer da redet. Wenn der Kollege Perschau redet, dann hört sich das ein bisschen moderater an, zugegeben. Tatsache ist aber, dass die CDU sich nicht wirklich dazu bekennen kann, dass sie für diese Antidiskriminierungspolitik einsteht und immer wieder in der Frage der Gesetzgebung zurückweicht, anstatt gerade der Intoleranz die Stirn zu bieten und zu sagen, nein, wir in Bremen wollen das nicht mehr.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Der Bericht, den der Senat vorgelegt hat, weist auf ein paar Verbesserungen hin, sagt aber an einigen Stellen auch noch deutlich, wo noch etwas zu tun ist. Ich will den Bericht jetzt hier nicht in aller epischen Breite besprechen, aber es gibt in Bereichen einfach zum Beispiel bei älter werdenden Homosexuellen Fragen, wie es dort eigentlich mit der Altersversorgung ist und ob es eigentlich adäquate Maßnahmen gibt. Da ist eine gigantische Lücke, weil diejenigen, die jetzt alt werden, sich seinerzeit nicht getraut haben zu sagen, dass sie eigentlich auch schwul sind, und das eher versteckt gemacht haben. Jetzt muss man also schauen, ob man nicht in den Bereichen auch etwas tut.

In der Jugendbildung, das hatte ich schon angesprochen, ist meiner Meinung nach – und einige andere kommen auch zu dem Ergebnis – noch eine ganze Menge zu tun. Ich würde einmal sagen, wir sind da auf einem ganz guten Weg, und ich hoffe, dass wir diesen Weg auch weiter gemeinsam hier in diesem Hause gehen können.

Der zweite Punkt, der Dringlichkeitsantrag der SPD, sexuelle Identität in den Katalog der Diskriminierungsverbote des Grundgesetzes aufzunehmen, ist ein weiterer Schritt in die Richtung. Dazu redet aber mein Kollege Herr Tschöpe, weil er sich mit der juristischen Frage – wir haben das abgesprochen – im Wesentlichen hier gleich auseinandersetzen wird. Auch das ist aus meiner Sicht zumindest wieder ein Schritt in die richtige Richtung. Ich würde uns wünschen, dass die Mitglieder dieses Hauses öffentlich antidiskriminierend tätig werden würden, weil das auch einen Schritt dazu beiträgt, hier in Bremen eine liberalere Gesellschaft zu haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mohr-Lüllmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind ja schon angekündigt worden, lieber Herr Kollege Möhle! Vielleicht leite ich schon einmal ein, dass die gesamte Bürgerschaftsfraktion der Meinung ist, dass jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegengetreten werden muss.

(Beifall bei der CDU)

Wir debattieren aber hier heute einmal den Bericht der senatorischen Behörde über die Lebenssituation von Lesben und Schwulen und den Antrag zur Grundgesetzänderung und – Herr Möhle hat es gerade auch schon angekündigt – natürlich auch in irgendeiner Form die Ergebnisse der Fragebogenaktion des Rat & Tat Zentrums. Ich bin da natürlich etwas anderer Meinung als Sie, Herr Kollege. Für die Erstellung des Berichtes über die Lebenssituation von Lesben und Schwulen im Lande Bremen ist ja hier ein behördeninterner Prozess eingeleitet worden, und parallel dazu hat die Fragebogenaktion begonnen. So liegt uns heute nämlich nur ein Bericht von der senatorischen Behörde vor, der die Ergebnisse der Fragebogenaktion gar nicht berücksichtigt. Insofern muss ich sagen, ist der Bericht, der uns vorliegt, für sich betrachtet eigentlich jetzt nicht ein Bericht, der grundlegend etwas ganz Neues bringt, das möchte ich schon einmal vorwegschicken. Ich finde, wenn man den Bericht der senatorischen Behörde genau liest, erhält man an und für sich den Eindruck, dass alles gut ist. Die rechtlichen Grundlagen hinsichtlich der Gleichbehandlung von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung sind umfassend, so steht es in dem Bericht. Diversity-Management-Ansätze werden verfolgt, und in der Lehrerausbildung spielt die Thematik für alle Unterrichtsfächer und insbesondere für den Biologieunterricht eine Rolle. Dennoch ist es leider so, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung in

ihrem Lebens- und Arbeitsumfeld immer noch überproportional diskriminiert werden.

Die Ergebnisse der Fragebogenaktion des Rat & Tat Zentrums sehen aber deutlicheren Handlungsbedarf, das haben wir gerade schon gehört. Circa 40 Prozent der lesbischen Frauen und der schwulen Männer haben angegeben, schon einmal Opfer verbaler Angriffe aufgrund ihrer sexuellen Identität gewesen zu sein. 14,3 Prozent der Männer und 10,1 Prozent der Frauen gaben an, dass sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung schon einmal körperliche Gewalt erlitten haben. Diese Zahlen sind Ausdruck einer Homophobie, die nach wie vor in vielen Bereichen unserer Gesellschaft zu finden ist. Welche Wege können wir aber einschlagen, um dieser Homophobie zu begegnen? Wenn man den Bericht nun liest und die Ergebnisse der Fragebogenaktion zusammenlegt, spricht vieles dafür, dass die rechtlichen Grundlagen für die Gleichbehandlung von Lesben und Schwulen gelegt sind, denn der Senat kommt in seinem Bericht nicht zu der Erkenntnis, dass es zur Verbesserung der Lebenssituation dieser Personengruppe einer Grundgesetzänderung bedarf.

Die Personengruppen finden noch nicht in allen Bereichen soziale Akzeptanz. Soziale Akzeptanz aber muss mithilfe von Präventionsarbeit, durch Arbeit an Schulen, durch Beratungs- und Informationsangebote weiterentwickelt werden. Der Senat hat aber eigentlich verpasst, auf die Aspekte der sozialen Toleranz und Akzeptanz einzugehen und den vorliegenden Bericht als eine umfassende Bestandsaufnahme der niedrigschwelligen Angebote zu nutzen. Die CDU-Fraktion hätte zum Beispiel interessiert, welche Erfahrungen die Sozialarbeiter in den Stadtteilen und an den Schulen mit der Thematik Homophobie haben und welche Ansätze zur Bekämpfung der Homophobie verfolgt werden.

Ich fasse zusammen: Der Bericht des Senats bringt uns in der Sache nicht weiter, er geht an den eigentlichen Problemen der Lesben und Schwulen in unserem Land vorbei. Im Gegenteil, eigentlich muss jetzt nach der Auswertung der Fragebogenaktion von Rat & Tat ein Aktionsplan vorgelegt werden.

Aus unserer Sicht ist der Bericht eine unnötige Parallelarbeit, denn er ist in seiner Bedeutung nun durch die Ergebnisse der Fragebogenaktion überholt. Weder der Bericht des Senats noch die Ergebnisse des Rat & Tat Zentrums geben Hinweise für uns darauf, dass die anhaltende Diskriminierung von Lesben und Schwulen ihren Ursprung in mangelnder Gesetzeslage hat. Trotzdem hat die rot-grüne Koalition einen Antrag auf Erweiterung des Artikels 3 Absatz 3 des Grundgesetzes eingebracht, um das Kriterium der sexuellen Identität aufzunehmen. Der vorliegende Antrag auf eine Erweiterung des Artikels 3 Absatz 3 Grundgesetz ist irgendwie eine Scheinsolidarisierung für mich, denn nur so ist es jetzt möglich, vom Thema abzulenken und auf die Handlungsempfehlungen von Rat & Tat gar nicht einzugehen.

Die Gleichbehandlung aller Menschen ist im Grundgesetz durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 festgeschrieben und wird in Einzelgesetzen wie dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz für die verschiedenen Rechtsbeziehungen konkretisiert. Für die explizite Festschreibung der sexuellen Identität als Diskriminierungsmerkmal besteht aufgrund der bestehenden Rechtslage kein Bedarf. Im Alltag würde sich für die Lesben und Schwulen durch eine solche Grundgesetzänderung nichts ändern. Durch eine Grundgesetzänderung ändert man eine Gesellschaft nicht, und es wird kein Umdenken stattfinden. Die soziale Akzeptanz wird in keinster Weise erhöht. Es bedarf konkreter Maßnahmen wie Aktionsplänen oder Akzeptanzprojekten und einer ausreichenden finanziellen Unterstützung für das Rat & Tat Zentrum. Es müssen alle Akteure angesprochen werden, in den Bereichen Bildung, Erziehung, Erzieher, Lehrer, Eltern und anderen. Es ist Aufgabe der Politik und Verwaltung, wo möglich und notwendig die soziale Akzeptanz zu fördern und mit gutem Beispiel voranzugehen.

Zum Abschluss möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten noch einen Satz aus der Fragebogenaktion zitieren die „lebendige Vielfalt“ heißt es: Es „braucht noch viele Anstrengungen, bis aus voranschreitender rechtlicher Gleichstellung soziale Akzeptanz erwächst.“ Die CDU-Fraktion wird den vorliegenden Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Mohr-Lüllmann, ich bin ein wenig erstaunt und irritiert, wie die CDU mit diesem Antrag umgeht. Wie Sie wissen, ist im Jahr 2001 die Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen geändert worden, und in der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen ist 2001 mit den Stimmen aller damals im Parlament vertretenen Fraktionen das Merkmal der sexuellen Orientierung aufgenommen worden.

Ich habe mir schon gedacht, welche Position die CDU in dieser Debatte haben könnte, und ich habe mich vorbereitet und möchte einen, wie ich finde, in dieser Frage absolut überzeugenden Menschen zitieren, wenn ich das darf, Herr Präsident! Ich möchte den Fraktionsvorsitzenden der CDU, Jens Eckhoff, zitieren! „Ich habe das Vergnügen, Ihnen über das Ergebnis dieser Beratungen zu berichten.“ Gemeint sind die Beratungen über die Verfassungsänderungen 2001 hier in Bremen. „Man kann sagen, dass insgesamt bei dieser Beratung Einigkeit darüber bestand – wie ja auch in den Beratungen hier im Parlament –‚ die Landesverfassung um einen entsprechenden Punkt zu ergänzen. Begründet wird dies insbesondere

damit, dass sich die Anschauung über die Sexualität in den letzten Jahrzehnten insgesamt verändert hat, dass aber trotzdem einzelne Formen der Sexualität mit Benachteiligung verbunden sind. Diesem soll durch ein Diskriminierungsverbot entsprechend entgegengewirkt werden.’“ Den Worten Ihres ehemaligen Fraktionsvorsitzenden hätte ich eigentlich gar nichts weiter hinzuzufügen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zuruf von der SPD: Wir auch nicht!)

Die Ausführungen, Frau Dr. Mohr-Lüllmann, und das ist ja ausgesprochen ärgerlich, die Sie dazu machen, dass eine Änderung des Grundgesetzes an dieser Stelle keine Auswirkungen haben wird, sind schlicht und ergreifend falsch.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Grundgesetz gilt in der Fassung des Artikels 3 seit 1949, und wer ein bisschen Rechtsgeschichte kennt, weiß, dass Paragraf 175 des Strafgesetzbuches, der nämlich die einvernehmliche Sexualität von Männern unter Strafe gestellt hat, und zwar von volljährigen Männern, durch den Artikel 3 überhaupt in seiner Auswirkung nicht infrage gestellt worden ist: Das Bundesverfassungsgericht hat 1958 sogar geurteilt, der einvernehmliche homosexuelle Verkehr sei ein derartiger Schweinkram, deshalb müsse er unter Strafe gestellt werden. Damals hat das Grundgesetz auch gegolten. Das heißt, wenn man diese Diskriminierung von Homosexuellen beenden will, muss man natürlich das Merkmal der sexuellen Ausrichtung in das Grundgesetz mit aufnehmen,

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

denn sonst bestünde immer die Möglichkeit, dass ein entsprechend diskriminierender Straftatbestand wieder eingeführt würde; Punkt eins!

Punkt zwei: Wer sich ein bisschen mit der Thematik auseinandergesetzt hat, wird feststellen, dass das Bundesverwaltungsgericht zum Thema Beihilfe in den Bundesländern Baden-Württemberg und Hessen ganz eindeutige Urteile gefällt hat. Die haben nämlich gesagt, Beihilfe gibt es für Eingetragene Lebenspartnerschaften nicht, weil das Merkmal der sexuellen Identität nicht in Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz aufgenommen worden ist. Wenn das Bundesverwaltungsgericht das sagt, kann ich nur sagen, müssen wir diese Gesetzesnorm ändern, damit es zu solchen Urteilen in Deutschland nicht mehr kommen kann.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Jetzt noch ein Punkt zu etwas, das ich wirklich ärgerlich finde, dass Sie nämlich sagen: Na ja, das Grundgesetz brauchen wir eigentlich nicht zu ändern, denn es bewirkt sowieso nichts. Ich glaube, dass das, was wir in das Grundgesetz hineinschreiben, eine ganz entscheidende Werteentscheidung einer Gesellschaft ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das ist der Ausfluss dessen, was diese Gesellschaft will, und deshalb ist es sehr entscheidend, ob wir da hineinschreiben, dass wir ein absolutes Diskriminierungsverbot von sexueller Orientierung wollen, oder ob wir es nicht hineinschreiben. Das ist kein Unsinn, sondern das ist eine Werteentscheidung, und ich glaube, die Mehrheit dieses Hauses fällt eine andere Werteentscheidung, als Sie sie treffen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Abschließend, Frau Dr. Mohr-Lüllmann: Ich gebe Ihnen in vielen Dingen recht. Ich glaube, mit der Änderung des Grundgesetzes, wenn sie denn kommen wird, wird in diesem Staat nicht Homophobie abgebaut, aber es ist ein ganz wesentlicher Baustein, wenn der Staat sich selbst verpflichtet, Schwule und Lesben in Zukunft nicht mehr zu diskriminieren. Deshalb werbe ich dafür, dass wir diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)