Protocol of the Session on January 22, 2009

Wir verbinden hiermit:

Bremisches Gaststättengesetz

Mitteilung des Senats vom 16. Dezember 2008 (Drucksache (17/656)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Nagel.

Meine Damen und Herren, bei dem Gesetzesantrag des Senats Bremisches Gaststättengesetz vom 20. November 2007 ist von der Bürgerschaft (Land- tag) in ihrer 13. Sitzung am 23. Januar 2008 die erste Lesung unterbrochen worden. Der Gesetzesantrag und die dazu gehörenden Änderungsanträge der Fraktionen der FDP, Drucksachen-Nummer 17/180, und

der CDU, Drucksachen-Nummer 17/184, sind dann zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Wirtschaft und Häfen, federführend, und die staatliche Deputation für Bau und Verkehr überwiesen worden.

Diese Deputationen legen nun mit der Drucksachen-Nummer 17/656 ihren Bericht und ihren Änderungsantrag dazu vor.

Meine Damen und Herren, wir setzen die erste Lesung fort.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich jetzt darauf beschränken, die auch in dem Bericht als strittig dargestellten Punkte noch einmal kurz zu beleuchten und nicht auf das Thema des Gaststättenrechts insgesamt einzugehen. Es ist klar, dass wir dies hier als Erbe der Föderalismusreformkommission I bearbeiten müssen. Demnach haben wir ein Landesgaststättengesetz zu erarbeiten, und offensichtlich hat es unterschiedliche Vorstellungen gegeben.

Ich will mit dem ersten Punkt anfangen: Die CDU hatte einen eigenen Antrag vorgelegt. Die Anträge der Koalition und der CDU unterschieden sich darin, dass die Koalition sich für eine präventive Erlaubnisprüfung einsetzt und die CDU ein Anzeigeverfahren befürwortet. Es war die Frage, inwieweit man hier einen Beitrag dazu leisten kann, vielleicht die Verfahrensabläufe zu vereinfachen. Ich habe damals in der Debatte in der ersten Lesung gesagt, dass ich mir so etwas durchaus vorstellen kann. Wir haben in der SPD-Fraktion auch eingehend über diesen Punkt debattiert, kommen aber jetzt zu dem Ergebnis, wenn wir das auch ernst nehmen wollen, was wir in einem anderen Artikel des Gesetzes hinsichtlich der Bewachungsaufgaben geschrieben haben, nämlich die Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit auch in diesem Bereich, dass wir dies gern auch insgesamt im Gaststättenrecht verankert wissen möchten. Das heißt, wir sind dafür, bevor eine Personalkonzession vergeben wird, dass vorher die Erlaubnis erteilt wird. Es ist in dem Bericht der Deputation darauf hingewiesen worden, welche zeitlichen Verzögerungen, welche rechtlichen Schwierigkeiten insbesondere bei der Anforderung von Sicherheitskonzepten entstehen, wenn man vom bis heute gültigen Verfahren der vorherigen Erlaubnisprüfung abweichen würde. Das möchten wir nicht riskieren, von daher möchten wir hier an dieser Regelung festhalten.

Dann hat es den Antrag der FDP hinsichtlich der Sperrzeiten gegeben. Wir halten es nach wie vor für richtig, dass in zwei Städten dafür gesorgt werden muss, wenn es denn notwendig ist, es zu regeln. Es

ist ja nicht zwangsläufig gesagt, dass man es regeln muss, dass es ein friedliches Nebeneinander zwischen Wohnbebauung einerseits und Gaststättenerlebnis andererseits geben muss. Insofern halten wir es für richtig, die schon ursprünglich vorhandenen Sperrzeiten auch weiterhin aufrechtzuerhalten, genauso wie wir über diesen Weg nicht den Versuch unternehmen möchten, den Beschluss der Stadtbürgerschaft hinsichtlich der Flatrate-Partys zu unterlaufen. Bezüglich des Hinweises, das sei alles schon im Jugendschutzgesetz geregelt, muss ich die FDP noch einmal darauf hinweisen, dass es an der Stelle nicht nur um Jugendliche geht, es geht um die Einschränkung des Alkoholkonsums insgesamt. Von daher ist es richtig, die Frage der Flatrate-Partys anzusprechen und sie zu unterbinden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann war für uns als Sozialdemokratinnen und -demokraten wichtig, nachdem auch der Landesbehindertenbeauftragte sich zu Wort gemeldet hatte, zwei Dinge zu regeln: Das eine ist, dass die barrierefreie Benutzbarkeit der Gaststätten auch in Zukunft gewährleistet sein sollte. Das Bundesgesetz, das wir ablösen, sah dies vor, dies war im ersten Gesetzentwurf nicht vorhanden, dies ist jetzt aufgenommen, genauso wie aufgenommen worden ist, dass die Behindertenverbände ein Verbandsklagerecht erhalten und damit mit ihren rechtlichen Ansprüchen gleichgestellt sind, wie sie es im Bundesgesetz gehabt haben. Deswegen schlagen wir auch ein Artikelgesetz vor, in dem nämlich auf der einen Seite das neue Gaststättengesetz verabschiedet werden und gleichzeitig das Behindertengleichstellungsgesetz verändert werden soll. Nur im Gleichklang kann der Rechtszustand für die Behindertenverbände wieder hergestellt werden. Wir möchten diesen Konflikt nicht mehr. Wir finden es richtig, dass dieser alte Rechtszustand wieder hergestellt wird, und sind froh, dass wir dies jetzt haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Nun hat uns gestern ein Änderungsantrag der LINKEN erreicht, in dem gefordert wird, dass es für gemeinnützige Vereine im Rahmen von Kulturveranstaltungen oder kulturellen Aktivitäten eine Ausnahmeregelung geben soll. Hier, meine Damen und Herren, so sympathisch, wie es im ersten Augenblick klingt, insbesondere bei der Begründung, dass diese Vereine ja davon auch profitieren können, haben wir das große Bedenken, dass, wenn wir dies so freigeben, wir dazu kommen, Vereine sich gründen können und damit das Gaststättenrecht insgesamt untergraben. Stellen Sie sich vor, Sie haben den Verein der Whiskyfreunde Nordirlands, und die veran

stalten alle vier Wochen dann irgendwelche Partys, um das so zu machen!

(Abg. Frau T r o e d e l [DIE LINKE]: Das war aber ein schlechtes Beispiel!)

Ich weiß, dass das so nicht gemeint ist, nur im Augenblick, so wie es formuliert ist, ist diese Möglichkeit gegeben, und von daher werden wir Ihren Änderungsantrag ablehnen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich eigentlich in den wesentlichen Punkten, die mein Vorredner Herr Liess hier erläutert hat, anschließen. Die Debatte, die wir jetzt zu führen haben, ist nicht neu, die Diskussion über das Gaststättengesetz ist eine etwas längere. Deswegen bin ich auch ein bisschen enttäuscht von dem, was die LINKEN machen, dass sie just einen Tag vorher einen Änderungsantrag zu einem Gesetzesverfahren einbringen, das, wie gesagt, schon sehr lange in der Schwebe ist. Man hätte erwarten können, dass das zeitiger eingegangen wäre.

Zu dem eigentlichen Antrag der LINKEN möchte ich sagen, ich selbst bin Vorsitzender eines gemeinnützigen steuerbegünstigten Vereins. Wenn ich den Antrag, den Sie einreichen, sehe, kann ich nur sagen, die Verlockung, damit dann Geld zu verdienen, lässt mich manchmal zweifeln. Aber ich glaube, dass der Kollege Liess recht hat, dass wir diesen Antrag einfach deswegen auch ablehnen müssen und dass das auch richtig ist, will ich an dieser Stelle betonen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde den Antrag der FDP auch ein bisschen unterirdisch. Wir hatten lange Zeit eine Debatte über dieses sogenannte Flatrate-Trinken und hatten große Sorge, dass man sich für wenig Geld total betrinken kann und dass das für unsere Jugendlichen und teilweise sogar Kinder hochgradig gefährlich ist. Als die Diskussion begann, als das „in“, „obercool“ und modern war, waren wir uns hier im Haus einig, dass wir das verhindern müssen, und genau das steht jetzt in diesem Gesetz. Seinerzeit hat auch die FDP hier im Haus sehr massiv gegen diese Flatrate-Partys argumentiert, und nun will sie den Teil dieses Gesetzes außer Kraft setzen oder beantragt, ihn zu strei––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

chen. Ich finde es richtig und gut, dass wir das nicht tun werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Zur Frage der Sperrstunde: Meine Kollegin Krusche fragt mich seit langem, ob man wirklich eine Sperrstunde haben muss. Ich bin mir ganz sicher, dass es da gegensätzliche Interessen gibt. Die einen möchten gern so lange Kneipen besuchen, wie es irgendwie geht, die anderen, nämlich die Anwohner, möchten aber ab einer bestimmten Zeit gesichert Ruhe finden.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: So ist es!)

Das ist im Grunde genommen eine Konfliktlage, in der man eigentlich nichts anderes tun kann, als einen Kompromiss zu finden. Aus meiner Sicht ist das, was wir jetzt in dieses Gesetz hineingeschrieben haben, ein Kompromiss, mit dem im Übrigen Bremen schon lange lebt, weil an der Stelle alles so bleibt wie es ist.

Der letzte Punkt, den ich eigentlich nur noch kurz ansprechen will, ist der Aspekt der Zuverlässigkeit von Kneipenwirten. Ich habe vorher kurz mit Herrn Senator Nagel gesprochen, er wird gleich noch einmal gründlicher erläutern, warum es ausgesprochen wichtig ist, dass wir das so belassen, wie es in diesem Gesetz steht. Ich möchte nur, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass jemand, der eine Kneipe betreibt, auch eine hohe Verantwortung hat. Ich möchte nicht, dass an betrunkenen Leuten aus Gewinninteresse weiter Alkohol ausgeschenkt wird. Das muss geregelt sein, und das ist gesetzlich geregelt. Ich finde, es besteht doch eine Versuchung, dass ein Wirt möglichst viel Alkohol verkaufen will, weil er natürlich ein Geschäftsinteresse an einem höheren Umsatz hat. Das ist nachvollziehbar. Gleichzeitig ist aber eine Unmenge an Gebrauch von Alkohol zumindest drogenähnlich. Wir wissen alle, dass Alkohol ein hohes Maß an Suchtgefährdung beinhaltet, dass Alkohol mindestens genauso süchtig machen kann wie andere Drogen auch. Alkoholismus ist durchaus auch eine ernst zu nehmende Krankheit in unserer Gesellschaft. Genau deswegen ist es sehr wichtig, dass diejenigen, die Kneipen betreiben, wo man Alkohol ausschenkt, verantwortungsbewusst sind, und das berücksichtigen wir in diesem Gesetz.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie mich noch einen allerletzten Punkt erwähnen! Ich glaube, gerade auch nach Rücksprache mit dem Landesbehindertenbeauftragten Herrn Dr. Steinbrück, dass wir die Belange der Behinderten so gut es irgendwie möglich war – natürlich auch immer auf der Ebene eines Kompromisses, was ein Gesetz

ja immer ist –, in dieses Gesetz aufgenommen haben. Dass später möglicherweise vielleicht noch Verbesserungsvorschläge eingearbeitet werden können, steht außer Frage, und wir werden natürlich auch sehen, wie dieses Gesetz, wenn es dann in Kraft getreten ist, wirkt. Möglicherweise muss man an der einen oder anderen Stelle noch einmal nachsteuern, das will ich hier nicht ausschließen, aber ich schlage vor, es so zu machen, wie sowohl die SPD als auch die Grünen es an dieser Stelle vorgetragen haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast auf den Tag genau einem Jahr haben wir die erste Lesung dieses Gesetzgebungsverfahrens unterbrochen und im Nachgang dann in der Wirtschaftsdeputation den Gesetzesvorschlag beraten. Es bedurfte dann zwischendurch noch einmal einer Nachfrage, weil das Gesetz im Wirtschaftsressort offenbar ein wenig verloren gegangen war und man sich zwischendurch nicht mehr so ganz erinnern konnte, wie denn der Stand der Dinge eigentlich gewesen war. Jedenfalls konnte das der zuständige Staatsrat nicht beantworten.

Wir waren gern auch bei diesem Thema behilflich, dennoch ist natürlich eine Beratungsdauer von einem Jahr für die Umsetzung eines bereits bestehenden Bundesgesetzes in Landesrecht zu lang. Man hätte das vielleicht ein bisschen schneller hinbekommen können. Ich glaube auch, dass diese Beratungszeit nicht genutzt wurde, um hier wirklich ein substanziell verbessertes Gesetz zu entwickeln. Ich will vorwegschicken, gerade beim Punkt des Bürokratieabbaus ist uns das alles hier doch zu zaghaft und zu zögerlich. Da wäre mehr möglich gewesen!

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Möhle, auch den Punkt will ich noch einmal explizit herausgreifen: Andere Großstädte, zum Beispiel Hannover, kommen sehr gut ohne eine Sperrzeitregelung aus. Mir ist nicht bekannt, dass es dort zu größeren Problemen in der Folge gekommen wäre, seitdem man das nicht mehr hat. Deshalb bin ich doch schon etwas verwundert, dass Rot-Grün hier an einer so spießigen und überflüssigen Regelung festhält. Darauf hätte man ohne Probleme verzichten können. Es gibt genügend andere Möglichkeiten, um den Betrieb von Gaststätten dort, wo wirklich massive Störungen der Anwohner zu erwarten sind, auch einzuschränken. Das muss man nicht noch zusätzlich im Gaststättengesetz regeln.

Weiterhin haben Sie das Verbot sogenannter Flatrate-Partys angesprochen. Ich habe hier mehrfach für meine Fraktion deutlich gemacht, dass wir den Weg, den Sie beschreiten wollen, nämlich immer weitere Verbote zu erlassen, nicht für geeignet halten. Was Kinder und Jugendliche angeht, reichen die gesetzlichen Grundlagen schon aus. Wenn Sie heute anders als übrigens bei all den Debatten, die wir zu diesem Thema geführt haben, argumentieren, dass der Adressatenkreis nun primär die Erwachsenen sein sollten, dann muss man Ihnen entgegenhalten: Da setzen wir als FDP doch eindeutig auf präventive Maßnahmen und auf Aufklärung und Gesundheitserziehung als auf Verbote, weil Sie den Personenkreis der Erwachsenen mit einem solchen Verbot sowieso nicht erreichen werden.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen besteht aus unserer Sicht bei diesem ganzen Thema kein Erkenntnis- oder Regelungsproblem, sondern ein Vollzugsproblem. Sie müssen nämlich die neuen Vorschriften, die Sie hier schaffen, am Ende auch überwachen. Ich glaube, darauf gehört das Augenmerk eigentlich an erster Stelle gerichtet. Ich bin mir ziemlich sicher, auch wenn man dies in dieses Gesetz hineinschreibt, wird sich nicht sehr viel ändern, weil Ihnen das Personal fehlt, hier wirklich eine sinnvolle Überwachung dieser neuen Vorschriften vornehmen zu können.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind deshalb der Auffassung, dass dieses von der Koalition vorgelegte Gesetz zum einen nicht hinreichend zum Bürokratieabbau beiträgt und zum anderen den Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht wirksam forcieren kann, wie es notwendig wäre. Deshalb werden wir dem Gesetz auch heute hier nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Ich will auf zwei weitere Anträge, die uns mit zur Beratung vorliegen, noch eingehen. Zum Antrag der CDU, der bereits in der ersten Lesung hier auch Gegenstand war! Ich habe damals gesagt, dass wir dem als FDP durchaus im Grundsatz positiv gegenüberstehen. Gerade der Ansatz, von einer präventiven Erlaubnisprüfung zu einer Anzeigenpflicht überzugehen, findet auch unsere Unterstützung, das halten wir auch für sinnvoll. Nun hat sich im Rahmen der Erörterung in der Wirtschaftsdeputation herausgestellt, dass die Fristen, die hier seitens der Verwaltung vorgesehen sind, für nicht einhaltbar gehalten werden. Deshalb werden wir uns heute bei diesem Antrag enthalten. Das heißt, im Grundsatz teilen wir dieses Ansinnen, würden das auch als einen geeigneten Gestaltungsvorschlag ansehen. Über die Fristen

müsste man im Einzelnen dann sicher noch einmal reden, um auch eine Umsetzung zu gewährleisten.

Zum Antrag der LINKEN möchte ich mich der Kritik, die hier schon geäußert worden ist, anschließen. Wir diskutieren seit fast einem Jahr über dieses Thema, und es gibt eigentlich keinen erkennbaren Grund, warum man am Tag vor der entscheidenden Abstimmung noch einen Änderungsantrag einbringen muss,