Ich komme damit auf den nächsten Ihrer Punkte: Soweit der Freistaat als Arbeitgeber angesprochen worden ist, ist eine unmittelbare Einflussnahme durch die Staatsregierung nicht möglich, weil die Ressorts ihre Einstellungsentscheidungen im Rahmen ihrer Ressorthoheit treffen. Das ist auch gut so. Bei der Besetzung einer Stelle sind der am besten geeignete Bewerber oder die am besten geeignete Bewerberin auszuwählen.
Damit komme ich auf das zweite Prinzip: Weder nach dem Leistungsprinzip noch nach dem Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes kann das Merkmal der Langzeitarbeitslosigkeit als positives Auswahlkriterium berücksichtigt werden. Sie wollen mit Ihrem gut gemeinten Vorstoß erreichen, dass die Staatsregierung Unternehmen und öffentliche Arbeitgeber zu einer stärkeren Teilnahme an den Förderprogrammen des Bundes für Langzeitarbeitslose motiviert. Die Staatsregierung tut das, hat aber über den entsprechenden Appell hinaus keine Einflussmöglichkeiten. Das von Ihnen angesprochene ESF-Programm, Europäischer Sozialfonds, liegt in der Zuständigkeit des Bundes. Der Freistaat Bayern ist an diesem Verfahren weder fördertechnisch noch sonst in irgendeiner Form aktiv beteiligt. Entscheidungen über die Teilnahme obliegen den jeweiligen Arbeitgebern. Insofern hat der Freistaat keine Möglichkeit der Einflussnahme.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der anhaltende Abbau der Arbeitslosigkeit in Bayern wird sich auch auf Langzeitarbeitslose positiv auswirken, wie die jetzigen Zahlen beweisen, und vielen von ihnen wieder den Einstieg in den Beruf ermöglichen. Die in Ihrem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen sind aber weder realistisch noch durchführbar und schon gar nicht erfolgversprechend.
Danke schön, Herr Kollege Huber. – Frau Kollegin Weikert hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.
fach nicht so stehen lassen. 95 % Ihrer Einlassungen auf meinen Redebeitrag waren schlicht und ergreifend eine Themaverfehlung. Erstens habe ich in dem Antrag nicht das gefordert, was Sie uns vorwerfen, und zweitens ist das auch nicht Thema dieses Antrags.
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) – Sie kennen es. In diesem Programm ist ausdrücklich festgehalten, dass neben privatwirtschaftlichen Unternehmen auch öffentliche Arbeitgeber Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen des Programms schaffen können. Ich gehe davon aus, dass Sie wissen, dass die großen Städte in Bayern diese Aufgabe durch die Schaffung von Beschäftigungsgesellschaften sehr erfolgreich lösen. Die Langzeitarbeitslosigkeit in Bayern ist auch deshalb zurückgegangen, weil es in den Kommunen aktive Beschäftigungsgesellschaften gibt, die genau diese Programme ausfüllen.
Der Freistaat Bayern hat keine solche aktive Beschäftigungsgesellschaft, ist aber ein großer Arbeitgeber, wahrscheinlich der größte, wenn wir uns die Zahl der Stellen ansehen. Noch einmal: Wir fordern mit dem Antrag nicht, dass in einzelne Stellenbesetzungen eingegriffen werden soll. Das ist eine Unterstellung. Das fordern wir in dem Antrag überhaupt nicht. Mit dem ersten Satz des Antrags geht es uns darum, dass überprüft und nachgeschaut wird, ob es auch bei uns Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, mit denen wir über dieses Programm Menschen in die Arbeit integrieren könnten. Das wäre ähnlich wie bei den Schwerbehinderten, bei denen sich der Freistaat Bayern auch beteiligt. Um etwas anderes geht es nicht.
Insoweit haben Sie eine Themaverfehlung allererster Güte abgeliefert. Herr Huber, einen Satz möchte ich Ihnen zum Schluss noch mitgeben: Belehren müssen Sie uns nicht!
Frau Kollegin Weikert, ich danke Ihnen für den Versuch, mich zu belehren. Ich habe meine Argumente ausgeführt, und ich wiederhole mich nur ungern. Ich habe vorhin versucht, anhand der beiden Prinzipien, über die die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes sehr intensiv diskutiert haben, darzulegen, dass die Möglichkeiten, die wir als Freistaat Bayern
haben – – Sie gehen jetzt? Also interessiert Sie meine Antwort gar nicht? Dann pack‘ ich jetzt auch zusammen.
(Beifall bei der CSU – Angelika Weikert (SPD): Ich höre nicht mit dem Rücken, sondern mit den Ohren!)
Lassen Sie uns bitte in der notwendigen Ruhe fortfahren. Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Fahn das Wort. Bitte schön, Herr Dr. Fahn.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Diskussion ist jetzt ein bisschen aufgeregt. Aber das Plenum ist übersichtlich gefüllt. Viele Kolleginnen und Kollegen sind schon in der Mittagspause.
Herr Huber, Sie haben gesagt, wir hätten quasi Vollbeschäftigung. Das mag sein. Wir haben aber immer noch 62.000 Langzeitarbeitslose. Um die geht es hier. Ihnen hilft es nichts, wenn Sie auf SPD-regierte Länder hinweisen, wo es schlechter ist als in Bayern. Das mag richtig sein, aber konkret geht es hier um diese 62.000 Menschen und darum, was wir für diese Menschen tun können.
Die SPD hat zu diesem Thema ein Antragspaket geschnürt. In Anträgen müssen die Probleme aufgezeigt und die Frage gestellt werden, wie diese Probleme gelöst werden können.
Bayern soll eine Vorstufe zum Paradies sein. Allerdings ist Bayern für mindestens 15 bis 20 % der Menschen keine Vorstufe zum Paradies. Dazu gehören auch diese 62.000 Langzeitarbeitslosen, die wir unterstützen müssen.
Langzeitarbeitslose in eine regelmäßige Beschäftigung zu bringen, ist ein ehrenhaftes Anliegen. Deshalb ist der Antrag der SPD grundsätzlich berechtigt. Es ist sinnvoll, auch in Zeiten niedriger Arbeitslosig
keit auf dieses Thema einzugehen. Manchmal ist es schwierig, die Gründe zu erfahren, warum die Betroffenen langzeitarbeitslos sind. Das hängt oft mit einer Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes zusammen. Aber es sind auch viele Alleinerziehende oder Kranke, die nicht so ins Bild passen, betroffen. Auf der anderen Seite bedeutet das nicht, dass die Betroffenen nicht arbeiten können und möchten. Man muss sehen, was insgesamt getan werden kann. Deshalb sind wir der Meinung, dass in Bayern ein Handlungsbedarf gegeben ist. Daher müssen wir Konsequenzen aus dem Bericht über die soziale Lage 2014 ziehen und Maßnahmen fordern.
Wir kommen nun zum Antrag der SPD. Unter Nummer 1 wird gefordert zu prüfen, inwieweit der Freistaat als öffentlicher Arbeitgeber mehr Langzeitarbeitslosen die dringend notwendige Chance auf dem Arbeitsmarkt geben kann. Diese Forderung ist aus unserer Sicht richtig und absolut sinnvoll.
Bei den Nummern 2 und 3 haben wir überlegt, weil diese Forderungen etwas allgemein sind und konkreter hätten formuliert werden müssen. Man kann sich natürlich fragen, wie die von der SPD gestellten Forderungen erfüllt werden können. Die CSU hat es leicht gehabt, im Ausschuss diese Forderungen abzulehnen. Es stellt sich die Frage, was in Bayern schiefläuft und konkret geändert werden muss.
Natürlich – das ist im Haushaltsausschuss thematisiert und von meinem Kollegen Pohl angesprochen worden – ist die grundgesetzliche Vorgabe zu beachten, wonach jeder nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung Zugang zu einem öffentlichen Amt haben muss. Insofern handelt es sich bei Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes um eine sinnvolle und faire Vorgabe. Sie muss aber auch insgesamt mit Leben erfüllt werden.
Wenn der Antrag der SPD in der Praxis etwas bewegen soll, dann muss die Staatsregierung konkrete Handlungsaufträge bekommen. Wir hätten uns das gewünscht, und dann wäre der SPD-Antrag effektiver gewesen. Wir sehen in dem Antrag noch eine gewisse Schwäche. Trotzdem werden wir dem Antrag der SPD zustimmen. Die darin vermittelte Botschaft ist richtig und notwendig. Es ist auch wichtig, dass der Freistaat etwas tut. Es ist festzustellen, dass der Freistaat Bayern darauf hinwirken soll und auch motivieren soll. Deshalb stimmen die FREIEN WÄHLER dem Antrag zu.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Trotz guter Konjunkturlage ist die Armutsgefahr in Bayern in den letzten Jahren laut den offiziellen Daten des bayerischen Sozialberichts weiter angestiegen. 14,6 % der bayerischen Bevölkerung oder 1,76 Millionen Menschen in unserem reichen Bayern gelten als armutsgefährdet. Das durchschnittliche Nettoeinkommen dieser Personen liegt lediglich bei 778 Euro und damit 20 % unter der Armutsschwelle.
Trotz Wirtschaftsaufschwung und hohen Wachstumsraten steigt seit 2010 die Armut in Bayern an. Es handelt sich hierbei um ein strukturelles Problem. Offensichtlich werden bestimmte Personengruppen von der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung abgekoppelt. Das trifft vor allem ältere Menschen – dabei vor allem Frauen –, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationshintergrund, die ein doppelt so hohes Armutsrisiko haben wie Menschen ohne Migrationshintergrund. Auch daran sieht man, dass Bayern bei der Integrationspolitik etwas tun muss. Das betrifft vor allen Dingen auch Langzeitarbeitslose.
Man sieht auch, dass der Anteil von Langzeitarbeitslosen, Herr Kollege Huber, in manchen Regionen bei etwa der Hälfte der Arbeitslosen liegt. Diese Personengruppe hat oftmals große Schwierigkeiten oder oft gar keine Chance, aus dieser Situation herauszukommen. Es ist nicht die Schuld der Menschen, wenn ein großer Arbeitgeber in einem Ort wegfällt oder ein bestimmter Strukturwandel dazu führt, dass innerhalb kurzer Zeit sehr, sehr viele Arbeitsplätze wegfallen. In Augsburg hatten wir zum Beispiel das Problem, dass mit dem Wegbrechen der Textilindustrie innerhalb von wenigen Jahren über 40.000 Arbeitsplätze weggefallen sind. Es ist dann für die Betroffenen sehr schwer, ein anderes Beschäftigungsverhältnis zu finden. In solchen Situationen ist es ziemlich zynisch, Herr Kollege Huber, über das Schicksal von 62.000 Menschen in Bayern in dieser Art und Weise, wie Sie es getan haben, hinwegzugehen.
Wir brauchen daher eine intensivere Beschäftigung der Politik mit der Problematik der Langzeitarbeitslosigkeit. Insofern ist zu prüfen, wie die Programme des Bundes zur Integration von Langzeitarbeitslosen genutzt werden können. Wir müssen Langzeitarbeitslosen eine Chance geben und eine Perspektive bieten und können das Problem nicht wegreden. Darum bitten wir Sie um Zustimmung zu diesem Antrag.
Danke schön, Frau Kollegin Kamm. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Andreas Lotte, Angelika Weikert, Doris Rauscher u. a. (SPD) Arm sein im reichen Bayern - Probleme und Lösungen XII: Gründung einer staatlichen Wohnungsbaugesellschaft (Drs. 17/9906)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Erster Redner ist der Kollege Lotte. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute wieder einmal über die Wohnungspolitik in Bayern. Wir alle wissen, dass die Situation dramatischer denn je ist. In immer mehr Regionen in Bayern haben die Menschen ein Problem, sich das Dach über dem Kopf leisten zu können. Ein Ende ist im Moment nicht absehbar. Viele Expertinnen und Experten sind sich in der Tatsache einig, dass wir mehr Wohnungen brauchen, und zwar deutlich mehr Wohnungen, als im Moment gebaut werden. Der Wohnungsbauminister Herrmann hat selbst als Staatsziel ausgegeben, 70.000 Wohnungen pro Jahr in Bayern zu errichten. Ich kann Ihnen sagen: Wir haben 50.000 Wohnungen, ja, sogar etwas mehr als 50.000 Wohnungen, geschafft; das sind aber 20.000 zu wenig. Ich vermag zu behaupten, dass selbst diese 20.000 Wohnungen noch nicht ausreichen würden, um den Wohnungsmarkt in Bayern nachhaltig zu entlasten.
Jetzt stellt sich die Frage, was wir in der Politik in Bayern tun können, um die Situation für unsere Bürgerinnen und Bürger zu entspannen. Die Bayerische Staatsregierung hat einen Wohnungspakt mit drei Säulen versucht. Minister Herrmann erklärt, die Kommunen müssten beim Wohnungsbau mehr tun, und auch die Kirchen müssten beim Wohnungsbau mehr tun, damit wir das gemeinsame Ziel erreichen. Er sagt aber nicht: Der Freistaat Bayern muss mehr tun.
Ich weiß, Sie sind den Argumenten der SPD nicht so zugänglich; deswegen versuche ich es mit einem Zitat eines Parteikollegen der CSU.