Protocol of the Session on July 7, 2016

(Josef Zellmeier (CSU): Wir haben noch über einen Antrag abzustimmen!)

Kolleginnen und Kollegen, wir fahren mit Tagesordnungspunkt 5 fort:

Abstimmung über eine Europaangelegenheit, eine Verfassungsstreitigkeit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 2)

Die in der Anlage an Nummer 1 stehende Subsidiaritätsangelegenheit hat der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen in seiner Sitzung am 5. Juli 2016 beraten und einstimmig Zustimmung empfohlen. Die Beschlussempfehlung wurde für Sie aufgelegt. Wir kommen nun zur Abstimmung. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 2)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Kolleginnen und Kollegen, ich komme zu Tagesordnungspunkt 3 zurück. Bei der Übergabe der Sitzungsleitung ist verloren gegangen, dass wir über den Antrag unter Tagesordnungspunkt 3 noch nicht abgestimmt haben. Es ist dies der Antrag der Abgeordneten Aiwanger, Streibl, Professor Dr. Piazolo und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Vielfalt des lokalen Hörfunks und regionalen Journalismus nachhaltig unterstützen!" auf Drucksache 17/10800. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FREIEN WÄHLER, die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt. Tagesordnungspunkt 3 ist endgültig erledigt.

Jetzt kann ich Ihnen schon das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung zu dem Gesetzentwurf auf

Drucksache 17/9548 bekannt geben: Mit Ja haben 85 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 61 Abgeordnete gestimmt. Stimmenthaltungen: keine. Das Gesetz ist damit angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes und des Gesetzes zur Ausführung des Rundfunkstaatsvertrags, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags".

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung haben die Änderungsanträge von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf den Drucksachen 17/11340 und 17/11820 ihre Erledigung gefunden.

Jetzt rufe ich Tagesordnungspunkt 6 auf:

Antrag der Abgeordneten Angelika Weikert, Doris Rauscher, Arif Tasdelen u. a. (SPD) Arm sein im reichen Bayern - Probleme und Lösungen I: Langzeitarbeitslose bei Stellenbesetzungen des Freistaats und seiner Beteiligungsgesellschaften stärker berücksichtigen! (Drs. 17/9895)

Ich eröffne die Aussprache. Die erste Rednerin steht schon da. Es ist Frau Weikert. Bitte schön, Frau Weikert.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diesen Antrag heute ins Plenum hochgezogen, weil die Beratung im Sozialausschuss zu diesem Antrag ein wenig befremdlich war. Das sage ich vorab. Der Antrag ist Teil eines umfassenden Antragspakets der SPD, das sich auf den "Datenreport: Soziale Lage in Bayern 2014" des Freistaats Bayern bezieht.

Kolleginnen und Kollegen, in unserem Antrag geht es konkret um eine Gruppe, die leider leicht aus dem Fokus gerät und die man bei der allgemeinen Freude über die relativ gute Arbeitsmarktlage in Bayern relativ schnell vergisst. Immerhin sind 62.000 Menschen in Bayern langzeitarbeitslos – nach der Definition also länger als ein Jahr. Viele davon sind jedoch bereits seit vielen Jahren arbeitslos. Es handelt sich oft um Menschen, die vom Strukturwandel in den großen Städten und in den Industrieregionen, zum Beispiel in Nürnberg – ich nenne die Firmen Grundig, Quelle und AEG –, betroffen waren. Nach Firmenschließungen haben sie keine neuen Arbeitsplätze mehr gefunden. Um solchen Menschen wieder eine Chance für einen neuen Existenzaufbau zu geben, sind von Arbeitsministerin Andrea Nahles, aber auch schon von ihren Vorgängern immer wieder Programme aufgelegt wor

den, die speziell auf diese Menschen zugeschnitten sind. Sie zielen darauf ab, dass wir für diese Menschen Brücken bauen, damit sie auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen. Das ist das Ziel der sozialdemokratischen Arbeitsmarktpolitik. Mit der Eingliederung der Menschen in den ersten Arbeitsmarkt soll ihnen eine neue Perspektive gegeben werden.

Es gibt ein ausgezeichnetes Programm des Arbeitsministeriums. Ich erinnere die Kolleginnen und Kollegen der CSU daran, dass sie Mitglied der Koalitionsregierung in Berlin sind und damit diesem Programm insgesamt zugestimmt haben.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt geht es um die Umsetzung bzw. um die praktische Handhabe. Zur Verwirklichung dieser Programme sind immer zwei Beteiligte erforderlich; wir brauchen zum einen die Jobcenter und die Arbeitsagenturen, die aus dem Pool der Langzeitarbeitslosen geeignete Bewerber heraussuchen und ihnen Angebote unterbreiten. Dabei handelt es sich um Angebote aus dem ganz normalen Arbeitsleben, die staatlich gefördert werden und den Arbeitgebern damit einen Anreiz bieten, speziell diese Menschen einzustellen. Zum anderen brauchen wir Betriebe, die sich dieser Problematik öffnen und sagen: Ja, wir geben einem Menschen, der längere Zeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, eine neue Chance.

Zu diesen Betrieben – das ist unser Anliegen – gehört auch der öffentliche Dienst. Heute Morgen haben wir von Finanzminister Söder gehört, wie viele Stellen es in Bayern gibt. Das sind viele Tausend Stellen. Wir sind der Meinung und der Überzeugung, dass sich der öffentliche Arbeitgeber, konkret der Freistaat Bayern, dieser Problematik öffnen muss und er einige Stellen, nicht Hunderte oder Tausende, im Rahmen dieses Programms zur Verfügung stellen sollte. Mit unserem Antrag verlangen wir lediglich, dass überprüft wird, wie sich der Freistaat Bayern als öffentlicher Arbeitgeber an diesem Programm beteiligen kann. Das ist die erste Forderung.

Zweitens soll in Unternehmen, an denen der Freistaat beteiligt ist, ein Bewusstsein für die Beteiligung an diesen Programmen gestärkt werden.

Drittens sollten die Unternehmen vonseiten des bayerischen Arbeitsministeriums ermutigt werden, sich diesem Thema zu stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Anfang habe ich gesagt, dass ich die Diskussion im Sozialausschuss persönlich befremdlich empfunden habe. Ich habe den Eindruck, dass Sie entweder das Programm nicht

verstanden oder kein Bewusstsein für diese ernste Problematik entwickelt haben. Ich erinnere Sie noch einmal daran, dass 62.000 Menschen in Bayern davon betroffen sind. Im Sozialausschuss wurde argumentiert, dass der öffentliche Dienst seine Mitarbeiter nach dem Leistungsgedanken einstellt. Das machen jedoch alle Betriebe, die sich auf dem privatwirtschaftlichen Sektor im Wettbewerb behaupten müssen. Von diesen Betrieben verlangen wir jedoch eine Teilnahme. Dafür sind die Programme da; denn ohne Abnehmer in den Betrieben sind die Programme wirkungslos und können in der Praxis nicht umgesetzt werden.

Wir haben den Antrag hochgezogen, um Sie zu bitten, sich den Antrag noch einmal genau anzuschauen. Wir fordern lediglich die Überprüfung, inwieweit sich der Freistaat Bayern an dem Programm beteiligen kann. Wir sollten die Unternehmen, an denen der Freistaat beteiligt ist, dazu ermuntern, sich an dem Programm zu beteiligen. Außerdem sollte man der bayerischen Wirtschaft signalisieren: Gebt diesen Menschen eine Chance und stellt ihnen geeignete Arbeitsplätze zur Verfügung. Ich bin gespannt auf die heutige Debatte und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit – auch wenn einige schon in die Mittagspause gegangen sind.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Weikert. – Nächster Redner ist Herr Kollege Huber. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist wichtig und richtig, auch Langzeitarbeitslosen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Frau Kollegin Weikert, wir haben im Sozialausschuss darüber diskutiert und das Problem verstanden. Wir tun auch gemeinsam etwas. Wir halten uns aber auch an die Prinzipien. Wer von Ihnen die monatlichen Berichte zur Arbeitslosigkeit in Bayern aufmerksam verfolgt – dazu dürften auch die Kolleginnen und Kollegen der SPDFraktion gehören –, stellt seit Langem fest, dass die Arbeitslosenquote in unserem Land – das haben Sie richtig gesagt – regelmäßig neue Rekorde erreicht. In diesem Fall bedeuten neue Rekorde neue Tiefststände. Erlauben Sie mir einen kleinen Rückblick.

(Angelika Weikert (SPD): Das ist nicht das Thema!)

Im Jahr 2015 hatte der Freistaat Bayern mit 3,6 % erneut die niedrigste Arbeitslosigkeit aller Bundesländer und liegt damit auch vor allen SPD-regierten Bundesländern.

(Beifall bei der CSU)

Dabei konnten 40 % unserer Landkreise und kreisfreien Städte mit Quoten unter 3 % faktisch Vollbeschäftigung vermelden. Das zeigt eindeutig, dass der wirtschaftliche Erfolg durch das außerordentlich hohe Beschäftigungsniveau bei den Menschen in ganz Bayern ankommt. Ich möchte jedoch nicht verschweigen, dass es auch bei uns strukturschwächere Regionen und ärmere Menschen gibt. Das haben wir auch in der Diskussion um den Arbeitsmarkt und den Sozialbericht erlebt. Frau Weikert, wo gibt es diese Regionen nicht? – Schauen Sie einmal in unser Nachbarland Frankreich, gegen das heute Abend unsere Nationalmannschaft in Marseille spielt. Dort wird der ländliche Raum bekanntlich als Provinz bezeichnet. Das führt vielfach zu einer Landflucht in die Ballungsräume, weil es vor Ort kaum Arbeitsplätze gibt, schon gar nicht für gut qualifizierte junge Menschen. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Jugendarbeitslosigkeit beträgt dort 25 %. – Hören Sie zu, dann lernen Sie vielleicht noch was!

Im Juni 2016 lag die Arbeitslosenquote in Bayern bei nur noch 3,2 %. Sie ist damit gegenüber dem Vormonat und dem Vorvormonat noch einmal um 0,2 Prozentpunkte gefallen. Das ist die niedrigste Arbeitslosenquote, die jemals in Bayern gemessen wurde.

(Beifall bei der CSU)

Das ist eine der besten Nachrichten in der Geschichte des Freistaates Bayern seit seiner Gründung, die in den Medien und in der Öffentlichkeit aber leider kaum gewürdigt wird. Vom starken Rückgang der Arbeitslosigkeit profitieren erfreulicherweise auch die Langzeitarbeitslosen. – Frau Weikert, hören Sie doch einmal zu! Wollen wir uns hier auseinandersetzen, oder ratschen Sie weiter mit Ihren Kollegen?

(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Reden Sie doch zum Thema!)

Das ist keine sachliche Debatte mehr. – Frau Weikert, auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen ging zurück. Sehen Sie sich einmal den Rückgang an. Von 2011 bis 2015 ging die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Bund um 2,7 % zurück. In Bayern ging sie um 4,6 % zurück.

(Christine Kamm (GRÜNE): Das ist doch nicht das Thema!)

Sehen wir uns einmal die Langzeitarbeitslosigkeit von 2011 bis Juni 2016 an. Da hatten wir in Bayern sogar einen Rückgang von 9 %. Ist das angesichts der Zahl von 61.948 Langzeitarbeitslosen nichts?

(Gisela Sengl (GRÜNE): Es geht um etwas anderes! – Christine Kamm (GRÜNE): Thema verfehlt!)

Hören Sie doch einmal zu! Wir haben gerade vorhin noch mit einer Schulklasse darüber geredet.

Selbstverständlich ist es wichtig, dass in dieser wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Boomphase auch Langzeitarbeitslose noch mehr Chancen bekommen, um wieder arbeiten zu können. Hier jedoch gleich wieder nach dem Staat zu rufen, ist unseres Erachtens der falsche Weg.

(Angelika Weikert (SPD): Wir rufen doch nicht nach dem Staat!)

Frau Weikert, nennen Sie mir ein einziges SPD-regiertes Bundesland, in dem es gelungen ist, die Zahl der Langzeitarbeitslosen durch Stellenbesetzungen des Bundeslandes abzubauen. Die kriegen das so schon nicht hin. Die Antwort ist einfach: Es gibt kein Bundesland, das eine Regelung hätte, wie Sie sie in Ihrem Antrag beschrieben haben.

Wir haben auch heute in der Aktuellen Stunde wieder erfahren, dass bei uns in Bayern die Stellen nach wie vor auf sehr hohem Niveau aufgebaut werden. Die Arbeitslosenquote liegt bei uns so nahe am Vollbeschäftigungsniveau wie nie zuvor. Seit 2012 wurden 11.000 neue Stellen aufgebaut. Von diesem Trend profitieren auch Langzeitarbeitslose, vor allem dann, wenn sie die beruflichen Voraussetzungen erfüllen.

Frau Weikert, jetzt komme ich zu Ihrem Punkt: Bekanntlich gibt es dafür bereits eine ganze Reihe von Qualifizierungsmaßnahmen, vor allem über die Bundesagentur für Arbeit. Auch die Bayerische Staatsregierung sensibilisiert im Rahmen ihrer Möglichkeiten bereits für die Einstellung von Langzeitarbeitslosen. Die Kollegen aus dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes wissen jedoch, dass im öffentlichen Dienst eine Einstellung von Langzeitarbeitslosen nicht vorrangig erfolgen kann, da die Dauer der vorangegangenen Arbeitslosigkeit kein Kriterium für eine Auswahl nach dem Leistungsprinzip ist. Selbstverständlich können sich auch Langzeitarbeitslose auf freie Stellen beim Freistaat Bayern bewerben. Für sie gelten aber die gleichen Kriterien wie für alle anderen Bewerber.

Frau Weikert, Sie wissen so gut wie ich, dass die Staatsregierung auf die Stellenbesetzung bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern keinen Einfluss nehmen kann, da diese ihre Personalentscheidungen in eigener Verantwortung treffen. Wo kämen wir denn hin, wenn es andersherum wäre?

(Angelika Weikert (SPD): Das steht nicht in dem Antrag!)

Ich möchte Sie als Opposition hören, wenn das gemacht würde.

Ich komme damit auf den nächsten Ihrer Punkte: Soweit der Freistaat als Arbeitgeber angesprochen worden ist, ist eine unmittelbare Einflussnahme durch die Staatsregierung nicht möglich, weil die Ressorts ihre Einstellungsentscheidungen im Rahmen ihrer Ressorthoheit treffen. Das ist auch gut so. Bei der Besetzung einer Stelle sind der am besten geeignete Bewerber oder die am besten geeignete Bewerberin auszuwählen.