Zu guter Letzt noch ein Hinweis an die Kollegen der FREIEN WÄHLER. Es ist in Ordnung, dass Sie das Für und Wider gegeneinander abwägen. Aber Herr Kollege Felbinger hätte sich das Argument im Ausschuss besser gespart, dass die Anzahl der Geburten bei verheirateten Vätern rein biologisch auf eine Geburt pro Jahr begrenzt sein solle, während unverheiratete Beamte beliebig oft Sonderurlaub beantragen könnten. Leider ist der Herr Kollege Felbinger nicht da. Ich hätte gerne extra für ihn bei Bienen und Blumen angefangen; denn es ist biologisch durchaus möglich, dass auch ein verheirateter Vater die Geburt seines Kindes mehrmals im Jahr erleben kann. Es ist absolut unwahrscheinlich, dass unverheiratete Väter bloß aus Jux und Tollerei mehrmals im Jahr einen Tag Sonderurlaub in Anspruch nehmen und die Vaterschaft mehrerer Kinder anerkennen, selbst wenn es nicht die eigenen sind. Weil auch unverheiratete Väter bei der Vaterschaftsanerkennung nicht nur Rechte bekommen, sondern auch finanzielle Pflichten eingehen,
Zusammenfassend möchte ich nochmals sagen: Ziehen Sie bei der Familienfreundlichkeit im öffentlichen Dienst mit der privaten Wirtschaft gleich! Fördern Sie die Vielfalt der Familienmodelle, und stimmen Sie unserem Antrag zu.
Vielen Dank, Herr Kollege Ganserer. - Für die CSU-Fraktion hat nun Frau Kollegin Heckner das Wort. Bitte schön.
Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der GRÜNEN, der hier bereits 2011 völlig wort- und inhaltsgleich beraten und abgelehnt wurde, mag auf den ersten Blick logisch und konsequent erscheinen.
Lassen Sie mich doch einmal ausreden. Warum sollte diesen freien Tag nicht ein Unverheirateter genauso wie ein Verheirateter bekommen? Diese emotionale Seite, wie Sie sie jetzt fünf Minuten ausgebreitet haben, kann man selbstverständlich nachvollziehen. Aber es geht hier nicht darum, ob jemand verheiratet oder nicht verheiratet ist. Ich darf an die Diskussion in unserem Ausschuss erinnern – leider ist das medial nicht so dargestellt worden -: Wir haben im Ausschuss den Antrag abgelehnt, weil wir die Beamten gegenüber den Angestellten im öffentlichen Dienst nicht privilegieren wollen.
Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen dazu die allgemeine Rechtslage darstelle. Die Regelung in der Urlaubsverordnung für die bayerischen Beamten und Richter ist an den tarifrechtlichen Bestimmungen für die Arbeitnehmer der Länder ausgerichtet und ihnen nachgebildet. § 29 des Tarifvertrags der Länder sieht eine Dienstbefreiung nur bei Niederkunft der Ehefrau bzw. der Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes vor. Das entspricht den Bestimmungen aller Länder in Deutschland, wohlgemerkt auch der Länder, in denen die GRÜNEN Regierungsverantwortung haben.
Ich darf an dieser Stelle auch einschieben, dass die bestehenden Regelungen bereits einige Male vor Gericht angefochten und nie rechtlich beanstandet wurden. In Bezug auf die unterschiedliche Behandlung
verheirateter und nicht verheirateter Väter ist eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht nicht zugelassen worden.
Lassen Sie mich nun zum Kern unserer ablehnenden Haltung kommen. Sie wenden sich gegen eine Ungleichbehandlung verheirateter und nicht verheirateter Väter. Wir wollen keine Ungleichbehandlung der Statusgruppen der Beschäftigten, also keine Ungleichbehandlung von Beamten und Angestellten.
Lassen Sie mich auf die Zukunft zu sprechen kommen. Im Zusammenwirken mit der Staatsregierung hat unsere Fraktion nun die Absicht geäußert – das wird der Ministerrat nächste Woche hoffentlich so beschließen -, dass Bayern in den anstehenden Tarifverhandlungen, die im kommenden Frühjahr stattfinden werden, einen Antrag einbringen wird, um diese Urlaubsregelung für unverheiratete Väter in den Tarifvertrag mit einzubeziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil hier völlig falsch argumentiert wird, möchte ich sagen: Unser politischer Wille ist ganz klar. Wir sehen die Lebenswirklichkeit unserer Familien. Wir wollen keine Ungleichbehandlung von Angestellten und Beamten. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Gewerkschaften bei diesen Tarifverhandlungen verhalten werden. Die Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen können dann einmal gegenüber den Gewerkschaften und den anderen Bundesländern Farbe bekennen, die bei dieser Regelung mitgehen müssten.
Ich äußere den Verdacht, dass es nicht die Arbeitgeber sein werden, die sich gegen eine Änderung des Tarifvertrags sträuben werden. Dazu möchte ich ein Beispiel aus Bayern anführen: Der Manteltarifvertrag des Bayerischen Rundfunks enthält die Regelung, dass verheiratete Beschäftigte drei Tage Urlaub bei der Niederkunft der Ehefrau bekommen. Nichtverheiratete bekommen keinen Urlaub. Der Bayerische Rundfunk hat sich bemüht, dies in seinem Tarifvertrag zu ändern. Die Arbeitnehmervertretung hat dabei nicht mitgemacht, weil sie Sorge hatte, dass sie eine solche Regelung anderweitig bezahlen müsste.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nicht noch einmal solche Anträge in unserem Plenum behandeln müssen, in denen so getan wird, als ob wir die ewig Gestrigen wären. Sie haben jetzt die Gelegenheit, sich auf Bundesebene, bei wem auch immer, dafür starkzumachen, dass unser bayerischer Antrag durchgeht und diese Regelung in den Tarifvertrag aufgenommen werden kann. Dann werden wir selbstverständlich bei unseren Beamten nachziehen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es ziemlich kurz machen. Wir werden dem Antrag der GRÜNEN, wie schon im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes, zustimmen. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Lebenswirklichkeit stellt sich heute ganz anders dar als noch vor einigen Jahren. Immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, unverheiratet zusammenzuleben. Laut dem Statistischen Bundesamt werden 33 % der Kinder in außerehelichen Beziehungen geboren; bei den Erstgeborenen sind es mehr als 40 %. Das sind doppelt so viele wie noch vor 20 Jahren.
Herr Kollege Ganserer hat schon gesagt, dass der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung versprochen hat, verschiedene Familienmodelle zu fördern und Bayern familienfreundlich zu gestalten. Im Sinne dieser Regierungserklärung solle sich die Arbeitswelt dem Familienleben anpassen und nicht umgekehrt. Wenn wir diesem Antrag der GRÜNEN zustimmen, gehen wir einen Schritt in die richtige Richtung. Gerade der öffentliche Dienst muss eine Vorbildfunktion erfüllen und sollte hier Vorreiter sein. Mit der Zustimmung zu diesem Antrag würde dazu ein erster Schritt getan.
Frau Kollegin Heckner und die Kolleginnen und Kollegen der CSU haben im Ausschuss das Gegenargument des Schutzes von Ehe und Familie angeführt. Im Ausschuss wurde erklärt, die unverheirateten Männer müssten die Vaterschaft erst anerkennen. Allerdings übernehmen auch unverheiratete Väter Verantwortung für ihre Kinder. Der Großteil dieser Väter erkennt die Vaterschaft vor der Geburt an.
Man kann nicht so argumentieren, wie dies Herr Kollege Felbinger im Ausschuss getan hat. Frau Kollegin Heckner hat erklärt, dass Bayern den Antrag in die Tarifverhandlungen einbringen wird, damit diese Regelung in den Tarifvertrag kommt. Wir werden unser Bestes tun, um die Arbeitnehmervertreter bei den Tarifverhandlungen davon zu überzeugen, dass es wichtig ist, dass diese Regelung in den Tarifvertrag kommt. Wie gesagt: Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen.
Danke, Herr Kollege Schuster. Ich darf bekannt geben, dass zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Vater sein heißt Vater sein. Ein Kind unterscheidet nicht zwischen verheiratet und unverheiratet. Ich sehe die Forderung des Bayerischen Beamtenbundes nicht als Juristin, sondern als sozialpolitische Sprecherin. Die Mütter haben ein Recht auf Beistand, wenn die Vaterschaft anerkannt wird. Die Zahl der Ehen in Deutschland ist in den letzten 20 Jahren um die Hälfte gesunken. Auch die Zahl der Geburten ist gesunken. Deshalb muss jede Familie unterstützt werden, die sich für Kinder entscheidet.
Ich halte es mit Herrn Staatssekretär Pschierer, der vorhin in diesem Parlament erklärt hat, dass Erfahrungen aus der bayerischen Wirtschaft stärker berücksichtigt werden müssten; die Erfahrungen aus der Wirtschaft müssten übertragen werden. Der Verband der Bayerischen Wirtschaft handelt danach; in der Elektroindustrie wurde diese Regelung aufgenommen.
Wir unterstützen Sie, wenn Sie in Bayern in diese Richtung vorangehen wollen. Wenn ich mir den Querschnitt dieses Parlaments betrachte, dann sehe ich, dass schon einige Kollegen diese Erleichterung hätten nutzen können. Ich hoffe, dass dies in der Zukunft möglich sein wird. Ich freue mich, dass Sie modern und zukunftsorientiert sind und dass wir nicht noch eine Freistellung für ledige Mütter fordern müssen. Mit dem gleichen Argument könnte nämlich einer ledigen Mutter der Mutterschutz verweigert werden. Familie ist und bleibt Familie. Die Väter brauchen Zeit, um ihre Vaterschaft anzuerkennen. Wir unterstützen diesen Antrag. Frau Kollegin Heckner, ich hoffe, dass es schnell gehen wird.
Danke schön, Frau Kollegin Schmidt. Von der Staatsregierung wird uns Herr Staatssekretär Hintersberger aufklären.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, ich muss nicht groß aufklären; denn das hat bereits Frau Kollegin Heckner mit ihrem Blick auf die Erörterungen im Ausschuss getan.
Der Antrag der Fraktion der GRÜNEN zielt darauf ab, die Urlaubsverordnung für die bayerischen Beamten
und Richter zu ändern. Danach soll ledigen Beamten anlässlich der Geburt ihres Kindes ein Tag Dienstbefreiung gewährt werden. Bislang kann nach der Urlaubsverordnung – die einzelnen Artikel sind genannt worden – nur verheirateten Beamten eine Dienstbefreiung bei der Niederkunft ihrer Ehefrau ermöglicht werden.
Bislang gibt es in keinem Bundesland eine Dienstbefreiung für ledige Beamte bei der Geburt ihres Kindes. Auch in den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst ist noch keine Freistellung für ledige Väter vorgesehen. Mit der isolierten Änderung der Urlaubsverordnung für Beamte würde eine Privilegierung für Beamte geschaffen, die nicht begründet ist. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass wir im Zuge der kommenden Tarifverhandlungen diese Thematik erörtern und offensiv angehen werden. Nur so wird eine solche Regelung Bestand haben. Seitens der Staatsregierung darf ich deshalb empfehlen und Sie darum bitten, diesen Antrag heute abzulehnen.
Danke schön, Herr Staatssekretär. – Meine Damen und Herren, die erforderliche Zeit von 15 Minuten seit der Ankündigung der namentlichen Abstimmung ist noch lange nicht um.
- Liebe Frau Kollegin Heckner, eine Rede von zehn Minuten muss jetzt nicht sein, oder? Ich schlage vor, die Abstimmung über diesen Punkt zurückzustellen.
Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) Konsequenzen aus dem Strafverfahren gegen Ulvi K. ziehen (Drs. 17/1961)
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Fall Ulvi K. ist ein tragischer Fall. Das Opfer ist noch nicht lokalisiert. Der vermeintliche Straftäter, ein Schwerbehinderter, ist im Jahr 2004 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Am 14. Mai 2014 ist dieses Urteil in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben und Ulvi K. vom Mordvorwurf freigesprochen worden. Dazwischen wurde vielfach rein pro forma gesagt: Die Justizentscheidung war in Ordnung. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil
im Jahr 2005 gestützt, eine Verfassungsbeschwerde durch den Anwalt von Ulvi K. wurde wegen Verfristung nicht angenommen.
Gleichwohl kam es zu diesem Freispruch. Wer hat diesen Freispruch erwirkt? - Es waren nicht die Kräfte der Justiz, es waren nicht die Kräfte, die eine Revision innerhalb des eigenen Apparates in Gang setzen, sondern es waren Bürgerinnen und Bürger, die von Anfang an an die Unschuld des damals verurteilten Ulvi K. glaubten. In einer beispielhaften Kampagne wurden Fehler aufgedeckt und Sachverhalte hinterfragt, Methoden wurden zutage gefördert, die uns allen, die wir Träger und verantwortliche Befürworter des Rechtsstaates sind, in keiner Weise gefallen können.
Die Fehlentscheidungen im Rahmen der Ermittlungen haben auch den Bayerischen Landtag betroffen gemacht. Wir haben damals beantragt, eine unabhängige Expertenkommission einzuberufen, die analysieren soll, welche Konsequenzen aus diesem Vorgang gegebenenfalls zu ziehen sind bzw. bereits gezogen wurden. Im Verfassungsausschuss hat Kollegin Guttenberger, die rechtspolitische Sprecherin der CSUFraktion, geäußert: Das Handeln der Polizei war nicht korrekt, die Polizei war nicht allein verantwortlich. – Das ist richtig so; denn die Staatsanwaltschaft ist Anklagebehörde, und die Polizei ermittelt für die Staatsanwaltschaft. Weiter hat sie gesagt: Es ist viel schiefgegangen. – Darin sind wir uns vollkommen einig. Darüber hinaus hat sie geäußert: Das Wiederaufnahmeverfahren sei der richtige Ort für die Aufarbeitung. – Mit dieser Argumentation wurde unser Antrag seinerzeit abgelehnt.
Das Wiederaufnahmeverfahren ging am 14.05. für Ulvi K. positiv aus. Ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben, ob möglicherweise weitere freiheitsentziehende Maßnahmen entbehrlich sind. Noch immer sind Fragen zu den Ermittlungen offen: Da sind manipulierte Aussagen eines V-Mannes, die dieser zugegeben hat; da sind Tathergangshypothesen, die vollkommen schleierhaft waren; da sind entsprechende gutachterliche Sachverhalte. Was die Staatsanwaltschaft angeht, ist zu fragen: Wem kann ich trauen? Oder: Wie sind die Ermittlungen zu leiten?
All diese Dinge sind wichtig; denn es steht uns im Freistaat Bayern und der Bundesrepublik Deutschland nicht gut an, derartige Irrtümer und Fehlleistungen einfach damit abhaken zu wollen, dass diese Fehler nach 10 Jahren durch einen Freispruch im Wiederaufnahmeverfahren bereinigt werden; denn die Schicksale laufen weiter. Bei aller Betroffenheit geht es auch darum, uns Klarheit darüber zu verschaffen, wie wir die Systematik insgesamt verbessern können.