(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie denken sich, wegen dem einen Jahr rentiert es sich eh nicht mehr!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin froh, dass wir heute zumindest so weit sind, dass wir alle annäherungsweise über das Gleiche sprechen. Ich bin auch froh, dass wir mittlerweile zumindest einmal 20 Millionen in den Haushalt eingestellt haben. Dennoch möchte ich noch einmal fragen: Wo ist denn dieses Konzept, das von der CSU ständig besprochen wird, das wir aber noch nicht gesehen haben? Der Ministerrat hat im März 2011 ein Eckpunktepapier vorgelegt. Das BayKiBiG sollte novelliert werden. Diese Novelle sollte zum 1. Januar 2012 in Kraft treten. Bis heute liegt nichts vor.
Die Eltern, die Kindergärten, die Kommunen draußen, alle warten darauf, dass die bisherigen Stolpersteine im BayKiBiG endlich beiseite geschafft werden, dass man nachbessert. Das ist seit Langem versprochen. Wir warten darauf. Hier zählen Taten und nicht Worte. Wir werden Sie auf diesem Weg sehr gerne unterstützen, und wir versprechen Ihnen auch: Wir werden beharrlich dranbleiben.
Danke schön, Frau Kollegin Schweiger. Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Ackermann gemeldet. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Komplette Kostenfreiheit für die Kindergärten, besser ausgebildete Erzieherinnen und kleinere Gruppen sind zwar auch unser Wunsch, aber es war auch der Wunsch des Zukunftsrats Bayern, des, wie man hört, wichtigsten Beratergremiums unseres nicht mehr vorhandenen Ministerpräsidenten. Aber ich glaube, dieses Mal hat sich der Zukunftsrat etwas überhoben; denn er wurde gestern gefeuert.
Wir sind da etwas vorsichtiger. Wir können zwar nicht gefeuert werden, aber wir sehen auch die Haushalt
serfordernisse. Deswegen sagen wir: Wir wollen beim Kindergarten und bei den Krippen Qualität vor Kostenfreiheit.
Natürlich ist auch unser Fernziel die Kostenfreiheit; aber ich glaube, wir müssen Prioritäten setzen. Uns ist es einfach wichtig, dass die frühkindliche Bildung eine hohe Qualität hat. Deshalb sind wir dafür, dass zunächst die Gruppen kleiner werden, sodass die Erzieherinnen gut mit den Kindern arbeiten können. Bis dahin ist es in Bayern noch ein weiter Weg,
denn Bayern schafft noch nicht einmal den Krippenausbau bis 2013. Bayern ist noch weit hinter seinem selbst gesteckten Ziel -
- Es ehrt Sie und zeigt gleichzeitig Ihre Ahnungslosigkeit, wenn Sie sich hier aufregen. Sie kennen offensichtlich die Zahlen nicht. Bayern ist derzeit bei einem Ausbaugrad von 23 %. Sie können mir einmal erzählen, wie Sie in zwölf Monaten zehn Prozent zulegen wollen, wenn Sie in den letzten Jahren immer nur zwei Prozent geschafft haben. Sie können es nicht schaffen, Sie werden es nicht schaffen, und Sie werden im nächsten Jahr von Eltern mit einer Klagewelle überzogen werden. Aber das ist Ihnen egal, denn es trifft ja nur die Kommunen. - Das war ein kleiner Ausflug in die Welt der Kinderkrippe, von der Sie offensichtlich keine Ahnung haben.
Ich wollte eigentlich zum kostenfreien Kindergartenjahr sprechen, denn das sieht der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vor. Wie schon häufig an dieser Stelle geäußert, werde ich es auch heute wieder tun: grundsätzliche Kostenfreiheit ja, aber wenn die Kostenfreiheit erst auf ein Kindergartenjahr begrenzt ist, dann möchten wir die Kostenfreiheit für das erste Kindergartenjahr. Wir sind der Meinung, dass man versuchen muss, möglichst früh Anreize zu schaffen, damit Eltern ihre Kinder in solche Einrichtungen schicken. Wir wissen, dass Kinder mit drei Jahren wesentlich bildbarer sind als später.
Im Übrigen kann das letzte Kindergartenjahr deshalb keinen Anreiz mehr bieten, weil schon fast alle Kinder im Kindergarten sind. Das ist nur ein gradueller Unterschied. Ich glaube, wir sind uns mit der SPD durchaus einig, dass es wichtig ist, dass frühkindliche Bildung auch als Bildung betrachtet wird, und wenn es Bildung ist, sie auch kostenfrei sein muss.
Wir möchten ganz gezielt die richtigen Schritte auf diesem Weg machen und diese lauten: Zuerst brauchen wir Qualität in der frühkindlichen Bildung.
Dann können wir schrittweise die Kostenfreiheit einführen. Schrittweise heißt beginnend mit dem ersten Kindergartenjahr und dann natürlich auch die Kostenfreistellung in den Kinderkrippen. Von diesem Weg sind wir überzeugt, wenngleich wir mit dem Zukunftsrat absolut einer Meinung sind: Kostenfreiheit, bessere Bezahlung, bessere Ausbildung, kleinere Gruppen - am besten gleich morgen; das wäre uns am liebsten. Aber wir bescheiden uns und machen diese Schritte, die ich Ihnen soeben erläutert habe. Wir werden uns deshalb bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der SPD enthalten, weil der Gesetzentwurf nach unserer Meinung durchaus in die richtige Richtung geht, er allerdings den falschen Zeitpunkt wählt.
Danke schön, Frau Kollegin Ackermann. - Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Will. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wann ist schon der richtige Zeitpunkt für etwas? Darüber lässt sich trefflich streiten. Für uns ist der richtige Zeitpunkt, jetzt etwas zu beginnen. Deshalb, glaube ich, brauchen wir nicht mehr darüber zu reden, wer was genau will.
Ich freue mich, dass sich in diesem Hohen Haus alle einig sind, dass frühkindliche Bildung wichtig ist, langfristig kostenfrei sein sollte und der Kindergarten als Bildungseinrichtung verstanden werden sollte. Wir sind uns auch darin einig, dass die Kostenfreiheit allein nicht das Wichtigste ist, sondern auch mit Qualität einhergehen muss. Sowohl die Qualität der Betreuungsschlüssel, also die Verkleinerung der Gruppen, als auch - das ist uns besonders wichtig - die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher muss sich in einem Maße verändern, damit es möglich ist, dass der hervorragende Bildungs- und Erziehungsplan, der acht Jahre alt ist, entsprechend umgesetzt werden kann. Wir alle wissen, was uns die Hirnforscher sagen: Frühkindliche Bildung hat, wie der Name schon sagt, etwas mit Bildung zu tun. Man muss wegkommen von dem Gedanken der reinen Betreuung.
Was ist zu welchem Zeitpunkt zu tun? Darüber haben wir schon gesprochen. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass das letzte Kindergartenjahr - wir verstehen das als schulvorbereitendes Jahr - am Ende der Legislaturperiode 2013 kostenfrei sein wird. Wir beginnen jetzt mit einem Beitrag von 50 € pro Kind, der den Elternbeitrag kostenfrei gestaltet, also nicht zulasten der Kommunen geht, und wir planen, im Doppelhaushalt weitere 50 € zu ermöglichen.
Wir haben die Verantwortung, es zu rechnen und auch finanzieren zu können. Das ist der Unterschied. Der Wunsch war bei uns schon lange vorhanden, und zwar schon lange bevor wir in diesen Landtag eingezogen sind. Das stand schon in unserem Wahlprogramm 2003. Das heißt für uns, wir haben die Verantwortung, es zu finanzieren, und müssen gleichzeitig abwägen, wie wir den Spagat zwischen Elternbeitragsfreiheit und Verbesserung des Betreuungsschlüssels machen können.
Der erste Schritt wurde im Doppelhaushalt 2008/2009 gemacht. Im Doppelhaushalt erfolgte die Senkung um einen halben Punkt, jetzt um einen weiteren halben Punkt. Das ist der Schritt zur Qualitätsverbesserung. Gleichzeitig haben wir uns gestern durch die beeindruckenden Vorträge beim VBW durch den Aktionsrat Bildung mehrfach bestätigt gefühlt, dass der Kindergarten für die Drei- bis Sechsjährigen gebührenfrei sein muss. Wir haben uns auch in der Auffassung bestätigt gefühlt, dass die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher parallel damit einhergehen muss.
Darauf möchte ich mein Augenmerk richten. Das ist das Entscheidende. Die Ausbildung dauert fünf Jahre und mittlerweile haben wir den Bachelor-Abschluss nach sechs Semestern. Das sind drei Jahre. Wenn man die Praxis hinzunimmt, werden es vier Jahre, also ein Jahr weniger, als die Ausbildung jetzt dauert. Dann können wir die Erzieherinnen und Erzieher besser bezahlen, wenn die entsprechende Qualifikation vorausgesetzt wird. Das geht auch nicht von heute auf morgen. Wir sind uns darin einig, dass wir irgendwann mit der Leitung beginnen müssen. Es ist nicht so, dass wir von heute auf morgen keine Kinderpflegerinnen mehr einstellen, sondern wir werden diese auch fortbilden. Beides muss möglich sein.
Wenn wir uns Ihren Gesetzentwurf anschauen, dann frage ich mich: An wen soll das Geld verteilt werden? An die Kommunen oder direkt an die Eltern? Wir sind derzeit dabei - das wurde von Tanja Schweiger bereits angemahnt -, eine Grundlage im BayKiBiG zu schaffen, damit es solide, unbürokratisch und transparent finanziert wird.
Ihren Gesetzentwurf so hoppla hopp durchzubringen, hilft uns nicht weiter. Sie werden sehen: Wir bilden eine solide Grundlage, die für jedermann nachvollziehbar ist. Wir werden das auch weiterhin verfolgen, sodass in Zukunft Kindertagesstätten für Drei- bis Sechsjährige als Bildungseinrichtungen gesehen werden können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte ist einzuordnen in eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der wir uns alle miteinander auf allen Ebenen vor wenigen Jahren erst entschlossen haben, nämlich die Betreuung für Kinder unter drei Jahren. In diesem Kontext sehe ich die gesamte Kinderbetreuung als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, entsprechend finanziell zu hinterlegen, auszubauen und mit einem Rechtsanspruch zu versehen.
Liebe Frau Ackermann, wenn Sie sagen, Bayern komme diesbezüglich nicht voran, dann empfinde ich das als ein echtes Misstrauensvotum und Beleidigung für die wirklich guten Kommunen in Bayern, die hervorragend arbeiten und sehr viel Geld für dieses Ziel investieren.
Wir liegen in Bayern nicht bei 23 % - ich würde Ihnen raten, sich die aktuellen Zahlen anzuschauen -, denn wir haben eine riesige Dynamik. Wir sind schon zu Beginn dieses Schuljahres beim Ausbau der Betreuung für die Kinder unter drei Jahren bei 28 % gewesen. Wir sind jetzt schätzungsweise dabei, die 30 % zu reißen. Ende nächsten Jahres sind wir bei 36 %. Das ist mehr, als sich die GRÜNEN in Baden-Württemberg überhaupt als Ziel gesetzt haben.
Zweitens ist uns wichtig, dass Qualität und Quantität Hand in Hand gehen. Bei der Quantität sind unsere Kommunen mit enormer Anstrengung - es ist eine kommunale Pflichtaufgabe - und mit Unterstützung des Freistaats dabei. Bei der Qualität haben wir auch einen ganz wichtigen Schritt gemacht. Wir haben ein politisches Konzept, wir orientieren uns immer daran, was die Menschen wollen. Das ist etwas, das sich letztlich durchaus auszahlt. Die Eltern wollen, wenn man sie befragt - das habe ich gemacht -, zu knapp
Deshalb war es uns wichtig, beides zu tun, sodass wir auf der einen Seite den Einstieg in die Kostenfreiheit haben, aber auf der anderen Seite - da sind wir uns mit Ihnen einig, denn das kommt allen Kindern zugute, nicht nur den Kindern im letzten Kindergartenjahr auch etwas für kleinere Gruppen tun und das vom Freistaat entsprechend unterstützen.
Es wurde nach der Technik gefragt: Wir machen das im Rahmen der Novellierung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes. Sie ist derzeit in der Ressortabstimmung. Der Entwurf hat mein Haus bereits verlassen und wird nach der Kabinettsbehandlung voraussichtlich im zweiten Quartal dem Hohen Hause vorgelegt werden. Es ist alles im Plan. Es läuft alles entsprechend der Beschlüsse von St. Quirin im üblichen Verfahren.
Kurz noch zu dem, was wir vorhaben. Wir wollen in der ersten Stufe durch einen Zuschuss von 50 € monatlich die Familien entlasten, deren Kind sich im letzten Kindergartenjahr befindet. Das sind ca. 100.000 Familien. Es ist eine Entlastung von 600 € im Jahr. Das sollte man nicht kleinreden. Ich glaube, das werden die Familien sehr gut brauchen können und auch spüren. Gleichzeitig werden sie merken, dass auch die Gruppen kleiner werden, weil wir den Anstellungsschlüssel verbessern und dabei auch den Teil übernehmen, den an sich die Kommunen bezahlen müssten und derzeit auch bezahlen, wenn ihr Anstellungsschlüssel besser als der Mindestanstellungsschlüssel ist.
Die Mittel für die Betriebskostenförderung - da wird deutlich, welche Leistung unsere Kommunen erbringen - sind jedes Jahr erheblich gestiegen. Wir haben die Krippenplätze in Bayern in den letzten vier Jahren verdreifachen können. Wir haben eine laufende Betriebskostenförderung von einer Milliarde Euro. Nur Betriebskostenförderung! Mit den neuen Maßnahmen kommen noch 93 Millionen Euro dazu. Mit diesen Verbesserungen, mit einer Förderquote der Grundkosten von 45 %, haben wir uns endgültig bundesweit an die Spitze gesetzt, was die Förderung der Kommunen bei der Bewältigung der Aufgabe Kinderbetreuung angeht. Schauen Sie sich Länder an, wo Sie die politische Verantwortung tragen. Sie werden sich schwertun, Vergleichbares zu finden.
(Beifall bei der CSU - Christa Steiger (SPD): Sie haben in Bayern die politische Verantwortung, nicht die Opposition!)