Protocol of the Session on February 29, 2012

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Deshalb haben wir namentliche Abstimmung beantragt. Man kann nicht immer und immer wieder ankündigen. Dies ist der klassische Fall, wie man Eltern in Bayern Sand in die Augen streuen kann.

Wir halten deshalb an unserem Gesetzentwurf fest, der die komplette Kostenfreiheit für die Eltern herbeiführt.

Dann kam das Argument, einkommensschwache Eltern müssten keine Gebühren zahlen, weil diese Last von den Kommunen - sprich: von der Jugendhilfe übernommen wird. Aber dies belastet die Kommunen, vor allem die finanzschwachen Kommunen, immer mehr. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Eltern, die knapp über der Einkommensgrenze liegen und deshalb nicht die Aussicht haben, dass die Jugendhilfe die Kosten für den Kindergarten übernimmt. Deshalb ist eine staatliche Finanzierung notwendig und richtig.

Für uns ist die Übernahme der Kosten für das letzte Kindergartenjahr ein erster Schritt. Man kann vom Zukunftsrat der Bayerischen Staatsregierung halten, was man will, aber sicher unterschreibt nicht jeder alles. Allerdings kann man sagen: Wo die Leute recht haben, haben sie recht. So trifft der Einwurf der Kollegin Johanna Werner-Muggendorfer zu, wenn sie sagt: Dies unterschreiben wir; es ist notwendig, hier endlich Nägel mit Köpfen zu machen und in die Finanzierung

des letzten Kindergartenjahres einzusteigen, um die Eltern zu entlasten.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat Frau Kollegin Gudrun Brendel-Fischer das Wort.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In dem von der SPD entworfenen Gesetzentwurf ist die Beitragsfreistellung für das letzte Kindergartenjahr gefordert. Man geht von einem Kostenvolumen von 90 Millionen Euro aus.

Aus dem Gesetzentwurf geht aber nicht hervor, inwieweit sich der Anspruch der Eltern auf Beitragsfreiheit gegen den Freistaat oder etwa gegen die Kommunen richtet. Auch erschließt sich nicht, wer die Kostenträgerschaft übernimmt. Die Kommunen bleiben also unberücksichtigt. Die Konnexitätsprobleme bleiben unerwähnt. Es wird lediglich den Trägern die frohe Botschaft verkündet, dass ihnen keine Kosten entstehen. Gleichwertige Einrichtungen, die ebenfalls der Bildung und der Betreuung dienen, wie Kinderhäuser oder die in Bayern verbreiteten Netze für Kinder sind in Ihrem Vorhaben überhaupt nicht berücksichtigt. Müssen also weiterhin dorthin Elternbeiträge überwiesen werden? Das darf doch nicht sein; denn das würde insbesondere Elternvereine treffen, die sich selber eine anerkannte alternative Betreuungseinrichtung mit viel ehrenamtlichem Engagement aufgebaut haben.

Leider ist Herr Kollege Pfaffmann heute nicht da. Aber ich schicke ihm meine besten Grüße ans Bett, auf dass er bald wieder gesundet. Herr Pfaffmann war immer der Meinung, dass 90 Millionen Euro dafür ausreichten. Nach unseren Berechnungen reichen 90 Millionen Euro hinten und vorn nicht. Es ist also mit Mehrausgaben zu rechnen. Bezieht man die Konnexität sowie eine mögliche Defizitübernahme und eine entsprechende Buchungszeit ein, dann landet man sehr schnell bei einer Summe von über 300 Millionen Euro.

Unser Weg ist ein anderer. Wir halten an dem guten Kompromiss fest, dass Eltern mit leistbaren Beiträgen an den Betreuungskonzepten beteiligt werden. Frau Steiger, es ist bekannt, dass die Kindertagesstättenbeiträge bei einem guten Drittel im Freistaat ohnehin durch die wirtschaftliche Jugendhilfe übernommen werden. Wie Sie wissen, wird der Freistaat als Signal an die Eltern ab dem neuen Kindergartenjahr im September 2012 mit einer Bezuschussung von 50 € pro Monat eine entsprechende Unterstützung gewähren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Uns liegt vor allem an einer Verbesserung der Rahmenbedingungen nicht nur für die Kinder, sondern auch für das Fachpersonal. Durch die Senkung der förderrelevanten Anstellungsschlüssel und das Zusammenspiel der jeweiligen Gewichtungsfaktoren werden wir zu einem Anstellungsschlüssel kommen, der ein Personal-Kind-Verhältnis von 1 : 8 in der Kindertagesstätte und von 1 : 4 in der Kinderkrippe erreichen wird. Dabei ist als besonders beachtlich hervorzuheben, dass der Freistaat den Anteil der Kommunen übernimmt. Wo finden Sie das in einem anderen Bundesland?

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Damit können eine individuelle Förderung und vor allem die Umsetzung unseres auf den Weg gebrachten Erziehungs- und Bildungsplans noch besser erreicht werden.

Ich fasse zusammen. Unser Konzept ist mit einer sozialen Komponente versehen. Es setzt auf Qualitätssteigerung durch kleinere Gruppen und mehr Zeit. Ihr Konzept kostet die Eltern zwar nichts, sorgt aber beim Personal für Frust und wird die Eltern nach kurzer Zeit enttäuschen, weil es wegen des fehlenden Geldes keine weitergehenden Verbesserungen geben kann.

Sachsen und das Saarland haben schon bewiesen, dass sie das, was sie eingeführt haben, schon bald wieder abschaffen mussten.

Wir wollen unser Augenmerk vor allem auf eine bessere Aus- und Fortbildung des Fachpersonals richten. Wir möchten nicht unbedingt eine pauschale Akademisierung für alle, die in den Kindertagesstätten arbeiten, verwirklichen. Vielmehr sind wir davon überzeugt, dass ein ausgewogener Personalmix, zu dem auch Kinderpflegerinnen gehören, beibehalten werden muss. Für ein bestimmtes Klientel und für bestimmte Versorgungsgrade brauchen wir auch Hochschulabsolventinnen, die gewissermaßen als Coach für die Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen agieren und Innovationen einbringen.

Frau Steiger, Sie haben den Zukunftsrat angesprochen. Ich bin sehr verwundert. Im letzten Jahr wollten Sie den doch abschaffen, aber heuer loben Sie ihn hoch. Wir sind der Meinung - das haben wir schon im letzten Jahr geäußert -: Der Zukunftsrat ist Gedankenund Impulsgeber. Was aber von den Gedanken politisch umgesetzt wird, ist Sache der Politik; so werden wir es weiterhin handhaben.

(Georg Schmid (CSU): Sehr gut!)

Wie schon signalisiert, lehnen wir in diesem Sinne Ihren Gesetzentwurf ab. Wir sind sehr zuversichtlich,

dass wir für Bayern hinsichtlich der frühkindlichen Bildung entsprechende Initiativen auf den Weg bringen, so dass wir uns mit den anderen Bundesländern in jeder Weise vergleichen können.

In der Minute, die ich noch Zeit habe, schaue ich auf eine Veranstaltung zurück, die gestern beim VBW stattfand. Auf dieser Veranstaltung sind wieder sehr pauschale Urteile abgegeben worden. Ich glaube, da muss man genauer hinschauen. Wir haben längst keine Kinderbetreuungs- und Kinderaufbewahrungseinrichtungen mehr. Vielmehr verfügen wir über eine gute frühkindliche Bildung. Durch die Kooperation mit den Grundschulen wird sie noch effizienter werden. Unsere Schulabsolventinnen und Schulabsolventen beweisen das auch mit entsprechend guten Abschlüssen.

Von daher noch einmal: Wir lehnen Ihren Entwurf ab.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Kollegin. Sie haben Ihre Redezeit korrekt eingehalten.

Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, gebe ich das Ergebnis der letzten namentlichen Abstimmung bekannt. Dies ist das Abstimmungsergebnis zum Antrag der Abgeordneten Bause, Dr. Runge, Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN), betreffend "UN-Behindertenrechtskonvention in Bayern umsetzen IV - Amt der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung professionalisieren", Drucksache 16/9699. Mit Ja haben gestimmt 67, mit Nein haben gestimmt 85, Stimmenthaltungen 1. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Jetzt hat Frau Kollegin Tanja Schweiger das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Vorrednerin bin ich fast ein wenig verwirrt, weil mir nun nicht mehr klar ist, was die CSU eigentlich will. In den Reihen der CSU-Kollegen habe ich Ähnliches festgestellt. Aber ich bin zuversichtlich, dass die Ministerin nachher in ihrem Abschluss-Statement vernünftige Aufklärungsarbeit leisten wird.

(Harald Güller (SPD): Na ja, die Hoffnung stirbt zuletzt!)

Ich möchte noch ein bisschen ausholen, da heute die Zweite Lesung auf der Tagesordnung steht. Die Erste

Lesung hat am 12. Oktober 2011 hier in diesem Haus stattgefunden. Bei der Vorbereitung meines heutigen Redebeitrags habe ich die früheren Redebeiträge natürlich durchgelesen, und zwar sowohl jene bei der Ersten Lesung als auch das, was im federführenden Ausschuss und im Haushaltsausschuss dazu gesagt worden ist. Es fällt auf, dass sich die Beiträge wie das Fähnchen im Wind drehen. Ich möchte ein wenig zitieren.

In der Ersten Lesung hieß es noch vonseiten der CSU: Das ganze Vorhaben ist unseriös, der Gesetzentwurf ist unseriös; wir haben ein klares Konzept; wir wollen die Qualität verbessern; wir senken den Anstellungsschlüssel und wir prüfen ein gebührenfreies Kindergartenjahr.

Am 1. Dezember hieß es dann vonseiten der CSU im Sozialausschuss: Wir lehnen ab; der Gesetzentwurf ist zu ungenau; man wird in Qualität investieren. Und: Der Gesetzentwurf der Koalition ist auf dem Weg. Bis heute warten wir darauf.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ein langer Weg!)

Am 24. Januar hieß es im Haushaltsausschuss: Der Gesetzentwurf ist lückenhaft; er weist Defizite auf. Das ist im Übrigen ein altbekanntes CSU-Totschlagargument, wenn die Sachargumente ausgehen. Weiter hieß es: Die Koalition hat ein klares Konzept; den Gesetzentwurf braucht man gar nicht; wir haben jetzt sowieso alles im Haushalt; die Thematik ist erledigt; wir haben alles umgesetzt. - Bitte schön, könnte man sagen, geht doch. Aber warum lamentieren Sie im Vorfeld immer herum, wenn der Vorschlag von den Ihrer Meinung nach Verkehrten kommt, warum machen Sie ihn madig und versuchen dann doch, das Ganze durch die Hintertür umzusetzen?

Ein weiterer Grund, warum ich versucht habe, das Ganze noch einmal chronologisch darzustellen: Ich möchte auch auf die Wendehalspolitik hinweisen. Die CSU weist diesen Vorwurf sehr gern von sich und beschuldigt alle anderen, dass man nicht weiß, wofür sie stehen. Sehr oft hört man das über die FREIEN WÄHLER. Es wird gesagt, dass keiner weiß, wofür die FREIEN WÄHLER stehen und nur die CSU berechenbar ist.

(Vereinzelter Beifall bei der CSU)

Aber ich hoffe, ich habe jetzt einen kleinen Beitrag zu der Einsicht leisten können, dass man bis heute nicht weiß, wie die CSU eigentlich zum Thema kostenfreies Kindergartenjahr steht.

(Christa Steiger (SPD): Koalitionsvertrag!)

- Koalitionsvertrag ist das Stichwort. Ich erinnere noch kurz an den Redebeitrag unseres Fraktionsvorsitzenden. Mittlerweile ist es fast zwei Jahre her, da hat er hier an diesem Pult an den Koalitionsvertrag erinnert, der das kostenfreie Kindergartenjahr beinhaltet. Damals haben Georg Schmid und auch Herr Seehofer, der anwesend war, den Kopf geschüttelt nach dem Motto: Wovon spricht er? Das steht gar nicht drin. Wir haben es ihnen dann gezeigt und darauf hingewiesen. Das können Sie beim Bayerischen Rundfunk nachschauen. Dort ist das alles dokumentiert. Es war auch im Fernsehen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das stimmt! Das ist sogar per Video dokumentiert!)

Aber heute wird Gott sei Dank nicht mehr bestritten, dass das im Koalitionsvertrag steht und dass dies ein Wunsch der Koalition ist.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie bestreiten selbst das, was man schwarz auf weiß sieht!)

Auf jeden Fall möchte ich noch einmal festhalten: Das ist ein typisches Beispiel für heute hü, morgen hott, gegen das zu sein, was von den anderen kommt, um es dann durch die Hintertür selbst einzubringen, wenn der Druck groß genug ist.

An der Position der FREIEN WÄHLER hat sich weder seit dem 12. Oktober noch im Vergleich zu den letzten Jahren etwas geändert. Wir stehen seit Jahren für vernünftige, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung. Wir haben gesagt: Ein kostenfreier und frühzeitiger Kindergartenbesuch ist ein Garant für größtmögliche Chancengleichheit, frei nach dem Spruch: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Der kostenlose Kindergartenbesuch ist eine Förderung für die Familien, die direkt ankommt. Wir sind nach wie vor der Meinung, man sollte beim ersten Kindergartenjahr ansetzen und nicht unbedingt beim letzten. Im Alter von drei Jahren besuchen erst 83 % der Kinder einen Kindergarten, im letzten Kindergartenjahr sind es dann doch nahezu 100 %. Das haben wir heute schon ein paar Mal gehört. Wir sind der Meinung, entwicklungspsychologisch und nach allem, was man aus der frühkindlichen Bildung weiß, wäre es besser, man würde im ersten Kindergartenjahr ansetzen. Nichtsdestotrotz werden wir natürlich diesem Gesetzentwurf zustimmen, so wie wir es von Anfang an gesagt haben und wie von Anfang an unsere Position war.

Wir sind selbstverständlich dafür, dass dies für die Kommunen kostenneutral sein soll. Für uns ist hier ein klarer Fall von Konnexität gegeben. Deshalb muss der Staat den Mehraufwand übernehmen. Unserer Meinung nach ist es auch so im SPD-Gesetzentwurf

nachzulesen. Von der CSU gibt es bis heute noch keinen Gesetzentwurf.

(Christa Steiger (SPD): Immer noch keinen!)