Herr Kollege Dr. Herrmann hat völlig zu Recht den Gläubigerschutz angesprochen. Herr Kollege Arnold, Sie sagten, die Herrschaften, mit denen Sie es in Ihrem früheren Berufsleben zu tun gehabt hätten, hätten teilweise keinen gemeldeten Wohnsitz gehabt. Sie beide haben recht. Herr Kollege Arnold, geben Sie aber bitte zu, dass die Klientel, mit der Sie als Strafrichter zu tun hatten, nur einen Teil der Klientel ausmacht, den ein Anwalt wie Herr Kollege Herrmann oder ich zu bearbeiten hat.
Hier ist nur ein kleiner Teil betroffen. Wenn man Melderegisterauskünfte einholt, erhält man in 90 bis 95 % der Fälle eine zutreffende Rückantwort. Herr Kollege Arnold, bei den restlichen 5 bis 10 % haben Sie recht. Diese geringe Zahl von Fällen rechtfertigt es aber nicht, den Gläubigerschutz außer Acht zu lassen. Sie haben Willy Brandt als Bürokratieexperten genannt. Ich muss Ihnen sagen: Die Ära von Willy Brandt liegt schon einige Zeit zurück. Ich wüsste nicht, dass sich der frühere Bundeskanzler Brandt als Entbürokratisierer einen besonderen Namen gemacht hätte. Da gibt es andere Persönlichkeiten aus der jüngeren Geschichte, die sich hier - vergeblich oder auch nicht einen Namen gemacht haben.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend ist zu sagen: Wer die Verwaltung als Dienstleister möchte, wer eine gewisse Transparenz möchte, wer den Gläubigerschutz ernst nimmt und wer insbesondere keine neuen bürokratischen Monster aufbauen will, der darf diesem Antrag nicht zustimmen. Dieser Antrag baut Bürokratie auf, tangiert das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung nur gering, kostet Geld und ist daher aus Sicht der FREIEN WÄHLER abzulehnen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zielsetzung des Gesetzentwurfs ist die Stärkung des Datenschutzes. Diese Zielsetzung begrüße ich namens der FDP-Fraktion ausdrücklich. Grundsätzlich ist es der richtige Ansatz, dass Bürger
innen und Bürger selbst über die Weitergabe ihrer Daten entscheiden sollen. Dies sollte der Normalfall sein. Ich sage "grundsätzlich"; denn der Teufel steckt im Detail.
Im Wesentlichen geht es hier um zwei Fragestellungen: Sollen bestimmte Gruppen einen privilegierten Zugang zu Meldedaten erhalten, zum Beispiel Wählergruppen und Parteien? Ich sage ausdrücklich: Die Auffassung unseres Koalitionspartners, dass aus dem Parteienprivileg das Recht auf einen erleichterten Zugang zu solchen Auskünften abgeleitet werden kann, teile ich nicht. Hier muss ich gar nicht mit der Tatsache argumentieren, dass natürlich auch links- und rechtsextreme Parteien dieses Privileg für unerwünschte Post nutzen könnten. Ich halte das schlicht und ergreifend nicht für sinnvoll.
Anders sieht es jedoch bei der einfachen Melderegisterauskunft aus. Hier geht es nicht um das Privileg für Parteien oder Wählergruppen, sondern um das nachvollziehbare Interesse eines Gläubigers, einen Schuldner aufzuspüren. Die Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses bei dieser Auskunft würde zu erheblicher Bürokratie führen und wäre auch nicht sachgerecht. Herr Kollege Arnold hat angesprochen, dass man einen besonders geschickten Rechtsbrecher möglicherweise nicht erwischt, weil dieser untertaucht. Das mag sein. Das reicht aber für mich als Argument nicht aus. Nur weil man manchen nicht erwischt, der besonders findig ist, würde man doch vielen Bürgerinnen und Bürgern helfen, einen Schuldner aufzuspüren, den sie sonst nicht aufspüren könnten. Der Bürger ist nicht nur derjenige, dessen Daten geschützt werden. Ein Bürger ist auch der Gläubiger, der seinen Schuldner sucht.
Wir sehen erhebliche Gründe, die gegen den vorliegenden Gesetzentwurf sprechen. Entscheidend ist aber noch etwas anderes: Die Gesetzgebungszuständigkeit liegt mittlerweile auch beim Bund, der jederzeit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen kann. Deshalb glaube ich, dass wir die Diskussion, ob wir ein neues bayerisches Meldegesetz schaffen sollten, nicht am richtigen Ort führen. Ich meine, dass diese Aufgabe beim Bund richtig aufgehoben wäre. Deshalb gibt es von der FDP-Fraktion keine Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
(Beifall bei der FDP - Horst Arnold (SPD): Dann bringen Sie aber beim Bund einen Gesetzentwurf ein!)
nächst zu Ihnen: Wenn Sie sich für den Datenschutz einsetzen und diese Aufgabe beim Bund sehen, dann sehen Sie zu, dass der Bund diese Aufgabe angeht.
(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Andreas Fischer (FDP): Ich will aber auch den Gläubigerschutz erhalten! Haben Sie mir zugehört?)
Das Zweite: Herr Rechtsanwalt Pohl, der Bürger hat jetzt schon die Möglichkeit, eine Auskunftssperre einzutragen.
Ja, er muss selber aktiv werden. Wenn er aber selber aktiv geworden ist, hat er die Möglichkeit dazu. Wir wollen dem Bürger diese Last abnehmen, sodass er nur mehr die Zustimmung zur Weitergabe seiner Daten eintragen muss. Wieso damit für die Meldebehörden ein erhöhter Bürokratieaufwand verbunden ist, erschließt sich mir überhaupt nicht. Die Meldebehörden haben bereits jetzt zwei unterschiedliche Sachverhalte zu beachten, einmal Adressen, bei denen die Zustimmung erteilt worden ist, und Adressen, bei denen die Zustimmung verweigert worden ist. Das wird auch zukünftig so sein.
Herr Kollege Herrmann, ein besonderes Datenschutzproblem haben wir immer dann, wenn Daten für einen bestimmten Zweck gesammelt und dann für ganz andere Zwecke verwendet werden. Das Einwohnermeldeamt sammelt Daten für öffentliche, nicht für private Zwecke. Sie möchten aber die öffentlichen Daten des Einwohnermeldeamts für private Zwecke verwenden. Ich sage Ihnen Eines: Die Daten der Einwohnermeldeämter sind keine Vorratsdaten für irgendwelche Gläubiger. Sie argumentieren, es könnte irgendjemand einmal etwas im Warenhaus bestellen und nicht zahlen, worauf das Warenhaus zum Rechtsanwalt geht. Der Rechtsanwalt braucht dann die Adressdaten. Das ist kein Argument dafür, dass Daten, die für Zwecke der öffentlichen Hand gesammelt werden, an Rechtsanwälte für Zwecke aller Art weitergegeben werden sollen.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wie üblich will ich nicht das wiederholen, was schon gesagt worden ist, sondern ich will einzelne Wortmeldungen unterstreichen und einiges klarstellen. Über die Vor- und Nachteile und über die Bürokratie ist diskutiert worden.
Lieber Herr Kollege Arnold, Sie haben vorhin insbesondere auf die Regierungsparteien geschaut und gesagt, sie sollten Politik für den Bürger machen. Ich meine, gerade unsere Politik ist auf die Bürger ausgerichtet.
Wir setzen auf mündige Bürger, die vollkommen selbstständig darüber entscheiden sollen, ob über sie Auskünfte aus dem Melderegister erteilt werden sollen oder nicht. Das ist aus unserer Sicht der einzig richtige Weg.
Ein Zweites ist mir auch noch wichtig. Das sollte auch geklärt werden. Frau Kamm, ich weiß nicht, ob es Ihnen entgangen ist - vielleicht haben Sie aber auch nicht die richtige Mitteilung bekommen -, dass es nicht mehr ein halbes Jahr, ein Jahr oder vielleicht sogar zwei Jahre dauert, bis eine bundesgesetzliche Regelung auf die Füße gestellt wird. Den Entwurf eines Meldegesetzes gibt es bereits. Nach dem jetzigen Sachstand soll dieser Entwurf noch vor der Sommerpause im Bundeskabinett behandelt werden. Deshalb können wir davon ausgehen, dass das Gesetz dann im Herbst 2011, spätestens aber im Frühjahr 2012 in Kraft treten kann. Jetzt noch einen Schnellschuss zu machen, wäre überflüssig. Die Menschen würden dadurch nur verwirrt. Wir sollten die Bundesgesetzgebung zum Anlass nehmen, um die Diskussion über Ihren Entwurf oder auch eine grundsätzliche Diskussion danach auszurichten. Das wäre ein vernünftiges Fundament. Aus diesem Grund bitte ich, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 16/6701 mit der von Frau Kollegin Kamm vorgeschlagenen Änderung, der Streichung von § 1 Nummer 1 Buchstabe e, zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Entwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der GRÜNEN und der SPD. Gegenstimmen? Das sind die CSU, die FDP, die FREIEN WÄHLER und Frau Kollegin Pauli. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Dr. Otto Bertermann, Dr. Andreas Fischer, Jörg Rohde u. a. und Fraktion (FDP), Dr. Otto Hünnerkopf, Johannes Hintersberger, Markus Blume u. a. (CSU) In-Vitro-Fertilisation in der gesetzlichen Krankenversicherung in Bayern (Drs. 16/7460)
Eine Aussprache findet hierzu nicht statt. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 16/8678 die unveränderte Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - CSU, FDP, FREIE WÄHLER, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Frau Dr. Pauli. Gibt es Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Auch keine. Damit ist dem Antrag zugestimmt worden.
Außerhalb der Tagesordnung gebe ich gemäß § 26 Absatz 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass die CSU-Fraktion anstelle von Herrn Kollegen Dr. Bernd Weiß Herrn Kollegen Robert Kiesel als neues Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten benannt hat. Ich bitte um Kenntnisnahme.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Maria Noichl, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) Liquiditätsbeihilfe für landwirtschaftliche Betriebe (Drs. 16/8750)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Reserl Sem, Albert Füracker u. a. und Fraktion (CSU), Karsten Klein, Thomas Dechant, Prof. Dr. Georg Barfuß u. a. und Fraktion (FDP) Hilfspaket für Dürreschäden in der Landwirtschaft (Drs. 16/8769)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Ulrike Müller u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Risikoausgleichsrücklage - Abfederung der Marktrisiken (Drs. 16/8770)
Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist keinem Mann und auch keiner Frau verborgen geblieben - Sie müssen nur hinausschauen -, dass das Wetter heuer etwas ganz Besonderes ist. Wir haben eine außergewöhnliche Witterung. So kann man es überall lesen. Diese Sorgen haben nicht nur die Menschen in ihren kleinen Gärten. Diese Sorgen haben wir in ganz Bayern. Wir möchten heute ganz bewusst den Blick auf die landwirtschaftlichen Felder richten. Die extreme Trockenheit in den Monaten April und Mai hat zu sehr großen Ernteausfällen geführt. Man kann lesen, dass bis zu 40 oder 50 % der Ernte ausfallen werden. Die Spätfröste im Mai haben verschiedene Kulturen bis hin zum Totalausfall geschädigt. Die Naturpflanzen und auch die Kulturpflanzen leiden darunter. Mit ihnen leidet die Landwirtschaft. Die Urproduktion und auch die nachgelagerte Produktion leiden.
Wir haben es gelesen, es gibt zahlreiche Pressemeldungen zu diesem Thema. Wir haben einen Wassermangel. Die Wassertanks sind leer. Den Wiesen und Äckern in Franken fehlt der Regen. Die fränkischen Abgeordneten kennen es. Die gesamte Ernte ist in Gefahr.
Zundertrocken - so ist zu lesen - sind die Böden in Oberbayern. Wir haben einen extremen Wassermangel. Es besteht Waldbrandgefahr. Eine normale Getreideernte ist heuer unvorstellbar. Die Kirschen, die Erdbeeren usw. sind in Gefahr.
Über den Frost ist zu lesen, dass der Nachtfrost die Frühkartoffeln geschädigt hat. Schäden sind an vielen Sonderkulturen entstanden. Der Obstbau heißt in diesem Jahr nicht Obstbau, sondern Obstausfall. Der Wein ist von der Dürre, kombiniert mit dem Spätfrost, sehr betroffen. Teilweise gibt es Felder mit hundertprozentigem Ausfall. Viele landwirtschaftliche Betriebe werden infolge dieser Witterung massive wirtschaftliche Probleme bekommen. Sie brauchen unsere gemeinsame Kraftanstrengung und unsere gemeinsame Stimme, und sie brauchen unsere gemeinsame Hilfe.
Die SPD hat einen Dringlichkeitsantrag gestellt. Ich bin meiner Fraktion dafür dankbar, dass die anderen Dringlichkeitsanträge, die auf Halde lagen und hier hätten behandelt werden sollen, zurückgestellt worden sind. Alle waren sich darin einig, dass dieser Antrag heute an erster Stelle stehen soll. Die CSU und die FREIEN WÄHLER haben jeweils einen nachgezogenen Dringlichkeitsantrag gestellt. Das ist gut so; denn das heißt, dass wir alle das Problem erkannt haben. Der CSU ist allerdings ein Tippfehler passiert. Ihr habt unseren Antrag wortwörtlich abgeschrieben,
aber ein Wort habt ihr falsch abgetippt, das ist schade. Vielleicht müsstet ihr das nächste Mal einfach besser aufpassen.