Herr Präsident, meine Damen und Herren! In dem Antrag geht es zunächst darum, die Marktmacht der Milcherzeuger im Kräftespiel der Verarbeiter und des Handels zu stärken. Diese Frage gewinnt insbesondere durch die Abschaffung der Milchquotenregelung und durch die Liberalisierung des Milchmarktes nach dem Jahr 2015 besondere Bedeutung. Sollen die Milcherzeuger gleichberechtigte Marktpartner werden, die auf gleicher Augenhöhe mit Handel und Verarbeitern agieren, oder müssen sich die Milchbauern auch zukünftig damit zufriedengeben, was ihnen Handel und Verarbeiter übrig lassen?
Der Vorschlag der EU-Kommission zur Gestaltung der Vertragsbeziehungen im Sektor Milch und Milcherzeugnisse, auf den sich der Antrag der FREIEN WÄHLER bezieht, setzt aus unserer Sicht erste vorsichtige Eckpunkte, reicht aber bei Weitem nicht aus, um die Marktmacht der Milcherzeuger wirklich zu verbessern.
Die Größe der Milcherzeugergemeinschaften darf maximal 3,5 % der EU-Milcherzeugung umfassen. Das ist ein Sechstel der Milchmenge in der Bundesrepublik. Länderübergreifende Bündelungen sollen wohl nicht zugelassen werden. Um das ins Verhältnis zu setzen: Die Fusion von Nordmilch und Humana, die ab 1. Mai als "Deutsches Milchkontor" umgesetzt wurde, umfasst fast ein Viertel der deutschen Milchmenge, nämlich genau 23 %.
Hier wurden Fakten geschaffen, wohin die Milcherzeuger nicht einmal von Gesetzes wegen hindürfen; selbst wenn sie wollten, würde es ein weiter Weg sein.
Ein sehr positiver Ansatz in dem Kommissionsvorschlag ist hervorzuheben. Das ist allerdings nicht Gegenstand des Antrags. Künftig soll wohl zwingend der Ort der landwirtschaftlichen Urproduktion angegeben werden und nicht mehr der Ort der letzten Verarbeitungsstufe. Das trägt aus unserer Sicht zu deutlich mehr Markttransparenz für die Verbraucher bei.
Ob wir eine eigene Kampagne für die Umsetzung der Kommissionsvorschläge brauchen, wie es im zweiten Spiegelstrich des Antrages gefordert wird, sei dahingestellt. Schaden wird es auf keinen Fall.
Dass in die Lehrpläne der landwirtschaftlichen Fachschulen das Thema Vermarktung Eingang findet, ist eigentlich nur eine logische Konsequenz aus dem An
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Dringlichkeitsantrag soll die Staatsregierung aufgefordert werden, auf Bundesebene die erforderliche Gesetzesinitiative voranzutreiben, um die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Bündelungsmöglichkeiten im Bereich der Rohmilcherzeugung in die Praxis umsetzen zu können. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt allerdings nur der Vorschlag der Kommission vor. Das kam bisher in der Diskussion noch nicht zur Sprache. Wir sollten zunächst die konkreten Entscheidungen der EU abwarten, bevor wir eine konkrete gesetzliche Umsetzung angehen.
Ich denke, wir sollten uns einig sein, dass das erst dann sinnvoll ist, wenn die endgültig verabschiedeten Richtlinien wirklich vorliegen. Der Vorschlag, der hier jetzt diskutiert wird, reicht nicht. Gleichwohl ist es interessant, ein solches Thema zu diskutieren, aber von einer Umsetzung und vom Vorantreiben der erforderlichen Gesetzesinitiativen sind wir einfach noch ein Stück weit weg. Grundsätzlich ist natürlich die Stärkung der Marktmacht der Milcherzeuger zu befürworten. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund dessen, dass 2015 die Milchquoten auslaufen. Es ist richtig, diese Richtung weiterzuverfolgen.
Derzeit ist die Obergrenze der Bündelung noch nicht erreicht. Wettbewerbsrechtlich ist eine Obergrenze allerdings sehr sinnvoll. Der Markt braucht Teilnehmer, die keine zu große Marktmacht kennen. Wir haben das Thema ja auch auf der anderen Seite. Da müssen wir schon auf dieser Seite entsprechende Regeln für die Erzeuger haben. Nur das garantiert im Endeffekt einen funktionierenden Markt.
Dazu dient auch das Marktstrukturgesetz. Weitere Maßnahmen sind in Arbeit. Deren Ende müssen wir abwarten. Nichtsdestotrotz werden wir uns natürlich einmischen.
Letzten Endes geht es darum, gemeinsam mit der EU-Kommission praktikable Lösungen zu finden, um die bestehenden Strukturen weiter zu verbessern. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen, also nicht, weil wir inhaltlich dagegen wären, sondern weil
ihr in dem Fall etwas zu früh dran seid. Man kann ein Gesetz doch nicht umsetzen, das noch nicht vorliegt.
Ich möchte noch eine Bitte an den Kollegen Herz anfügen, der immer so schön von Subventionierung spricht. Die Landwirte bekommen Zahlungen. Es sind Ausgleichszahlungen für gesellschaftliche Leistungen, die sie für den Erhalt der Umwelt erbringen. Aber es sind keine Subventionierungen. Ich bitte, das zukünftig zu beachten.
Herr Kollege Dechant, bleiben Sie bitte noch am Redepult. Herr Kollege Dr. Herz hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Er hat das Wort.
Herr Kollege Dechant, es ist hochinteressant, dass Sie jemandem solche Dinge erzählen, der schon mehrere Jahre mit den betreffenden Begriffen arbeitet. Sie müssen mir mit Sicherheit nicht erklären, was Subventionen oder Zahlungen sind. Ich bin der Letzte, der den Landwirten nicht erklären kann, dass es gerechte Zahlungen für erbrachte Leistungen sind. Wir sollten also nicht vom Thema ablenken. Wenn die Argumente dumm sind, sollten wir andere suchen.
Wenn wir zu früh dran sind, glauben Sie dann, Herr Kollege Dechant, dass der Praktiker draußen das zur Kenntnis nimmt und dass die Regierung dann zu spät dran ist? Auf dem Sektor ist es schon fünf nach zwölf. Und da werfen Sie uns vor, wir seien zu früh dran. Um Himmels willen! Wo sind Sie denn! Sie haben keine Ahnung, was draußen auf dem Lande mit den Milcherzeugern passiert. In Bayern werden es jeden Tag weniger und nicht mehr.
Herr Kollege Herz, mir ist die Situation sehr wohl bekannt. Aber nachdem ich Ihre Reden und Beiträge der letzten Monate verfolgt habe, müssten wir jetzt nach wie vor niedrige Milchpreise haben. Wir haben durchaus eine Entspannung der Situation. - Ich muss es nochmals sagen: Eine gesetzliche Umsetzung von etwas, was von der EU kommt, macht erst dann Sinn, wenn es von der EU beschlossen worden ist - nicht vorher.
Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt auf Drucksache 16/8171 die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie die Abgeordnete Frau Pauli. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Stimmenthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Bevor ich weitere Tagesordnungspunkte aufrufe, gebe ich jetzt die Ergebnisse der vorhin durchgeführten namentlichen Abstimmungen bekannt.
Zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Aiwanger, Schwaiger, Dr. Herz u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER), betreffend "Bergwaldoffensive fortsetzen", Drucksache 16/7120. Mit Ja haben 68, mit Nein 80 Abgeordnete gestimmt. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Dann zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Biechl, Brendel-Fischer, Füracker u. a. (CSU), sowie Dechant, Professor Dr. Barfuß und Thalhammer (FDP), betreffend "Bergwaldoffensive fortsetzen", Drucksache 16/7497. Mit Ja haben 80, mit Nein 36 Abgeordnete gestimmt. Es gab 31 Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag angenommen.
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Bernhard Pohl u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Personalnotstand in der bayerischen Justiz Augsburg ist überall! (Drs. 16/7123)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Dr. Linus Förster u. a. und Fraktion (SPD) Weitere "Chaostage" am Augsburger Amtsgericht verhindern (Drs. 16/7132)
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diesen Antrag mit den Worten "Augsburg ist überall" übertitelt. Er bezieht sich auf die Chaostage
im Augsburger Amtsgericht. Leider haben wir hierzu nur einen sehr mageren, dürftigen Bericht erhalten. Er kam überraschend in den Ausschuss. Leider ist das Thema nicht erschöpfend behandelt und erledigt worden. Das Einzige, was wir erfahren haben, ist, dass in Bayern immer noch 385 Stellen von Richtern und Staatsanwälten fehlen. Bei den Rechtspflegern sind es 160 Stellen. Aber über die Justizangestellten schweigt man sich aus.
Das ganze Desaster betrifft nicht nur Augsburg, sondern nach neuesten Berichten zum Beispiel auch das Amtsgericht Wolfratshausen. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte am 8. März darüber berichtet, dass sich Rechtsanwälte, die unter Stress stehen, an die Zeitung gewandt haben. Es wurde mitgeteilt, dass Zeugen nicht oder falsche Zeugen geladen worden sind. Die Bearbeitungsdauer der Verfahren sei überlang. Das ganze Prozedere werde immer zäher.
Ganz aktuell liegt mir ein Schreiben eines Richters des Amtsgerichts Wolfratshausen vor, der sich mit einem Brandbrief an die Justizministerin gewandt hat. Dieser liegt mir vor. Darin berichtet der Richter, dass die Belastungsquote der Richter am Amtsgericht Wolfratshausen im letzten Quartal bei 143,79 % liegt. Die normale landesdurchschnittliche Arbeitsbelastung liegt bei 118,65 %. Es wird berichtet, dass im Grunde chaotische Zustände vorherrschen.
Weder Statistiken noch die jeweilige Passendmachung können jedenfalls darüber hinwegtäuschen, was jeder mit den örtlichen Verhältnissen halbwegs vertraute Beobachter sehen muss: Die in den letzten eineinhalb Jahren am Amtsgericht Wolfratshausen entstandene Situation lässt eine ordnungsgemäße Rechtsprechung nicht mehr als gewährleistet erscheinen.
Der Richter berichtet in seinem Schreiben weiter, dass die Strafabteilung des Amtsgerichts regelrecht abgesoffen ist, und das eigentlich schon seit Längerem.
Aufgrund des Zeitungsartikels hat es dann eine Umstellung gegeben. Man hat Abhilfe durch Personal aus der Zivilabteilung geschaffen. Damit hat man aber die Zivilabteilung in das vollendete Chaos gestürzt. Hier zitiere ich wieder wörtlich:
Seit einigen Wochen handelt es sich nicht mehr nur um Ausnahmefälle, wenn neue Klagen dem zuständigen Richter über einen Monat nach Ein
gang erstmals vorgelegt werden, Schriftsätze, die vor einer Entscheidung fristgerecht eingegangen waren, dem Richter erst nachträglich zur Kenntnis gelangen, die Fertigung von Protokollen nach Diktaten, die der Geschäftsstelle vom Richter unmittelbar nach der Sitzung zugeleitet wurden, sich mehrere Wochen hinzieht, wegen verzögerter Übermittlung von Schriftsätzen und Ladungen an Verfahrensbeteiligte wochenlang zuvor anberaumte Termine kurzfristig verlegt werden müssen.
"Diese Unzulänglichkeiten", berichtet er, "haben die Geschäftsstelle ins Chaos gestürzt. Sie haben total den Überblick verloren."
Weiter schreibt er: "Wie soll man Parteien und Rechtsanwälten erklären, dass sie, wenn sie eine Frist versäumen, dann mit Konsequenzen rechnen müssen, aber das Amtsgericht selber diese Fristen teilweise gar nicht einhalten kann?"