Frau Kollegin, ich bitte schon an dieser Stelle um Entschuldigung, wenn die Vielzahl Ihrer Fragen - ich gestehe es offen - mein Kurzzeitgedächtnis überfordert. Ich werde versuchen, die Fragen, die ich in Erinnerung behalten habe, jetzt zu beantworten. Sie müssten mir noch einmal zurufen, wenn ich wichtige Punkte übersehen habe.
Ein wesentlicher Aspekt Ihrer Fragen war der Personaleinsatz. Die Inspektionen vor Ort erhalten bei entsprechendem Kräftebedarf die notwendige Unterstützung entweder durch Einsatzzüge des Präsidiums oder durch zusätzliche Hundertschaften der Bereitschaftspolizei. Das hängt von der Bewertung der jeweiligen Lage, aber natürlich auch von den verfügbaren Kräften ab.
Bei der Bemessung der normalen Sollstärke von Inspektionen kann das natürlich nur berücksichtigt werden, wenn zusätzlicher Kräftebedarf ein Dauerthema ist, zum Beispiel bei den großen Vereinen. Ich nenne den Club in Nürnberg; für die Polizeiinspektion Nürnberg-Süd gehören entsprechende Einsätze sozusagen zum Dauereinsatzgeschehen.
Wenn allerdings bei einem Verein nur dreimal im Jahr eine Problemfanszene aus Ostdeutschland zu Besuch kommt, ist das noch kein Anlass, deswegen die Sollstärke der dortigen Inspektion insgesamt anzuheben, sondern ein solches Ereignis muss mit zusätzlichen Einsatzzügen bzw. Hundertschaften, die speziell für den Anlass dort hingeschickt werden, bewältigt werden.
Wir hatten in der Phase des Stellenabbaus aufgrund der Arbeitszeitverlängerung zeitweilig leider recht we
nige Einsatzzüge zur Verfügung. Die Belastung war damals durch Einsätze an mehreren Wochenenden hintereinander zum Teil sehr hoch. Diese Situation hat sich aber durch die erhöhten Einstellungszahlen in den letzten beiden Jahren - wir haben zunächst 1.000 zusätzliche Stellen geschaffen, dann noch einmal 750 - deutlich verbessert. Als Ergebnis der Arbeitszeitverkürzung ist der Personalbestand der Bereitschaftspolizei wieder deutlich angewachsen. Dadurch stehen wieder wesentlich mehr Einsatzzüge zur Verfügung, und die überdurchschnittliche Belastung im Sinne einer Dauerbelastung an Wochenenden hat sich deutlich reduziert. Wir können nicht ausschließen, dass so etwas im Ausnahmefall noch vorkommt - das hängt vom Demonstrationsgeschehen und dergleichen mehr ab -, aber in der Regel gibt es solche permanenten Dauerbelastungen an Wochenenden nicht mehr.
Danke schön, Herr Staatsminister. - Als Nächster hat Herr Kollege Harald Schneider das Wort. Bitte schön, Herr Schneider.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass die Einsatzbelastung enorm zugenommen habe. Über 30 % der Einsatzstunden der bayerischen Bereitschaftspolizei entfallen auf Fußballeinsätze. Welche Strategie wird vonseiten der Staatsregierung gefahren, um diese Einsätze so weit wie möglich zurückzufahren? Ich erinnere daran, dass der DFB-Vizepräsident, Herr Dr. Rainer Koch, in der Anhörung gesagt hat - Kollege Meißner hat sich darauf bezogen -, Ziel solle es sein, dass Fußballspiele, insbesondere solche in den Amateurligen, ohne Polizeipräsenz ablaufen können. Was wird in dieser Richtung getan?
Ich meine, es ist notwendig, dass diese Strategie überprüft wird. Die Polizisten beklagen sich, dass die Einsatzbelastung ständig zunimmt. Ich erinnere an das Fußballspiel Jahn Regensburg gegen Dynamo Dresden vom 13. März. Im Einsatz waren 450 Beamte der bayerischen Polizei plus Einsatzkräfte der Bundespolizei, insgesamt 14 Einsatzzüge. Es war aber nichts los. Ich weiß, wie schwer es ist, die Einsatzbelastung im Vorfeld beurteilen zu können. Sie haben auf die 63 szenekundigen Beamten, die in Bayern eingesetzt sind, Bezug genommen. Diese geben eine Bewertung ab, wie ein Fußballspiel einzustufen ist, das heißt, wie hoch das Risiko ist. Was kann also insoweit getan werden, um die hohen Einsatzzahlen zurückzufahren?
Ein weiteres Instrument scheint mir zu sein, dass der Dialog mit den Fangruppen gesucht wird. Dahin geht meine Frage: Was unternimmt die Polizei, um in den Dialog mit den Fangruppen zu kommen? Bisher ver
weigern gerade die Hooligans bzw. Ultras der "Cosa Nostra 1860" und die "Schickeria" des FC Bayern den Dialog mit der Polizei. Was wird vonseiten der Polizei unternommen, um in einen Dialog mit diesen Fangruppen zu kommen?
Herr Kollege Schneider wir versuchen in der Tat, den Polizeieinsatz so gering wie möglich zu halten. Wir wollen unsere Beamten möglichst wenig unnötigen Dienst schieben lassen; das gilt gerade für das Wochenende. Auf der anderen Seite gehört es seit jeher zum erfolgreichen bayerischen Sicherheitskonzept, möglichst von vornherein in der erforderlichen Stärke präsent zu sein, damit gerade Gewalttäter gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen. Das von Ihnen genannte Beispiel war sicherlich eine Ausnahme. Wie Sie wissen, fahren wir einen so hohen Personaleinsatz in der Regel nur dann, wenn es entsprechende Hinweise von szenekundigen Beamten oder von Polizeikollegen aus dem Herkunftsort gegeben hat. Wir haben aber gerade mit Fangruppen aus Ostdeutschland in den letzten Jahren schon manche unrühmliche Erfahrung machen müssen.
Es ist leider unvermeidlich, dass man manchmal Vorwarnungen bekommt, und dann passiert nichts. Ich sage Ihnen ehrlich: Es ist mir aber immer noch lieber, wenn wir vorgesorgt haben, genügend Polizeibeamte vor Ort sind und nichts passiert, als wenn es irgendwo riesige Randale und Gewalttaten gibt, Polizeikräfte aber nicht vor Ort sind.
Gleichwohl wollen wir solche Einsätze weiter reduzieren. Dazu ist uns die Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Fußball-Verband sehr wichtig. Herr Kollege Schneider, Sie haben die Zielsetzungen, gerade was Polizeieinsätze im Amateurbereich betrifft, zu Recht angesprochen. Auch wir wollen die Präventionsarbeit weiter verstärken. Die Verantwortung dafür liegt aber zunächst einmal bei den Vereinen selbst. Wir wollen, dass die Vereine insoweit noch stärker aktiv werden. Sie müssen sich zunächst einmal selbst darum kümmern, dass ihre eigenen Fans nicht gewalttätig werden.
Richtig ist leider auch, Herr Kollege Schneider, dass es extreme Fangruppen gibt, die sich einem vernünftigen Dialog entziehen und für unsere Beamten bzw. entsprechende Fanprojekte nicht zugänglich sind. Wir werden nicht locker lassen, das immer wieder zu versuchen. Aber einige Leute verstehen diese Sprache nicht. Deshalb ist es notwendig, bestimmtes Verhalten
gegebenenfalls mit Stadionverboten konsequent zu ahnden. Es ist auch ganz wichtig, wenn es tatsächlich zu Gewalt gekommen ist, konsequent Strafanzeigen zu stellen und Strafverfahren durchzuführen, damit solche Leute vor den Richter gestellt werden. Wer auf einen anderen losgeht, wer Gewalt gegen andere Personen verübt, der hat insofern auch keine Nachsicht verdient.
Unser gemeinsames Anliegen, das des Fußball-Verbandes wie auch das der Polizei, ist es, dass die, wenn ich das so sagen darf, "normalen" Menschen dazu gehören auch Eltern mit ihren Kindern - ein normales Fußballspiel besuchen können, ohne Angst haben zu müssen, in irgendwelche Schlägereien verwickelt zu werden. Die dafür nötigen Einsätze wird unsere Polizei auch in Zukunft fahren. Jeden, der sich diesem Ansatz mit Gewalt entgegenstellt, müssen wir vor Gericht stellen.
Danke schön, Herr Staatsminister. - Als Nächster hat Herr Kollege Arnold das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Staatsminister, Prävention ist das eine; aber auch Abschreckung dient der Prävention. Ich war fünf Jahre lang Stadionstaatsanwalt, sowohl in Nürnberg als auch in Fürth, und habe das Instrument des beschleunigten Verfahrens insoweit genutzt. Das ist möglich, wenn die Beweislage klar ist; bei Körperverletzung ist das meistens der Fall. Aber es muss auch Beweismittel geben. Ich frage Sie daher:
Sind genügend Kräfte für jeden Abschnitt bereitgestellt, sodass Dokumentationstrupps diese Vorgänge aufnehmen?
Sind genügend Kräfte in der Gefangeneneinsatzstelle vorhanden, um die Vernehmung von Schuldigen und die Zeugeneinvernahmen zeitnah durchführen zu können?
Gibt es Anweisungen des Innenministeriums für die polizeilichen Abschnittsleiter, regelmäßige Absprachen mit Staatsanwaltschaften und entsprechend auch Gerichten durchzuführen?
Werden die 63 szenekundigen Beamten, die Sie genannt haben, in dieses Instrument sinnvoll einbezogen?
Vielen Dank, Herr Kollege, für diese Frage. Das ist in der Tat ein ganz wichtiger Themenbereich. Ich habe schon gesagt, wie wichtig es ist, dass Straftäter schnell vor Gericht gestellt werden. Dazu sind die beschleunigten Verfahren ein ganz wichtiges Hilfsmittel. Gerade in dieser Szene ist es wichtig, dass es nicht monatelang dauert, sondern dass jemand, der aus den Gleisen gerät, sofort die Reaktion des Staates spürt.
Dabei sind die von Ihnen angesprochenen Maßnahmen sehr wichtig. Dazu gehören zum Beispiel eine sorgfältige Dokumentation, Dokumentationstrupps, aber natürlich auch installierte Anlagen.
In diesem Zusammenhang komme ich auf eine Frage der Frau Kollegin Tausendfreund zurück, die ich noch nicht beantwortet habe. Dazu sind zum Beispiel die in der Allianz-Arena installierten Anlagen sehr hilfreich. Dort ist eine Vielzahl von Videokameras vorhanden, die alles aufzeichnen. Von der Leitzentrale können die Bilder unmittelbar auf den Bildschirm geholt werden. Damit kann einerseits das Einsatzgeschehen der Polizei gesteuert werden, es kann mit diesen Kameras aber auch dokumentiert werden, wenn es zum Beispiel unmittelbar zu Straftaten, zu Gewalttaten kommt. Ich denke, diese technische Innovation hat sich sehr bewährt. Deshalb haben wir gerade in diesem modernen Stadion, der Allianz-Arena eine sehr gute Situation. Inzwischen ist auch in anderen Stadien in Bayern in mehr oder weniger großem Umfang nachgerüstet worden.
Hinzu kommen - Herr Kollege Arnold, ich komme noch einmal darauf zurück - die Dokumentationstrupps. Denn nicht jede Gewalttat wird im Stadion oder unmittelbar davor verübt. Wir haben das Problem, dass manches schon lange vorher, während des Hinwegs, während der Hinfahrt, geschieht. Es besteht das Problem, dass ein Teil der Gewalttaten schon unterwegs, z. B. auf Autobahnrastplätzen oder Bahnhöfen verübt wird. Dies ist schon angesprochen worden. Überall dort müssen wir möglichst präsent sein. Aber ich sage auch: Sowohl die bayerische Polizei als auch die Bundespolizei können nicht von vornherein an jedem Bahnhof, an dem der Zug entlangfährt, mit Kräften oder gar einem Dokumentationstrupp anwesend sein.
Insgesamt sind allerdings alle von Ihnen, Herr Kollege Arnold, angesprochenen Maßnahmen wichtige Teile unserer Einsatzkonzepte und auch der Ausbildung
der Kolleginnen und Kollegen, die in guter Zusammenarbeit mit der Justiz eingesetzt werden. Gerade an den bekannten großen Fußballorten in Bayern besteht eine sehr gute Zusammenarbeit, die uns wichtig ist.
Danke schön, Herr Staatsminister. Als Nächster hat Herr Kollege Ländner das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, zur Frage nach der Sicherheit bei Fußballeinsätzen gehört für mich auch die Frage nach der Sicherheit der Beamtinnen und Beamten, insbesondere die Frage: Was ist im Fall des Falles, wenn trotz aller Vorsorge, trotz allen taktischen Einsatzkönnens etwas passiert und eine Beamtin oder ein Beamter zu Schaden kommt? Welche Maßnahmen sieht der Freistaat Bayern vor bzw. welche Angebote sind für Beamtinnen und Beamte vorhanden, die bei einem Fußballeinsatz verletzt werden oder sonst zu Schaden kommen?
Wenn man das zunächst auf die medizinische Vorsorge bezieht, so sind entsprechende Hilfskräfte jeweils vor Ort. Wenn eine größere Zahl von Polizeibeamten im Einsatz ist, sind natürlich auch immer Sanitäter der Bereitschaftspolizei selbst oder auch zusätzliche Sanitäter des Roten Kreuzes und anderer mit im Einsatz. Hinzu kommt gegebenenfalls eine psychologische Betreuung, je nachdem, was nach dem Einsatzgeschehen erforderlich ist. Natürlich versuchen wir, auch der Situation der Beamten vor Ort gerecht zu werden. Das gilt vor allem dann, wenn die Kollegen unmittelbar Opfer von Gewalttaten werden. Hier ist in aller Regel eine besonders rasche Versorgung notwendig.
Im vorletzten Jahr, als es am Würzburger Hauptbahnhof zu diesen schlimmen Ausschreitungen der "Schickeria" bei einer Fahrt nach Mainz kam und zwei Kollegen der Bundespolizei erheblich verletzt wurden, habe ich einen der verletzten Kollegen selbst besucht. Denn ich glaube, es ist wichtig, auch mit einem Stück politischer Wahrnehmung und entsprechender Wahrnehmung in der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass wir das nicht als Banalität abtun, sondern dass es diese Gesellschaft nicht akzeptiert, wenn Leute, die eigentlich nur ein Fußballspiel besuchen wollen oder dies vorgeben, maßlos besoffen und in brutaler Gewalt auf Polizeibeamte, ganz gleich, ob des Landes oder des Bundes, losgehen. Deshalb ist es
wichtig, dass wir alle bei solchen Gelegenheiten unsere Solidarität mit diesen Polizeibeamten bekunden.
Herr Minister, nach dem Motto "Prävention statt Repression" habe ich die Frage: Was geschieht eigentlich mit Hooligans, die erstmals gewalttätig werden? Was tut die Staatsregierung, um sie in Zukunft davon abzuhalten oder sie auf einen anderen Weg zu bringen?
Welche gezielten Programme gibt es, um Hooligans zum Ausstieg aus der Szene zu bewegen? Welche Wirkung haben diese Programme? Werden sie evaluiert, und wie werden diese Programme weiterentwickelt?
Das Thema "Prävention vor Repression" kann ich nur nachdrücklich unterstreichen. Wir sind seit Jahren unterwegs, um durch Präventionsmaßnahmen solche Gewalteskalationen rund um Fußballspiele möglichst von vornherein zu vermeiden. Das "Nationale Konzept Sport und Sicherheit" - NKSS - vereint bundesweit alle Akteure rund um das Thema Fußball und sorgt auch für eine geregelte Kommunikation untereinander. Dieses NKSS betont die Verantwortung aller Beteiligten und legt insbesondere auch Wert auf sozialpräventive Arbeit. Mittlerweile gibt es bundesweit eine Vielzahl von Fußballfan-Projekten, bei denen sich erfreulicherweise auch der Deutsche Fußball-Bund selbst engagiert. In Bayern gibt es schon seit mehr als 15 Jahren solche Fanprojekte, die zusätzlich aus dem Haushalt des Kultusministers als Sportminister unterstützt werden.
Wichtige Präventionsarbeit leisten darüber hinaus die szenekundigen Beamten, die ich vorhin im Zusammenhang mit einer anderen Frage schon angesprochen habe. Es gibt für sogenannte Fußballdelikte eine zentrale Sachbearbeitung, und diese Dienststellen halten, so denke ich, einen besonders engen Kontakt zu den szenekundigen Beamten. Die Erfahrungen, die die szenekundigen Beamten machen, fließen in die Präventionsarbeit mit ein.
Was den Spezialbereich der Hooligans anbetrifft, den Sie angesprochen haben, so gibt es meines Wissens
momentan keine minderjährigen Hooligans. Es gibt auch keine speziellen Ausstiegsprogramme für Hooligans, da die Szene keine Strukturen und Bindungen hat, wie wir sie beispielsweise aus der rechten Szene kennen, für die wir in der Tat solche Programme haben, um den Leuten den Ausstieg aus der Szene zu erleichtern. Wir beobachten diese Entwicklung natürlich sehr genau, weil das leider - ich habe das vorhin in einem anderen Zusammenhang schon angedeutet - in Ostdeutschland zum Teil etwas problematischer ist, auch weil dort die Grenzen zwischen rechter oder gar rechtsradikaler Szene und der Fußball-Hooligan-Szene teilweise verschwimmen. Solche Phänomene beobachten wir - in dieser Art jedenfalls - in Bayern bislang Gott sei Dank nicht. Aber wir haben selbstverständlich ein sorgfältiges Auge darauf.