Protocol of the Session on July 15, 2010

(Allgemeiner Beifall)

Jetzt darf ich Herrn Kollegen Hanisch für die Freien Wähler das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den letzten Tagen und Wochen lauteten die Schlagzeilen: "Einheimischenmodelle auf der Kippe" und "Sieg der Spekulanten über die Einheimischenmodelle". Sie haben diese Überschriften sicher gelesen. Das sind schrillende Alarmglocken, die zeigen, dass wir uns wehren sollten. Herr Kollege Schwimmer, ich bedanke mich für Ihren Hinweis. Wenn wir schon einmal Ihre Zustimmung bekommen können, werden wir natürlich das Wort "Deutschland" in unserem Dringlichkeitsantrag durch das Wort "Bayern" ersetzen.

Das Verfahren ist in Gang gekommen, weil ein Niederländer gegen ein Einheimischenmodell in Nordrhein-Westfalen geklagt hat. Sie haben aber völlig recht: Der Bayerische Landtag sollte sich primär um

Bayern kümmern. Deshalb werden wir diese Änderung vornehmen.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns gegen dieses Schreiben der EU-Kommission, mit dem Einheimischenmodelle ganz generell beanstandet werden, wehren. Die Bundesregierung hat hierzu innerhalb von zwei Monaten Stellung zu nehmen. Es folgte ein Aufschrei der bayerischen Bürgermeister und des Bayerischen Gemeindetages und vieler bayerischer Kommunalpolitiker, zu Recht, wie ich meine. Deshalb wollen wir tätig werden und das Einheimischenmodell und den Zweck dieses Einheimischenmodells generell verteidigen.

Meine Damen und Herren, brauchen wir eigentlich Einheimischenmodelle? In vielen landschaftlich wunderschön gelegenen Bereichen gibt es Gemeinden, die Grundstücke teurer oder günstiger aufkaufen. Sie geben diese Grundstücke an Einheimische günstiger ab. Wir brauchen diese Einheimischenmodelle, damit Einheimische in bestimmten familiären und sozialen Situationen - zum Beispiel bezogen auf die Anzahl der Kinder oder das Einkommen - in den Orten, aus denen sie stammen, bleiben können. Diese Leute sollen in ihren Orten bleiben, dort Eigentum erwerben und bauen können. Das Einheimischenmodell hat sich bewährt. Deshalb kämpfen wir um den Erhalt dieses Modells.

Etwa 200 Gemeinden haben von diesem Einheimischenmodell Gebrauch gemacht. Sollte über die Europäische Union ein Verdrängungswettbewerb zulasten der Einheimischen in Gang gesetzt werden, werden wir uns dagegen wehren. Wir müssen dann mit günstigen Preisen dagegenhalten.

Die EU befürchtet eine Diskriminierung von EU-Bürgern am Immobilienmarkt. Dies sehen wir nicht so. Mindestens 95 % der Grundstücke in den Gemeinden, die Einheimischenmodelle nutzen, können auf dem freien Markt gekauft werden. Damit gibt es für Ausländer genügend Möglichkeiten, Grundstücke zu erwerben. Wenn Ausländer in diesen Kommunen zu den Einheimischen zählen - hier gibt es verschiedene Kriterien, Punktesysteme und Ähnliches -, kommen sie ohnehin in den Genuss dieser Vergünstigungen.

Aus Gründen des allgemeinen Interesses halten wir es für zwingend geboten, hier tätig zu werden. Wir bitten Sie um Unterstützung dieser Einheimischenmodelle, damit unsere gewachsene Sozial- und Bevölkerungsstruktur erhalten werden kann. Stimmen Sie deshalb bitte unserem Antrag zu. Wir werden dem Antrag der CSU ebenfalls zustimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Für die SPD tritt jetzt Frau Kollegin Schmitt-Bussinger ans Rednerpult.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Offensichtlich sind wir uns in der Zielrichtung alle einig: Einheimischenmodelle, die in bayerischen Kommunen sehr häufig zu finden sind - es sind etwa 200 -, müssen erhalten bleiben; denn sie sind bewährte Instrumente der Siedlungspolitik. Ortsansässige, vor allem junge Familien, deren Geldbeutel häufig nicht prall gefüllt ist, und Familien, die in den Kommunen verankert und verwurzelt sind, bekommen damit die Möglichkeit, Eigenheime und Grundstücke zu akzeptablen Preisen zu erwerben.

Darüber hinaus ist dieses Instrument der Siedlungspolitik Teil der kommunalen Selbstverwaltung. Diese ist grundgesetzlich garantiert. Diese kommunale Selbstverwaltung ist auch im Vertrag von Lissabon verankert und damit Teil des europäischen Rechts. Die Kommission sieht Einheimischenmodelle als eine Missachtung der Niederlassungsfreiheit und als einen Eingriff in die Freizügigkeit an. Die Europäische Kommission droht mit der Anrufung des Europäischen Gerichtshofs. Diese Entwicklung ist durchaus ernst zu nehmen. Bedenken der EU gegen die Einheimischenmodelle werden nicht zum ersten Mal formuliert. Bereits in früheren Jahren wurden diese Modelle seitens der EU-Kommission kritisiert.

Aktuell liegen Vertragsverletzungsverfahren gegen eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen und gegen vier Gemeinden in Bayern vor. Ich teile die Einschätzung des bayerischen Innenministers Herrmann ausdrücklich. Das gilt auch für die Einschätzung des Präsidenten des Bayerischen Gemeindetags, Herrn Dr. Brandl. Beide Herren haben die Haltung der Europäischen Kommission als absurd bezeichnet; denn immerhin sind noch 90 % aller Grundstücke in der Regel frei verfügbar. Deutsche und europäische Bürger haben grundsätzlich gleiche Chancen, ein Grundstück zu erwerben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Einigkeit, die wir in der Frage der Verteidigung des Einheimischenmodells gegenüber der Europäischen Kommission offensichtlich haben, ist selten genug. Lassen Sie uns den Angriff der Europäischen Kommission auf die kommunale Selbstverwaltung gemeinsam abwehren, und lassen Sie uns für dieses Ziel kämpfen! Wir stimmen dem Dringlichkeitsantrag der CSU und der FDP sowie dem Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler zu.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ein weiterer Landrat und Ex-Landtagskol

lege hat bei uns Platz genommen, nämlich Herr Kollege Dr. Döhler.

(Allgemeiner Beifall)

Heute ist wahrscheinlich ein Landratstreffen im Landtag.

Meine Damen und Herren, wir fahren in der Tagesordnung fort. Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Kamm für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Einheimischenmodelle sind eine Sonderform städtebaulicher Verträge und dienen wie die städtebaulichen Verträge auch dazu, wichtige städtebauliche Ziele wie auch soziale Ziele zu erreichen. Herr Schwimmer hat schon sehr deutlich ausgeführt, dass Einheimischenmodelle für Fremdenverkehrsgemeinden unverzichtbar sind, um zu erreichen, dass sich auch junge einheimische Familien und nicht nur zahlungskräftige Zweitwohnungserwerber mit eigenem Wohnraum versorgen können. Sie können aber auch in Regionen mit demografischer Abwanderung dazu dienen, junge Familien vor Ort zu halten. Einheimischenmodelle stellen auf Ortsansässigkeit und nicht auf Staatsangehörigkeit ab. Sie sind damit auch für Ausländerinnen und Ausländer jeglicher Art, vor allem auch für EUAusländerinnen und EU-Ausländer offen.

Festzustellen ist, dass trotz der Einheimischenmodelle der Grunderwerb in Bayern auch für Auswärtige in unterschiedlich schönen Lagen gut möglich ist. Die vertragliche Gestaltung fast aller Einheimischenmodelle - zumindest aller der Modelle, die ich gesehen habe - stellt auf soziale Kriterien ab, wie zum Beispiel Einkommen, erstmaliger Immobilienerwerb, Kinderzahl oder auch persönliche Handicaps wie zum Beispiel Behinderung. Eine baldige Baupflicht, die in diesen Verträgen festgelegt wird, und eine längere Eigennutzungszeit verhindern, dass wohlhabendere Einheimische eine Art Grundstücksbevorratung betreiben oder dass eine ungerechtfertigte Privilegierung erfolgt. Positiv ist, dass viele Einheimischenmodelle auf die am Ort tätigen Beschäftigten abstellen und damit auch den dort arbeitenden Ausländerinnen und Ausländern offenstehen.

Allerdings bewegen sich die Gemeinden bei den Einheimischenmodellen in durchaus rechtlich nicht einfacher Materie. Zu den Einheimischenmodellen gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung. Manche Regelungen, die die Gemeinden entwickelt haben, konnten vor Gericht nicht bestehen. Deshalb meine ich, dass die Staatsregierung schon noch etwas mehr tun könnte, um die Einheimischenmodelle zu sichern. Sie könnte zum Beispiel Empfehlungen oder Handrei

chungen geben oder eine Mustersatzung erstellen. Insofern enthält der CSU/FDP-Antrag zu viel Lobhudelei. Nachdem jetzt aber die Sommerpause kommt und wir ein bisschen nett sein wollen, Herr Innenminister, stimmen wir auch dieser Lobhudelei zu. Dem Antrag der Freien Wähler stimmen wir ebenfalls zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner für die Fraktion der FDP ist Kollege Rohde.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kamm, ich hätte das Wort Anerkennung für die Aktivitäten der Staatsregierung besser empfunden als das Wort Lobhudelei. Immerhin freut es mich, dass Sie feststellen, dass der Innenminister für die Einheimischenmodelle schon aktiv geworden ist. Viel mehr kann man nicht tun, als die bayerischen Positionen zum Einheimischenmodell zu vertreten. Die Bundesregierung übernimmt wesentliche Teile der bayerischen Positionen und trägt sie nach Brüssel, um dort unsere Interessen zu vertreten. Es waren sogar schon Gespräche geplant. Als aber der Brief mit den Beanstandungen aus Brüssel kam, wurden die Gespräche abgesagt, um eine neue Stellungnahme zu erarbeiten.

Die Bayerische Staatsregierung ist aktiv. Sie haben in der Debatte richtig festgestellt, dass wir den Schwerpunkt auf soziale Kriterien legen müssen. Vielleicht kann man auch die künftige Verweildauer am Ort als Kriterium berücksichtigen, zum Beispiel befristete Arbeitsverträge, die über einen längeren Zeitraum laufen, damit sich neue Leute ansiedeln. Damit hätten auch Europäer aus anderen Ländern eine bessere Chance. Wir würden damit die Einheimischenmodelle EU-freundlicher machen.

Die Kommunen bräuchten einen Leitfaden, wie sie die Kriterien für die Einheimischenmodelle richtig gestalten. Das wäre eine gute Handreichung. Ich bin mir sicher, dass der Innenminister diese Anregung dankbar aufgreifen wird, wenn er sie nicht schon berücksichtigt hat.

In der Debatte wurde auch gesagt, dass wir in Bayern schon 200 Einheimischenmodelle haben, von denen nur vier beanstandet wurden. Damit besteht durchaus Hoffnung, dass wir uns mit den Brüsseler Kollegen einigen. Dazu muss aber auch in Brüssel Gesprächsbereitschaft bestehen. Es darf nicht wegen eines unwichtigen Details die Keule gegen Deutschland ausgepackt werden. Dass die Brüsseler Bürokratie Zeit hat, sich um diese kleinen Einheimischenmodelle in Bayern oder auch im nordrhein-westfälischen Selfkant zu kümmern, verwundert einen schon. Ich glau

be, es gibt wichtigere Themen, für die ich keine Beispiele zu nennen brauche. Aus der jüngsten Vergangenheit fällt uns dazu einiges ein.

Ich freue mich über die Initiativen, die wir gemeinsam tragen. Ich glaube, wir stehen hier im Plenum Seite an Seite. Ich bin mir sicher, dass das Einheimischenmodell in einer EU-freundlichen Fassung fortgesetzt werden wird. Ich wünsche dem Innenminister bei den Verhandlungen mit Brüssel viel Erfolg.

(Beifall bei der FDP)

Für die Staatsregierung äußert sich Herr Staatssekretär Eck.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen. Deshalb will ich es ganz kurz machen. Ich hatte mich bereits gemeldet. Es ist erstaunlich, dass wir am letzten Plenartag eine solche Einigkeit erleben dürfen. Alle politischen Gruppierungen ziehen an einem Strang. Deshalb will ich an dieser Stelle ein klares Bekenntnis abgeben. Die Staatsregierung ist in gleicher Richtung unterwegs. Ich darf das ganz besonders auch für unsere Europaministerin zum Ausdruck bringen. Sie kämpft vor Ort dafür, dass die kommunale Selbstverwaltung nicht beschnitten wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nur eine ganz kleine Bemerkung hinzufügen. Wenn es diese Modelle noch nicht gäbe, wären wir aufgefordert, sie in Anbetracht der Entwicklung der ländlichen Räume zu installieren.

Einen kleinen Punkt möchte ich noch ansprechen, liebe Frau Kollegin Kamm. Wir reden immer von Entbürokratisierung und Deregulierung. Deshalb ist es in diesem Zusammenhang nicht ganz so glücklich, wenn wir wiederum Regelwerke und Satzungen fordern, die alles bis ins Letzte regeln. Das sollten wir nicht tun. Wenn wir Regeln fordern, sollten es ganz lose Formulierungen sein. Diejenigen, die in der Kommunalpolitik vor Ort solche Modelle betreiben, hielten es für gut, wenn sie sich irgendwo ein bisschen festhalten könnten. Wir sollten keine absoluten Regeln aufstellen, sondern der kommunalen Selbstverwaltung Freiräume geben. Die Anträge gehen in die richtige Richtung. Ich bitte deshalb auch um Zustimmung.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatssekretär, bitte bleiben Sie noch am Mikrofon, wir haben eine Zwischenbemerkung der Kollegin Kamm.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Sie haben meinen Beitrag wohl etwas missverstanden. Zu Einheimischenmodellen gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung. Es gibt intensive rechtliche Auseinandersetzungen. Die Gemeinden bewegen sich vielfach auf rechtlich schwierigem Feld. Daher wäre es gut, wenn es lose Empfehlungen oder Hinweise gäbe.

Liebe Frau Kollegin, dann sind wir uns einig. Ich habe gesagt, wenn wir überhaupt Regeln brauchen, dann ein loses Regelwerk mit Empfehlungen. Auf keinen Fall wollen wir einschnürende oder feste Bestimmungen. Damit ziehen wir am gleichen Strang und gehen in die gleiche Richtung.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5471 - das ist der interfraktionelle Antrag der Fraktionen von CSU und FDP - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind alle Fraktionen und Frau Kollegin Pauli. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5473 mit der schon besprochenen Änderung - die Worte "deutschen Einheimischenmodelle" werden ersetzt durch die Worte "bayerischen Einheimischenmodelle" - zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind auch wieder alle Fraktionen und Frau Kollegin Pauli. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag ebenfalls angenommen.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Thomas Beyer, Harald Güller u. a. und Fraktion (SPD) Gentechnikanbaufreies Bayern (Drs. 16/5472)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Wörner.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! "Gentechnik" zum ich weiß nicht wievielten Mal. Heute hat der Antrag einen besonderen Grund. Wir wollen, dass gemäß dem Konsens Bayern weiterhin gentechnikanbaufrei bleibt und Forschungsanbau in Labors und nicht im Freiland stattfindet. Außerdem fordern wir die Staatsregierung auf, dafür zu kämpfen, Europa gentechnikfrei zu stellen.

(Eberhard Sinner (CSU): Afrika auch!)

- Von Ihnen war ich schon Klügeres gewohnt, Herr Kollege.