Dann ist an die Verbraucherrechte zu denken. Hier ist unsere Wachsamkeit gegenüber der Europäischen Union gefragt. Der EU-Richtlinienvorschlag führt zu einer Nivellierung des Verbraucherschutzes auf europäischem Niveau. Für Deutschland bedeutet das eine Verschlechterung. Wir halten es für wichtig, die hohen deutschen Standards zu erhalten und Verjährungsfristen im Zweifel eher zu verlängern als zu verkürzen und im Zweifelsfall eher eine Beweislastumkehr für Finanzdienstleister vorzusehen.
Die dritte Säule ist die Beratung. Die Beratung ist wichtig. Der ursprüngliche Vorschlag des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz war, Verbraucherlotsen an den Landratsämtern einzuführen.
Nun hat die Diskussion eines gezeigt: Die Landkreise wollen diese Verbraucherlotsen nicht. Der Landkreistag hat sich klar dazu geäußert. Das war richtig. Denn es hilft niemandem, neben den bestehenden Strukturen noch eine weitere Struktur aufzubauen. Insofern kann ich mich dem Votum des Kollegen Pohl absolut anschließen.
Ich sage aber auch: Wenn Sie mit dem Antrag, den Sie heute stellen, den Landkreisen etwas aufzwingen wollen, dann frage ich Sie, ob Sie die Debatte der vergangenen Monate verschlafen haben. Offensichtlich haben Sie nicht gemerkt, was die Landkreise dazu gesagt haben.
Sie haben jetzt einen Antrag aufgegriffen, der durch etwas Besseres ersetzt ist. Denn wir haben in Bayern starke Verbraucherverbände, die die Beratung wahrnehmen. Wir haben eine Verbraucherzentrale Bayern und einen Verbraucherservice Bayern. Beide werden mit steigenden Mitteln unterstützt. Das ignorieren Sie.
Der Verbraucherservice Bayern hat Interesse an der Umsetzung des Konzepts geäußert. Ich sage Ihnen ganz klar: Da ist ein Lotse - oder wie immer man das nennen will - wesentlich besser aufgehoben als in einer Bürokratie im Landratsamt, die bereits Stellen dafür hat.
Geben wir doch den Verbraucherschutz in den Aufgabenbereich der beratenden Verbände. Dort ist er richtig platziert, nicht in einer staatlichen Institution, die bereits eine Stelle für Verbraucherschutz hat - nämlich die Lebensmittelüberwachung -, die sich um diese Dinge kümmert. Wir sollten nicht eine Doppelstruktur aufbauen, die niemandem weiterhilft.
Ihr Antrag ist der traurige Versuch, eine Debatte fortzuführen, die längst weiter gediehen ist. Diese Entwicklung haben Sie leider verpasst.
Herr Kollege Fischer, bleiben Sie bitte noch einen Moment am Pult. Frau Kollegin Stamm macht eine Zwischenbemerkung.
Herr Fischer, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie grundsätzlich dafür, den Verbraucherschutz zu stärken. Ich habe vorhin in meiner Rede erwähnt, dass das schon mehrere Ausschussmitglieder gesagt haben. Sie sind also der Meinung, man könnte auch Lotsinnen und Lotsen gebrauchen. Das sage ich unabhängig davon, dass solche
Ich habe dazu einen Antrag eingebracht, wonach das Geld, das für das Pilotprojekt vorgesehen war, auf jeden Fall für den Verbraucherschutz verwendet werden soll, das heißt bei den zwei Organisationen, die es schon gibt.
Es ist für mich schon ein Novum, dass man einen Antrag begründet, den man noch gar nicht gestellt hat. Das finde ich interessant. Ich freue mich natürlich, wenn Sie um Zustimmung zu diesem Antrag werben und damit implizit zugeben, dass der Antrag, der hier jetzt vorliegt, längst obsolet geworden ist. Das wird dadurch deutlich. Deutlicher kann man es nicht ausdrücken, dass sich der Antrag, der hier vorliegt, eigentlich erledigt hat.
Ich möchte auch zu Ihrer Frage Stellung nehmen. Ich meine, in erster Linie ist die Beratung keine Aufgabe des Staates, sondern eine Aufgabe der privaten Verbände, die auf diesem Gebiet tätig sind. Es kann dafür aber eine staatliche Unterstützung geben. Es gibt sie auch. In der aktuellen finanziellen Situation stelle ich mir aber schon die Frage, ob es unsere vordringlichste Aufgabe ist, da Geld hineinzustecken, oder ob wir nicht andere staatliche Aufgaben haben, die dringlicher sind. Darüber werden wir zu beraten haben, und darüber entscheiden wir, wenn Ihr neuer Antrag vorliegt, auf den ich sehr gespannt bin.
Herr Dr. Fischer, habe ich Sie richtig verstanden, dass Beratung nicht vordringliche Aufgabe des Staates ist? - Falls ja, bitte ich Sie, sich einmal mit Professor Bausback auseinanderzusetzen, der dies in der Regierungskoalition als staatliche Querschnittsaufgabe bezeichnet. Ich bin irritiert. Sie müssen in der nächsten Ausschusssitzung klarlegen, was jetzt die eine und die andere Seite will.
Ein Weiteres. Sie wollen hier vorgaukeln, dass dieser Gesetzentwurf den Landratsämtern etwas aufgepfropft hätte, möglicherweise mit Kostenfolgen. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass das Konnexitätsprinzip Verfas
sungsrang hat und dass das gar nicht geht, sondern dass diese Ausgaben tatsächlich von staatlicher Seite getragen werden müssten und das Landratsamt bzw. der Landkreis oder die kreisfreien Städte 0,0 Cent drauflegen müssten. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.
Aber Herr Kollege Arnold, das war eigentlich keine Frage. Ich möchte dazu aber trotzdem ein paar Sätze sagen.
- Ich freue mich über die Heiterkeit, die bei Ihnen dadurch ausgelöst wird. In der Vorweihnachtszeit ist das immer schön.
dass es auch in einer Regierungskoalition zu Sachthemen unterschiedliche Auffassungen geben kann. Das liegt im Wesen der Politik; darin kann ich nichts Schlechtes erkennen.
Zum Zweiten ging es bei der Frage, die Sie ansprechen, nicht nur darum, wer dies finanziert, sondern es ging auch darum, dass der Landkreistag einstimmig - ich betone: einstimmig - gesagt hat: Wir halten es nicht für richtig, diese Aufgaben bei den Landratsämtern und bei den Landkreisen anzusiedeln. Das war eine klare Aussage, die sich nicht nur um die Finanzierung gedreht hat. Deswegen verstehe ich nicht, dass Sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass man eine Aufgabe, die eine Institution nicht haben möchte, vielleicht besser woanders bei jemandem ansiedelt, der sie sehr gerne haben möchte. Der Verbraucherservice Bayern hat sich dementsprechend geäußert; sie wollen das machen. Ich verstehe nicht, warum Sie versuchen, den alten Weg aufzugreifen.
Ich finde es sehr interessant, was Sie im Ausschuss dazu gesagt haben. Ursprünglich waren Sie dem Konzept skeptisch gegenübergestanden. Wenn Sie für sich in Anspruch nehmen, Ihre Meinung zu ändern, dann glaube ich, können wir für uns auch in Anspruch nehmen, unsere Meinung zu ändern. Wir sind zu einem besseren Ergebnis gelangt.
Für die Bayerische Staatsregierung darf ich nun unserer Justizministerin Dr. Beate Merk das Wort erteilen. Bitte schön.
Herr Präsident, Hohes Haus! Ich muss sagen, diese Diskussion lässt teilweise schon ein erschreckendes Verständnis von Verbraucherschutz aufscheinen, Herr Pohl.
Was Sie gesagt haben, fand ich nicht mehr exotisch, sondern dramatisch. Wenn man sich mit Verbraucherschutz auseinandersetzt, sollte man vielleicht so, wie wir es auch getan haben, einen Blick auf die Landkarte werfen und schauen, wo denn Beratungsmöglichkeiten gegeben sind. In Bayern findet man 29 Beratungsstellen; man findet aber auch eine ganze Menge freie Flächen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, dass nicht jeder Bürger genau weiß, wann und wohin er sich wenden kann, wenn er Fragen hat. Seien wir uns doch auch klar darüber: Wir verlangen Eigenverantwortung; wir verlangen einen mündigen Bürger. Wir müssen ihm dann aber auch die entsprechenden Informationen zur Verfügung stellen und offenlegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man sollte sich dann vielleicht auch mit den Bürgern, mit den Verbrauchern auseinandersetzen. Wir haben das getan. Wir haben das zum Beispiel über den Verbrauchermonitor getan, indem wir Verbraucher abgefragt haben. Von ihnen haben wir klar gehört, dass sie sich in verschiedenster Weise hilflos gegenüber einem großen, teilweise überwältigenden Angebot fühlen, dass sie sich in vielen Fragen alleingelassen fühlen und Unterstützung wünschen.
Deswegen war einer der Bausteine unserer Politik der Verbraucherlotse. Wir haben damit eben gerade nicht den Aufbau neuer überflüssiger Strukturen angestrebt. Wir wollten vielmehr neue Wege angehen. Wir wollten einen Ansprechpartner vor Ort, der nicht in engerem Sinne berät, wie das bei den Beratungsangeboten des Verbraucherservice und der Verbraucherzentralen der Fall ist. Wir wollten eine Wegweisung zu den bestehenden Beratungsangeboten für die Bürger. Wir wollten die Akteure vor Ort vernetzen, und wir wollten über diese Lotsen Öffentlichkeitsarbeit wirksam betreiben. Die Idee war, einen starken, in der Fläche vernetzten Kooperationspartner zu finden, der gut präsent ist und Vertrauen genießt, nämlich die Landkreise. Acht Land
räte haben zu uns auch gesagt: Wir sind da dabei, das ist eine Supersache, und haben selbst schon Entwürfe gemacht, wie denn ein solcher Verbraucherlotse implementiert werden könnte. Das hilft aber alles nichts, wenn dies acht Landräte wollen, auf der anderen Seite aber der Landkreistag sagt: Wir sehen das aus einem anderen Blickwinkel. Selbstverständlich hat es dazu eine inhaltliche Auseinandersetzung gegeben. Wir haben uns mit dem Landkreistag auseinandergesetzt. Wir haben noch einmal darauf hingewiesen, wie wir uns diesen Verbraucherlotsen vorstellen, welche Möglichkeiten er haben könnte. Ich muss aber genauso wie meine Fraktion zu meinem Bedauern feststellen: Wenn hier beinhart geblieben wird, wenn es trotz aller guten Ideen keine Möglichkeit zum Überzeugen gibt und wenn selbst auf dem flachen Land gesagt wird, wir wollen das nicht, dann macht es keinen Sinn, mit Zwang etwas durchsetzen zu wollen. Das bringt es einfach nicht.
Insofern muss ich sagen, dass wir davon Abstand genommen haben. Wir haben andere Möglichkeiten versucht. Natürlich kann ich über den Verbraucherservice nachdenken. Dann bin ich aber nicht mehr bei dem Punkt, über den wir nachgedacht haben, in der freien Fläche, dort, wo keine Beratungsangebote zur Verfügung stehen, Hinweisgeber zu sein und entsprechende Unterstützung zu leisten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eines noch. Sie sollten sich besser informieren, wenn Sie über Verbraucherlotsen und von 1,2 Millionen Euro sprechen. Es handelt sich um nicht einmal 300.000 Euro, die dafür zur Verfügung gestanden hätten und notwendig gewesen wären, um unser Projekt für zwei Jahre durchführen zu können. Ziel war selbstverständlich, hinterher zu evaluieren und auch mit best practice gegenseitig abzuklären, wer hat was wie gemacht und welche Erfolge hat man wo errungen. Ich sage also ganz klar: Das ist gescheitert. Das ist deshalb gescheitert, weil der Landkreistag nicht mitmacht. Ich möchte aber bei aller Enttäuschung auch sagen: Deshalb geht die Welt nicht unter; denn eines ist auch klar: Das bedeutet nicht, dass ein wesentlicher Teil meiner Verbraucherpolitik weggebrochen ist, wie immer wieder behauptet wird. Das stimmt schlichtweg nicht. Wir haben zurzeit 30 weitere Einzelprojekte laufen, die den Verbraucherschutz in Bayern voranbringen werden. Selbstverständlich bleiben diese 30 Projekte unberührt und werden mit großem Nachdruck fortgeführt. Im Zentrum stehen die Punkte, die vorher angesprochen worden sind: Aufklärung, Bildung und Information, und zwar von Kindesbeinen an. Wo das nicht genügt, aber nur dort, trete ich auch für bessere Gesetze und eine gute Rechtsdurchsetzung ein.
Wir haben vor einigen Wochen den Runden Tisch "Verbraucherfinanzen und Vertrauen" eingerichtet. Wir haben Fachleute zusammengekoppelt, die nun gemeinsame nachhaltige Lösungsvorschläge zur Verbesserung des Anlegerschutzes erarbeiten. Wir haben die bayerische Verbraucherkommission ins Leben gerufen, die im Sommer ihre Arbeit aufgenommen hat und die neue Entwicklungen in der Verbraucherpolitik und in der Verbraucherarbeit aufgreift, die die Politik berät und gutachtliche Stellungnahmen abgibt. Das sind 16 ehrenamtliche Mitglieder aus Wirtschaft und Wissenschaft, die uns unabhängig, also unabhängig von uns, beraten. Ich meine, es ist ein ganz wesentlicher Faktor, dass wir über den Tellerrand hinausblicken und uns auch beraten lassen.
Das von mir veranstaltete Symposium zum Thema Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat Maßstäbe gesetzt und auch bis nach Brüssel Aufmerksamkeit hervorgerufen. Als zentrale fachübergreifende Instanz werden wir in Kürze alle Akteure auf dem Gebiet der Verbraucherpolitik in einer bayerischen Verbraucherallianz zusammenkoppeln. Das ist eine enge Vernetzung, ein unverzichtbares Netzwerk, damit sich die im Verbraucherschutz tätigen Organisationen und Stellen austauschen und abstimmen können und damit ihre Arbeit bestmöglich optimieren können. Sie sehen also: Es wird eine ganze Menge getan.
Schließlich wird viel Energie in die Verbraucherbildung und Verbraucheraufklärung gesteckt. Unser gemeinsames Verbraucherportal "vis.bayern.de" wird zurzeit inhaltlich konzeptionell auf neue Grundlagen gestellt. Alle Ministerien, die mit Verbraucherschutz zu tun haben, setzen hier ihre Inhalte mit hinein. Insofern ist das ein umfassendes Informationsmittel. Darüber hinaus finden Sie uns in den Schulen. Also läuft auch das, was hier angemahnt wurde, längst in Jugendeinrichtungen und in Einrichtungen der Erwachsenenbildung; in den Schulen selbstverständlich im engen Einvernehmen mit dem Kultusministerium, sonst selbstverständlich im engen Benehmen mit dem Landwirtschaftsministerium, mit dem Umwelt- und Gesundheitsministerium und dem Arbeitsministerium. Damit bringen wir Verbraucherthemen verstärkt unter die Leute. Ich kann Ihnen ganz klar sagen: Es gibt im Verbraucherschutz viel zu tun. Wir packen das alle miteinander an und werden das in Zukunft weiter intensivieren. Auf die Diskussion mit Ihnen freue ich mich.
Frau Ministerin, bleiben Sie noch kurz für eine Zwischenintervention des Kollegen Arnold am Rednerpult. Ich weise auch darauf hin, dass ich noch keine weiteren Wortmeldungen auf