Protocol of the Session on July 1, 2009

(Franz Maget (SPD): Wie?)

Wir wollen auch, dass unsere bayerischen niedergelassenen Ärzte keine finanziellen Einbußen erleiden.

Wir wollen in Bayern die duale Krankenhausfinanzierung erhalten. Wir wollen auch wieder die Finanzhoheit für unsere Krankenkassen und wir wollen die Präsenzapotheke erhalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe Ihnen ganz kurz in Stichworten gesagt, wofür die CSU-Fraktion steht.

(Beifall bei der CSU)

Frau Stewens, bleiben Sie bitte am Pult. Ich weiß, alle sind immer ganz glücklich, wenn sie mit ihrem Redebeitrag fertig sind. Herr Dr. Bauer hat aber noch eine Zwischenintervention.

Frau Kollegin Stewens, ich bin von Ihrem Aufmerksamkeitsdefizit ein bisschen überrascht. Ich habe den Ethikrat angesprochen. Dort sitzt zum ersten Mal ein Patientenvertreter. Haben Sie das zur Kenntnis genommen oder haben Sie das überhört?

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Ich habe die Patientenvertreter in Ihrem Redebeitrag durchaus zur Kenntnis genommen, Herr Professor Bauer. Ich habe allerdings auch Ihren Dringlichkeitsantrag gelesen. Dort wird der Patient leider Gottes mit keinem Wort erwähnt.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Wortmeldung: Frau Schopper für die GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde mich ganz kurz fassen, weil wir mit unserer Redezeit etwas haushalten müssen. Ursprünglich wollte ich Frau Stewens schon zustimmen, dass man die Grundsatzdebatte über die Gesundheitspolitik nicht mit einem Dringlichkeitsantrag führen kann. Danach ist sie aber doch mit dem Gaul in die allgemeine Debatte hineingeritten.

Frau Stewens, eines müssen Sie sich schon gefallen lassen. Auch wenn Sie als ersten Satz in das Wahlprogramm schreiben, dass der Mensch im Mittelpunkt steht, ist es damit noch nicht getan, wenn Sie in der Folge doch wieder davon abweichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich musste lachen, als ich den Antrag der Freien Wähler gelesen habe. Er erinnert mich daran, dass Sie jetzt doch von der Bundestagswahl eingeholt wurden, denn die Gesundheitspolitik ist eigentlich ausschließlich ein bundespolitisches Thema, und die Grundsätze werden auch im Bundestag beschlossen. Sie beteuern zwar, wie eigenständig und mit wie viel Hirnschmalz sie ihr Konzept entwickelt haben. Letztlich ist es aber doch die Bürgerversicherung, für die wir auch stehen. Sie haben sie nur noch mit einigen Punkten angereichert, auf die ich noch zurückkommen werde, die ich aber nicht unterstützen kann.

Um unsere Redezeit nicht zu sehr zu strapazieren, will ich auf die Punkte eingehen, von denen ich denke, dass sie uns trennen. Zum einen ist es die paritätische Finanzierung, die Sie heute zwar nicht konkret, aber zumindest in Ihrem ursprünglichen Konzept, das Sie präsentiert haben, angesprochen haben. Davon sind Sie jetzt sehr weit abgerückt. Wenn die Beitragsbemessungsgrenzen nach oben gehen, steigen sie zwar nicht mehr für das Unternehmen, jedoch für die Versicherten. Und damit werden sie für die Menschen, die die Beiträge bezahlen sollen, zu einem unwägbaren Kostenfaktor.

Der Punkt, der uns am meisten trennt, ist die Kostenerstattung. Das Sachleistungsprinzip wird von der Mehrzahl der Menschen gewünscht. Deshalb müssen Sie sich damit schon im Detail vertraut machen, wie Ihr Konzept umgesetzt werden soll. Ich höre auch von den privaten Kassen immer mehr, dass die Rechnungen, die der Patient bekommt, von den privaten Kassen nicht immer voll bezahlt werden, sodass die Patienten und Patientinnen auf den Kosten sitzenbleiben. Das Potential derer, die im Bereich der privaten Krankenversicherung das Kostenerstattungsprinzip nutzen, liegt momentan bei 10 %. Bei den gesetzlich Versicherten sind es ein bis zwei Prozent. Dort hat sich also noch nicht die große Zahl der Freunde und Befürworter gefunden. Deshalb gehen die Ärztinnen und Ärzte hier auch ein Risiko ein und kommen plötzlich in einen Inkassobetrieb. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir damit auf dem rechten Weg sind.

Für mich ist es auch noch nicht ganz klar, dass bei einem gänzlichen Entfallen der Beitragsbemessungsgrenze auch die Lohnnebenkosten sinken, und dass sie auch für die einzelnen Leute in den Betrieben sinken,

je nachdem, wie das Lohnniveau in den Betrieben ist. Der Teufel steckt wie immer auch dort im Detail. Sie haben zwar gesagt, Sie hätten alles durchgerechnet. Ein wenig haben mir aber Ihre Berechnungen gefehlt. Mich hat es ein bisschen an die Sendung von Nina Ruge erinnert, an der es am Schluss immer hieß: Alles wird gut.

Sie hätten es wahrscheinlich auch gern so, dass alles gut wird. Ich glaube aber, für eine gute Versorgung und eine Finanzierung, die gerecht ist und den Kostenrahmen einhält, muss man schon ein wenig mehr tun, als dass man mit gutem Willen sagt, das schaffen wir schon.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Bauer hat sich für eine Zwischenintervention gemeldet. Bitte.

Das Problem der Kostenerstattung liegt hauptsächlich darin, dass die privaten Kassen nicht zahlen und ein Risiko entsteht, weil es eine unübersichtliche Gebührenordnung gibt. Wenn Sie Tausende von Gebührennummern haben ich erlebe es täglich in der Praxis - und abrechnen müssen, dann gibt es Probleme. Deshalb muss eine neue GOÄ bzw. GOZ mit dem Ethikrat und der Patientenvertretung gestaltet werden. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.

Weiter muss ich Ihnen sagen, im Rahmen eines Dringlichkeitsantrags kann man natürlich keine Machbarkeitsstudie, was die Kosten betrifft, erstellen. Geben Sie mir da recht?

Recht gebe ich Ihnen nicht, aber ich nehme zur Kenntnis, dass Sie im Nachhinein noch einmal guten Willen beweisen wollen.

Nächste Wortmeldung: Herr Dr. Bertermann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin derjenige von der FDP, der hier massiv angegriffen worden ist. Es hat geheißen, dass wir das Solidarsystem mit unserem Modell ad absurdum führen.

(Simone Tolle (GRÜNE): Das machen Sie auch!)

Im Mittelpunkt liberaler Politik steht und wird auch in Zukunft der Grundsatz stehen, dass eine solidarische Versichertengesellschaft unter allen Umständen erhalten werden muss.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen, dass die Verkäuferin genauso gut behandelt wird wie der Herr Direktor, der wesentlich mehr Geld hat. Wenn die medizinische Versorgung vom Geldbeutel abhängt, dann bedeutet das eine Entsolidarisierung unserer Gesellschaft und dann wird es zu einer Radikalisierung an den Rändern kommen. Die Frage ist: Wie können wir in unserer Gesellschaft Solidarität herstellen, sodass jeder die medizinische Versorgung erhält, die derzeit die beste medizinische Versorgung darstellt? An dieser Stelle müssen wir auch fragen: Was ist die beste Finanzierung, und was können wir den Menschen in Bayern angesichts der derzeitigen Finanzmisere und Wirtschaftskrise zumuten, sodass sie eine angemessene Versorgung erhalten? Ich sage noch einmal: Auch wir Liberale lassen niemanden aus unserem sozialen Netz fallen. Wir haben das Bürgergeld, das Bürokratie abbaut und letztlich Kosten einspart.

Nun konkret zum Antrag der Freien Wähler. Ich nehme an, der Antrag stammt noch aus der Zeit, als die Freien Wähler der Meinung waren, sie würden sich bundespolitisch organisieren. Deshalb wurde hier ein Dringlichkeitsantrag zur Gesundheitspolitik gestellt, nachdem schon 20 oder 30 Reformvorschläge gemacht wurden.

Der Antrag gefällt mir zum Teil. Es gibt viel Licht und viel Schatten. Es gibt gute Ansätze, aber wir sollten uns näher ansehen, was sich tatsächlich verwirklichen lässt. Lassen Sie mich konkret auf das Antragsbegehren eingehen.

Punkt eins im Antrag, die Pflicht für Versicherung, ist sicher positiv zu bewerten. Bei dem gesetzlich bestimmten Leistungsumfang fängt es aber schon an, schwierig zu werden. Wer soll den gesetzlich bestimmten Leistungsumfang feststellen? Soll das der Gesetzgeber tun? Soll das die Selbstverwaltung tun? Soll das eine autonome Patienteninitiative tun? Auch darüber müssen wir uns unterhalten.

Punkt zwei betrifft den Kontrahierungszwang. Lieber Herr Dr. Bauer, hier spreche ich Sie direkt an: Der Kontrahierungszwang ist eine ureigene Forderung der FDP im liberalen Programm von Dresden. Dort steht expressis verbis drin: Wir wollen alle Menschen unabhängig von ihren körperlichen, geistigen und seelischen Risiken zunächst einmal aufnehmen. Die Frage ist allerdings: Wie können wir das System finanziell so gestalten, dass tatsächlich genügend Reserven für das Alter da sind? Wir müssen uns darüber unterhalten, welchen Weg wir gehen wollen. Es geht darum, ob die Bürgerversicherung oder ein kapitalgedecktes Verfahren der bessere Weg ist. Infrage kommt auch eine sozialverträgliche Teilprivatisierung, sodass niemandem Leistungen vorenthalten werden. Über diese Fra

gen müssen wir gemeinsam diskutieren und eine Lösung finden.

Ich stimme Frau Stewens zu, letztlich geht es um eine optimale Versorgung der Bürger Bayerns. Auf Grundlage der jetzigen gesetzlichen Bestimmungen des Wettbewerbsstärkungsgesetzes sieht es leider so aus, dass der bayerische Arzt und der bayerische Patient zum Verlierer der Reform werden könnten. Wir haben in der Koalition alle Anstrengungen unternommen, dass wir das zurückdrehen. Herr Söder, wenn ich Sie hier ansprechen darf: Wir wollen einen eigenen bayerischen Weg gehen. Ich setze darauf, dass wir gemeinsam einen bayerischen Weg gehen, damit der bayerische Patient nicht benachteiligt wird.

Alle Fragen müssen offen diskutiert werden. So müssen auch die sogenannte Direktabrechnung, das Kapitaldeckungsverfahren und das Umlageverfahren in Anbetracht der demografischen Entwicklung auf den Prüfstand. Wir müssen gemeinsam tun, was in der Politik möglich ist. Eine Mithilfe der Freien Wähler kann ich mir nicht vorstellen, weil sie nicht im Gesundheitsausschuss des Bundestages sitzen und deshalb dort keine Gesundheitspolitik machen können.

Der Antrag ist gut; der Antrag hat Licht und Schatten. Ich würde aber sagen, bei den Nummern eins und zwei gilt das Elfte Gebot: Du sollst nicht abschreiben. Das Konzept stammt nämlich von der FDP. Vor diesem Hintergrund lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Dieses Gebot ist mir zwar unbekannt, aber Sie sind sicher bibelfester als ich. Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Dechant.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Normalerweise spreche ich nicht zur Gesundheitspolitik, aber Sie sehen an der Tatsache, dass die FDP zwei Redner aufbietet, dass uns das Thema extrem wichtig ist. Ich habe gestern Abend den Antrag der Freien Wähler auf den Tisch bekommen und durchgelesen. Dabei habe ich mir gedacht, wie man auf einem Blatt so viel unterbringen kann. Den Titel nenne ich jetzt lieber nicht.

(Unruhe)

Herr Dechant, warten Sie bitte einen Moment. Ich kann die Lautstärke nicht mehr stärker zugunsten des Redners regeln. Deshalb bitte ich darum, etwas leiser zu sein. Danke.

(Vom Redner nicht autori- siert) Gut, ich mache jetzt weiter.

Offensichtlich ist der Antrag ein Relikt der Frau Pauli. Denn er war offensichtlich für den nicht mehr stattfindenden Bundestagswahlkampf der Freien Wähler gedacht und wurde nun trotzdem planmäßig eingebracht. Ich finde, das Antragsbegehren ist völlig unstimmig. Es gibt keine Aussage über den Arbeitgeberanteil. Offensichtlich wollen Sie den abschaffen. Dazu muss ich ehrlicherweise sagen, so arbeitgeberfreundlich wie Sie mit Ihrem Gesundheitskonzept sind nicht einmal böse Vorurteile gegenüber der FDP.

(Beifall bei der FDP)

Es existieren keinerlei Elemente, die die Eigenverantwortung stärken. Im Antrag stehen keine Beitragsrückerstattungen etc. Es gibt nichts, was die Generationengerechtigkeit befördern würde. Wir brauchen aber einen Kapitalstock. Es muss eine Rücklage für das Alter gebildet werden. Wenn wir immer mehr alte und immer weniger junge Menschen haben, funktioniert das Umlagesystem nicht. Es ist vollkommen ungerecht und bietet keine Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei der FDP)

Ein Satz noch zum Antrag der SPD. Sie sprechen immer viel von Gerechtigkeit. Deswegen frage ich Sie hier vom Pult aus: Ist es denn gerecht, wenn Sie mit der Einbeziehung der Privatversicherten nichts weiter wollen, als deren Kapitalstock anzugreifen und zu verfrühstücken?

(Beifall bei der FDP)

Frau Staatssekretärin Huml hat für die Staatsregierung um das Wort gebeten. Bitte schön.