Liebes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir sind uns in dem Punkt einig, dass der Patient im Mittelpunkt stehen muss und dass die Gesundheitspolitik eine der größten Herausforderungen eines modernen Sozialstaates ist. Der Gesellschaft sollte es etwas wert sein, dass jeder Patient, jeder, der krank ist und Hilfe braucht, eine hochwertige medizinische Versorgung erhält, und zwar auch im ländlichen Raum.
Aber auf dem Weg dorthin sind wir eben unterschiedlicher Meinung. Für uns ist es wichtig, dass der Mensch, der Patient im Mittelpunkt steht, nicht irgendeine Ideologie oder sonstige Dinge wie die sozialistische Bürgerversicherung. Gesundheitspolitik bedeutet für uns, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jeder Patient, unabhängig vom Alter, von Einkommen
oder Herkunft bestmöglich und menschenwürdig behandelt werden kann und dass jeder Arzt seinen Patienten nach bestem Wissen und Gewissen helfen und sie behandeln kann.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zu den Anträgen im Einzelnen kommen, zuerst zum Antrag der Freien Wähler: Vieles, was Sie in ihrem Antrag gefordert haben, ist bereits überholt, zum Beispiel die Pflicht zur Versicherung. Wir haben sie bereits seit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zum 01.04.2007. Seitdem gibt es die Pflicht zur Versicherung. Gleichzeitig ist der Kontrahierungszwang festgeschrieben worden. Was wollen Sie mit diesem Punkt genau? Wollen Sie eine GKV, eine PKV oder die "Soziale Gesundheitsversicherung", die doch wieder in Richtung Einheitskasse mündet? Was wollen Sie? Wie soll es genau aussehen?
Auch den Punkt "Versicherungsfremde Leistungen" haben wir schon aufgegriffen indem wir die Finanzierung aus Steuermitteln stufenweise realisieren. Bis 2012 sollen hier 14 Milliarden Euro eingesetzt werden. Die Umstellung auf die Kostenerstattung - darauf sind meine Vorredner bereits eingegangen - ist ein weiterer Punkt. Wir müssen uns hierbei des Inkassorisikos der Leistungserbringer bewusst sein. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Praxisgebühr in der letzten Woche ein Urteil gesprochen.
Damit kommen wir zum Antrag der SPD. Dazu möchte ich nicht viele Worte verlieren, denn die Bürgerversicherung wird von uns als der falsche Weg abgelehnt. Sie ist der Weg in Richtung Staatsmedizin.
Wir erkennen im Moment in den vielen Diskussionen, die wir haben, dass sie nicht der richtige Weg ist. Deswegen ist es für uns so wichtig, dass die Gesundheitspolitik auf den Prüfstand kommt. Auch der Gesundheitsfonds gehört auf den Prüfstand. Die Gesundheitspolitik wird im Herbst an einem Scheideweg stehen. Es wird zu einer Grundsatzentscheidung kommen: Wollen wir weiterhin die zentralistisch orientierte Staatsmedizin oder wollen wir eine bürgerlichregionale Ausrichtung im Gesundheitswesen?
Es ist unser Ziel ist, eine hochwertige Gesundheitsversorgung nahe am Menschen in Bayern zu bieten. Wir haben eine tolle Gesundheitsversorgung; wir müssen schauen, sie zu erhalten. Wir erhalten sie dann, wenn wir im Gesundheitswesen regional operieren können. Dann können wir nämlich nahe am Patienten sein. Dafür bitte ich um Unterstützung.
- Gut. Dann können wir die Aussprache schließen und zur Abstimmung kommen. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. - Ich bitte um Aufmerksamkeit.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/1685 - das ist der Antrag der Fraktion Freie Wähler - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktion der Freien Wähler und Frau Dr. Pauli. Wer ist dagegen? - Die Fraktionen der CSU, der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/1703 - das ist der Antrag der SPD-Fraktion - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler und Frau Dr. Pauli. Damit ist der Dringlichkeitsantrag ebenfalls abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bericht der Staatsregierung zu ihren Aktivitäten zur Hilfe angeschlagener Unternehmen (Drs. 16/1686)
Ich eröffne die Aussprache. Als erster hat sich Herr Dr. Runge von den GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Dringlichkeitsantrag fordern wir die Staatsregierung auf, dem Landtag über ihre Aktivitäten zur Rettung/Unterstützung von Unternehmen in Schieflage zu berichten. Vor allem geht es darum, hier mit der Staatsregierung zu diskutieren, in welchen Fällen öffentliche Gelder eingesetzt worden sind, also Bürgschaften, Darlehen oder Zuschüsse. Zu diskutieren ist auch, wie sich die Erfolge bzw. die Misserfolge in einer ersten Einschätzung darstellen. Uns soll das vorgestellt werden, und wir wollen
darüber diskutieren, in welchen Fällen und unter welchen Umständen, das heißt nach welchen Kriterien, öffentliche Gelder in die Hand genommen werden.
Lassen Sie uns kurz den Hintergrund erläutern. Wir haben in den letzten Monaten hier an dieser Stelle und in den Ausschüssen eine ganze Latte von Anträgen behandelt, in denen es um konkrete Unternehmensschicksale gegangen ist. Diese Anträge enthielten meistens eine Forderung in sehr allgemeiner Form: Wir sind betroffen; Staatsregierung, engagiere dich nach Kräften. Das waren die Firmen Quelle, Arcandor, Qimonda, Edscha, Autozulieferer generell, Rosenthal, Enka, Diolen, Knaus Tabbert und was nicht alles noch. All diese Anträge enthielten unseres Erachtens an und für sich eine Selbstverständlichkeit, nämlich die Aufforderung an die Staatsregierung, nach Kräften, nach rechtlichen Möglichkeiten und nach dem Kriterium, was ordnungspolitisch geboten ist, zu handeln. Aber wir haben sie alle meistens in ganz großem Konsens mitgetragen, weil wir gesagt haben: Es geht um ein Signal. Wir müssen den Leuten zeigen, dass wir uns kümmern und dass wir gedanklich dabei sind. Wir fordern deswegen die Staatsregierung auf, hier entsprechend zu handeln.
Dabei muss man klar feststellen: In diesen Debatten ist immer wieder konkret eingefordert worden, dass die Staatsregierung mit uns gemeinsam noch einen Katalog erarbeitet, in dem es heißt: Bis hierhin und nicht weiter. Ich zitiere hier, weil ich mich auch auf die FDP berufen kann, aus dem Protokoll einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses. Da heißt es: Abgeordneter Runge gibt zu bedenken, die aktuelle wirtschaftliche Situation werde dem Landtag voraussichtlich noch viele ähnliche Anträge bescheren. Wegen der Signalwirkung stimmten die GRÜNEN auch in diesem Fall dem Antrag zu. Der Ausschuss sollte sich aber darauf verständigen, was bei Unternehmensschieflagen vonseiten der Staatsregierung machbar sei. - Dann kommt der Kollege Kirschner von der FDP. Er unterstütze die Aufforderung durch den Abgeordneten Runge, Klarheit darüber zu schaffen, welche Möglichkeiten die Staatsregierung zur Unterstützung Not leidender Unternehmen habe.
Im abschließenden Bericht, den wir aufgrund des Beschlusses des Landtages vom 04.03.2003 dankenswerterweise von Ihnen bekommen haben, wird dazu Stellung genommen. Da sind Sie aufgefordert worden, über die aktuelle wirtschaftliche Lage zu berichten und über das Instrumentarium, hier gegenzusteuern. Darin finden wir zwar vieles zur Diagnose, vieles über die Konjunkturpakete des Bundes und des Freistaates, auch ein bisschen was zum Mittelstandsschirm und den entsprechenden Bürgschaften. Aber der konkret jetzt angesprochene Punkt, der schon häufig angemahnt
Zur Unterstützung von Unternehmen in Schieflage können sich Bund und Länder verschiedener Instrumente bedienen: der Beratung, der Vermittlung, der schon genannten Bürgschaften und Darlehen, verlorener Zuschüsse bis hin zu Beteiligungen. Darüber wird diskutiert. Da sagen wir klar: Bei den letztgenannten Instrumenten muss man mit sehr großem Bedacht vorgehen und schauen, wie es um die Wettbewerbssituation bestellt ist. Man muss auch schauen, dass nicht in überkommene Strukturen hinein gefördert wird, sondern in zukunftsfähige, tragfähige Betriebsstätten und Arbeitsplätze. Selbstverständlich geht es auch darum, möglichst zu vermeiden, dass in erster Linie Alteigner und Altgläubiger bedient werden.
Gerade die letztgenannten Argumente zeigen, dass es an und für sich erst geboten ist, mit finanziellen Mitteln, wenn überhaupt, erst nach Anmeldung der Insolvenz einzuschreiten, weil erst danach die notwendige Transparenz geschafft werden kann.
In dem Bemühen, Unternehmen bzw. Arbeitsplätze zu erhalten, sind in erster Linie die Insolvenzverwalter und die Banken gefordert. Bund und Länder haben im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten genau zu prüfen, was hier zielführend und was ordnungspolitisch geboten ist.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle nur ganz kurz, etwas zu unserem nächsten Dringlichkeitsantrag zu sagen, der morgen im Ausschuss behandelt wird. Da geht es um Quelle. Ich möchte kurz auf diese aktuellen Geschehnisse eingehen. Wir sagen: Das Krisenmanagement der Bayerischen Staatsregierung war hier alles andere als überzeugend. Auf der einen Seite gab es frühzeitige, substanzarme Jubelmeldungen, auf der anderen Seite gab es öffentlich ausgetragene Streitereien: Einzelne Mitglieder der Staatsregierung gegen andere Mitglieder der Staatsregierung und gegen die Bundesregierung. Es war eine Kakophonie, die der Situation alles andere als angemessen gewesen ist. Das heißt, dem Vertrauensvorschuss, den wir mit den einstimmigen Beschlüssen zu zwei Anträgen in der Plenarsitzung am 18. Juni der Staatsregierung gegeben haben, ist die Staatsregierung mitnichten gerecht geworden.
Schon damals haben wir in der Debatte gesagt: Die Bürgschaft oder der diskutierte Massenkredit sind im Gegensatz zu der Geschichte Opels kein Sündenfall. Ich hoffe, dass Sie damals in der Diskussion bemerkt haben, dass wir abwägen mussten. Bei der Positionierung, die wir jetzt einfordern, wollen wir mitwirken und
Zurzeit haben wir es mit einer verkehrten Welt zu tun. Wir als GRÜNE im Bayerischen Landtag geben die FDP bzw. den Herrn zu Guttenberg. Die SPD ist für staatliche Hilfen vor und nach der Insolvenz. Zwar können wir inhaltlich darüber streiten, aber wenigstens ist dort eine klare Linie erkennbar. Die CSU spricht nicht über Industriepolitik und Staatswirtschaft, sondern macht sie. Interessanterweise soll laut der CSU für die Republik gelten, was für Bayern nicht gelten soll.
Einen besonderen Fall stellt der FDP-Wirtschaftsminister dar. Dort existiert eine vorgeschwallte Linie, von der dann abgewichen wird. Ich zitiere die "Süddeutsche": Zeil ist zwar grundsätzlich der größte Gegner staatlicher Einmischung, zugleich aber auch das kleinste Hindernis.
Herr Minister, wir wollen Ihre Positionierung und Ihr Einknicken wegen der Fraktions-Raison gar nicht kritisieren, da es sich um eine harte Abwägung gehandelt hat und es gute Gründe dafür gegeben hat, sich so zu entscheiden. Uns geht es in der Kritik in erster Linie um die Begleitmusik. Sie sagen: Dem Massenkredit können wir zustimmen, da dieser gesichert ist.
Wenn wir jedoch die Gelder zurückbekommen, dann leidet ein anderer Not, nämlich derjenige, der sonst an erster, zweiter oder dritter Stelle stehen würde. Herr Minister, Sie sagen, das sei ein übliches Verfahren. Auf den Massenkredit trifft das zu, jedoch nicht über die öffentliche Hand, sondern in der Regel über die Gläubigerbanken. Eine weniger dogmatische Vorgehensweise wäre gut. Von der Rolle des prima Feuerwehrmannes, wie Sie Ihrem Vorvorvorgänger Dr. Wiesheu immer zugeschrieben wurde, sind Sie noch weit entfernt.
Gestern hörte man Herrn Minister Fahrenschon im Fernsehen sagen: Plötzlich kommt ein Mitglied der Bundesregierung daher und wagt es, offene Fragen zu stellen. Damit meint er den Bundesfinanzminister. Wir sind froh, dass offene Fragen gestellt werden dürfen. Das muss erlaubt sein.
Die Zeit wird bereits angezeigt. Wir wollen Ihnen mit diesem Antrag helfen. Herr Ministerpräsident Seehofer, das Medienecho war katastrophal. Folgende Kommentare konnte man der Presse entnehmen: Ob Seehofer in seinem Zuständigkeitsbereich alles im Griff hat, ist fraglich. Oder: Seitdem er als Ministerpräsident im Amt ist, wurde Seehofer noch nie so vorgeführt.
Von uns aus dürfen Sie sich streiten wie die Bürstenbinder, und Sie dürfen aufeinander einschlagen. Guttenberg gegen Seehofer. Söder gegen Zeil. Bitte machen Sie dies aber nicht in der Öffentlichkeit auf dem Rücken und zulasten betroffener Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wir bitten freundlichst um wohlwollende Behandlung unseres Antrags und um Zustimmung. Dies ist ganz in Ihrem Interesse.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, zu dem Dringlichkeitsantrag folgende Anmerkungen zu machen: Die Staatsregierung hat vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise frühzeitig einen umfassenden Mittelstandsschirm für bayerische Unternehmen aufgespannt. Im Mittelpunkt des Mittelstandschirms steht die Ausweitung des Bürgschaftsinstrumentariums. Insgesamt hat die Bayerische Staatsregierung der LfA zu diesem Zweck im Rahmen des Mittelstandsschirms 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit ist die LfA gut gerüstet, um zusätzliche Risiken zu schultern und den Mittelstand wirkungsvoll unterstützen zu können. Uns ist es ein besonderes Anliegen, dass wir bei aller Konzentration auf Großunternehmen vor allen Dingen den Mittelstand als Hauptträger des zurückliegenden und des zukünftigen Aufschwungs sowie der Arbeitsplätze nicht im Stich lassen. Mithilfe des Mittelstandschirms und der zusätzlichen Rückbürgschaften des Bundes aus dem Konjunkturpaket II kann die LfA 2009 und 2010 insgesamt bis zu 600 Millionen Euro zusätzliche Bürgschaften für den Mittelstand übernehmen. Damit dürfte ein Finanzierungsvolumen von rund 700 bis 800 Millionen Euro mobilisiert werden.
Herr Kollege Runge, wie Sie wissen, sind der Staatsregierung die Weitergabe konkreter Informationen zu Einzelfällen untersagt. Wir haben sowohl das Bankgeheimnis als auch das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Unternehmen zu beachten. Mit allen Fällen, die von dem Haus an uns herangetragen worden sind - die Namen werden in den Anträgen genannt -, haben wir uns intensiv auseinandergesetzt. Wir haben uns bereits mit den Themen beschäftigt, bevor solche Anträge gestellt worden sind. Wir waren im ständigen Kontakt mit den jeweiligen Unternehmensleitungen. In anderen Fällen standen wir zusätzlich im Kontakt mit den Insolvenzverwaltern. Wir konnten den Fall Knaus Tabbert,
den Sie erwähnt haben, lösen, weil ein Investor vorhanden war und wir somit die Bürgschaft rechtfertigen konnten.