diskutiert. Die Modelle sind zwar noch nicht ganz ausgegoren, gleichen sich aber in einem Kern alle, nämlich darin, dass sie die schlechte Ausstattung der Justiz und informelle Eingriffe in die Unabhängigkeit der Justiz beklagen.
Ich sage das deshalb, weil der Gesetzentwurf, den wir heute vorlegen, natürlich in das größere Ganze eingebettet ist, das ich darzustellen versucht habe. Deswegen verweise ich darauf, dass wir mit dem Gesetzentwurf keineswegs das Ende der Entwicklung vorzeichnen wollen. Im Gegenteil, es soll nur ein ganz kleiner Schritt sein. Wenn wir einmal die Möglichkeit haben und dieses Hohe Haus zu der Einsicht kommt, die wir schon lange haben, dann wird es auch in Bayern eines Tages wie in anderen Bundesländern Richterwahlausschüsse geben, mit denen es möglich ist, den Totalanspruch der Exekutive auf die Judikative zu beschränken und auch der Legislative, also den Abgeordneten, Mitsprachemöglichkeiten einzuräumen.
Aber selbst wenn man innerhalb des Systems, wie es das Richtergesetz vorgibt, bleiben will, hat der Vorgang um die Besetzung der Stelle des Generalstaatsanwalts in Bamberg jedenfalls eine Schwachstelle des Bayerischen Richtergesetzes deutlich gemacht. Freie Planstellen für Richter und Staatsanwälte sind gemäß Artikel 15 Absatz 2 des Bayerischen Richtergesetzes aufgrund einer Ausschreibung zu besetzen. Das ist der Grundsatz. Das gilt aber ausdrücklich nicht für die Stellen derjenigen Richter und Staatsanwälte, die von der Staatsregierung ernannt werden. Das sind - ich habe es bereits genannt - die Präsidenten der Oberlandesgerichte und der sonstigen Fachgerichte sowie die Generalstaatsanwälte.
Wo es keine Ausschreibung gibt - ob intern oder extern -, gibt es auch kein nachprüfbares Verfahren, keine Transparenz und keine Möglichkeit, sich zu bewerben und gegebenenfalls die Besetzung einer Stelle anzufechten.
Ich bestreite ausdrücklich nicht, dass auch die Positionen, die von der Staatsregierung besetzt werden heute hatten wir einen solchen Fall -, schon bislang mit den fachlich Besten besetzt worden sind. Das haben nicht wir infrage gestellt, sondern die FDP.
Wenn das aber so ist, dann spricht überhaupt nichts dagegen, diese Positionen künftig auszuschreiben und das Verfahren zur Besetzung wenigstens ein bisschen transparent zu gestalten.
Damit werden nicht alle Probleme gelöst, insbesondere nicht das grundsätzliche Problem der Ernennung von Justizangehörigen durch die Exekutive ohne Beteili
gung der Legislative. Daher werden wir unseren Vorschlag auf Errichtung von Richterwahlausschüssen unabhängig von dem aktuellen Vorgang weiterverfolgen. Dann wäre ein für die Justiz schädliches Gezerre wie im Fall Bamberg nicht mehr so leicht vorstellbar. Deswegen hoffe ich auf Ihre Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu dem Gesetzentwurf der Freien Wähler sagen. Der Künstler empfindet ein Plagiat als höchstes Lob, Herr Kollege Streibl. Deswegen bin ich nicht böse, dass Sie unseren Gesetzentwurf zu mehr als der Hälfte abgeschrieben haben. Das dürfen Sie. Ich empfinde das als Lob.
Soweit Sie über unseren Gesetzentwurf hinausgehen, können wir Ihrem Entwurf aber nicht folgen. Sie reden in Ihrem Gesetzentwurf von einer Beteiligungslücke, die es geben soll. Damit versuchen Sie den Eindruck zu erwecken, als würden bei der Besetzung der Stellen, über die wir reden - Generalstaatsanwälte, Präsidenten der Oberlandesgerichte usw. -, der Präsidialrat und der Hauptstaatsanwaltsrat nicht beteiligt. Das ist nicht so. Die Beteiligung findet statt, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der zuständige Fachminister intern nach Beteiligung des Präsidialrats und des Hauptstaatsanwaltsrats die Entscheidung für sich gefällt hat und diese Entscheidung dann dem Kabinett insgesamt vorlegt.
Man kann, glaube ich, nicht mit guten Gründen argumentieren, dass auch noch auf der zweiten Stufe - also nachdem sich der Fachminister entschieden hat - der Ministerpräsident noch einmal eine Beteiligung nachholen soll. Ich glaube, das wird man nicht verlangen können. Ich will hier nicht die Staatsregierung verteidigen. Ich habe keinen Grund, darauf hinzuweisen, dass es schon auch einen Kernbereich geben muss, innerhalb dessen die Staatsregierung so etwas entscheiden können muss, nachdem die Beteiligung stattgefunden hat.
Was Sie hier vorschlagen, ist also gut gemeint. Ich weiß auch, wo Sie es abgeschrieben haben. Aber im Ergebnis stimmt es nicht, was Sie uns hier ansinnen.
Deswegen werden wir Ihrem weitergehenden Vorschlag nicht zustimmen können. Ansonsten hoffe ich, dass wir das Gesetz unaufgeregt gemeinsam beschließen können.
Bevor ich dem Kollegen Streibl das Wort erteile, darf ich in der Ehrenloge den Herrn Präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofs, Herrn Dr. Fischer-Heidlberger, begrüßen. Herr Dr. Fischer-Heidlberger, herzlich willkommen im Parlament!
Sie sind vermutlich wegen der Tagesordnungspunkte 4 und 5 hier, wo es um die Haushaltsrechnung des Freistaates geht. Es freut mich, dass Sie der Debatte schon jetzt folgen.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Das Trauerspiel um die Besetzung der Stelle des Generalstaatsanwalts in Bamberg ist symptomatisch für die Situation der Justiz in Bayern. Dieses unwürdige Koalitionsspektakel - so muss man schon sagen - zeigt deutlich eine gravierende Schwachstelle im Bayerischen Richtergesetz auf. Denn nach Artikel 15 des Bayerischen Richtergesetzes besetzt die Staatsregierung die obersten Stellen in der Justiz. Es kommt keine Ausschreibung zustande. Das ist nicht so wie bei anderen Stellen.
Infolge der fehlenden Stellenausschreibung kommt es nicht zu einer Auslese der besten unter den konkurrierenden Bewerbern. Nicht alle, die für eine solche Stelle persönlich, sachlich und fachlich geeignet sind, werden sich um diese Stelle bemühen. Viele gute Bewerber werden durch die jetzige Praxis von der Stellenbewerbung abgehalten.
Die jetzige Praxis lässt den Eindruck entstehen - verstärkt durch die Bamberger Vorgänge -, dass es nicht nur um die persönliche und fachliche Eignung geht, sondern auch die politische Einstellung eine Rolle spielt.
Ein weiteres Problem liegt darin, dass eine Beteiligung der Vertretungen der Richter und Staatsanwälte auf der obersten Ebene nicht stattfindet. Da, Herr Kollege Schindler, sind wir anderer Meinung als Sie. Wir sagen, es sollte nicht nur auf der Ministerialebene, sondern auch auf der höchsten Ebene ein Mitspracherecht gegeben sein. Es sollte auch ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten geführt werden und auf dieser Ebene ein eigenes Vorschlags- oder Gegenvorschlagsrecht bezüglich der Richter und Staatsanwälte gegeben sein.
Deswegen sind wir der Meinung, dass Artikel 43 dahin gehend geändert werden muss, dass keine Beteiligungslücke entsteht. Wenn es eine Beteiligung gibt, muss sie durchgehend auf allen Ebenen möglich sein, nicht nur auf den unteren, sondern auch auf den höchsten Ebenen.
Dabei müssen auch die Generalstaatsanwälte zu Wort kommen können. Wir sind der Meinung, dass die Stellen sicher gut besetzt sind und die Personen, die die
Jedoch muss der Anschein vermieden werden, dass dabei sogar ein politisches Amt ausgeführt wird. Dadurch würden die betreffenden Positionen beschädigt, weil sie in ein politisches Gezerre kommen. Das kommt bei den Bürgern schlecht an.
Zum Wesen der richterlichen Tätigkeit gehört die persönliche und sachliche Unabhängigkeit. Diese ist Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips und tragendes Element der Gewaltenteilung. Für das Funktionieren von Staat und Gesellschaft ist das Vertrauen in die Justiz elementar.
In Zeiten der Politikverdrossenheit, in Zeiten, in denen das Vertrauen in die Politik zutiefst erschüttert ist und sich der Bürger ohnmächtig gegenüber einer überbordenden Verwaltung sieht, ist die Justiz noch der letzte Hort des Vertrauens des Bürgers in seinen Staat. Der Bürger kann noch darauf vertrauen, dass Recht gesprochen wird. Er kann darauf vertrauen, dass sich hoch qualifizierte Richter mit seiner Sache auseinandersetzen und den Parteien Recht und Gerechtigkeit zukommen lassen. Allerdings muss man in den letzten Jahren feststellen, dass auch das Vertrauen in unsere hoch qualifizierte Justiz immer mehr erschüttert wird. Dieses Vertrauen wird durch überlange Prozesse, die durch Richterwechsel hervorgerufen werden, oder durch aufgedrängte Vergleiche erschüttert, die dadurch entstehen, dass Richter ein gewisses Ranking erfüllen und möglichst viele Prozesse beiseite schaffen müssen. Das darf in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat nicht sein. Hier geht es nicht um die Masse der Prozesse, sondern um die Qualität der Behandlung und der Bearbeitung dieser Prozesse.
Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Aufgabe ist es, das Vertrauen in den Staat, die Politik, die Verwaltung und die Justiz wieder zu stärken. Das hängt von uns ab, von unserem Verhalten und von den Entscheidungen, die wir hier treffen. Um dieses Vertrauen zu stärken, ist es unabdingbar, dass die Besetzung der höchstrichterlichen Stellen transparent und nachvollziehbar unter den besten Bewerbern erfolgt. Es darf keine parteilichen Besetzungen geben. Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder Richter unabhängig nach Recht und Gesetz entscheidet. Daher kann und darf es nicht sein, dass die höchsten Stellen in den Hinterzimmern oder an den Fraktionstischen geschaffen und besetzt werden. Um diese Stellen muss es einen freien Wettbewerb geben. Diesen freien Wettbewerb schaffen wir durch eine Stellenausschreibung. Jeder, der sich dazu berufen und befähigt sieht, kann sich dann um diese Stellen bewerben.
Meine Damen und Herren, der Staat braucht Recht und Gerechtigkeit. "Fehlt die Gerechtigkeit, was sind dann die Staaten anderes als große Räuberbanden?" - Das sagte der Kirchenlehrer Augustinus in "De civitate Dei". Da wir in Bayern keine große Räuberbande sein wollen und damit wir zeigen, dass wir keine sind, müssen die Richter integer und frei von aller Parteilichkeit jedermann im Staat zu seinem Recht verhelfen. Unterstützen Sie unseren Gesetzentwurf, damit niemand sagen muss: Ceterum censeo, die Justiz in Bayern ist schlecht aufgestellt.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die erste Rednerin ist Frau Kollegin Guttenberger für die CSU-Fraktion.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! In den beiden Gesetzentwürfen soll festgelegt werden, dass künftig die Besetzung der Stellen der Präsidenten der Oberlandesgerichte, des VGH, des Landessozialgerichts, des Landesarbeitsgerichts, des Finanzgerichts und der drei Generalstaatsanwälte einem Ausschreibungsverfahren zu unterziehen ist.
Grundsätzlich ist in Bayern natürlich jede freie Planstelle aufgrund einer Ausschreibung zu besetzen. Diese Ausschreibung dient dem Zweck, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, welche potenziellen Kandidaten und Kandidatinnen zur Verfügung stehen. Die Frage ist also, ob eine Ausschreibung bei der Besetzung dieser zehn Stellen - zehn Stellen für ganz Bayern - zu einem Mehr an Erkenntnis führt. Ich verhehle nicht, dass ich dies nicht glaube. Für diese Spitzenpositionen kommt in den jeweiligen Fachbereichen ohnehin nur ein kleiner Teil der Führungskräfte in Betracht.
Diese Führungsebene ist allen Fachministerien hinreichend bekannt. Wenn diese Positionen weiterhin nach Eignung, Leistung und Befähigung vergeben werden sollen, wäre die Auswahl auf diese wenigen Führungskräfte beschränkt. Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, auch bei Ihnen steht außer Zweifel, dass diese potenziellen Kandidaten und Kandidatinnen ihre Position in einem transparenten Verfahren erhalten haben. In diesem Verfahren waren Eignung, Befähigung und Leistung die entscheidenden Kriterien. Durch eine Ausschreibung würde die Zahl der potenziellen Kandidaten und Kandidatinnen nicht erweitert. Damit ist sie aus unserer Sicht überflüssig.
Ich habe den Eindruck, dass hier versucht werden soll, zu vermitteln, dass diese Positionen intransparent und nicht nach Eignung, Befähigung und Leistung vergeben würden und deshalb unbedingt eine Änderung geschaffen werden müsste.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den Freien Wählern, Herr Kollege Schindler hat richtig ausgeführt, dass die zuständigen Personalratsgremien auch bei der Besetzung dieser zehn Stellen beteiligt werden, sei es der Präsidialrat oder sei es der Hauptstaatsanwaltrat. Auf dieser Ebene ist die Transparenz sichergestellt.
Durch die Beteiligung auf der Ebene der Fachminister und Fachministerinnen bestehen Mitwirkungsrechte. Hier besteht die Möglichkeit, Gegenvorschläge vorzubringen. Hier ist eine Aussprache möglich. Erst der so abgestimmte Vorschlag wird der Staatsregierung vorgelegt. Ich vermag hier beim besten Willen keine Beteiligungslücke zu erkennen, die mittels des Antrags der Freien Wähler geschlossen werden müsste. Aus diesen Gründen besteht für uns kein Anlass, von dem bislang erfolgreichen Besetzungsverfahren nach Eignung, Befähigung und Leistung abzuweichen. Deshalb werden wir den beiden Anträgen nicht zustimmen.
Herr Präsident, meine Herren und Damen! Das ist wieder ein Thema, bei dem man sich fragen muss, ob die Justiz endgültig unter die Räder kommt. Wir hoffen es nicht. Aus unserer Sicht wird es aber endlich Zeit, dass sie aus den Schlagzeilen gerät, damit sie ihrer eigentlichen Aufgabe, in Bayern für Rechtssicherheit zu sorgen und Straftaten zu sühnen, tatsächlich nachkommen kann. Es gibt zu viele Todesfälle in bayerischen Justizvollzugsanstalten, die in den Medien thematisiert werden. Die Resozialisierung wird sträflich vernachlässigt. Zu viele Verfahren werden von den Staatsanwaltschaften eingestellt. Zu viele unschuldig Verurteilte müssen in Bayern entschädigt werden.
Ich bin sehr gespannt auf den Untersuchungsbericht zur Nürnberger Justiz. Ob und inwieweit in Bayern Korruptionsfälle zu beklagen sind, wird dieser Bericht zeigen. Wir werden dieses Thema am Donnerstag kurz im Ausschuss ansprechen. Ich hoffe sehr, dass sich die Vorwürfe als haltlos herausstellen werden. In diesem Kontext können wir eine Debatte über die Personalsituation in der Justiz und über die Stellenbesetzung weiß Gott nicht brauchen.
Ich bin verwundert über das allseitige Einvernehmen und die Freude über die heute im Kabinett erfolgte Stellenbesetzung. Mich befriedigt es nicht, wenn in Bayern
mittlerweile die Stellen von Generalstaatsanwaltschaften per Kabinettsbeschluss besetzt werden müssen.
- Herr Kollege Kreuzer, es riecht nach einer politischen Besetzung, wenn im Vorfeld keine Einigung erzielt werden kann.
Unabhängig davon, ob es im Vorfeld den Versuch einer parteipolitischen Beeinflussung gegeben hat, bietet der Vorgang aus unserer Sicht die Chance, einmal ernsthaft darüber zu diskutieren, wie unabhängig die bayerische Justiz gestaltet werden könnte, wenn dies wirklich gewollt wäre. Ich betone ausdrücklich: Das muss natürlich auch hinsichtlich der Stellung der Generalstaatsanwaltschaften und deren besonderer Besetzungsmöglichkeiten geprüft werden.
Unser Hamburger Kollege, Justizsenator Till Steffen macht das gerade vor. Er hat den Vorschlag des Deutschen Richterbundes aufgegriffen, der einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Nach diesem soll die Justiz von der Exekutive autonomer werden. Verwaltungs- und Personalentscheidungen soll die Justiz danach selbst treffen können. Ein Justizpräsident soll die Verwaltung der Justiz leiten; ein Justizverwaltungsrat, gewählt von einem Justizwahlausschuss, soll Entscheidungen in Grundsatzangelegenheiten treffen. Justizangehörige würden mehr Mitspracherechte erhalten; Richterinnen und Richter müssten sich für Leitungsfunktionen ausweisen. Auch die Staatsanwaltschaft würde mehr Autonomie erhalten.