Protocol of the Session on May 7, 2009

Wir von den Freien Wählern haben einen Antrag eingebracht, der auf vier Punkte aufgebaut ist. Erstens: Wir brauchen eine Überarbeitung der Haltungsziele in europäischen Vogelschutzgebieten. Wir haben in sieben Regionen in Bayern den Kormoran noch als schützenswert im Erhalt. Wir haben auf europäischer Ebene in SPA-Gebieten eine Rückstufung. Da stellt sich schon

die Frage: Wieso müssen wir ihn in Bayern dann noch als schützenswert einstufen?

Zweitens: Wir von den Freien Wählern fordern eine Ausweitung des Abschussradius. Wenn die Kollegin Brendel-Fischer meint, dass es sinnvoll ist, nah am Wasser und flach zu schießen, muss ich sagen, das ist absolut unwaidmännisch. Das zeugt nicht von besonders viel Ahnung, wie man einen solchen Vogel bejagt.

Das Dritte: Wir haben eine Überarbeitung der Allgemeinverfügung wie Sie auch in Ihren Ausführungen. Wir brauchen eine einheitliche Regelung. Momentan ist es so, dass jede Regierung - Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, und Oberbayern bastelt auch an einer eigene Regelungen hat.

Das Vierte: Wir brauchen eine dauerhafte Lösung. Wir haben 22.000 Vögel, die im Winter durch Bayern ziehen. Wenn wir keine einheitliche Regelung kriegen, werden wir das Problem in Bayern nicht lösen. Wenn Sie einen Kormoran erschossen haben, kommt der nächste und besetzt diesen Platz. Es ist doch klar: Wir brauchen eine einheitliche Lösung. Wenn Sie das nicht begreifen wollen, dann lassen Sie es.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler - Ger- hard Eck (CSU): Wenn Sie was davon verstehen würden!)

Minister Söder hat im Aischgrund bei den Teichgenossenschaften, die die Proteste eingebracht haben, erklärt: Ihr könnt darauf zujagen, wir machen hier eine Musterregion. - Man kann schon so eine Aussage treffen. Das betrifft jetzt auch die Kollegen der SPD: Im Aischgrund grenzt Mittelfranken an Oberfranken. Auf oberfränkischer Seite haben wir FFH-Gebiete, Naturschutzgebiete und SPA-Gebiete. Da hat ein und derselbe Teichbauer auf mittelfränkischer Seite zehn Teiche und auf oberfränkischer Seite zehn Teiche. Auf oberfränkischer Seite ist er im SPA- und Naturschutzgebiet, da darf er nicht jagen. Auf mittelfränkischer Seite darf er jagen. Sie müssen einem Bauern erst einmal erklären, welchen Sinn das hat. Nur weil sich damals die Regierungen bei der Ausweisung der Naturschutzgebiete nicht einigen konnten, haben wir an den Grenzen Gebiete, die überhaupt nicht logisch definiert sind. Das ist für die Bürger auch nicht verständlich. Dort brauchen wir eine einheitliche Regelung.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir haben Bereiche in der Wiesent mit Esche, Barbe, Rutte, Aal. Die wollen Sie mit Netzen, mit Leinen, mit was weiß ich was überspannen. Viel Spaß dabei!

Der Kormoran hat in seiner Population absolut überhand genommen. Unsere Fischbestände in der Fränkischen Schweiz sind für uns ein wichtiges regionales Erhaltungsgut. Wir müssen dafür kämpfen, dass das in ganz Bayern so bleibt. Wenn wir wert auf unsere Kulturlandschaft in Bayern legen, dann brauchen wir den Schutz unserer Teichwirte und unserer Fischwirtschaft.

Noch zu den Kolleginnen und Kollegen der CSU. Ich denke, Sie werden unseren Antrag wie immer ablehnen. Damit können wir leben. Wenigstens ist der Antrag gekommen und wir kriegen eine Entscheidung für die Teichbauern. Danke schön.

Vielen Dank, Herr Kollege Glauber. Nächster Redner ist Kollege Wörner für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte beinahe gesagt: Alle Jahre wieder fliegt ein Vogel über den Teich.

(Hubert Aiwanger (FW): Drum gehört er abgeschossen!)

- Ein bisschen ernster sollte man die Sache schon nehmen.

Für mich ist die Diktion der einzelnen Anträge interessant. Liebe Kolleginnen und Kollegen, seien Sie mir nicht böse. Ich weiß, jetzt kommt gleich ein Aufschrei. Aber Sie sollten schon einmal darüber nachdenken. Sie verwenden gegenüber einem Lebewesen in Ihrem Antrag den Begriff "abschießen". Das kann man machen. Aber, meine Damen und Herren, wenn man tiefer darüber nachdenkt, könnte fast der Verdacht entstehen, man löst alles mit der Knarre in der Hand. Wenn wir ein Problem haben, nehmen wir die Knarre und lösen das Problem. Wenn das Ihr Ansatz ist, dann mag das so sein, unser Ansatz ist es nicht. Darüber bitte ich einmal nachzudenken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ein Zweites. Wenn Sie unseren Antrag genau lesen, dann stellen Sie fest, dass wir uns sehr differenziert mit dem Problem auseinandersetzen. Wir erkennen sehr wohl die Not der Teichwirte, schlagen aber auch etwas vor. Das heißt nicht schießen, denn wir wissen genau und wenn Sie sich intensiver mit der Sache beschäftigen, müssten Sie es auch wissen -, dass schießen nichts nützt, weil der Nachzug so heftig ist. Das heißt, Sie müssen mit dem Schießen in den Nordländern beginnen oder große Netze spannen, damit die Kormorane nicht durchkönnen. Sonst haben Sie sofort den Nachzug, weil die abgeschossenen Vögel sofort ersetzt werden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nein, weil wir keine Zeit haben!)

Im Moment nicht, weil wir die Zeit nicht haben.

Ein Drittes will ich Ihnen zum Thema Teichwirte sagen. Fahren Sie in die Pupplinger Au. Dort hat die Landeshauptstadt München eine relativ große Fischzucht. Dort kann man Ihnen beweisen, dass man sehr wohl mit technischen Maßnahmen, zum Beispiel mit Selbstschussanlagen, die in regelmäßigen Abständen Krach machen, das Tier vergrämt. Ich habe Ihnen gesagt, ich empfehle Ihnen, sich das anzusehen, weil Sie es sonst sowieso nicht verstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dort sind Netze gespannt, und das funktioniert sehr wohl. Das gilt für die Teichwirtschaft.

Die Seefischer sollen gelegentlich selbst überprüfen, wie groß die Löcher ihrer Netze sind. Was sie nämlich in den letzten Jahren betrieben haben, war das Herausholen von zu kleinen Fischen. Da soll man nicht erzählen, dass der Kormoran das alles weggefressen hat. Kormorane - das ist wissenschaftlich bewiesen fressen in erster Linie den Weißfisch, den eigentlich keiner mag.

Jetzt komme ich noch zu den Sportfischern, die meistens am allerlautesten mit diesem Thema umgehen. Ich verstehe, dass die Sportfischer verärgert sind, wenn die Fische, die sie einsetzen, ihnen dann weggefressen werden. Liebe Sportfischer, sehen Sie es ein bisschen sportlich. Machen Sie einen Wettbewerb auf zwischen Ihnen und den Kormoranen. Wer schneller ist, der fängt die meisten Fische. Da muss man also schon genauer hinschauen. Ich sage Ihnen auch: Leben und leben lassen gehört auch in der Natur dazu. Nicht umsonst ist der Kormoran unter Schutz gestellt worden.

(Beifall bei der Abgeordneten Johanna Werner- Muggendorfer (SPD))

Also noch einmal, unser Angebot an die Teichwirte ist: Wir sollten gemeinsam mit dem Umweltministerium versuchen, zum Schutz der Teiche ein Förderprogramm aufzulegen. Das kann aber nicht heißen, Munition zu kaufen. Das wird nicht funktionieren, das wissen Sie ganz genau. Das kann vielmehr heißen, Netze zu spannen und diese Vergrämungs- und Schussanlagen aufzustellen, die immer wieder Lärm erzeugen, der diese Viecher aufscheucht und vertreibt.

Noch einmal zu der Frage, welche Genehmigungen es da gibt: Wir haben eine Ausnahmegenehmigung zum Schießen. Diese Genehmigung ist unserer Meinung nach in diesem Haus über alle Parteien hinweg diskutiert und einhellig gebilligt worden. Das heißt, wir haben schon eine Regelung, die weiter geht, als das europäische Schutzgesetz eigentlich zulässt. Darum ist meine Frage: Wohin wollen Sie eigentlich? Sagen Sie doch dann gleich, Sie wollen das Vieh nicht haben, Sie wollen es ganz weg haben und ausrotten. Das haben wir schon einmal zu verhindern versucht. Das ist uns auch gelungen. Jetzt müssen wir schauen, wie wir gemeinsam in der Natur mit diesem Tier, mit diesem Lebewesen umgehen können, um sicherzustellen, dass es überleben kann, aber auch, um den Teichwirten zu helfen, deren Existenz zwar nicht bedroht, aber schon in Schwierigkeiten ist. Wir müssen mit technischen Maßnahmen zu verhindern versuchen, dass das Problem übergreift.

Meine Damen und Herren von der CSU, ich darf Ihnen schon einmal eine Frage stellen: Seit wann stiften Sie die Leute, die nach Ihrer Meinung diese Vögel schießen sollen, dazu an, Rechtsbruch zu begehen, indem Sie sagen, die Kormorane bräuchten nicht in Tierverwertungsanstalten entsorgt zu werden? Wo wollen Sie sie dann entsorgen? Jede Katze, die verstirbt, müssen Sie in einer Tierverwertungsanstalt entsorgen. Sie schreiben - völlig rechtswidrig und zum Rechtsbruch auffordernd - in Ihren Antrag hinein, den Kormoran können Sie irgendwo beiseite räumen.

(Zuruf von der CSU)

- So steht es da drin. So kann mit dem Recht nicht umgehen. Das ist Rechtsbeugung, zu der Sie auffordern, eindeutig.

(Beifall bei der SPD)

Sie werden Verständnis dafür haben, was ich gesagt habe: dass wir gerne bereit sind, den Fischerinnen und Fischern und Fischteichwirten zu helfen, aber nicht mit dem Gewehr in der Hand, sondern mit anderen Maßnahmen, die im Wesentlichen besser geeignet sind, als die Tiere zu bejagen. Die Tiere sind nämlich gelegentlich ein bisschen gescheiter als man meint; denn sie hocken häufig außerhalb der Schussweite, sobald sie wissen, dass geschossen wird. Daher glauben wir, dass Ihre beiden Anträge nicht zielführend sind. Lassen Sie uns gemeinsam mit dem Umweltministerium für Schutzmaßnahmen sorgen. Lassen Sie uns von mir aus ein Förderprogramm für die Teichwirte auflegen und Netze verwenden. Aber lassen Sie uns sicherstellen, dass in Bayern dieser Vogel ebenso wie alle anderen auch ein Lebensrecht hat.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU)

Herr Kollege Wörner, nachdem Sie bei der ersten Zwischenfrage Nein gesagt haben, habe ich angenommen, dass Sie keine weiteren zulassen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Sie haben richtig angenommen!)

Herr Steiner hat eine Zwischenbemerkung. Herr Wörner, vielleicht kommen Sie doch noch einmal kurz an das Rednerpult.

Herr Kollege Wörner, Sie leiden unter diesem Knut-Syndrom. Alles, was kuschelig, weich und warm ist, ist schützenswert; alles das, was unter der Wasseroberfläche ist, nicht. Sind Ihnen die Untersuchungen und Gutachten von Professor Schuhbeck und der Fischereifachberatung des Bezirks Oberbayern bekannt, wonach übergroße Kormoranbestände dazu führen, dass seltene Fischarten in unseren Fließgewässern in Bayern vom Aussterben bedroht sind? Sie beklagen, in unserem Antrag sei die Rede vom Abschießen. Ich lese Ihnen Ihre Anträge in Bezug auf den Schutz des Bergwaldes und das Abschießen der Rotwildbestände vor. Man kann nicht hier so und dort nicht anders argumentieren. Ich empfehle Ihnen noch einmal, sich bei der Fischereifachberatung der Bezirke zu erkundigen. Der Bezirk Oberbayern versucht jedes Jahr, im Chiemsee den Perlfisch einzusetzen; er produziert Fischfutter. Was hier produziert wird, ist Vogelfutter, und das ist ein Riesenproblem. Der wirtschaftliche Schaden - übrigens auch für die Berufsfischer am Chiemsee - ist das eine. Aber es geht auch um den Artenschutz. Keiner redet von Fischarten, die klammheimlich verschwinden und die für die Wissenschaftler wichtige Indikatoren für die Gewässergüte sind. Das sollten Sie sich auch einmal merken.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege, jetzt bezeichne ich Sie als einen Heuchler,

(Zurufe von der CSU: Oh, oh!)

und zwar aus folgendem Grund: Wir sagen, der Kormoran muss genauso wie andere Tiere geschützt sein und darf nicht abgeschossen werden. Wenn Sie hier Ihren gesetzlichen Auftrag "Wald vor Wild" ernst nähmen - den haben Sie gerade angesprochen, wir haben hier "Wald vor Wild" festgelegt -, dann müssten Sie wesentlich mehr darauf achten, dass in Wäldern, gerade in Bergwäldern, die geschützt werden, mehr geschossen wird, als bei den Kormoranen, die gelegentlich einen Fisch herausholen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Zuruf von der CSU)

Bevor wir zum nächsten Redebeitrag kommen, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hacker, Dr. Kirschner, Dechant u.a. und Fraktion, betreffend Rückzug der Kreditversicherer verhindern, Drucksache 16/1257 bekannt: Mit Ja haben 105 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 29; es gab 16 Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Wir fahren in der Sitzung fort. Für die Fraktion der FDP hat Herr Kollege Dechant das Wort. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr verehrtes Präsidium, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir jetzt viel vom Schießen gehört haben, möchte ich als Allererstes mit etwas beginnen, was ich als FDPler eigentlich ein bisserl ungern tue: Ich möchte als Erstes die Freien Wähler und auch die SPD loben, dass sie das Problem erkannt haben, das wir in diesem Lande mit dem Kormoran haben.

(Zuruf von der SPD: Das haben wir schon lange Jahre!)

Nichtsdestotrotz ist es natürlich so, dass ich die in den Anträgen der beiden Fraktionen angesprochenen Maßnahmen für nicht ausreichend halte. Dies sind Dinge, die wir nicht in der Hand haben.

Zum Dringlichkeitsantrag der SPD möchte ich sagen: Ich fände es irgendwie lustig, wenn wir ihn umsetzen würden, weil es schön wäre, wenn unser Bayern bunter werden und es dann überall blinken würde, wenn wir überall Netze hätten und es aufgrund der akustischen und optischen Warneinrichtungen überall piepsen und pfeifen würde. Aber damit werden wir nicht weiterkommen.