Ich halte es für sehr problematisch, dass die Mittel für Aus- und Fortbildung von Betreuern und Betreuerinnen und für die Gefangenenbeförderung nicht aufgestockt werden. Auch das ist ein Problem. An uns wird immer wieder die Bitte herangetragen, Ausgang zu bekommen oder verlegt zu werden. Dafür gibt es relativ wenig Geld. Es gibt aber stattdessen unglaublich viel Geld für Verlegungen von Behörden und Ämtern. Für Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen gibt es 80 neue Stellen. Ich habe mir im ersten Moment auch gedacht, dass das wunderbar ist. Wenn man aber sieht, dass insgesamt 200 geprüfte Gerichtsvollzieher und -vollzieherinnen noch nicht anerkannt sind, muss man feststellen, dass die neuen Stellen eben noch lange nicht ausreichen.
Nach vier Monaten können wir noch nicht sehr viel über Ihre Aktivitäten als Justizministerin im rechtlichen Verbraucherschutz sagen. Ich will das auch noch nicht zu heftig beurteilen. Sie haben in Ihrer Pressekonferenz Handlungsfelder aufgezeigt. Man darf damit aber nicht verschleiern, dass im Verbraucherschutz auf Bundesund Landesebene ein Stillstand eingetreten ist. Die Bürger und Bürgerinnen werden in ihrem Kampf gegen Monopolisten, bei Stromkonzernen angefangen über Banken bis hin zur Bahn, allein gelassen. Informationsrechte sind nur Scheinrechte. Ich denke dabei an das Verbraucherinformationsgesetz. Herr Radwan, darüber können wir uns gerne einmal austauschen. Da müsste man die Rechte der Verbraucher stärken. Da geht es nicht um Ideologie, auch nicht um Bürokratie, sondern um Rechte der Bürger und Bürgerinnen, die wissen wollen, was sie kaufen.
Die Verbraucherverbände bleiben trotz einer Aufstockung unterfinanziert. Selbsthilfegruppen werden, wenn ich das im Haushalt richtig gelesen habe - vielleicht können Sie dazu noch ein Wort sagen - nicht weiter berücksichtigt. Neu sind jetzt die Verbraucherlotsen.
Ich hätte mir gewünscht, dass der Datenschutz, der einen großen Teil der Verbraucherschutzrechte ausmacht, auch bei Ihnen angesiedelt worden wäre. Ich finde es ausgesprochen bedauerlich, dass er hauptsächlich unter Sicherheitsgesichtspunkten im Innenministerium vor sich hin vegetiert. Als Ministerpräsident Seehofer noch in Berlin für das Thema zuständig war, gab es außer Wunschdenken nur wenig, Verbesserungen auf jeden Fall nicht. Seine Nachfolgerin Ilse Aigner steht ihm im Wunschdenken, das sie auf Pressekonferenzen verkündet, in nichts nach.
Liebe Frau Merk, machen Sie es beim Verbraucherschutz besser! Unsere Unterstützung haben Sie. Wir bieten Ihnen nicht nur den kleinen Finger, sondern tatsächlich die von Ihnen geforderte ganze Hand. Die mediale Aufmerksamkeit wird sich heute dennoch auf den Bildungshaushalt konzentrieren. Wir aber, die hier Rechtspolitik machen, dürfen darüber die dritte Säule in unserer Demokratie nicht vergessen. Meine Herren und Damen von der Regierungsseite, sorgen Sie sich um unsere Justiz, um die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und die Arbeitsfähigkeit der Justiz. Im Jahr 2008 hatten wir 14.504 Hafttage zu entschädigen. 14.504 Hafttage! Ich möchte nicht erleben, dass der Topf mit 5,3 Millionen Euro wegen Haftentschädigungen und Schadenersatzzahlungen aufgrund falscher Strafverfolgungsmaßnahmen aufgestockt werden muss, weil die Justiz ihre Arbeit sonst nicht mehr tun kann.
Danke schön, Frau Kollegin Stahl. Sie haben es geschafft, Ihre Zeit punktgenau auszunützen. Als nächster Redner ist Herr Kollege Klein dran. Bitte schön, Herr Klein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Aufstellung des Einzelplans 04 muss man, so denke ich, einige Voraussetzungen beachten. Zum einen wird bei vielen Fällen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden, immer wieder nach neuen Gesetzen gerufen. Wir müssen aber vielfach feststellen, dass es sich doch weniger um ein Gesetzesdefizit als um ein Vollzugsdefizit handelt. Das ist die eine Determinante, die wir bei der Aufstellung des Einzelplans 04 vor Augen haben müssen.
Die Prävention ist die zweite Determinante, die hier schon oft angesprochen worden ist. Im Bereich des Einzelplans 04 kommt natürlich vieles an, was vorher versäumt wurde, etwa in den Schulen oder Kindergärten. Kollege Schindler spricht davon, dass der Justizhaushalt kein Schwerpunktthema der neuen Regierungskoalition sei. Darauf möchte ich ihm antworten:
Auch die Themen internationale Kriminalität und Wirtschaftskriminalität wurden bereits zu Recht angesprochen. Aber hier muss man doch, wie ich denke, realistisch sein und sagen: Diese Probleme kann der Freistaat allein mit seinem Justizministerium und den vielen, sicher engagierten Beamten, nicht lösen. Allerdings sind wir alle aufgefordert, auch auf höheren Ebenen dafür zu sorgen, dass es ordentliche Regeln gibt, zum Beispiel im Finanzmarkt, der angesprochen wurde, aber auch in anderen Bereichen. Diese Probleme können wir nicht allein auf das Justizministerium herunterbrechen.
Wir diskutieren hier über ein Plus von 4,9 % in 2009 und 2,6 % für 2010. Angesichts dieser Zuwächse kann ich nicht nachvollziehen, wie Herr Pohl darauf kommt, wir ließen den Einzelplan des Staatsministeriums der Justiz in die Bedeutungslosigkeit abfallen. Das ist vielleicht etwas weit hergeholt. Ich hätte dafür noch ein gewisses Verständnis, wenn SPD und GRÜNE hier mehr fordern oder sagen würden, dass die Schwerpunkte nicht richtig gesetzt worden seien. Dafür könnte man aufgrund der Antragslage ein gewisses Verständnis haben.
Aber angesichts der Anträge der Freien Wähler kann ich nicht ganz nachvollziehen, dass sie uns vorwerfen, wir setzten die falschen Schwerpunkte; denn die Freien Wähler setzen selber ja nicht mal mehr Schwerpunkte in ihren eigenen Anträgen.
1.300 Stellenhebungen sind im Entwurf des Einzelplans enthalten. Wir schaffen neue Stellen - zwar noch nicht alle, die wir vereinbart haben, aber doch einen großen Anteil. Das sollte schon honoriert werden. Das wird zur Entlastung und zur Abwehr des Vollzugsdefizits im Bereich der Justiz führen. Zu Recht ist hier schon die gute Arbeit - dem möchten wir uns absolut anschließen - der Angestellten und der Beamten an den Gerichten, in den Staatsanwaltschaften und in den Justizvollzugsanstalten angesprochen worden. Wenn man sagt, dass die Arbeit gut läuft, kann man gerechterweise aber das Justizministerium und die Justizministerin doch nicht ausnehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. So viel Fairness, denke ich, muss dann eben auch sein, nicht alles auf die Justizministerin abzuwälzen.
Ein Thema möchte ich am Beginn der Diskussion über die Einzelpläne anmerken; vielleicht kocht das Thema dann später nicht immer wieder hoch. Wir haben natürlich das Problem mit der Landesbank. Aber wenn die Freien Wähler jetzt einfordern, dass wir deswegen jegliche sonstige Aktivität der Landesregierung einstellen und dass sich alle Minister, alle Beamten, alle Angestellten nur noch um die Landesbank kümmern sollen, dass wir praktisch das Regierungshandeln komplett einstellen sollen, wäre das sicherlich eine falsche Schwerpunktsetzung. Das ist sicherlich nicht das, was die Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten. Deshalb kann ich die Kritik von Herrn Pohl daran, dass die Justizministerin sich auch um andere Themen kümmern möchte als um die Landesbank, nicht so recht verstehen.
Herr Kollege Klein, sind Sie der Meinung, dass die Anzahl der abgelehnten Anträge die Richtung der Politik bestimmen kann?
Ich denke schon, lieber Kollege, dass Ihre Anträge Ihre politischen Absichten zum Ausdruck bringen. Das ist zumindest mein Verständnis Ihrer Arbeit. Wenn Sie aber kritisieren, dass wir falsche Schwerpunkte setzen, ohne selbst Alternativen anzubieten, kann ich Ihrer Kritik nicht ganz folgen.
Der dritte Punkt meiner Ausführungen ist, dass man sich auch anschauen sollte, was innerhalb der Justiz passiert.
Hier wird einiges im Bereich der Gefangenenpflege geleistet. Wir erhöhen hier die Ansätze. Uns ist klar, dass in den Gerichten und in den Justizvollzugsanstalten noch nachgebessert werden muss. Kollege Radwan hat die PPP-Modelle zu Recht angesprochen. Diese sollten wir wirklich sachlich und unvoreingenommen diskutieren, anstatt am Anfang der Debatte schon Schnellschüsse abzugeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Einzelplan ist ein erster guter Schritt in Richtung auf das Ziel, das wir erreichen wollen. Sicherlich werden wir die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag am Ende der Legislaturperiode erreichen können, das Justizvoll
zugsdefizit abbauen, um weitere Schritte tun zu können. Wir werden dem Einzelplan selbstverständlich zustimmen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eine funktionierende Rechtsprechung ist ein Gut, das für das Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger von unschätzbarem Wert ist. Das Vertrauen in objektive und zuverlässige Hilfe ist ein Stück Lebensqualität. Dieser Tatsache wird man sich häufig erst dann bewusst, wenn es zum Konflikt gekommen ist. Das Sicherheitsgefühl der Menschen in unserem Land wird wesentlich davon bestimmt, dass nicht nur Vertrauen in die Rechtsprechung als solche besteht, sondern auch dadurch, dass die Menschen darauf vertrauen können, dass Täter und Täterinnen ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Hinzu kommt - und das, würde ich sagen, ist das Wichtigste für unser Gemeinwesen -, dass diese nicht später erneut als Straftäter und Straftäterinnen auffällig werden.
Gerade im Bereich des Justizvollzugs bestand und besteht hoher Bedarf. Ursache dafür sind Überbelegung und natürlich auch die Tatsache, dass inzwischen im Justizvollzug ein anderes Täterklientel zu finden ist. Der Justizvollzug sieht sich zunehmend gefährlicheren Tätern gegenüber, die jederzeit gewaltbereit, behandlungsunwillig, durch Drogenkonsum vorgeschädigt oder sozialisierungsgeschädigt sind. Sie sieht sich auch Tätern gegenüber, die Kontakte zur Organisierten Kriminalität haben.
In den 36 Justizvollzugsanstalten befinden sich derzeit 250 Gefangene mit lebenslangen Haftstrafen, 700 Gefangene mit Verurteilungen wegen Sexualstraftaten und circa 1.600 Gefangene mit Verurteilungen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Ein besonderes Problem bilden Gefangene, die den sogenannten Russlanddeutschen zuzurechnen sind und sich dadurch auszeichnen, dass sie signifikant gewaltbereit sind und häufig Kontakte im Bereiche der Organisierten Kriminalität haben.
Die Fertigstellung des dritten Bauabschnittes der Justizvollzugsanstalt Landshut, die Inbetriebnahme der Frauenabteilung und Jugendarrestanstalt München Mitte 2009 sowie die Neubauvorhaben der Justizvollzugsanstalt Augsburg schaffen kurz- und mittelfristig 610 zusätzliche Haftplätze. Die logische Konsequenz daraus ist, dass auch der Personalbedarf entsprechend steigt. Wir sehen deshalb die Schwerpunktbildung im
80 Stellen für den Ausbau für Sozialtherapie sind für uns ein großer und wichtiger Beitrag zur Resozialisierung. Sozialtherapie heißt, dass sich der Täter, die Täterin mit der eigenen Tat und mit der eigenen Vergangenheit auseinandersetzt, mit dem Opfer einen Ausgleich sucht und letztlich anhand dessen, orientiert an den eigenen Defiziten, den Aufbruch in die Zukunft sucht.
Das ist ein immens wichtiger und - wie sich zeigt - auch sehr erfolgreicher Beitrag zur Resozialisierung. 30 weitere Stellen gehen an den Jugendstrafvollzug und 92 Stellen an die neue Justizvollzugsanstalt Augsburg. Ich vermag beim besten Willen nicht zu erkennen, wo hier eine falsche Schwerpunktsetzung erfolgt sein soll. Gleiches gilt für die 12 Stellen zur Verstärkung des Personals im Nachtdienst.
Ich verhehle natürlich nicht, dass wir uns in allen Bereichen mehr Stellen gewünscht hätten. Meine Vorredner - Herr Kollege Radwan und Herr Kollege Klein haben bereits ausgeführt: Wir wollen möglichst geringe Steuerbelastungen für die Bürger. Wir wollen in allen Bereichen mehr Stellen. Aber bei der Frage, wie diese Stellen durch Umschichtungen erreicht oder finanziert werden sollen, bleiben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, immer sehr zurückhaltend.
Ich sage ganz klar: Eine Neuverschuldung ist akzeptabel, wenn es darum geht, eine kurzfristige Notsituation zu überwinden. Eine Neuverschuldung, um bestehende staatliche Aufgaben lang-, mittel- oder kurzfristig zu finanzieren, wäre jedoch nicht zielführend; denn alle Steuermittel können nur einmal ausgegeben werden. Jede Neuverschuldung muss irgendwann von irgendeiner Generation zurückgezahlt werden.
Wir haben damals - viele Kollegen und Kolleginnen, die auch heute hier sind, waren zu dieser Zeit schon im Landtag - den schweren Weg der Schaffung eines Haushalts ohne Neuverschuldung auf uns genommen. Das war nicht einfach und in manchen Bereichen mit schweren Einschnitten verbunden. Wir haben das dennoch getan mit der Folge, dass wir heute noch handlungsfähig sind. Wir können einen Haushalt aufstellen und darin Schwerpunkte setzen. Wir müssen dazu keine neuen Schulden aufnehmen.
- Frau Kollegin, hätten Sie mir zugehört, wüssten Sie, dass ich von Notsituationen gesprochen habe und in solchen Fällen angemessene Reaktionen nicht für falsch halte.
Wir haben einen klaren Schwerpunkt auf die Resozialisierung im Justizvollzug gesetzt. Ich sehe jedoch ein Problem - da bin ich mit meinen Vorrednern einer Meinung: Wenn Gefangene entlassen werden, muss eine kompetente Bewährungshilfe zur Verfügung stehen. Dafür sind 15 neue Stellen geschaffen worden. Ich kann diese Schwerpunktsetzung nicht als falsch ansehen.
Leider wurde bislang mit keiner Silbe erwähnt, dass in allen Bereichen der Justiz eine Strukturverbesserung erfolgt ist.
In diesem Haushalt sind Beförderungsstellen und Stellenhebungen vorgesehen. Dies gilt für alle Felder, vom Rechtspflegedienst über den Justizwachtmeisterdienst bis zu den Justizfachwirten. Für diese Bediensteten sind Stellenhebungen möglich. Damit sind zwar keine neuen Stellen geschaffen worden, aber die Struktur wurde wesentlich verbessert. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich.
Ich möchte mich nicht um das Thema Richterstellen herumdrücken. Ich weiß, dass zehn Stellen in zwei Jahren weniger sind, als wir uns wünschen. Haushaltserfordernisse und insbesondere bestimmte Schwerpunktsetzungen haben jedoch im Doppelhaushalt keinen weiteren Spielraum gelassen. Das bedeutet aber - darauf lege ich mich als Rechtspolitikerin fest -, dass dieses Thema beim nächsten Doppelhaushalt völlig anders behandelt werden muss.