Protocol of the Session on October 25, 2012

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Bitte verbleiben Sie noch hier vorn. Es gibt zwei Zwischenbemerkungen. Die erste kommt von Herrn Muthmann.

Frau Staatssekretärin, ich habe eine Frage zu dem Doppelsicherungsverbot und ihrem Hinweis auf Fachplanungen an anderer Stelle: Wie würden Sie die Planungen zum Tourismus und zur Energiewende in rechtlicher Hinsicht einordnen, soweit derzeit im Freistaat solche bestehen?

Sie wissen, dass der Ministerrat ein bayerisches Energiekonzept beschlossen hat; es ist für uns als Staatsregierung verbindlich. Ferner hat der Ministerrat ein bayerisches Tourismuskonzept beschlossen; auch das ist für uns verbindlich. Inwieweit man Leitziele einer räumlichen Planung im Zusammenhang mit der Energiewende über den konkreten Regionalplan hinaus anwenden muss, wird uns der Entwurf des LEP zeigen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. Es liegt eine weitere Zwischenbemerkung vor. Frau Kollegin Karl, bitte.

Frau Staatssekretärin, die Energiewende braucht mehr als ein Konzept; denn ein Konzept ist nicht rechtsverbindlich, auch wenn Sie argumentieren, es sei für die Staatsregierung verbindlich. Sie wissen, dass Regional- und Flächennut

zungspläne oft von Gerichten überprüft werden, weil es inhaltlich unterschiedliche Auffassungen gibt. Wir brauchen also klare Vorgaben. Sind Sie dagegen der Meinung, dass die Energiewende keine klaren Vorgaben brauche, zum Beispiel hinsichtlich der Vorranggebiete für Stromtrassen, der Nutzung von Biogasanlagen und Ähnliches mehr? Meinen Sie, das regele sich alles von allein?

Frau Kollegin Karl, ich bin nicht der Meinung, dass sich alles von allein regelt. Unser LEP enthält Vorranggebiete für die Stromerzeugung aus Windkraft und aus Solarkraft. Was den Verlauf einer Stromtrasse angeht, möchte ich doch meinen, dass die Verantwortlichen für die Regionalplanung vor Ort darüber wesentlich besser entscheiden können als das bayerische Wirtschaftsministerium. Das sollte nicht eine oberste Landesbehörde von oben hinweg planen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Ich bitte um Aufmerksamkeit.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 16/14268 - das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD, der GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER. Ich bitte um die Gegenstimmen. Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 16/14309 - das ist der Antrag der SPD-Fraktion seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind, wie soeben, die Fraktionen der SPD, der GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Die Fraktionen der CSU und der FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Auch dieser Dringlichkeitsantrag ist abgelehnt worden.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 16/14310 - das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wie soeben: Die Fraktionen der SPD, der GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. Die CSU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit

stelle ich fest, dass auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt worden ist.

Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 16/14269, 16/14270, 16/14271 und 16/14272 sowie 16/14311 und 16/14312 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die

Tagesordnungspunkte 7, 8, 9, 10, 11 und 12 auf:

Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Karin Pranghofer u. a. (SPD) Das bayerische Gymnasium stärken Verbesserungen für Schülerinnen und Schüler erreichen Eckpunkt 1: Zeit runterfahren in der Unter- und Mittelstufe durch Neuverteilung der Gesamtstundenzahl (Drs. 16/12138)

und

Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Karin Pranghofer u. a. (SPD) Das bayerische Gymnasium stärken Verbesserungen für Schülerinnen und Schüler erreichen Eckpunkt 2: Passgenaue pädagogische Konzepte in allen Gymnasien umsetzen! (Drs. 16/12139)

und

Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Karin Pranghofer u. a. (SPD) Das bayerische Gymnasium stärken Verbesserungen für Schülerinnen und Schüler erreichen Eckpunkt 3: Flexible Oberstufe einführen (Drs. 16/12140)

und

Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Karin Pranghofer u. a. (SPD) Das bayerische Gymnasium stärken Verbesserungen für Schülerinnen und Schüler erreichen Eckpunkt 4: Ganztagsgymnasien umsetzen! (Drs. 16/12141)

und

Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Karin Pranghofer u. a. (SPD) Das bayerische Gymnasium stärken Verbesserungen für Schülerinnen und Schüler erreichen

Eckpunkt 5: Schulsozialarbeit am Gymnasium ausbauen (Drs. 16/12142)

und

Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Karin Pranghofer u. a. (SPD) Das bayerische Gymnasium stärken Verbesserungen für Schülerinnen und Schüler erreichen Eckpunkt 6: Integrierte Lehrerreserve an allen Schulen sofort einführen (Drs. 16/12143)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Pranghofer. Sie spricht für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Seit Einführung der verkürzten Gymnasialzeit haben wir es im Landtag mit dieser Problematik zu tun. Der Frust bei den Eltern, den Lehrern und auch den Schülerinnen und Schülern hat natürlich für Debatten hier im Hohen Haus gesorgt.

Uns betrübt vor allem die Tatsache - vielleicht schockiert sie uns sogar -, dass man nach acht Jahren G 8, sozusagen nach dem ersten Durchlauf, im Ministerium offensichtlich immer noch nicht richtig weiß, wie G 8 eigentlich geht. Wie sonst lässt sich erklären, dass das Ministerium wiederum mit 20 Modellversuchen an Gymnasien aufwartet, um das G 8 "weiterzuentwickeln", wie man es dort nennt. Ich will das mit einem Bergführer vergleichen: Wenn er nicht weiß, wie der Weg nach oben führt, würde sich ihm wohl niemand von uns anvertrauen. Niemand würde ihm zutrauen, dass er auf dem richtigen Weg sei.

(Beifall bei der SPD)

Wenn die CSU-Fraktion - sie regierte damals noch allein -, die sich für die Einführung von G 8 entschieden hat, bis heute nicht richtig weiß, welches pädagogische Konzept dafür sinnvoll ist, dann muss man mit dem Lob schon sehr sparsam umgehen. Wir schließen daraus: Die Staatsregierung ist entweder nicht in der Lage, das Gymnasium neu zu denken, oder - das halte ich für die wahrscheinlichere Antwort - sie will es nicht bezahlen.

Meine Damen und Herren, wir haben die sechs Eckpunkte, über die wir schon im Ausschuss beraten haben, in das Plenum hochgezogen, weil es uns wichtig ist, dass wir alle uns noch einmal damit befassen und endlich auch liefern. Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft erwarten nach einem Durchlauf G 8 zu Recht tragfähige Lösungen und Entscheidungen, die Hand und Fuß haben; Modellbauten hatten wir genug.

Dazu bedarf es aber mehr als eines Flexijahres, wie es jetzt genannt wird, oder punktueller Lehrplankürzungen.

Zum G 8 gab es eine Anhörung. Da hat ein Schüler die Situation zutreffend beschrieben und deutlich gesagt, wo die Probleme des G 8 liegen. Ich gebe seine Äußerungen einmal sinngemäß wieder: Es wird verlangt, dass wir alles können, aber es bleibt keine Zeit, die riesige Stoffmenge zu vertiefen, vor allem vermisse ich die individuelle Förderung.

Genau hierum muss es uns gehen: die Belastungen herunterzufahren, ohne die gymnasiale Bildung zu beschädigen, und endlich wahrzunehmen, dass die Schülerschaft am Gymnasium eine andere ist als je zuvor; sie ist heterogener. Den Schülern und den Schulen müssen dann natürlich auch die notwendigen Ressourcen und Ausstattungen zur Verfügung gestellt werden, damit alles pädagogisch umgesetzt werden kann.

Wenn heute ungefähr 40 % der Schüler eines Grundschuljahrgangs zum Gymnasium übertreten - mancherorts sind es sogar 90 % -, dann entsteht automatisch eine größere Spreizung von Begabungen und Talenten. Genau diese größeren Spreizungen müssen wir auch im Gymnasium bedienen; daran geht kein Weg vorbei.

Deshalb sagen wir: Für uns handelt es sich um ein Gymnasium der zwei Geschwindigkeiten. Wir müssen zulassen, dass man sowohl in acht Jahren als auch in neun Jahren das Abitur machen kann.

(Beifall bei der SPD)

Es geht um Belastungsreduzierung. Wir wollen diese erreichen. Dafür steht einer der Anträge. Zu diesem Zweck muss es erstens eine Neuverteilung der Unterrichtsstunden in der Unter-, Mittel- und Oberstufe geben. Da sind durch die KMK verpflichtend 265 Stunden vorgeschrieben. Dabei muss zweitens die Flexibilisierung der Zeit ermöglicht werden.

Mit der Neuverteilung der Stunden können wir Belastungssituationen im Gymnasium, vor allem in der Mittel- und der Unterstufe, mildern, dies gerade in einer Zeit, in der die Schüler nicht den rechten Blick für die Schule haben.

Wenn man unten Stunden reduziert, muss man logischerweise oben Gas geben. Wir können uns durchaus vorstellen, dass die Schüler in der Oberstufe in der Lage sind, Gas zu geben. Da müssen zwei Wege angeboten werden; denn der eine ist langsamer, der andere schneller.

Bezüglich der Entlastung der Schüler ist uns wichtig, eine Stundenentlastung zu erreichen und für die Verteilung eine Lösung zu finden. Vielleicht sollten wir das nach dem Prinzip machen: langsam starten und am Ende Gas geben. Das ist in etwa die Vision, die wir hierfür haben.

Überhaupt keine Lösung ist für uns das Flexibilisierungsjahr, das auch - das ist der bessere Begriff "freiwilliges Sitzenbleiben" genannt wird. Selbst der Philologenverband hat in einer seiner letzten Broschüren ein Fragezeichen hinter die Überschrift gesetzt: "Mehr Flexibilität - ein Befreiungsschlag?". Wir setzen dahinter sogar drei Fragezeichen. Welche Schülerin und welcher Schüler will schon freiwillig sitzen bleiben? Nicht anders ist das Flexibilisierungsjahr zu verstehen.

Ich glaube, jeder von uns kann sich sehr gut an seine Jugendzeit erinnern. Als ich 13, 14, 15 war, waren mir meine Freunde wichtiger als die Schule. Wer weiß, wie Schüler in diesem Alter ticken, kommt nicht auf die Idee, ausgerechnet zu dieser Zeit, also zu der Zeit der Pubertät, wo die Clique, die Gruppe und die Freunde viel wichtiger sind als die Schule, einem Schüler zu sagen: Du kannst ja ein Jahr zurückbleiben und dann alles aufholen. Möglicherweise funktioniert dies. Aber es funktioniert nur, wenn die Eltern oder die Noten den Druck machen. Anders, so glauben wir, funktioniert es nicht. Druck ist aber kein guter Lehrer.

In der Oberstufe ist das anders. Da haben die Schüler den Blick nach vorn. Dann hat man Möglichkeiten, sich flexibler einzustellen. Da kann man sagen: Ich mache das Abitur erst in zwei oder drei Jahren.

Eine Rolle spielt die Heterogenität. Auf die Entwicklungen müssen wir reagieren. In Bayern gibt es Gymnasien, in denen das getan wird. Da bewegt man sich und versucht, eine neue Pädagogik zu entwickeln. Aber wir können nicht warten, bis alle Gymnasien sozusagen den Mausklick auf die Website des Kultusministeriums gewagt haben, um das zu verstehen, was andere machen.

Uns ist es wichtig, dass wir die Formen und die Techniken für das individuelle Lernen in die Schulen transportieren und Lernprozesse durch Fortbildungen anstoßen.