Herr Kollege Dr. Fischer, Sie haben einige Aspekte benannt, mit denen zumindest der linke Teil des Hohen Hauses übereinstimmt. Die Aspekte sind, dass wir begrüßen, dass das Gefangenenlager aufgelöst wird, das Lager menschenrechtswidrig ist, wir Bereitschaft signalisieren wollen - darauf haben Sie sich eingelassen -, für den Fall eines Hilfsansuchens aufnahmebereit zu sein. Diese Diskussion fand im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen statt.
Trifft es nun zu, dass die Abgeordneten der SPD, der GRÜNEN, der Freien Wähler und Sie selbst dem von Ihnen persönlich formulierten und für richtig befundenen Antrag zugestimmt haben, und trifft es zu, dass exakt Ihre Formulierung, die Sie dem Ausschuss vorgeschlagen haben und dort für richtig befunden haben, heute zur Abstimmung steht? Sind Sie bereit, Ihrem eigenen Antrag, der exakt Ihrer Formulierung entspricht heute zuzustimmen? - Wenn das so ist, müssen Sie dem Antrag der SPD zustimmen, denn es sind Ihre Formulierungen.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die SPD die von Ihnen dankenswerter Weise eingebrachten Klarstellungen und Verbesserungen übernommen hat und jetzt zur Abstimmung stellt. Würden Sie mir auch noch zustimmen, dass über die inhaltliche Frage hinaus alles Weitere, was hier geschieht, parteipolitisch motiviert ist? - Nur das ist parteipolitisch motiviert, wenn man dem eigenen Antrag, den man selbst formuliert hat, jetzt nicht mehr zustimmen darf. Das ist Parteipolitik und hat mit der Sache nichts zu tun.
Herr Kollege Maget, ich versuche, darauf zu antworten, auch wenn ich eigentlich keine Frage herausgehört habe.
Wegen meines Abstimmungsverhaltens werden Sie sich noch etwas gedulden müssen. Es ist namentliche Abstimmung beantragt.
Es ist das Wesen der Demokratie, sich zu einigen. Wir sind der Meinung, dass eine Demokratie aus Kompromissen besteht, auch aus solchen Kompromissen, die man im Wege der Koalition finden muss.
(Markus Rinderspacher (SPD): Menschenrechte sind unteilbar und nicht kompromissfähig - so Frau Hamm-Brücher (FDP)!)
Menschenrechte sind unteilbar. Ich möchte aber auch betonen, worum es mir im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen ging. Es ging um eine einstimmige symbolische Entscheidung des Parlaments.
Ich sage ganz offen: Ich verstehe nicht, warum die CSU-Fraktion sich diesem einstimmigen Signal widersetzt hat.
Das sage ich ganz deutlich. Ich sage aber auch, dass wir das einstimmige Symbol nicht dadurch bekommen, dass wir hier eine Spaltung in die Koalition tragen und die Koalition, die erfolgreich arbeitet, an einem Einzelthema scheitern lassen. Das wäre verantwortungslos. Ich verstehe, dass Sie als Opposition das so spielen.
(Franz Maget (SPD): Es geht doch um die Sache! Ihnen geht es um die Koalition; das ist Parteipolitik!)
Ich würde es an Ihrer Stelle genauso machen; Sie werden aber auch verstehen, dass wir dieses Spiel nicht mitmachen.
Vielen Dank, Herr Dr. Fischer. Für die Fraktion der Freien Wähler erhält nun Herr Kollege Streibl das Wort.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Auch uigurische Häftlinge sind mit der Würde einer Person ausgestattet. Dieses Recht als einer Person kann man ihnen nicht nehmen. Dieses Recht, auch wenn es von einer politischen Gemeinschaft eingeschränkt wird, steht ihnen zu. Sie sind Menschen, die ein ungemein hartes Schicksal hinter sich haben, die aus dem kommunistischen China geflüchtet sind, weil sie dort wegen ihrer politischen und ethnischen Herkunft verfolgt werden. Auf ihrer Flucht kamen sie nach Afghanistan und gerieten dort in die Auseinandersetzungen. Sie mussten wieder fliehen vor den Bomben. Aufgrund von Flugblättern, die von den Amerikanern abgeworfen wurden und in denen zur Denunziation aufgefordert wurde, wurden sie an die Amerikaner verkauft. Sie sind Menschen, die ihre Heimat verloren haben und nicht mehr wissen, wo sie hin sollen. Diesen Menschen, die letztlich unschuldig in Guantánamo gelandet sind, zu helfen, ist eigentlich unsere Pflicht und Aufgabe.
Traurig ist nur, dass diese Häftlinge, auch wenn festgestellt wurde, dass sie unschuldig sind - diese Un
schuld ist hier sehr wichtig -, Spielball der Mächte und des politischen Gezänks wurden. Das spielt sich auch hier in diesem Hause jetzt ab. Und das ist traurig.
Ich denke, früher oder später werden sie zu uns kommen. Wenn es so ist, dass in München die größte uigurische Gemeinde in Europa ist, werden sie hier früher oder später Aufnahme finden. Dazu gehört es, dass wir uns bereit erklären, sie aufzunehmen. Das sollten wir so bald wie möglich tun und unsere Hand ausstrecken.
Meine Damen und Herren, wir sind hier in einer doppelten Solidarität gefordert. Die Solidarität gilt erstens den Menschen, die unschuldig gefangen sind und denen zu helfen uns möglich ist. Die Solidarität gilt zweitens den USA, deren Außenministerin Clinton erst wieder betonte, dass wir einer der stärksten Partner der USA sind. Wir sind hier mit ihnen solidarisch und sollten ihnen helfen und beistehen, auch in der Aufarbeitung des unglückseligen Guantánamo. Das ist auch Pflicht eines Partners.
Man muss dazu sagen: Das Gefängnis, in dem die Uiguren in Kandahar zunächst inhaftiert waren, wurde auch von 60 KSK-Elitesoldaten der Bundeswehr bewacht. Insofern können wir nicht einfach alle Verantwortung auf Amerika abschieben.
Von daher halte ich auch Punkt 2 des Dringlichkeitsantrags der CSU und der FDP für unredlich. Denn man kann nicht über Jahre hinweg immer betonen, dass die Amerikaner unsere besten Partner sind und dass wir ihnen in der Geschichte sehr viel zu verdanken haben, jetzt aber sagen, dieses Problem haben die USA allein zu verantworten, und die Verantwortung abschieben. Hier nicht solidarisch zu sein, ist eine Schande.
Des Weiteren ist es absolut notwendig, dass hier im Rahmen einer internationalen Lösung gehandelt wird. Denn ein Punkt, an dem sich das ganze Uigurenproblem aufschlüsselt, ist die Tatsache, dass sie aus China kommen und dort verfolgt werden. In Guantánamo sind sie auch von chinesischen Beamten verhört worden, sodass sie nicht mehr nach China zurück können. Jedes Land, das bisher möglicherweise mit dem Gedanken gespielt hat, die Uiguren aufzunehmen, bekam Schwierigkeiten mit der Volksrepublik China. Deswegen ist eine internationale und europäische Lösung hier notwendig. Aber ich hoffe, dass ein bayerischer Mini
Von daher kann ich den CSU-Antrag nicht unterstützen. Für mich ist er butterweich und ein moralisches Feigenblatt, hinter dem man versucht, sein Gewissen zu verstecken.
Hier ist ein ganz klares Bekenntnis zur Solidarität mit diesen Menschen und mit Amerika absolut notwendig. Dieses Zeichen muss hier gesetzt werden. Hier muss man auch sagen: Jeder einzelne Abgeordnete ist nur seinem Gewissen verpflichtet. Denn hier geht es um Menschen, die aus diesem Gefangenenlager heraus müssen, und um ihr Leben.
Die ganze Geschichte erinnert mich auch ein bisschen an eine Erzählung, die - glaube ich - bei Lukus, Kapital 10, Vers 27 steht, wo ein Mann von Jerusalem nach Jericho hinuntergeht.
- Ach so, okay. Ich bin froh, dass es damals noch keine CSU-Mitglieder gab; sonst hätte man dem Mann damals gesagt, wie schön es in Bayern ist, und wäre weiter gegangen.
(Zurufe von den Freien Wählern und der SPD: Bravo! - Anhaltender, lebhafter Beifall bei den Frei- en Wählern, der SPD und den GRÜNEN)
Herr Kollege Streibl, ich bitte Sie noch mal ans Rednerpult. Das ging jetzt im Beifallssturm unter: Frau Kollegin Schopper erbittet das Wort zu einer Zwischenbemerkung.
Herr Kollege Streibl, sind Sie mit mir der Meinung, dass die CSU aus den Zeiten des Kirchenasyls nichts gelernt hat und heute im Grunde genommen ein Armutszeugnis bezüglich Barmherzigkeit verdient?